dem internationalen Schiedsgerichtshof in Haag seit dessen Bestehen als Mitglied an.

Konstantinopel, 12. Okt. Nach einer Meldung desOsmanischen Lloyd" überbringt die am Montag aus Livadia zurückgekehrte türkische Sondergesandt­schaft dem Sultau ein Handschreiben des russi­schen Kaisers, worin dieser dem Bedauern Ausdruck gibt, in diesem Jahr nicht nach Konstantinopel kommen zu können. Er hoffe, die Reise vielleicht im n äch st enJahre unternehmen zu können. Als Geschenk des Kaisers über­bringt die Gesandtschaft dem Sultanzwei Fässer Kavia r".

Madrid, 13. Okt. Der Ministerrat bestätigte das Urteil gegen Fer rer und soll sich gegen eine Begnadigung ausgesprochen haben.

Christiania, 12. Okt. Aus Anlaß der Anwesenheit von Prof. Hergesell in Cchristiania veröffentlicht Fritjof Nansen in mehreren Blattern große Ar­tikel, indem er die hervorragende Bedeutung Hergesells für die Erforschung der Polarluftschichten hervorhebt. Ge­heimrat Hergesell wird morgen in der hiesigen geographi­schen Gesellschaft die Pläne für die Zeppelin-Hergesell-Po- larforschungs-Expedition darlegen. Der deutsche Gelehrte beabsichtigt, sich zur systematischen Durchforschung der Po­laratmosphäre mit Amundsen in Verbindung zu setzen.

Newhork, 13. Okt. Die Zahl der bei dem Orkan an der st e Floridas ums Leben Gekommenen wird von hiesigen Blättern auf 700 angegeben. In Kay West ist fast jedes Haus beschädigt.

Washington, 12. Okt. Staatssekretär Knox hat dem neuen Gesandten für China, Crane, Mitgeteilt, daß seine Entlassungsgesuch erwünscht sei.

Arbeiterbewegung.

Mannheim, 12. Okt. Hier hat eine Masfen- kündigung von Arbeitern der Mannheimer Ta- bakindustrie stattgefnnden. Gestern sind insgesamt 1800 Arbeiter vorübergehend entlassen worden. Das sind die Folgen des neuen Tabaksteuergesetzes.

Eisleben 12. Okt. Auf den Schächten der Mans- felder Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft hat heute die Zahl der Streikenden zugenommen. Es fehlen ins­gesamt 2801 gegen 2530 Arbeiter gestern.

Hanau, 12. Okt. Die am Montag unter dem Vor­sitz des Oberbürgermeisters gepflogenen Verhandlungen zwischen Vertretern des Arbeitgeberverbandes und der Arbeitnehmer endigten mit der Annahme einer Arbeits­ordnung mit dreijähriger Dauer und vierteljähriger Kün­digung. Damit ist der Streik beigelegt, ivas im In­teresse des Friedens in der Hanauer, Pforzheimer und Gmünder Goldwarenindustrie zu begrüßen ist.

Lille, 12. Okt. Verschiedene Verbände der Tex­tilarbeiter sind in die Ausstandsbewegung eingetreten. Es kam bisher jedoch zu keinem Zwischenfall. Ein Streik­komitee wirde gebildet. Wegen eventueller Unruhen sind größere Truppenmengen in Lille zusammengezogen wor­den. Auch sind 200 Gendarmen aus der Umgegend ein­getroffen.

Luftschiffahrl.

Die Fahrt desParseval" von Frankfurt nach Augsburg konnte am Dienstag nur bis Nürnberg ausgedehnt werden, wo wegen starken Nebels auf dem Zeppelinfelde eine Zwischenland­ung vorgenommen wurde. Das Luftschiff hatte auf der ganzen Strecke gegen heftigen Wind zu fahren und brauchte 10 Stunden bis Nürnberg. Die Landung dort erfolgte gestern nachmittag 5.20 Uhr inmitten einer nach vielen Tausenden zählenden Volksmenge, die kurz vor der Ankunft des Luftschiffes die Schranken durchbrochen hatte. Das Luftschiff wurde von der Volksmenge mit andauerndem, brausendem Jubel empfangen. Die Wei­terfahrt nach Augsburg soll Dienstag früh angetreten werden. In Heilbronn kann das Luftschiff voraussicht­lich erst am Donnerstag nachmittag eintreffen.

Der Clouthballon

machte nach einer Meldung aus Frankfurt am Diens­tag nachmittag 4 Uhr von derJla" aus einen Auf­stieg. Man merkte jedoch bald, daß sich die Propeller zu drehen aufhörten, und daß der Ballon fortgetrieben wurde. Später konnte man noch beobachten, wie der Ballon rasch der Erde zu ging. Das Luftschiff ist in der Nähe der Eschborner Landstraße gelandet. Es soll aber ziemlich bedeutende Havarien erlitten haben.

Das italienische Militärluftschiff stieg am Dienstag nachmittag um chs3 Uhr auf dem See Bracciano auf und traf um 2.52 Uhr in Rom ein. Nach einigen wohlgelungenen Manövern in einer Höhe von 150 Meter und 2 Zwischenlandungen kehrte das Luft­schiff üm 4.25 Uhr nach seinem Aufstiegsort zurück.

Ein spanischer Lenkballon.

Der für Rechnung der spanischen Regierung im Luft- ' schifferpark von Beau Val hergestellte Lenkbalton Espania" hat am Montag seine erste Versuchsfahrt unternommen, die vollständig gelang. Im Korbe befan­den sich 7 Personen, darunter der Erbauer, Ingenieur Kapferer, und 2 spanische Offiziere. Cs heißt, daß der Lenkballon im Laufe der nächsten Woche nach Spa­nien befördert und noch im Rifkriege verwendet wer­den soll.

Aus Württemberg.

Born Unterland. Auch Heuer wieder haben sich in Heilbronn Vertreter der Weinbau rreibenden Ge­meinden aus den Oberämtern Besigheim, Brackenheim, Heilbronn, Marbach, Neckarsulm u. Weinsberg versammelt, um über den Stand der Weinberge zu berichten u. sich über den Beginn der Weinlese zu besprechen. Die Berichte laute­ten dahin, daß die Weinberge dieses Jahr von den Wein­gärtnern mit ganz besonderer Sorgfalt gepflegt worden seien und deshalb noch eine selten schöne Belaubung zei­

gen. Der Traubenbehang sei ein sehr reichlicher und es haben die Trauben bei der warmen Witterung der letz­ten Wochen doch noch über Erwarten gute Fortschritte ge­macht, so daß bei sorgfältiger Lese auf ein gutes Erzeugnis zu hoffen sei. Es wurde vereinbart, mit der Lese des Frühgewächses Mitte dieser Woche zu beginnen und den Beginn der allgemeinen Lese auf Montag, den 18. Oktober festzusetzen. Clevner, Portugieser und Schwarz-Rießling, werden also zunächst an die Reihe kom­men, während die Lese des weißen Gewächses in der Hauptsache erst nächste Woche beginnen und die Lese des Weißrießling und des Trollinger an den Schluß gelegt wird. Der Sonnenschein, der in den letzten Tagen auf den Rebbergen lag, hat die Reife der Trauben außerordent­lich beschleunigt, und es wäre' den Weingärtnern zu wün­schen, daß auch über die Zeit der Lese der Himmel ein freundliches Gesicht macht. An die Weinkäufer aber wird die Bitte gerichtet, recht zahlreich und recht frühzeitig in den Keltern zu erscheinen und sich davon zu überzeu­gen, daß der 1909er tatsächlich besser ist als sein Ruf.

Nah und Fern.

Aus Versehen stieg Dienstag abend 7 Uhr ein Gipser in Cannstatt in einen in der Richtung nach Fellbach fahrenden Zug ein, anstatt in den nach Eßlingen fah­renden Zug. Der Gipser sprang aus dem schon in Be­wegung befindlichen Zug, hierbei wurde ihm der rechte Fuß am Knöchel abgefahren.

Eingebrochen wurde in der Nacht auf 'Sonntag im Kontor der Württ. Eisenwerke in Feuerbach. Die Diebe wurden von einem Wächter der Wach- und 'Schließ­gesellschaft überrascht, dem es gelang, einen der Burschen solange einzuschließen, bis Eisenbahnbeamte zu Hilfe ka­men und ihn trotz heftiger Gegenwehr verhafteten.

In Altbulach bei Calw ist das Doppelwohnhaus von Gemeinderat Mast und Postbote Philipp Blindt nie- idergebrannt. Der Gebäudeschaden wird auf 8000 M, der Mobiliarschaden auf ca. 9000 Mark geschätzt.

In Nagold verunglückte der Bäckermeister Lehre in seiner Scheuer durch Abstürzen; er erlitt eine Kopf­wunde und verschiedene innere Verletzungen.

In Münsing en brannte Sonntag früh das Wohn- und Oekonomiegehäude des Nagelschmieds Bopp nieder.

Aus Geislingen a. St. wird berichtet: Unter dem Verdacht, ein Sittlichkeitsverbrechen an einem erst vierjährigen Mädchen begangen zu haben, wurde der in der Mitte der vierziger Jahre stehende Malermeister und Bürgerausschußobmann Johann Hommel aus Altenstädt durch den hiesigen Stationskommandanten verhaftet pnd an das Amtsgericht eingeliefert.

Aus Ravensburg wird vom 13. gemeldet: In der gestrigen Nachmittagssitzung der bürgerlichen Kolle­gien wurde Gemeinderat Ade, nachdem er noch gespro­chen, um 51/4 Uhr von einem Schlaganfall betroffen und war sofort tot. Die Sitzung wurde infolgedessen aufge­hoben.

Der RadbrucherWunderdoktor" Schäfer Ast ist fälschlich totgesagt worden. Er erfreut sich im Gegen­teil des besten Wohlseins und gedenkt auch noch, keines­wegs, seinen einträglichen Beruf aufzugeben. Das ein­zige, was demWunderdoktor" gegenwärtig Kopfschmer­zen macht, ist das neue Kurpfuschergesetz, das Ast jedoch durch Engagements eines studierten Arztes als Assisten­ten umgehen zu können hofft. Ob er einen Arzt findet der dieAssistentenstelle" anzunehmen sich nicht scheut, ist allerdings eine andere Frage.

In Dresden wurde der 19jährige Witke, der mutmaß­liche Mörder des Fleischerlehrlings Höch, zu der Leiche des Ermordeten geführt. Er blieb jedoch völlig ruhig und leug­nete die Tat. In der Isolierzelle begann er jedoch später zu toben, zertrümmerte die Fensrerscheiben und schlug alles in Stücke. Bei der Fesselung und Anlegung der Zwangsjacke leistete er heftigen Widerstand. Jetzt spielt er fortgesetzt den wilden Mann.

Aus Berlin wird berichtet: Das Fuhrwerk des Schlächtermeisters Mai Wald stieß bei dem schran­kenlosen Uebergang der Liebenauer Kleinbahn mit ei­nem Eisenbahnzug zusammen. Vier Personen sind tot, zwei, schwer verletzt. Das Fuhrwerk wurde zertrümmert.

Die Stuttgarter Juwelendiebe.

Aus Stuttgart wird heute berichtet: DieErmitt­lung", leider nicht Verhaftung, der Kaufmanns chen Juwelendiebe wird begreiflicherweise überall in der Stadt lebhaft erörtert und die geschäftige Frau Fama weiß von den Tricks der Hauptgauner Rode und Schil­ling viel Phantastisches zu erzählen. Als feststehend kann angenommen werden, daß die beiden Einbrecher zu einer weitverzweigten Bande gehören, die nicht nur hier, sondern auch in Berlin, Hamburg, Prag, Breslau, Wien und andern Orten Einbrüche verübt hat. Der Rohrplat­tenkoffer, den sie noch vor Erscheinen der Polizei aus der Pension, in welcher sie hier abgestiegen waren, hatten abholen lassen, ist bei dem Schwager des Rode, einem stellenlosen Kaufmann namens Georg «Schreiber in Gablenberg, aufgefunden worden, den man natürlich sofort dingfest gemacht hat. Der Koffer enthielt eine Menge Silberwaren, Seidenzeug n., lauter Sachen, die aus Einbrüchen in Stuttgart herrühren, und zwar bei Frau v. Braun in der Keplerstraße, in der Seidenblusen­fabrik von Rieth in der Militärstraße u. a. In dem Koffer wurden auch Legitimationspapiere, die auf den Namen Vallenta, Geburtsort Brandeis in Böhmen, lau­ten, gefunden. Vielleicht heißt Schilling, der unter jenem Namen sich hier eingemietet hatte, wirklich so, doch können die Papiere ebensogut auch gestohlen sein. Hoffentlich erwischt man jetzt auch die beiden Kunden und zwar ehe sie die gestohlenen Juwelen habenverschieben" können.

In Sachen des Juwelendiebstahls ist bei der Stutt­garter Kriminalpolizei die Nachricht eingelaufen, daß Mitt­woch früh der eine der beiden Einbrecher, Schilling, alias Valenta, in Frankfurt a. M. festgenommen wor­den ist.

Einsturz eines Neubaues.

Am Dienstag vormittag zwischen 10 und 11 Uhr stürzte in Straß bürg in der Schinterstraße, hinter der katholischen

Garnisonskirche ein fünf Stock hoher Neubau unter donnerartigem Getöse in sich zusammen. Die an dem Vau beschäftigten Arbeiter wurden unter den Trümmern begraben. Auf die Nachricht von dem Unglück organisierte die Straßburger Polizei sofort einen umfassenden Rettungsdienst. Die Feuerwehr eilte mit sämtlichen verfügbaren Leitern und Krankenwagen zur Unglücksstelle. Auch die Sanitätskolonne setzte ihre Spitalwagen in Bewegung. Als die Staubwolken, die aus den Trümmerhaufen aufstiegen, einigermaßen sich verzogen hat­ten, gingen beherzte Männer in das Chaos der Balken und Trümmer hinein, um noch zu retten, was zu retten war. Be­reits eine halbe Stunde nach dem Einsturz waren zehn Ver­unglückte geborgen, unter ihnen vier Tote. Eine ungeheuere Menschenmenge war nach der Unglücksstätte geeilt, worunter Angehörige der bei dem Bau beschäftigten Arbeiter. Herz­zerreißende Szenen spielten sich bei der Bergung der Ver­unglückten ab. Da ein weiterer Teil des Neubaus einzustürzen drohte, mußten die Hilfsarbeiten sehr vorsichtig ausgeführt werden. Es geht das Gerücht, daß auch Kinder unter den Trümmern begraben liegen. Nach einer Mitteilung des Bürger­hospitals sind dort bis 12 Uhr mittags 17 Personen, darunter vier Tote, eingeliefert worden. Nach einer anderen Meldung waren auf dem Neubau des Bauunternehmers Kern zur Zeit der Katastrophe 50 Arbeiter beschäftigt, von denen etwa 25 mit der einstürzenden Mauer in die Tiefe gerissen wurden. Der Einsturz wird auf nicht vorschriftsmäßige Be­schaffenheit des Mörtels zurückgeführt. Am Nachmittag wurde der stehen gebliebene Teil des Neubaues, soweit er gefährdet war, niedergerissen. Zwei der schwerverletzten Arbeiter sind be­reits gestorben.

Gericktssaal.

Stuttgart, 11. Okt. (Strafkammer). Ein schweres! Unglück ereignete sich am 16. Juni hier im Lagerraum des Glasermeisters und Glashändlers Christian Kober in der Heusteigstraße. An jenem Tag waren der ledige Schreiner Georg Eisenmann und der Hausknecht Karl Burkhardt damit beschäftigt, ein Fachgestell, das mit 1200 bis 1300 Kilogramm Glas belastet war, zu sprießen. Sie hatten kaum mit der Arbeit begonnen, als das Holz­gestell seitwärts einstürzte und die beiden unter den Trüm­mern begrub. Burkhardt fand dabei den Tod, es wurde ihm der Kopf Herdrückt. Eisenmann erlitt eine Rücken- quetschung, die eine vierwöchige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Gegen Christian Kober und seinen Sohn Richard, der bei ihm angestellt ist, wurde Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung erhoben. Wie die Verhand­lung ergab, war das Gestell mangelhaft verankert. Am Tag des Unglücks zeigte sich an dem Gestell eine Auf- bauchung, weßhalb Richard Kober die Sprießung anord­nete, ohne vorher für die Entlastung des Gestells zu sorgen. Christian Kober .machte geltend, er habe dem Arbeiter Eisenmann, der das Gestell aufgestellt habe, besonders eingeschärft, dieses gut zu verankern. Eisenmann habe ihm auf Befragen versichert, daß dies geschehen sei. Ei- senntann sei ihm als zuverlässiger Arbeiter bekannt ge­worden, weshalb er eine Nachprüfung unterlassen habe, lieber die Ursache des' Einsturzes waren die Sachverständi­gen geteilter Meinung. Darüber waren die Sachver­ständigen einig, daß Eisenmann die Sprießung unge­schickt vorgenommen hat. Tie Verhandlung endigte mit der Freisprechung der Angeklagten, da ihnen ein Verschulden nicht nachgewiesen werden konnte. Durch den Einsturz entstand ein Schaden von 6000 Mark.

Berlin, 12. Okt. Die Kaution für den verurteil­ten Revolverjournalisten Dachsel in Höhe von 20 000 M ist von den Verwandten gestellt worden und da­rauf der Verhaftete aus dem Gefängnis entlassen. Gegen das Urteil soll von den Verteidigern Berufung eingelegt werden, namentlich wegen Nichtvernehmung von Zeugen. Gegen den Verleger derWahrheit", den Reichstagsab­geordneten Bruhn-Braunschweig ist ein Ermittlungsver­fahren anhängig. Der Untersuchungsrichter hat die Un­tersuchung angeordnet.

Die Schreckensherrschaft Ln Rußland.

Fürst Krapotkin hat sm Sommet für dasParla­mentarische russische Comite" in London ein kleines Buch über das Regiment des weihen Schreckens geschrie­ben, unter dem das heutige Rußland jeuszk. Es gab sich qls eine ganz leidenschaftslos bearbeitete Tatsachensamm­lung, wirkte aber gerade Harum mit der ganzen Wuchst einer ungeheuren Anklage gegen daH UnterdrückungsDy- stem, das heute selbst von einem so warmem Freund deü Reaktion, wie dem Dumapräsidenten Chomjakow, als völ­lig zwecklos verurteilt wird. Von diejem Buche ist jetzt (bei Robert Lutz irr Stuttgart) eine deutsche Ausgabe erschienen; diese wird auch bei uns in weiteren Kreiferk genauere Begriffe von der unerhörten Diktaturgewalt des Generalgouverneurs, des absoluten Herrn über Leben und Tod in vielen Bezirken, verbreiten, von der Verfolgung politisch Mißliebiger durch die Kriegsgerichte, von der grauenhaften Ueberfüllung und den Folterungen in den Gefängnissen, der unaufhörlichen Arbeit des xussischen Gal­gens, der verruchten Tätigkeit der Lockspitzel und der geheimen Wühlarbeit des allrussischen Verbandes. Mit einer fast grausamen Ruhe reiht Krapotkin Tatsache au Tatsache, überall .seine Quellen angehend, die zum gro­ßen Teil aus amtlichem Material fließen.

Tie schauerlichsten Zustände in den Gefäng­nissen werden durch ein paar beredte Zeilen illustriert: Aus einem amtlichen Dokument, das dem Staatsrat von der Verwaltung der Gefängnisse am 15. März 1909 Un­terbreitet wurde, geht hervor, daß am 1. Februar 1909 in den Gefängnissen des Reiches 181,137 Gefan­gene interniert waren. Diese Zahl schließt je­doch nicht die auf dem Transport befindlichen Sträflinge ein, die amtlich auf 30000 geschätzt werden.

Die Zahl der Insassen der Gefängnisse ist während der letzten vier Jahre stetig gewachsen. Im Jahre 1904 betrug die tägliche Jnsassenzahl für alle Gefäng­nisse des Reiches 65000, im Jahre 1906 war sie bereits auf.111000 gewachsen, 1907 auf 138 000, 1908 auf 170000 und am 1. Februar 1909 waren es 181137. Da die Fassün gskraft all er Gefä ng n is s e des Reichs nur 107 000 Personen beträgt, so mußte Ueberfüll­ung eintreten. Die Folge dir Ueberfüllung ist, daß Skorbut und Typhus sich in erschreckendem Maße ausgebreitet haben.

Viele weiten könnte man bedecken, "sagt Krapotkin, mit der Schilderung der Grausamkeiten uno Fol-