Wiederherstellung des konstitutionellen Regimes auf fester Grundlage hervor. Bezüglich der Unruhen in Adana kün­digt das Programm strenge, exemplarische Bestrafung der Schuldigen an, sowie die Entsendung einer gemischten Kommission. Was die Finanzlage betrifft, so werde das ursprüngliche Defizit von 6 Millionen durch Ersparnisse auf 3 800060 Pfund herabgesetzt werden. Ter Großwe­sir hofft, keine neue Anleihe ausnehmen zu müssen. Das Programm kündigt die Unterbreitung eines Gesetzent­wurfes über den Militärdienst und die Unterbreitung von Gesetzentwürfen über die Verwaltung, insbesondere eine Reform des Beamtensystems an. Bezüglich der auswär­tigen Politik heißt es in dem Programm, die Türkei werde ihre Beziehungen mit dem Auslände auf dem Fuße voll­kommenster Aufrichtigkeit fortsetzen, dabei aber ihre In­teressen und Rechte schützen. Die Kammer erteilte der Re­gierung mit 191 gegen 5 Stimmen ein Vertrauensvotum. Trotzdem, so läßt sich derBerl. Lok.-Anz." aus Kon­stantinopel melden, erscheine der Bestand des Kabinetts nur für den Augenblick gesichert; Ferids und Noradungians Rücktritt sei noch immer möglich. Auch sei es nicht aus­geschlossen, daß es binnen kurzein zur Parlamentsauslös- ung kommen wird.

Tages-Chronik.

Neustadt a. d. H., 25. Mai. Wirtlichei Geheimer Rat Pros. Tr. v. Neumayer, Direktor der deutschen Seewarte a. T., ist heue nacht gesto rben.

Berlin, 25. Mai. TemBerliner Tageblatt" wird aus Rom gemeldet: In der italienischen Presse herrscht gegenwärtig eine große Entrüstung über die Nichtbeteilig­ung Oesterreichs an den römischen Festen im Jahre 1911 zur Gedächtnisfeier der Proklamierung des Königreichs Italien. Man nimmt an, daß die Ablehnung Oesterreichs keine endgültige st.

Marseille, 25. Mai. Ter Streik der eingeschriebe­nen Seeleute dauert an, ohne daß Zwischenfälle vor­gekommen wären. Etwa zwanzig Passagierdampfer und mehrere Fischerboote sind zur Zeit ohne Bemannung.

London, 25. Mai. Tie Berliner Gäste besuchten heute die St. Paulskathedrale und das Gefängnis von Bar- ley. Im Anschluß hieran fand im Gebäude der Korpo­ration der Tuchmacher ein Frühstück statt. Ter Vor­sitzende der Korporation, Gardner, wurde von OBM. Kirschner zu einem Besuche Berlins eingeladen. Ten Gästen wurde später von Besuchern der Fondsbörse eine Ovation dargebracht. Am Nachmittag wohnten die Her­ren einem Flotten- und Meeresschauspiel bei und besuch­ten abends die K. Oper.

Konstantinopel, 25. Mai. Tie Erklärungen deut­scher Blätter, daß Deutschland in der Kretafrage eine neutrale Haltung beobachten werde, werden in hiesigen po­litischen Kreisen mit großer Befriedigung begrüßt. Man erblickt darin einen weiteren Beweis für das Bestreben Deutschlands, dem neuen Regime in der Türkei keine Hindernisse in den Weg zu legen.

Aus Württemberg.

Dienstnachrichten.

Aus die katholische Pfarrei Kirchen, Dekanats Ehingen, wurde Subregens Dr. Sprvlk am Priestersemiuar in Rottenburg und aus die katholische Pfarrei Steinhaufen, Dekanats Waldsee, Pfarrer Dr. Möhler in Psrungen, Dekanats Snulgau, er­nannt, dem Hilfslehrer Albert Rapp an der Bangeiverke- schule in Stuttgart eine Hanptlehrstelle an der Bürgerschule II in Stuttgart unter Verleihung des Titels und Rangs eines Oberrealtehrers und dem Hauptlehrer Merz an der Bürger­schule I in Stuttgart eine Hauptlehrstelle an der Bürger­schule II in Stuttgart unter Verleihung des Titels und Rangs eines Reallehrers übertragen, ferner Kanzleisetretär Tr aut h bei dem Telegraphenamt Stuttgart am 22. Mai auf Ansu­chen in den Ruhestand versetzt und auf die Pfarrei Dietel- hosen, Del. Riedlingen, der dortige Pfarrverweser Max (bö­ser ernannt.

Knltminister v. Fleischhauer über den Kall Heilig. Die

F i n a n z k o m m i s s i o n der Zweiten Kammer setzte die Beratung des Kultetats bei Kapitel 54 fort. Auf eine ans der Kommission ergangene Anfrage, ob nicht auch bei der katholischen Kirche die Ablösung der Leistungen an Früchten und Holz, deren Wert stets schwankt, durch feste Bei­träge durchzusetzen wäre, erklärte der Knltminister v. Fleisch­hauer, daß er hierfür einen geeigneten Anlaß abwarten wolle.

Bei Kapitel 56, Bistum und Priestersemiuar, wurde die Entlassung des Alumnus Heilig ans dem Priester- feminar in Rottenburg zur Sprache gebracht. Es wurde da­rauf hingewiesen, daß in der Beilage des Fundationsinstru- mentes eine Bestimmung enthalten sei, wonach die Entlassung eines Zöglings aus dem Priesterseminar nur mit Zustimmung des katholischen Kirchenrats (bekanntlich einer Staatsbehörde) verfügt werden könne. Es wurde auch die Frage aufgewor­fen, ob nicht durch Fälle dieser Art die verfassungsmäßig ge­währleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit beeinträchtigt werde. Kultminister v. Fleischhauer erwiderte, in all den Fällen, die in den letzten Jahren in der katholischen Kirche zu Differenzen geführt haben, sei das Kultministerium nicht angerusen worden. Das erwähnte Statut des Fundations- instrnmentes sei zwar formell nicht aufgehoben; tatsächlich sei aber seit dem Jahr 1853 von diesem Recht des katholischen Kirchenrats kein Gebrauch mehr gemacht worden. Bei einer Prüfung der Frage, ob es sich empfehle, das Recht des Staats zur Mitwirkung wieder herzustellen, sei er (der Minister) zu einer Verneinung gekommen, denn das P r i e st e r s e m i n a r sei eine rein kirchliche Einrichtung, in die sich der Staat nicht einzumischen habe. Die Ausschließung eines Zög­lings halte er auch für unbedingt vereinbar mit der Ge­wissensfreiheit, die Kirche habe selbst zu entscheiden über die Lehren, die sie verbreiten wollte. Wer mit diesen kirch­lichen Lehren zerfallen sei, könne nicht beanspruche», als ihr Vertreter anerkannt zu werden. Heilig habe sich übrigens auch nicht an das Ministerium gewandt. Einen praktischen Zweck könnte es übrigens auch nicht haben, von seiten des Staates die Entlassung eines Zöglings zu verhindern, denn man könne den Bischof nicht zwingen, einen Kandidaten des Priestcramts, den er für ungeeignet halte, auszuweihen. Diese letztere Auf­fassung wurde von mehreren Kommissioiismitgliedern lebhaft unterstützt. Die Frage der Wegnahme des Tagebuchs habe er (der Minister) nur aus den widersprechenden Zeitungs­berichten erfahren; er könne sich daher nicht näher darüber äußern. Damit wurde dieser Gegenstand verlassen.

Beim Etat der La «des Universität wurde auch die Frage der Aufhebung der K a n z l e r ft e t l e, die bekannt­lich auch von einem Teil des akademischen Senats befürwortet wird, berührt. Knltminister v. Fleischhauer sagte, daß die Regierung auf die Bermiittiings- und Informationsdienste des Nniversitätskanzlers nicht verzichten könne. Die Erigenz für

die neue z «h > r z t l i ch e Klinik wurde bewilligt und au­ßerdem einstimmig ein Antrag v. K i § ne angenommen, die Re­gierung zu ersuchen, die Errichtung einer außerordentlichen Pro­fessur für Hautkrankheiten ins nächsten Etat i« Erwäg­ung zu ziehen.

Die Bolkswirtsch» Kommission Vor Kammer der Ab­geordnete« trat am Dienstag zur Beratung des Eiscudahn- baukreditgesetzes zusammen. Nach kurzer Geschäftsordiiniigsde- batte wurde in die Beratung des Art. 11 eingetreten unU die dritte Rate für den Ban einer Bahn von Tübingen nach Herrenberg in Höhe von 1300000 Mark und desgleichen die dritte Rate für den Bahnban S ch o r wd s r f-W e l z h e im in Höhe von 1000 000 Mark bewilligt. Der Berichterstatter Körner kritisierte die Ueberschreitung des Voranschlags um 650 000 Mark. Bon Regierungsseite wurde geltend gemachte daß die Arbeitslöhne und Materialpreise in die Höhe ge­gangen, auch die geognvstischen Verhältnisse nicht genügend er­kannt worden seien. Die Abg. Lieslhing und Schrempf betonten, daß szt. im Landtag bereits die Geländeschwierigkei- ten von verschiedenen Abgeordnete» hervorgehoben, von den Staatstechnikern diese Einwände aber nicht anerkannt worden seien. Reinbold - Gmünd fragt an, ob nicht besser von Gmünd nach Welzheim gebaut werde. Baudirektor v. R e n s e r erwi­derte, daß die Arbeiten schon zu weit vorgeschritten seien. Der Titel wird angenommen bei einer Stimmenthaltung (Rembold- Gmünd). Für den Bahnbau G ö p p i n g e n - G nrü n d wurden als dritte Rate 2 750 000 Mark gefordert. Auch hier kritisiert Res. Körner die Ueberschreitung des Voranschlags in Höhe von 1420 000 Mark, die durch Geländeschwierigkeiien bedingt ist. Auch werden ans Wunsch der Reichsmilitürverwalrnng lange Kreuzungsgeleise angelegt, eine Entschädigung gewährt die Militärverwaltung hierfür jedoch nicht. Der Titel wurde genehmigt. Abg. Dr. Rübling berichtete über den Bnhnbau Böblingen-Dettenhausen, und sprach sich für Geneh­migung der 2. Rate von 800 000 Mart aus. Nach der Er­klärung des Bandirektors v. Neuser wird bei der Anlage der Bahn ans einen Anschluß nach Waldenbuch Bedacht ge­nommen. Abg. Andre beantragte als Berichterstatter die Ge­nehmigung der zweiten und letzten Rate in Höhe von 455 000 Mark für die Bahn I s n y - S e l t e n r e m s, den gleichen An­trag stellte Abg. Fischer für die Bahn W e i k e r s h e i m Nöttingen. Die letzte Rate von 940000 Mark wurde ge­nehmigt und damit der ganze Artikel 1 angenommen. Bericht­erstatter über Art. 2 ist Abg. Locher. Er trat jedoch die Berichterstattung an den Abg. Andre ab. Es wurde deshalb die Beratung dieses Artikels zurückgestellt. Art. 3 gab zu einer allgemeinen Aussprache über de» weiteren Bau von Nebenbahnen Anlaß. Die Abg. Dr. Mülberger und Körner sprachen ihre Befriedigung darüber aus, daß mit dem Ban von Nebenbahnen fortgefahren werden soll. Im Lande draußen sei man beunruhigt und glaube, daß wegen des Stuttgarter Bahnhofumbans die- Regierung dem Bau von Nebenbahnen zu wenig Beachtung schenke. Ministerpräsident v. Weizsäcker betonte, daß er den Art. 3, der fünf neue Bahnen bringe, nicht ohne Bedenken in den Entwurf ausge­nommen habe. Die ganze Lage sei unsicher, was die Zu­kunft bringe, könne er nicht sagen. Die Regierung zeige weit­gehendes Entgegenkommen. Bei dem Stuttgarter Bahnhofum- bau handle eS sich weniger um den Neubau des Hauptbahn­hofs im engeren Sinn, sondern um eine ganz neue Anlage der Hauptlinien, wus man im Lande zu wenig beachte. Des­halb müßten Nebenbahnbauten etwas zurücktreten. Die Regier­ung habe nur fünf neue Linien in den Entwurf ausgenommen, weil sie keine Hoffnung erwecken wolle, die in absehbarer Zeit nicht erfüllt werden könnten. Die Regierung werde in Zu­kunft rascher bauen. Besser wäre es auch, wenn der Landtag vom sogen. Ratenshstem abkommen und der Regierung gleich die gesamten Mittel für den Ban einer Bahn bejvilligen würde. Der Minister legte sodann im Einzelnen dar, warum die fünf Linien Buchau-Riedlingen, Bretten-Kürnbach, Biberach- llttenweiter, Böblingen-Renningen und Spaichingen-Nusplingen in den Entwurf eingestellt worden feien. Es habe sich um die Einlösung gegebener Versprechungen gehandelt; zudem seien die beteiligten Gemeinden zu außerordentlich hohen Kosten bereit. Häffner (D. P.) wünschte die Aufnahme weiterer Projekte. Nack langer Debatte zeigte sich jedoch Einmütigkeit darin, daß aus formellen und materiellen Gründen davon Abstand ge­nommen werden soll, den Art. 3 zu ändern. Minister von Weizsäcker ineinte, man möge es doch der Regierung über­lassen, die Interessenten vor den Kopf zu stoßen. Liesching (Vv.i bedauerte den Wechsel des Referenten für Nebenbahnen. S ch r e in p f (BK.) klagte über zu nobles Banen und zu starke Personalvermehrnng. Minister v. Weizsäcker gab die Be­rechtigung dieser Klagen zum Teil zu. Sparen sei notwendig. Erledigt wurden die Projekte Buchau-Riedlingen, Biberach- Uttenweiler und Böblingeü-Nenningen. Bezüglich einer Eingabe der Gemeinde Sindelfincien um Herabsetzung des No- metrischen Beitrags von 10 000 Mark wurde ein Antrag Hau­ser (Z.) auf Erwägung einstimmig angenommen.

Vom Zeppelin.

Stuttgart, 25. Mai. Einen allgemeinen Wunsch der Stuttgarter Bevölkerung bringt dasNeue Tagblatt" zum Ausdruck, wenn es an Graf Zeppelin das Ersuchen richtet, er möge mit einem seiner Luftschiffe eine Probe­fahrt nach Stuttgart machen und auf dem Cannstatter Wasen eine Probelandung ausführen um so experimen­tal festzustellen, welchen Platz Stuttgart für die künftige Nord-Süd-Luftlinie als Landungs- und Ankerstelle ab­zugeben hat.

Friedrichshafen, 25. Mai. Tamit Graf Zeppelin das Lachen nicht verlernt, hat ihm die Taily Mail ein Telegramm folgenden Inhalts gesandt:21. 5. Taily Mail wäre Grafen Zeppelin äußerst dankbar für charak­teristische persönliche Aeußerung bezüglich Luftschiff, welches über England kreuzen soll." Graf Zeppelin erwiderte so­fort:Ich glaube nicht an Gespenster!"

Handwerkerkurse. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel veranstaltet in Stuttgart im Laufe des Som­mers zwei Kurse für Buchbinder: einen sechstiigigen im Marmorieren in der zweiten Hälfte des Monats Juni und einen vierwöchigen Kurs im Handvergolden im Juli.

Stuttgart, 25. Mai. Bei dem Ankauf des durch die Bürgerhospitalstiftung erworbenen Areals in der Nähe des Weisenhofes handelt es sich um den sogen. Mühl­bachhof, der um den Preis von 480000 M in den Besitz der genannten Stiftung übergegangen ist. Für die Zwecke einer event. späteren Ausdehnung des Bürgerhospitals in geeigneter Gegend ist damit gesorgt. Wenn ein Stutt­garter Blatt hiezu berichtet, daß ein bestimmter Zweck mit dieser Erwerbung nicht verbunden gewesen sei, so ist das natürlich unrichtig, denn planlos und ohne bestimmten Zweck kauft Niemand, auch keine Bürgerhospitalpflege ein Areal um beinahe eine halbe Million Mark.

Nah und Fern.

Beim Königstor in Stuttgart wurde Sonntag abend 8 Uhr ein 76 Jahre alter Portier beim Ueber- schreiten der Straße von einem Bierfuhrewrk überfahren. Ter Verunglückte ist gestern abend noch, in seine Wohn­ung gebracht, gestorben. Ter Fuhrmann ist ermittelt und soll nicht schuldlos sein.

Dienstag fand die Poftbötin in Stein he int bei Calw auf ihrem Bestellgang den Privatier Weiß in seiner Wohnung erschossen am Boden Liegend. Ta man an einen Selbstmord nicht glauben kann, ivurde das Gericht von Calw herbeigerufen, das den Falt jetzt unter­sucht. Weiß lebte mit seinem Sohn zusammen.

Tienstag abend wollte ein älterer Mann aus Hür­den in H e rb r e ch ti n g en den Triebwagen: verlassen. Ter Kondukteur sah es einen Augenblick zu spät. Er wollte den Mann verhindern, denn der Zug. 6.50 Uhr ab Heidenheim fuhr herein. Ter Mann wurde erfaßt, kam unter den Zug und blieb mit abgefahrenem. Kopf und Füßen tot auf der Stelle.

Sonntag abend kurz nach fünf Uhr brach in dem Toppelwv-hnhaus des Ludwig Dieter in Wilkman- dingen OA. Reutlingen Feuer aus, das mit rasen­der Schnelligkeit um sich griff und außer dem. Doppel- Wohnhaus mit zwei Scheuern drei tveitere Scheuern des Georg Franz Weber, Iah. Heinz und einen Schup­pen des Martin Schrade in kurzer Zeit einäs,cherte.

Im Eiseldorf Gillenfeld überfiel der Bahnarbei­ter Lang die vom Hochamt kommende Fr an Mer­kes und deren Tochter und verletzte beide durch zahl­reiche Messerstiche tödlich. Er zündete dann, ihr Haus, an, das vollständig niederbrannte, eilte daraus in den uahen Wald und erschoß sich mit einem Jagdgewehr.

Eine schwere Bluttat,

deren nähere Umstände nach nicht ansgeklärt sind,, ist Dienstag in der Wirtschaft zum Becheriehen in Gmünd verübt worden. DieGmünder Zeitung" berichtet darüber: In dem, abgelegenen Anwesen wurde Dienstag vormittag, soweit festgestMt ist, zwi­schen 10 und 11 Uhr die Besitzerin, die 65 Jahre, alte Witwe Marie Kränz le ermordet. Da die Frau allein zu Hause war. wurde die gräßliche Tat erst durch, den um halb 1 Uhr aus vem Geschäft heimkehrenden Sohn, entdeckt. Die Türe des Hauses war von innen verriegelt, so. daß der Täter seinen Weg durch ein Fenster an der Rückseite des Hauses nehmen mußte. Die Leiche lag auf dem Gesicht im Oehrn und wies zwei Stichwunden ans, eine an der linken Brnstseite, die möglicherweise die Schlagader berührt hat, die andere auf der rechten Brustseite. Das Mmdinstrument war anscheinend ein ziemlich stumpfer Gegenstand... Irgend ein Kampf zwischen dem Mörder und seinem Opfer hat allem Anschein nach nicht stattgesunden, denn nichts im, Hause deutet, auf einen solchen hin. Keinerlei Gegenstand srar vom Platz ge­rückt. Die Leiche lag zwischen zwei Tischen. Der Tod. der Unglücklichen muß sofort eingetreten sein,. Altem Anschein nach liegt ein Racheakt vor; ob - eventuell ein Lu st m o r. d in Betracht kommt, muß die Sektion der Leiche ergeben. Aus­geschlossen ist Raubmord. Der Verdacht der Täterschaft lenkt sich ans einen G o l d a r b e i t e r.^ der sich in letzter Zeit sehr auffallend benommen und, namentlich Sonntag Nächst Drohungen ansgestoßen haben soll.. Rach diesem imrd gefahn­det. Doch handelt es sich zunächst lediglich um einen Verdacht» da, wie bemerkt, feinerlei Spur suf den Täter hchweist.

Die Ohrfeige von Bismarck.

Ollivier über die Emser Depesche.

In derRevue des deux Mondes" veröffentlicht Emilie Ollivier, der im Jahre 1870 hei Ausbruch des Krieges französischer Ministerpräsident war, interes­sante Mitteilungen über die Vorgeschichte des Krieges, In der neuesten Nummer der Zeitschrift gibt er unter dem Titel:Die Ohrfeige von Bismarck" eine Darstellung der Emser Ereignisse vor Absendung der berühmten Emser Depesche und schilderte die Wirk­ung, die die Veröffentlichung in Paris am Hofe und im Ministerium ausübte. Benedetti hatte vom Herzog von Gramont, dem Minister des Auswärtigen, seine neuen Instruktionen empfangen und kam am 13. Juli in Ems um eine Audienz beim König ein. Der König war bereits ausgegangen. Man konnte ihn jedoch von dem Wunsch des Botschafters verständigen, und er ant­wortete, daß er Benedetti sofort nach der Heimkehr emp­fangen werde. Benedetti ging inzwischen in dem Parke am Brunnen spazieren; hier sah er sich, unerwartet dein König gegenüber '(um 9 Uhr 10 Minuten). Köllig Wil­helm war in Begleitung seines Bruders, des Prinzen Mbrecht und eines Adjutanten, als er an der llferpro- menade, nahe an den Bädern, Benedetti bemerkte. Der .Botschafter besaß zuviel Takt, um den König anzuspre- chien; es war der König, der auf ihn zuging. Die Spaziergänger, die diese Bewegung beobachteten, ver­folgten neugierig die Begrüßung, als wollten sie den Jnhaltung der Begegnug erraten. Prinz Mbrecht und der Adjutant blieben einige Schiritte zurück, um die Menge zurückzuhalten, damit sie das Gespräch, nicht be­lausche. Im Gesichte des Königs leuchtete die Zufrie­denheit eines Menschen, der sich von einer sorgenvollen Angelegenheit befreit sieht.Der Kurier aus Sigina- ringen", sagte er,ist noch nicht eingetrossen, aber sehen Sie hier, eine gute Nachricht." Und zugleich reicht er dem Botschafter das Blatt der Kölnischen Zeitung mit dem Telegramm aus Sigmaringen.Damit", so meinte der König freudig,sind alle unsere Sorgen und Be­fürchtungen zu Ende". Er erwartete herzlichen und zu­friedenen Dank. Statt dessen sagte Benedetti mit ernstem Tonfall:Ein Telegramm des Herzogs von Gramont benachrichtigt mich, jvon dem Verzicht des Prinzen Pul die spanische Krone. Kaiser Napoleon hat die Nachricht mit Befriedigung empfangen und wünscht, daß der ^Zwi­schenfall damit beendet sei; aber er hofft von Eurer Majestät die Versicherung zu empfangen, daß die jetzt zurückgezogene Kandidatur in der Zukunft nicht neu er­steht. Ich! bitte Eure Majestät, mir zu erlauben, dem H,erzog von Gramont mitzuteilen, daß. Sie dem Prinzen verbieten würden, seine Kandidatur wieder aufzustellen.'

Man versteht, so fährt Ollivier fort, was in . dcr Seele, des Königs Vorgehen mußte. Er war entschlossen die Angelegenheit friedlich, zu erledigen, sah selbst dem Bruch mit dem Minister seines Vertrauens ins Gesicht und setzte sich der Kritik der deutschen' öffentlichen Meim ung aus; als Antwort aus diese ehrenvolle Ueberwind- ung empfing er eine überflüssige Forderung, die er trotz seines guten Willens unmöglich! annehmen konnte, ohne sich selbst herabznsetzen. Er zeigte eine wahrhaft köniss liche Selbstbeherrschung. Sehr fest, aber ohne die Fol' men seiner gewöhnlichen Höflichkeit zu verletzen, zeW er dem Botschafter sein Erstaunen über das unerwartete Verlangen und erklärte ihm, weshalb er es zurückveW