Essen a. R., 21. Nov. Der Bergbauliche Verein stiftete anläßlich seines 50jährigen Jubiläums 100 000 M als Unterstntzungsftmds bei Bergunfällen und 400000 M für Witwen-, Waisen- und die Pensionskasse des Vereins der technischen Grubenbeamten.

Hamm, 21. Nov. Eine von der Trierer Bergwerks- aesellschast veröffentlichte Liste der Verunglückten ent­hält 341 Namen, darunter 260 Deutsche und 81 Aus­länder. Gestern ist im Krankenhause wieder ein Schwerver­letzter gestorben, der fünfte pon den Schwerverletzten. Bei den hiesigen Sa mmel stellen sind bis jetzt rund 100000 M eingegangen.

Rew-Orleans, 23. Nov. Durch die Explosion eines schadhaften Dampfkessels wurde auf dem Missis­sippi, 80 Agilen von hier entfernt, ein Flußdampfer aus­einandergerissen. Man vermutet, daß 15 Perrsonen da­bei ihr Leben eingebüßt haben.

Aus Württemberg.

Aus der volkswirtschaftlichen Kommission.

Staatliche Unterstützung des gemeinnützi­gen Wohnungsbaues.

Die Volkswirtschaftliche Kommission der Abg.-Kam- mer hat am Samstag auf Antrag des Abg. Häf fner hinsichtlich der Förderung des Baues von Wohnungen für wirtschaftlich schwächere Volkskreise folgendes beschlos­sen: Im Fall der Gewährung staatlicher Darlehen zur Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaues sollen vorbehaltlich der jeweiligen ständischen Bewilligung der erforderlichen Mittel die nachstehenden Grundsätze ein­gehalten werden: 1) Die Darlehen dürfen bewilligt wer­den, für die Schaffung von gesunden und billigen Woh­nungen für die wirtschaftlich schwächeren Volkskreise und soweit nicht von Seiten des Reichs der Gemeinden, der Versicherungsanstalten, der öffentl. Sparkassen oder auf sonstigem Weg die erforderlichen Darlehen gesichert sind. 2) Tie Darlehen werden nur an Gemeinden und andere Kommunalverbände, sowie an leistungsfähige ge­meinnützige Baugenossenschaften oder Bauvereine unter der Bedingung gegeben, daß Sicherheit dafür besteht, daß die beliehenen Gebäude ihrem ursprünglichen Zweck erhalten bleiben. 3) Die Darlehen erhalten die Gemeinden und sonstigen Kommunalverbände ohne dingliche Sicherheit bis zum vollen Betrag des Werts der beliehenen Gebäude, die gemeinnützigen Baugenossenschaften und Bauvereine nur gegen hypothekarische Sicherheit bis zu einem "be­stimmten, möglichst hoch» zu bemessendcn Teil des Gebäude­wertes; daß die Hypothek an erster oder zweiter Stelle steht, ist nicht erforderlich. 4) Für die Darlehen ist eine angemessene Verzinsung zu leisten, auch ist ihre plan­mäßige Tilgung zu verlangen. 5) Die Geschäftsführung der gemeinnützigen Baugenossenschaften und Bauvereine untersteht, wenn und solange sie staatliche Baudarlehen bewilligt erhalten haben, der staatlichen Beaufsichtigung.

Aus der Volksschulkommission.

Tie Volksschulkommission der Zweiten Kammer er­ledigte die zweite Lesung der Art. 2 und 47 der Volks­schulnovelle. Der Art. 3 wurde, wie schon in erster Lesung, aus Zweckmäßigkeitsgründen zur gemeinsamen Beratung mit dem Art. 12 zurückgestellt. Die Art. 2, 4, 6 und 7er litten eine Reihe von Veränderungen, welche jedoch der Hauptsache nach, redaktioneller Natur sind.

Stuttgart, 21. Nov. Der König stiftete für die von dem Grubenunglück in Hamm betroffenen Bergleute und deren Familien 1000 M. Heute ist in Frankfurt a. M. auf der Konferenz der Re­gierung svert'reter das Güterwagenüber­einkommen unterzeichnet worden.

Stuttgart, 21. Nov. Durch eine Kgl. Ordre ist der Zeitpunkt der Feier des hundertjährigen Jubiläums des Ulanenregiments König Wilhelm I. (2. Württ.) Nr. 20 bereits auf den 26. Juni nächsten Jahres und nicht wie ursprünglich der Ataatsanzeiger berichtete, auf den 24. Juli, festgesetzt worden.

Stuttgart, 22. Nov. Der Minister des Innern teilte dem volkswirtschaftlichen Ausschuß mit, die Regierung arbeite den Entwurf einer W er tzuw a chs steue r als fakultative Gemeindesteuer aus.

Stuttgart, 21. Nov. Ter Württ. Bunü für Han­del und Gewerbe hält am 25. ds. eine öffentliche Ver­sammlung gegen die Gas- und Elektrizitäts­steuer. Mferent ist Hr. G. Kienzle jun.

Stuttgart, 22. Nov. Wie die Württb. Ztg. hört, begaben sich gestern der Finanzminister von Geßler, Staatsrat v. Scharpf, Präsident v. Schwarz, Baron v. Putlitz und Prof. Littmann nach Bebenhausen, um dem König Vortrag über das etwas abgeänderte LittMannsche Projekt mit dem Bauplatz Botanischer Garten zu hal­ten, das wohl vom König angenommen werden dürfte.

Stuttgart, 21. Nov. Ter BallonWürttemberg", der Freitag früh in Cannstatt aufgestiegen ist, ist Freitag nachmittag 1 Uhr 35 Min. in Jngerkingen im Oberamt Biberach glatt gelandet. Er hat also eine Strecke von rund 100 Kilometer in etwas über 3 Stunden zurückgelegt. Eine der drei Brieftauben, die über Ebingen in Höhe von 2780 Meter abgelassen wurden, ist noch Freitag abend in Stuttgart eingetroffen.

Stuttgart, 20. Nov. Arbeitslosenzählung. Gemäß dem Beschluß des Gemeinderats vom 22. Okt. wird am Freitag den 27. Nov. wie in früheren Jahren eine Er­hebung über den Umfang der Arbeitslosigkeit in Stuttgart stattsinden. Es sollen zu diesem Zweck alle in hiesiger Stadt wohnhaften, völlig arbeitslosen oder nur noch mit verminderter Arbeitslosigkeit beschäftigten Personen bei­derlei Geschlechts und jeder Berufsart, insbesondere auch das Handelsgewerbe erhoben werden.

Eßlingen, 20. Nov. Auf dem Hügel an der Ober­torstraße in Obereßlingen wurden bei Grabarbeiten in­teressante Funde gemacht. Es wurden u. a. zwei Mensch­liche Skeletten aufgefunden, darunter eines reichge­schmückten, etwa dreißigjährigen Kriegers mit einer Lanze. Ein weiteres Skelett ist dann im Beisein des Landeskonservators ausgegraben worden.

Oberndorf, 21. Nov. Die am 14. ds. Monats in HartHausen hiesigen Oberamts stattgehabte Schultheißenwahl ist angefochten worden, weil zwei der Abstimmenden wegen Genusses öffentlicher Unter­stützung (Art. 14, Ziffer 5 des Gemeindeangehörigkeitsge­setzes von 1885) nicht wahlberechtigt waren. Der ge­wählte Dieterich hat bekanntlich 33 Stimmen erhalten, während sein Gegner Merkt nrit 31 Stimmen unterlegen! ist.

Rubensburg, 21. .Nov. Der Geschäftsführer des hiesigen Konsumvereins ist wegen Unregelmäßig­keiten von seinem Posten suspendiert und in Haft ge­nommen worden. Die Mitglieder trifft kein Schaden, da hinreichend Kaution vorliegt.

Friedrichshafen, 21. Novbr. Heute nachmittag trafen Prinz August Wilhelm von Preußen mit Frau zum Besuch des Grafen Zeppelin, der gestern abend mit seiner Tochter Hela aus Stuttgart hierher zurückkehrte, aus Konstanz hier ein. Das prinzliche Paar besichtigte unter Führung des Grafen Zeppelin die Ballonwnft, die Rieichshalle und das Luftschiff. Nach Einnahme eines Frühstücks reisten der Prinz und die Prinzessin wieder nach Konstanz zurück.

Nah und Fern.

In Eßlingen stiegen zwei Mädchen im Alter von zehn und zwölf Jahren von der Bühne aus auf das Dach eines Nachbarhauses und gelaugten dort in eine Wohnung, wo sie einen größeren Geldbetrag Entwendeten. Sie haben den Diebstahl eingestanden.

Die Frau des Feilenschmieds Wilh. Laib in Ruit ist dadurch verunglückt, daß ihr, während sie am Hause mit Kehren beschäftigt war, ein Teil der Giebelwand auf den Kopf fiel, Am Mittwoch' starb die Bedauerns­werte unter qualvollen Schmerzen. Das Haus wurde erst dieses Frühjahr erbaut und ist im Sommer bezogen wor­den. Untersuchung ist eingeleitet.

Zu der Golddiebstahlsaffäre in Gmün d, die großes Aufsehen erregt, teilt die Remszeitung weiter mit, daß Freitag abend auch noch der Bruder des verhafteten Werk­führers auf dessen Geständnis hin von der hiesigen Polizei sestgenommen worden ist. Er ist Juwelier in Heidenheim. Es befinden sich jetzt in dieser Sache fünf Personen in Haft. Als die Festgenommenen vom Rathaus ins Amts­gericht übergeführt wurden, sammelte sich eine vielhun­dertköpfige Menschenmenge auf dem Marktplatz an.

Aus Friedrichshafen wird gemeldet: Der Por­tier eines hiesigen Gasthofs wurde am Samstag abend an einem vierzehnjährigen Mädchen geneckt, weshalb er diesem am evangelischen Stadtpfarrhaus vorbei nach­sprang. Kurz hernach brachte der Bursche das Mädchen leblos in das Pfarrhaus; ein Herzschlag scheint dem jungen Heben ein jähes Ende bereitet zu haben.

Aus Pforzheim wird geschrieben: An auswärtige Blätter ist von hier das Gerücht ergangen, als Urheber des Lustmordes an der Else Bauer sei ihr eigener Vater verhaftet worden. Der Pforzheimer Anzeiger erklärt dies als eine ganz unsinnige haltlose Meldung. Der Vater des Kindes ist ein braver Mann, der in keiner Weise in Betracht kommt. Der Anzeiger hat für die Familie eine Geldsammlung eingeleitet. Von dem Täter hat man noch keine Spur.

GsrichrssasL.

"" Stuttgart, 20. Nov. (Strafkammer.) Das Mar­tyrium einer Frau entrollte eine Verhandlung vor der Strafkammer. Der Bauer Johann Hettler von Ditz­ingen war beschuldigt, seine Frau fortgesetzt aufs rohe­ste mißhandelt zu Haben. Wie die Verhandlung ergab, hat HMtler seine brave, fleißige Frau seit zehn Jahren unmenschlich geplagt. Er schlug sie, wenn er angetrun­ken nach Hause kam mit dem Besenstiel, Kehrwisch und Stiefelzieher. Die Frau trug die Mißhandlungen in stiller Geduld; sie flüchtete öfters zu Nachbarn, um den Mißhandlungen zu entgehen. Nur einmal äußerte die Frau zu einer Nachbarin, nachdem sie von ihrem Man­ne wieder mißhandelt worden war, ihr Mann sei ein Unmensch. Die arme Dulderin hatte insbesonders in der Zeit ihrer letzten Schwangerschaft schwer zu leiden. Am 27. August d. I. starb die bedauernswerte Frau an einer Frühgeburt, die nach' Aussage der Aerzte durch die Mißhandlungen herbeigeführt wurde. Zwei Tage vor ihrem Tode schlug ihr der Unmensch mit einem Schwanz­riemen mehrmals auf den KoK und vier Tage vorher mißhandelte er seine Frau mit einem Besenstiel. Ein­mal versetzte ihr der rohe Mensch als er betrunken nach Hause kam und die Frau ihm keinen Most mehr holen wollte, einen Tritt ins Kreuz. Der Körper der un­glücklichen Frau war bei der Sektion ganz mit Blau- mälern bedeckt. Aus dem Loops halte öle Frau mehrere Verletzungen, die ohne Zweifel von den Schlägen mit dem Schwanzriemen herrührten, In Ditzingen war allgemein bekannt, daß Hettler seine Frau roh mißhandelte. Der brutale Mensch' beließ es nicht bei den Mißhandlungen, er äußerte sich auch noch! in Hnischer Weise über seine Frau, die ihm niemals etwas zu Leid getan hatte. So sagte er einmal, wenn nur 8er Blitz feine Frau er­schlüge. Hettler ist dem Trunk ergeben; er vernachläs­sigte immer mehr seine Oekonomie. Der Vertreter der Anklage beantragte angesichts der rohen und brutalen Mißhandlungen eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sofortige Verhaftung. Die Strafkammer verurteilte den rohen Menschen zu einem Jahr vier Monaten Ge­fängnis bei sofortiger Verhaftung.

Der Frauenmörder Koch.

Weimar, 21. Nov. Der Frauenmörder Koch wurde heute früh 7H-- Uhr hingerichtet. Koch hat gestern abend, bevor ihm das Abendmahl erteilt wurde, drei weitere Frauenmorde eingestanden. Er hatte auch diese Frauen in seine Wohnung gelockt, erschlagen und zerstückelt.

Fiir's Schwarze Land.

Ein halbvergessenes Gelegenheitsgedicht von Ferdi­nand F r e i ligrath, das ans seinen Londoner Jahren (Weihnachten 1866) stammt, gewinnt in diesen Tagen, da die Katastrophe von Radbod alle Herzen bewegt, von neuem Leben u- Bedeutung; es findechffch' in Freilio- rathsNeuen Gedichten" (I. G. Cotta, 1S87), und wir geben es in der Ueberzeugung wieder, daß es noch heute eine Wirkung auszuüben vermag, wie sie Freiligrachj in der letzten Strophe an deutet und wie sie tatsächlich den Opfern jener englischen Minen-Katastrophe, die Freilig- rat zu seinem Gedicht angeregt hat, zugute gekommen ist.

Für's schwarze Land.

Wir sitzen gedrängt Um den trauten Kamin;

Es knattern die Brände,

Die Kohlen glühn.

Mit der Festzeit Laub ?

Ist das Haus bekränzt;

Die .Tanne duftet,

Die.Stechpalm' glänzt.

Und vom Balkenknauf,

Weißbeerig sie, :

Lauscht hie Mistel nieder,

Tie .Schelmin, die!

Und dys Bier, es schäumt Im zinnernen Krug;

Wir leeren ihn fröhlich Auf einen Zug!

Und perschränken die Hand,

Und -ergessen das Leid,

Sind glücklich, sind Brüder >

S' sst Weihnachtszeit!

Nun die Schaufel her!

Häuft hie Glut im Kamin!

Laßt knattern die Brände,

Tie Kohlen sprühn!

Die Kohlen o Graun!

Mit.jähem Schritt

In hie leuchtende Weihnacht

Ein Schatten tritt! ;

Ein .Schatten schwarz '

' , - Und riesengroß: ° s

Die Kunde vom Brand > -s

In der Mine Schoß!

Das die Kohle bricht, ;

Tie Zum Fest uns glüht, -4

Die auf Lust und Jubel ' .?

Ihr Licht versprüht: '

Das sie mühvoll bricht ^

: In Atollen und Schacht ^ 1

Das Heer der Arbeit ^ -L

Verlor eine Schlacht!

Tagein, tagaus , ^

Ter alte Kamps . .

Mit cher alten Urkraft, O.LI !

Mit Wut und Dampf! , , >

Sie fuhren Hinab !

Gesund und rot

Sie wurden geschlagen, ^

' Sie siegen tot! -

Hundert und Hunderte,

^ Tot, tot, tot! . " .- 4

Durch das schwarze Land Gellt der Schrei der Not! '

^ ' Und die Witwe weint, ' I ^

And die Waise klagt, ^

s'I "" >Und über dem Sohne , .

Tie Mutter zagt! ^ ' ' A

Und die Braut starrt stumm:

> Ein Erschlagner ist, _ L'!

Der unter der Mistel ; ' 7

i ^ Sie einst geküßt! ^

» Heuer kein Jul

Für das Schwarze Land, '

. ^ Sein Weihnachtsfeuer > Z. -

! Ist Minen brand! ^

' / O du tapfere Schär, , >-

Die das Fest uns erhellt, ' )

Wie hat uns dein Sterben Das Fest vergällt! -

' Es trauert die Stadt, ^ ^

Es trauert das Land

Wir trauern, die Deutschen Auf Brittenstrand!

Wir schüren die Kohlen,

Wir öffnen die Hand Für die Witwen, die Waisen.

Im Schwarzen Land!

Vermischtes.

Gebet eines Deutschen.*)

Frei nach Uhland.

Ter du von deinem ew'gen Thron Die Völker hütest, groß' und kleine.

Gewiß, du blickst auch! auf das meine.

Tu siehst das Leiden, siehst den Hohn.

Zu unsrem Kaiser, deinem Knecht,

Kann nicht des Volkes Stimme kommen; Hätt' er sie, wie er will, vernommen Wir hätten längst das teure Recht.

Doch dir ist offen jeglich Tor,

Dir keine Scheibwand vorgeschoben,

Tein Wort ist Donnerhall von oben:

Sprich du an unsres Kaisers Ohr!

*) Ludwig Uhland hat in schwere. Mit der Not d : . . ^ in dem Gebet eines Württembergers Ausguck gegeben. Lian braucht statt eines Württembergers nur , - deutsch?.- n und statt König Kaiser und man hat >- 'es zeug' es

Gedicht.