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mit Erzähler vom Achwarzwald.
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in <lsr Stack viertLljSku'r. üü. 1.25 monsti. 45 K.
Sei sllön lollrtt. kostsuLisitsn llnä Loten im Orts- n. kislilbge- vttsvsrksiir vierteil. Kk. l.35, suLseriiM «ierssiben U. r.35, tileeii Lestellgsia 2ü Ltg.
Leleiou kr. 41 .
Amtsblatt fir die Stadt wildbad.
verkündigungsblatl
der Agl. Forstämter Wildbad, Meistern, Enzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Fremdenliste.
Inssrste nur 8 Ltg. Liisiosrttgs io Ltg., ltie klein- spsltigs Sarmonüreile.
«sklsmen 15 Ltg. «ite ösliteotle.
Lei i/Sielierkolllllgs» entsgr. KMN.
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Isisgrsmm-Liirossg: ZMsi'rwsiklel' lSilclbscj.
Nr. »SS.
Montag, den L November 1SVS.
2V. Jahrg.
Reminiszenzen.
Ter Bund der Landwirte ist eine Gründuirg zur Vertretung reiner Jnteressenpolitik. Er soll heute ebensowenig etwas anderes sein, wie er es bei seiner Gründung sein wollte. AndereErwerbsgr uppen müssen unterdrückt werden, um des eigenen Vorteils willen. Gerade nach den Erlebnissen des verflossenen Sommers, als die preußischen Junker eine Reichsfinanzreform machten, um die eigenen Taschen zu schonen, ist es interessant wieder einmal zu hören, wie einst die Gründung des reaktionären Bundes von ihm Nahestehenden ausgenommen wurde.
Fürst von Wa ld b ur g-Z e i l, der im Jahr 1893 zum Vorsitzenden des Donaukreises ernannt war, lehnte dieses Amt ab, da er mit dieser Gründung nichts zu tun haben wollte. In einer Begründung der Ablehnung, die er in dem streng zentrumlichen „Oberschwäb. Anzeiger" gab, heißt es u. a.:
„Der in Berlin gegründete Bnnd der Landwirte ist lediglich eine Gründung der preußischen Konservativen, welche ihrer Partei, nachdem dieselbe politisch in Auflösung geraten ist, jetzt auf einer wirtschaftlichen Grundlage wieder aufhelfen wollen. Der Bnnd der Landwirte ist eine Gründung zu politischen Zwecken, eine Organisation mit fast durchaus evangelischer, zum guten Teil sogar ausgesprochen „bundesbrüderlichen Führun g".
T-er Zentrumsabgeordnete Nußbaumer führte am 25. April 1893 in der Kammer aus:
Meine Herren, der Verband deutscher Landwirte, gegründet in Norddeutschland, und besonders die Interessen der dortigen Großgrundbesitzer verfolgend, will jetzt über ganz Deutschland sich verbreiten. Gleich von Anfang an habe ich mir gedacht, daß die Ziele und Bestrebungen dieses Vereins für die süddeutschen bäuerlichen Verhältnisse nicht ganz geeignet sein werden, und es war mir eine Befriedigung, am letzten Samstag in diesem Hause von einer .ganz autoritativen Seite zu hören, daß die Interessengegensätze, welche zwischen den bäuerlichen Verhältnissen in Nord- und Süddeutschland obwalten, es wohl bezweifeln lassen, daß dieser Verband deutscher Landwirte auch bei uns eine segensreiche Wirkung im Gefolge haben wird. Ich glaube, daß namentlich unsere kleinen Landwirte, welche das, was sie auf ihrem Gütlein erzeugen, auch größtenteils zu ihrem Lebensbedars verbrauchen, von einem Anschluß an den Verband der deutschen Landwirte einen großen Nutzen nicht haben werden.
Trotzdem aber macht das Zentrum seit bald zwei Jahrzehnten Arm ln Arm nrit diesem volksfeindlichen Bunde gemeinsame Politik!
Die znm Denken erforderliche Zucht, die dazu gehört, um Irr- tümer zu begreifen, besitzt die Mehrheit des kritisierenden und lesen- den Publikums nur unvollständig.
kenrik Ibsen.
Am Franzosenstein.
Original-Roman von Erich Ebenstein.
61 (Nachdruck verböte».)
(Fortsetzung.)
„Frau Mutter," ries'die Kellnerin, „gehn's nur geschwind hinaus ins Salettl — Fremde sind gekommen, ein nobler Herr und eine Frau, die ganz gewiß eine Gräfin sein muß — eine langmächtige goldene Ketten hat's um nnd ein seidenes Gelvand und . . .
„M, na, was denn noch? Sag' lieber, was die Fremden ang'schafft -haben?"
„Garnichts noch derweil. Geh die Frau Mutter nur selber hinaus, sie kann besser reden mit die noblen Leut' als ich . . .!"
Die Rosenauerin erhob sich selbstbewußt. „Na, Gott sei Dank, daß die Mirzl das nur einsieht!" Sie rückte > ihren Schlüsselbund zurecht, steckte eine rote Nelke in das noch immer glänzend schwarze Haar und ging hinaus nach dem Salettl.'
„Aha — Liebesleut!" dachte sie nach einem von weitem ausgesandten Kennerblick auf das zärtlich flüsternde Paar. „Sind just keine besonderen Kunden sonst, verliebte Leut', aber nobel schauen sie wirklich aus."
Mit einein vernehmlichen Räuspern trat sie näher. Das junge Paar schien wirklich ein wenig verliebt, denn es fuhr erschrocken auseinander und bemühte sich, eine harmlose Miene anzunehmen. Aber die Rosenauerin war uoch nicht ganz bis an den Tisch herangekommen, als sie erstaunt die Hände zusammenschlug.
„Jesus, das sst ja. . . nein, so'ne Ueberraschung!
Auch schon damals zeichnete sich der Bund — genau wie heute — durch eine widerliche Ag itation aus. Vier Adelige, Fürst von Hohenlohe-Langenburg, Fürst von Waldburg-Zeil- Trauchberg, Freiherr Georg von Wöllwarth zu Hohenraden und Freiherr von Hermann zu Wain, wandten sich öffentlich, in einem Aufruf gegen die verhetzende Agitation des Bundes:
„Die Art, wie einzelne hervorragende Mitglieder des Bundes sich aussprechen, schießt mitunter über das Ziel hinaus ,nnd entspricht nicht der Aufgabe, die der Bund der Landwirte sich bei seinem Entstehen gestellt hat. Es wird der Landwirtschaft sicherlich damit nicht gedient, daß die höchften Reichsbea m.t en in persönlicher Weise angegriffen werden."
Das letztere hat sich durch zwei Jahrzehnte hindurch wiederholt. Und wir haben es auch beim Fürsten Bülow gesehen, der aufs gemeinste beschimpft wurde, als er einmal nicht nach der Flöte des Bundes tanzen wollte.
Am 22. April 1893 sprach sich Freiherr von Wvll- warth auch in der Kammer gegen den Bund der Landwirte aus, indem er gegenüber den verwerfenden Worten des ^Abgeordneten Schnaidt erklärte:
„Ich bin in der angenehmen Lage, dem Herrn Vorredner nicht widersprechen zu müssen, sondern im großen ganzen mit ihm einverstanden zu.sein. Ich glaube, es ist die Aufgabe sowohl der Regierung, als auch der Stände, nur das allgemeine Interesse und nicht das Sonderinteresse im Auge zu behalten."
Wie wir von jeher betont haben, können die Interessen des süddeutschen. Bauern nicht die gleichen sein, wie die der agrarischen Junker des Nordens. Der gleichen Meinung war auch Freiherr von Hermann, als er im April 1893 in der württembergischen Abgeordnetenkammer anssührte:'
Der Bund der Landwirte hat ja eine gewisse Berechtigung. Ob es aber möglich sein wird, die süddeutschen und norddeutschen Verhältnisse durch freiwillige Vereinigung in ein Prokrustesbett zu spannen . . . möchte ich bis zu einem gewissen Grad bezweifeln.
Und honte? Heute sind die Verhältnisse, wie sie hier kurz skizziert wurden, nicht um ein Haar besser, sondern um vieles schlechter geworden. Auch heute noch fällt es den ostelbischen Agrariern nicht im Traume ein, die Interessen der süddeutschen Bauern wahrznnehmen. Sie benutzen im Gegenteil nach wie vor die vertrauensselige Gefolgschaft der süddeutschen Kleinbauern, um für sich persönlich Vorteile zu erreichen. In wie hohem Maße dies ihnen leider immer noch gelingt, hat die sogenannte Reichssinanzreform erneut gezeigt.
Die Fräul'n Landi! Na, der Herr Hans wird aber eine Freude haben!"
„Bst, liebe Rosenauerin!" Ina Landi, denn sie war es wirklich, legte den Finger an die Lippen, „nicht so laut, ich möchte ihn gern überraschen."
Dabei lächelte sie und die Rosenauerin begriff gar nicht, wie diese Landi auf einmal so schön geworden war. Ueberhaupt, das Mädel hatte sich herausgemaust . . . pikfein, wirklich nobel sah sie aus. Wo sie das nur her hatte, die Seide und die schwere, lange goldene Kette? Dann streifte ein mißtrauischer Blick den Herrn. Und wer der etwa sein mochte? Sie hatten ja ganz merkwürdig vertraulich getan vorhin, die beiden ....
Indessen blieb der -Rosenauerin keine Zeit zu weiteren Berrachtungen, denn Ina Landi lud sie ein, bei ihnen Platz zu nehmen. I
„Nicht einmal so stolz, ist sie mehr wie früher/' dachte sie, und dann sagte sie diplomatisch:
„Ja, ja, das ist wirklich eine Freude für uns Wink- ker! Und drüben in der Billa werden sie erst Äugen machen! Aber warum sind Sie denn nicht schon Heuie früh gekommen zum Leichenbegängnis? Den Herrn Bräutigam hat's recht angegriffen, und wie er so allein hinter dem Sarg herging, Hab' ich mir gleich gedacht, wenn halt jetzt so die Braut bei ihm wäre, würde er's gewiß leichter tragen."
Die Landi starrte verständnislos auf die Rosenauerin.
„Ja, was meinen Sie denn eigentlich? Leichenbegängnis? Wer ist denn gestorben?"
„Ja, Sie wissen's wohl gar nicht? Du lieber Gort, ja, dann... vor drei Tagen hat doch den alten Herrn Paur der Schlag getroffen, und heute haben wir ihn begraben! Hat's Ihnen denn der Herr Bräutigam nicht geschrieben?"
Ina schüttelte verwundert den Kopf.
„Ich war nicht in Wien. Komme direkt aus Deutschland. Aber wie ist denn das so plötzlich gekommen? War er denn krank vorher?"
„I Gott bewahre! Ter war überhaupt sein Lebtag nicht krank. . ." die Rosenauerin nahm eine ge-
Rundschau.
Der wahre Grund.
Da s d y n ast is ch e In t er e s s e.
Jetzt erhält man endlich Gewißheil über die Beweggründe die den Zaren zu seiner Reise nach Racconigi veranlaßt hahen. Die Frage der Loslösung Italiens Vom Dreibunde hätte der persönlichen Intervention des Zaren nicht bedurft, da die russische, französische und englische Diplomatie dies Geschäft besser zu besorgen imstande sind, als dies der Zar hätte tun können. Tie Veranlassung zur Reise des Zaren entsprang vielmehr einem dynastischen Interesse. Sie geschah z u- gunstendergriechischenKönigsfamilie. Die Königin von Griechenland, eine geborene rus- sischeGroßfürstin OlgaKonstantinowna, ist eine Tante des Zaren. Sie steht in engsten Beziehungen zur Zarenfamilie und ist erst vor kurzem nach einem längeren Augenthalt in Rußland nach Athen zurückgekehrt.
Die Reise des Zaren bezweckte nun, die europäischen Mächte zu einem Eingreifen zugunsten der griechischen Königsfamilie zu veranlassen (si, deren weitere Existenz in Griechenland infolge der bekannten Militärverschwörung auf das äußerste gefährde! ist. Nachdem der griechische Militär»erbaud die Entfernung der griechischen Prinzen gus der Armee durchgesetzt hatte, ist sein Hauptbestreben jetzt daraus gerichtet, den König von Griechenland zur Abdankung zu veranlassen und seine ganze Familie aus dem Lande zu entfernen. Dieser Agitation soll jetzt auf persönliches Betreiben des Zaren ein Tamm -entgegengesetzt werden. Wie aus Wien berichtet wird, haben die vier kretischen Schutz machte an die Offiziersliga in Athen die Mitteilung gelangen lassen, daß sie bei einem gewaltigen Umsturzversuche ,in Griechenland einschreiten müßten und eine gegen die Dynastie gerichtete Aktion nicht dulden würden.
Diese Meldung findet eine indirekte Bestäiigung durch ein Konstantinopeler Telegramm. Dieses besagt, die T n r- kei habe angeblich in Athen inoffiziell Mitteilen lassen, daß sie ebenso wie andere Mächte bereit fei, die Interessen der königlichen Familie zu schützen, natürlich unter Wahrung der türkischen Jnreressen.
Man darf darauf gespannt sein, welches Ergebnis das Vorgehen der kretischen Schutzmächte zugunsten der griechischen Königsfamilie haben wird. Werden oje Mächte, wenn die griechische Offiziersliga, die ihr zugegangene
schiedenes . . . einen Streit soll's gegeben haben zwischen Vater und Sohn. Na — ich will nichts sagen, was ich nicht weiß. Aber . . ." ^ie zuckie vielsagend die Achsel. Ina sah ihren Begleiter an. Sie wußte nicht recht, was sie denken sollte. Endlich sagte sie halb fragend:
„Was meinst Du, Alexander — soll ich vielleicht lieber gleich hinübergehen? Mit der Ueberraschung ist's doch jetzt nichts ..."
Aber da fiel die Rosenauerin ein. „O, jetzt ist er ja gar nicht zu Hanse. Gleich nach der Leiche ist er mit Barbara ins Schloß gegangen, und bis jetzt sind sie noch nicht zurück."
„Zu Herzogs?" fragte Ina erstaunt.
„Jawohl. Er ist jetzt wieder sehr gut mit der Frau Konstanze. Ja . . ." die Rosenauerin wußte selber nicht, war es Güte oder Bosheit, daß sie der ehemaligen Lehrerin ein wenig „ans die Spur" helfen wollte. ' Jedenfalls aber war es sehr angenehm. Darum fuhr sie fort: „Ja, ja, das ist auch recht plötzlich gekommen. Früher waren sie spinnefeind und gingen einander aus dem Weg, wo sie konnten. Aber seit ein paar Tagen ist's anders. Am Morgen, als der alte Paur starb, war sie sogar drüben in der Billa . . . lange. . . über eine Stunde."
In Inas Gesicht kam langsam ein Lächeln, und ihre Augen blinzelten plötzlich sehr vergnügr zu ihrem Begleiter hinüber . Tann rief sie lebhaft: „Aber Sie lassen uns ja verhungern, Frau Rosenauerin! Geschwind, geschwind bringen Sie uns Kaffee und etwas von Ihrem ausgezeichneten Hausbrot mit Butter und Honig!"
Tie Rosenauerin war plötzlich wieder nur Wirtin; sie erhob sich rasch und eilte ins Haus.
Ina rieb sich lächelnd die Hände.
„Ich hab's gewußt daß er Konstanze lieb: - nun soll er aber einen tüchtigen Schreck als Strafe bekommen, weil er selbst gegen mich so hinterhältig mar darüber!"
„Was willst Tn denn tun, Schatz?"
„Ganz ernsthaft will ich vor ihn hintreten und me:n Recht als Braut reklamieren."
. ... (Schluß folgt.)