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mit Erzähler vom Schwarzwald.
Lrsdieiiit sn Mir lSerktoggir. Wonnsmsnt
ln äer Limit viertsljMrl. Kl. 1.35 INONllll. 45 A.
Ke! silsn iLörtt. vostsnstsItM und Loten lin Orts- n. lisdiösr- ortsverketir vtertelj. lil. l.35, susserlislb desselben Ll. 1.35, biern Lestellgetd 30 Ltg.
Lölökoll kir. 4!.
Amtsblatt für die Ltadt Wildbad.
verkündigungsblatt
der Kgl. Forstämter Wildhad, Meistern, Enzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Lremdenliste.
lnsersts vor 8 ktg. itllstüörllge io vlg., die trlein- sooltige Sormondrstls.
iteklsnisn 15 Kg. dis vetttreiie.
Lei Äiödoiiiolllllgen sntrpr. iiobstt.
iiSonnsinsnts nsdi llebereinkinnkt.
Isisgronlni-iidresse
ZilitügrrisNcler Mäkkrr!.
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Nr 2?1.
Die Kaiser-Krisis
Fürst Bülow bleibt.
Tie entscheidende Unterredung zwischen Kaiser und Kanzler hat wie gemeldet Dienstag vormittag im Neuen Palais zu Potsdam stattgefunden. Wie gesagt, ist das Ergebnis, daß F ü rst Bülo w bleibt. lieber die Unterredung meldet der Reichsanzeiger amtlich :
In der heutigen Audienz schilderte Fürst Bülo w die Stimmung des Volkes anläßlich der Veröffentlichung des Daily Telegraph und erläuterte "seine Haltung in den Debatten des Reichstags. Der Kaiser nahm die Erklärungen mit großem Mrnst entgegen und gab seinen Willen dahin kund, unbeirrt durch die als ungerecht empfundenen Uebertreib ungen erblicke er seine vornehmste Aufgabe in der Sicher ung der Stetigkeit der Reichspolitik unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit. Ter Kaiser billigte die Aus- führungen des Reichskanzlers im Reichstage und versicherte den Fürsten Bülow seines fort- dauer nd en Vertrauens.
Tie Entscheidung ist gefallen und sie hat keine Ueber- raschnng mehr gebracht. In der fast zweistündigen Aussprache zwischen Kaiser und Kanzler hat Wilhelm! II., wohl nicht ganz ohne inneres Widerstreben, den Standpunkt akzeptiert, den Fürst Bülow im Reichstage als die Voraussetzung für die Fortführung der Verantwortlichkeit bezeichnete, und damit sich dem einmütigen Verlangen von Reichstag und Bundesrat gefügt. Er hat die Ausführungen des Reichskanzlers im Reichstage gebilligt, ihn seines fortdauernden Vertrauens versichert und zugleich, erklärt, daß er seine vornehmste Aufgabe in der Sicherung der Stetigkeit der Reichspolitik unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit erblicke. Bülow bleibt also, und der Kaiser will die verlangte persönliche Zurückhaltung üben, wie es scheint, auch über das rein politische Gebiet hinaus, und er will auf Sicherung der Stetigkeit der Reichspolitik unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit bedacht sein. Das heißt, die verantwortliche Leitung soll auch dch eigent-
tNit Schweigen,. Neffe, treibe Politik.
Shakespeare (Heinrich VI, 2.)
»> Schuldig oder nichtschuldig?
R«man nach C. M. Braeme von E. Felsing.
GvrHetzung.)
Solch, schreckliches Bild war seit langen Jahren nicht vor der Oefsentlichkeit entrollt worden ; alles war bestürzt und aufs höchste gespannt.
Das Ergebnis der gerichtlichen Untersuchung war, daß die schöne junge Mrs. Blair verurteilt wurde, sich wegen willkürlichen Mordes zu verteidigen. Die Gerichtsverhandlung war nicht mehr fern; sie sollte am sechsundzwanzigsten Juni in Ardrossan stattfinden.
Tie Aufmerksamkeit dreier Königreiche konzentrierte sich auf das Gefängnis, in dem die Unglückliche weilte. Ihre Jugend, ihre Schönheit, das Verbrechen, dessen sie angeklagt war, die sehr wahrscheinliche Möglichkeit' daß sie für schuldig befunden wurde, — alles das trug dazu bei, das Interesse, welches der Fall an und für sich schon einflößte, nur noch zu erhöhen.
Mrs. Blair's Verteidigung war Tudley Roß. übertragen worden, einem der vielversprechendsten Advokaten Schottland's. Das öffentliche Interesse nahnt noch zu, als diese Tatsache bekannt wurde. Mrs. Blair war noch vor ganz kurzer Zeit ein Mitglied der Gesellschaft gewesen; jetzt schien sie ihr weit entrückt; jetzt stand sie auf der Liste der Verbrecher, und man sprach von ihr wie von einer Fremden. Die schöne Mrs. Blair von Colde- Fell hatte zur Gesellschaft gehört; die Mrs. Blair, die des Mordes beschuldigt ward und die alle Beweise gegen sich hatte, hatte keinen Teil mehr an ihr.
Das Interesse wurde reger, je näher der Tag der Verhandlung herankam, und überall wurde kaum noch, von etwas anderm gesprochen.
Der Unglücklichen selbst wurden inzwischen die Miauten zu Stunden, die Tage zu Wochen. Sie war so glücklich ausgewachsen, so vor jeder Sorge beschützt und
Donnerstag, den IS. November
liehe Entscheidung haben. Ter ganze Vorgang in seiner Entwicklung ist für deutsche Verhältnisse ein ganz; außerordentlicher, einzig dastehend in seiner Art. Nie war bisher Idas persönliche Regiment so unheilvoll in den Folgen hervorgetreten, nie aber auch so' einmütig der Widerspruch .dagegen, und nie hätte man es früher für möglich gehalten, daß eine derartige öffentliche Auseinandersetzung mit einem ebenso vor aller Welt publizierten Abschluß stattsinden könne. Aber es gab steinen anderen Weg, wenn nicht die tiefgehenden Verstimmungen zu schweren Ausbrüchen führen sollten, und wenn man nicht die schwersten Gefahren für das Reich laufen wollte. Ter Lehre wird fick heute Wohl niemand verschließen, daß eine Wiederkehr der Zustände, gegen die sich das Volk und seine Vertretung mit ihren Protesten gewandt hat, in der Tat eim Katastrophe von unabsehbaren Folgen herbeiführen müßte.
Hoffentlich übt die Warnung ihre guten Wirkungen. Es wäre nicht so weit gekommen, wenn nicht die Schäden des persönlichen Regiments so alteingewurzelt gewesen und das Selbstgefühl und die Selbstverantwortlichkeit in den Regiernngskreisen sowohl wie im Parlament, wie auch im Volke selbst herabgedrückt hätten. Ist nicht die Klage üb'e'r unverantwortliche Einflüsse uralt, und war nicht das der Krebsschaden, daß Leute, die auf ihrer Meinung bestanden, die offenherzig zu tadeln wagten, bald abtreten mußten, und die Höflinge den entscheidenden Einfluß übten? Es sind zahlreiche Erinnerungen, welche das Vertrauen zu einer Besserung so schwer aufkommen lassen, und es wird langer Mühe und ernsten, Strebens bedürfen, es wirklich zu gewinnen. Es ist Anzuerkennen, daß. der Kaiser einen Sieg über sich selbst errungen hat, und vermag er auf die Tauer sein Temperament zu zügeln, und sich, in den Schranken zu halten, welche ohne Gefahr für das Staatsganze nicht überschritten werden dürfen, so wird er mehr ehrliche Anerkennung und Sympathien finden, als die gedankenlosen Hurraschreier auf dev Straße und die geschmeidigen Höflinge ihm in Wahrheit entgegenbringen. Ihn über die wirkliche Volksstimmung zu jeder Zeit zu unterrichten, wird ein besonders verdienstvolles Werk sein. Er empfindet, wie es im Reichsanzeiger heißt, die vorgekommenen Uebertreibungen als ungerecht. Aber der Kaiser sollte auch: bedenken, daß, jedes Wort aus schwerer Sorge hervorging, und daß nur eine deutliche, Sprache auf Eindruck rechnen konnte. Man bezweifelte nicht die guten Absichten des Kaisers, aber man mußte klarstellen,
so zärtlich geliebt worden, daß sie die furchtbare Schwere ihres Schicksals kaum zu ertragen vermochte. Ihr schönes Gesicht hatte alle Farbe verloren, und die schönen, blauen Augen zeigten, wenn sie nicht gerade voller Tränen waren, einen gequälten, gehetzten Ausdruck, der unbeschreiblich schwerlich war. So kam der dreiundzwanzigste Juni heran; in drei Tagen sollten die Verhandlungen beginnen.
Ihr war dieses Bewußtsein wie ein brennender Fiebertraum; sie fand keine Ruhe und keinen Schlaf mehr; wie ein verwundetes Tier stöhnte sie wieder und immer wieder in bitterem Schmerz auf. Als die Gefängnisaufseherin, Mrs. Grant, beim Vorbeigehen diese traurigen Laute hörte, glaubte sie, die Gefangene wäre krank, und ging hinein, um nach! ihr zu sehen.
Ach, diese Wohltat für die Aermste, wieder einmal eines Menschen Gesicht zu sehen! Hefter Blair sprang auf; sie vergaß all die strengen Vorschriften des Gefängnisses; sie eilte der Frau entgegen wie ihrer Erlöserin.
„O, dem Himmel sei Tank," rief sie, „daß Sie gekommen sind. Ich glaubte, vor Angst wahnsinnig zu werden!"
Sie klammerte sich zitternd an sie an, und die Wärterin konnte es nächst übers Herz bringen, sie von sich, abzuschütteln. Ihr kaut es vor, als suche ein ängstliches, erschrockenes Kind bei ihr Schutz.
„Sie sind krank!" sprach die Frau ganz erschüttert zu ihr. „Sie genießen ja auch so gut wie nichts! Sie werden nicht die Kraft haben, Ihre Verteidigung zu führen!"
„O, wenn der Himmel mir doch gnädig wäre und mich sterben ließe!" rief die Unglückliche aus.
„Wir können nicht sterben, wann und wie wir wollen!" sprach ,die Wärterin ernst. ..
„Sage Sie mir, bitte," rief Hefter Blair mit schwerem, tiefem .Seufzer aus, „wie fange sind Sie schon hier?"
„Schon mehrere Jahre," lautete die Antwort.
Tie sie umschlingende Arme schienen sich noch fester an sie anzuklammern.
Sagen Sie mir," schluchzte sie wieder, „ist, so lange Sie hier sind, schon je eine Frau gehängt worden?"
1V08.
daß, das Gegenteil erreicht war, und daß die Fortsetzung einer persönlichen Politik nicht mehr mit den Interessen des Reichs vereinbar sei.
Tie Frage ist nun die: Ist nun Bürgschaft für eine dauernde Besserung gegeben. Die Fr. Zt. beantwortet diese Frage dahin: Es kann Niemand darauf wohl eine bestimmte Antwort geben. Zusicherungen allein tuü es nicht, es bedarf stärkerer Garantien, die nicht bloß in den Personen, sondern auch in den Einrichtungen liegen müssen. Eine Reform an Haupt und Gliedern tut not, eine innere Einkehr, die sich auch auf das Volk mit erstrecken muß : eine Abkchr vom Byzantinismus und Stärkung der politischen Selbständigkeit, politische Reife, die nicht des Gängelns bedarf und sich auch nicht gängeln! läßt. Einem Volke und einem Parlament gegenüber, das diese Läufe erreicht hat, das auf seinem Recht der selbständigen Mitbestimmung besteht, kann ein persönliches Regiment nicht mehr aufkommen und auch, keine willfährigen Minister finden; denn diese würden sich nicht einen Tag halten können. Es muß dahin gestrebt werden, daß Minister nicht einfach nach Laune von oben ernannt! und entlassen werden, sondern Paß auf das Parlament auch hierbei Rücksicht genommen wird. Die Ministerverantwortl ich- keit in faßbarer Form, die Parlamentsbe- teiligung auch an den Entscheidungen der auswärt igen Politik, das sind Forderungen, deren Erfüllung nun endlich in Angriff genommen werden muß. Das aber muß man vor .allem sesthalten, daß. nur aus dem Volke heraus die Entwickelung kommen kann, die allein weitere Fortschritte und gesunde Verhältnisse für die Zukunft verbürgt.
* * * *
Berlin, 17. Nov. Die Nordd. Allg. Ztg. meldet in ihrer heutigen Ausgabe: Ter Reichskanzler Fürst Bülow hat alsbald nach seiner Rückkehr von Potsdam das preußische Staatsministerium zu einer vert raulichen Besprechung zusammenber u - fen, in der er über das Ergebnis seines Vortrages bei dem Kaiser Mitteilung machte. Unmittelbar hierauf wird der Reichskanzler den Präsidenten des Reichstags, Graf zu Stolberg, zu einer längeren Besprechung empfangen. Gleichzeitig machte der Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatsminister v. Beth- man n-Hollw eg, den stimmführenden Mitgliedern des
„Ja," war die ernste Antwort, „nicht bloß eine."
„Wie viele?" forschte Hefter.
„Zwei," erwiderte die Aufseherin; „die eine noch ganz junge Frau, jung und auch schön, wurde- wegen verübten Mordes an ihrem Kinde gehängt."
„An ihrem Kinde!" rief Hefter aus. „O, liebster Gott, wer könnte ein kleines Kind töten?"
„Sie hatte es getan," erwiderte Mrs. Grant. „Es war ein grausames Verbrechen und so geschickt und fein ausgeführt. Alles wurde versucht, ihre Freiheit zu ermöglichen. Eine ausgezeichnete Verteidigung wurde für sie geführt, aber es nützte alles nichts."
„Zeigte sie Furcht?" fragte Hefter.
„Ja, die zeigte sie allerdings," rvtgegnete die Frau, „sie fürchtete sich nicht davor, ein Kind ums Leben zu bringen, aber als dann die Strafe für ihr Verbrechen kam, zitterte sie vor deren Vollziehung."
„Md die'andere?" forschte Hefter Blair.
„Tie andere war ein schreckliches Weib," lautete Mrs. Grant's Antwort. „Ich werde ihr Gesicht nie vergessen, solange ich! lebe."
„Was hatte sie getan?" fragte Hefter. Eine peinliche Pause entstand. „Was hatte sie getan?" wiederholte die Gefangene dringender.
„Sie war eine große Verbrechern," sagte die Aufseherin, „eine von jenen bösen Frauen, von denen man in der Geschichte öft liest. Sie war viele, Jahre hindurch- eine geheime Giftmischerin gewesen. Endlich wurde sie abgefaßt. Man vermutete, daß sie zuerst eiue alte Tante vergiftete, mit der sie zusammenlebte und welche ihr ihr ganzes Vermögen vermacht hatte. Tann töte sie ihren Vater, dessen halbes Vermögen ihr zufiel. Auch ihr Bruder starb plötzlich- und geheimnisvoll und sie trat seine Erbschaft an. Tann heiratete sie, und ihr Gatte starb ebenfalls schon nach kurzer Zeit. Er starb in derselben geheimnisvollen Weise wie ihre Angehörigen vorher nnd da wurde dann allgemeiner Verdacht laut. Eine Unte.rsuchung fand statt, und es stellte sich heraus, daß, alle vier durch Vergiftung geendet hatten."
Ein Schauder des Schreckens schüttelte das lauschende unglückliche junge Weib.
„Und sie — sie wurde.auch gehängt?" stieß- sie aus.
(Fortsetzung folgt.)