Ein Zentrumsman» für simultane Lehranstalten.

Der Vorsitzende des Münchener Zentrumsvereins, Prof. Schlittenbauer, der sich jüngst in einer liberalem Protestversammlung gegen die Schulgelderhöhung und für paritätische Mittelschulen sowie Lehrerbildungsanstalten ausgesprochen hatte, wurde von demBayer. Kurier" die- serhalb getadelt. Er schickte nun dem Blatte eine lange Erklärung, worin er seinen Standpunkt mit schultechnisch- praktischen und pädagogischen Gründen ausführlich ver­teidigt und mitteilt, daß er seine Stellung als Vorstand des Münchener Zentrumsvereinsunter dem Eindruck der ersten Kammerverhandlungen schon am 15. Oktober nie­dergelegt" habe, sich aber von der Vertretung der positi­ven Weltanschauung und der sozialen Grundsätze des Zen­trums auch dann nicht werde abbringeu lassen, wenn An­griffe aus den eigenen Reihen kommen, umso weniger, als er wisse, daß seine Anschauungen in den Kreisen der gebildeten Katholiken nicht vereinzelt dastehen, insbeson­dere von vielen Geistlichen geteilt werden.

Tages-Chronik.

Berlin, 9. Nov. Der Berliner Stadtverordneten- Versammlung wird eine ausführliche Vorlage wegen der Errichtung eines Tuberkulosenheims auf dem Grundstück städtischen Waisenhauses in Rummelsburg zugehen. Die Baukosten sind mit 371000 Mark veranschlagt. Mit dem Bau dieses zunächst für 61 Betten berechneten Heims soll möglichst bald begonnen werden.

Dresden, 12. Nov. Ein peinlicher Vorfall ereig­nete sich in der zweiten Kammer. Der Abg. Hettnerta­delte in scharfen Worten die Berichterstattung der Presse, worauf sämtliche Redakteure, mit Ausnahme des Vertre­ters des Regierungsorgans, den Saal verließe,:. Sie werden einen schriftlichen Protest einreichen.

Este» (Ruhr), 11. Nov. Nachdem tn den Laffetten- wvckstätten der Firma Krupp die Arbeitsjett schon verkürzt war, hat jetzt die Firma infolge Arbeitsmangels in weiteren Werkstätten, j. B. in der Zünderfabrik, eine kürzere Ar­beitszeit etngeiührt. Durch diese Maßnahme sollen Arbeiterentlossimgen möglichst vermieden werden.

Bonn» 11. Nov. Heute Vormittag 9 Uhr hat Prof. Dr. SchrörS seine Vorlesungen, die er am 26. Okt. auSpersönlichen Gründen" eingestellt harre, wieder aus­genommen. Der Zudrang zu dem Auditorium war ungeheuer. Viele mußten vor dem überfüllten Saal; wieder umkehren. Prof. SchrörS wurde bei seinem Erscheinen mit minutenlangem Trampeln begrüßt. Der Kurator der Universität, Geheimrat Evbinghaus, begrüßte SchrörS mit Händedruck. Prof. SchrörS bemerkte nack derKöln. Zeitung" bet Beginn seines Vortrages: Ich kann meine« Empfindungen keinen anderen Ausdruck geben; ich danke Ihnen, meine Herren." Am Schluss; der Vorlesungen wieder­holten sich die Kundgebungen.

Müncirea, 11. Nov. DieMünch N. Nachr." ver­breiten durch Extrablatt die Mitteilung, daß PrinzArnulf, der sich auf der Rückreis' von seiner asiatischen Expedition bifir.det, in Venedig ernstlich erkrankt sei Sein Sohn Prinz Heinrich und die Tochter de« Prmzregenken. Prinzessin Therese, sel°u mit dem Lewarzt Hofrar v Hößlin Sonntag abend an daS Krankenlager abgereist. Frau Prinzessin Arnulf ist ihrem Manne schon vor 10 Tagen entgegengereist

Bad^n-Bade«, 11. Nov Als Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Oberbürgermeisters Dr. Gönner wählte die Stadtverordnetenversammlung heute dcn bisherigen Bürgermeister Fieser zum Oberbürgermeister.

Mannheim. !1. Nov Oberbürgermeister Tr. Beck hat dem großherzoglicherr Ministerium des Innern angezeigt, daß er rnfolge Ueberhäufung in Berufsgeschäsicu an der AusüS uig srines MondatS für die Erste Kammer ver­hindert sei mW daher aui dasselbe Verzicht leisten wüste.

Karlsruhe. 11. Nov. Die Eröffnung des Landtages ist sür Dienstag, 26. d. Bi, in Aussicht ge­nommen

Bonndorf (Schwarzwald), 8. Nov. Wegen Kündig­ung eines Kollegen hatten sämtliche Kassenärzte des Amtsbezirks im Einverständnis mit dem Aerztlichen Kreis­verein Waldshut der Bezirkskrankenkasse Bonndorf auf den 15. Januar gekündigt. Darauf erfolgte die Kün­digung aller Gemeind eärzte des Bezirks durch die i Gemeinden. In einer gestrigen Versammlung scheiterte r ein Vermittlungsversuch des großherzoglichen Bezirksamts, daH die Angelegenheit dem Ministerium unterbreitet hat. Die Aerzte verlangen Zurücknahme der Kündigungen des einen Kollegen, worauf die Kasse und die Gemeinden nicht eingehen. Der Leipziger Verband deutscher Aerzte hat sich mit dem Vorgehen seiner Mitglieder solidarisch er­klärt und die Sperrung über den Bezirk Bonndorf ver­hängt.

London, 12. Nov. Eine Stunde bevor der Extra­zug des Kaisers die Station Bitshops-Stanford passierte, fand ein Bahnarbeiter, daß eine Schiene in der Nähe der Station gelockert war. Der Schaden wurde schleu­nigst repariert urrd der Kaiserzug passierte die bet. Stelle mit verlangsamter Fahrt.

Rom, 1l. Nov Gestern fanden die Neuwahlen sämtlicher Staatverordneten statt Obgleich offiziell das Resultat noch nicht verkündet ist, steht fest, daß die Klerikalen ihr Wort von einer völligen Enthaltung rvai- machlen. Der radikaleBlock si e g l e auf der gan ze n Linie, da seine Liste: 33 Verfassungstreue, 9 Radikale 12 Repul'kaner und 1l Sozialisten, glatt durchging. Zum erstenmal« seit 187 »erobert sodieDemokra- tie das Kapitol. Die Blockzeitungen ermahnen die Sieger, ihrer Verantwortlichkeit fick bewußt zu bleiben und bestrebt zu sein, rir.e gute modcrne Verwaltung zu führen.

PariS. 11. Nov Wegen größeren Ru h estö r un g en, die kürzlich infolge Ser Berufung von zwei Prost stören aus der Provinz seitens der Stndemen in Szene gesetzt waren, verfügte der Kultusminister Briand die Schließung der medizinischen Fakulrät bis 31. Dezember dS IS.

Toulon 11. Noo. Bei der neuen Spionage- angelegcnheit handelt es sich in der Tat um eine Bereinigung, die zum Zw.cke des Betreiben« von Spionage g>bildet worden 'st und die in Marseille, Toulon l »nd Vewmitzlia tätig war. llltmo scheint der Bereinig- « ung nicht angehört zu haben. D>e Zahl der Verhafteten » beträgt fünf: einer wurde in Toulon, die übrigen in Mar- s seille fesigevomlnen.

? Bei dem >'n der Fasaneristroße zu Charlottenburg woh- s «enden Kaufmann Sally Wald» ließ sich Montag nochmil- z tag ein Herr melden, der sehr bald mit dem Kaufmann S in Wortwechsel geriet. Der Besuch zag einen Revolver l aus der Tasche und feuerte zwei Schüsse auf W al- do ad. Der erste S4uß traf die Schuber, der zweite den Kops Als die Frau Waldo ins Zimmer stürzte'schoß sich der Besocber tot. Bei der Leiche fand man etn Verzeichnis ver­schiedener reicher Leute. Man weiß noch nicht, ob ein Racheakt oder die Tat eines Irrsinnigen vorliegt. Die Persönlichkeit ist ganz unbekannt.

Auf dem Neubau des Hotels Atlantic an der Alster in Hamburg stürzte die Decke des dritten Stocks ein und ourchschlug die Decke des darunter befindlichen Stockwerks. Unter den Trümmern wurden bisher ein Ar­beiter tgt aufgefunden und ein schwer verletzter und drei leicht verletzte Arbeiter geborgen.

Bei Hannover wurden die im Alter von 58 und 60 Jahren stehenden Geschwister Frieda uud Emma Schreie mit durckjchntttenen Halsadern tor ausgesunden. Man ver­mutet ein Verbrechen.

In München erschoß sich in einer Badeanstalt der Privaner Krön er aus Verzweiflung über große Geld­verluste.

Ans Kiel wird brrichlet: Der HastudampstrAdmiral Köster" überrannre auf der Kieler Föhrde ein Ruder- d o o r. Dos Boot wurde alsbald geborgen; alle Versuche, . k die Insassen, deren Zahl unbekannt «rar. zu retten, blieben > ohne Eriolg.

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wegen nicht gern lassen, oder ich nehm sie am End' doch noch, und die G'schicht hat sich g'hoben."

Der junge Beamte machte ein erstauntes (Msicht. Na, hör' du, wenn du das nicht weißt, da ist die Liebe jedenfalls nicht heftig."

Der kleine Offizier wurde ärgerlich.Ach Liebe! du warst immer so ein Idealist! Wenn sie fünfzigtausend Gulden mehr hätt', dann hätt' ich Liebe genug. Die kommt schon, toenn du sic einmal hast und die kleinen Fratzelu um euch herumlaufen: aber mit der knappen Kau­tion von meinem lumpigen Gerstel und ihren paar tausend Gulden, das ist ein minderer Spaß."

Und sonst?" fragte der Beamte.

Sonst? Ja so, die Oberstischen sind ja nicht allein auf der Welt. Also sonst sind da zwei Töchter vom Be- zirksrichter, allerliebste Kinder, aber ohne einen Kreuzer; dWN die schwarze vom Notar, ein hübscher, lustiger Fisch, aber schlampig, ich kamt so was nicht leiden. Daun ist die Kleine vom Bürgermeister, g'scheit, reich, aber garstig; zwei vom Stadtsekretär Berger, ganz nett, gute Haus­frauen, die Mutter ist seit Jahren tot, aber sechs kleine G'schwister; dann no daß ich die nicht vergeh' die unbedingt Schönsten sind die viere vom Kanzlisten Brand - - er hat den Titel Kauzleidirektor Kruzineser, das sind Staatsmädelu! Eine schöner als die andere, eine fescher und lustiger als die andere. Die Aelteste so zweiundzwanzig, die zweite neunzehn oder acht­zehn, die dritte siebzehn und die Kleine vierzehn, aber auch schon ein wunderhübsches Käferl. Tie sirrd über­all dabei, tausend und drei, die können kokettieren!"

Dem jungen Beamten war das Rot in die Wangen gestiegen.Das ist mir nicht angenxhm," rief er.Beim Kanzlerdrrektor Brand hat mich mein Vorgänger im Amt eingemietet. Er hat mich brieflich gebeten, seine Wohnung, die er sehr enipfohlen hat, zu übernehmen."

No natürlich! Das hat die Alte veranlaßt; die leben ja halb von ihren drei Stück möblierten Herren. Und dann die Aussichten! So ein Zimmerherr, der beißt bei vier Töchtern doch sicher auf eine an. Herrgott, diese Aufmerksamkeit uud Hingebung, mit der du bedient werden wirst, wenn die auskundschaften, daß deine Mütter eine geborene Weißenberger, vo» den Weihenbergers aus dem Elbtal

Mich sangen sie nicht", sagte der Beamte etwas scharf,darauf kannst du Gift nehmen!"

Um Gottes Willen nix verreden!" siel der Ober­leutnant ein.Das g'schicht sonst g'wiß, daran glaub' ich heilig. Und so hübsch und im Grund genommen auch anständig die Mädeln sind, das gönnet ich dir nicht, und wenn du mein Feind wärst."

Dummes Zeug, sei doch nicht abergläubisch wie ein altes Weib," gab der andere zurück.Eine Fesche ist mir so wie so zuwider, da fall ich nicht hinein."

Es wär auch zu blöd!" «versicherte der Oberleut­nant, und sie traten miteinander ins Tor des Hotels ein, in dem Arnold für die heutige Nacht Quartier neh­men wollte.

II.

Liebste Mutter!

Meine Karten haben Dir berichtet, daß ich gut an- gekommen bin und mich bis jetzt sehr wohl befunden habe. Die Stadt ist klein, kleiner und enger, als ich mir's vor­stellte, und das Leben hier scheint auch recht kleinstädtisch zu sein. Wie mir Oberleutnant Prochaska versichert, den ich zufällig am Bahnhof traf Du erinnerst Dich wohl noch, daß ich Dir voriges Jahr von der Waffen­übung viel dorr ihm geschrieen habe, er war ein sehr freundlicher Vorgesetzter soll das Leben sehr gesellig und angenehm sein. Freilich, mein Mutti, darfst Du Dir darunter nicht das vorstellen, was Du einange­nehmes Leben" nennst. Geistige Anregung, die Dir Be­dürfnis ist, dürfte dünn gesät sein, obwohl man hier, wie überall, auch kluge und tüchtige Menschen finden wird. Ter Ton scheint nach allem, was ich ersühr, doch recht oberflächlich.

Aber du willst wohl statt der allgemeinen Betracht­ungen lieber wissen, wie uud wo ich lebe, was für Men­schen ich kennen gelernt habe usw.

Also! Nachdem ich die erste Nacht im Hotel ver­bracht hatte, ging ich gleich früh aufs Kreisgericht, wo mich die Herren sehr liebenswürdig empfingen. Ich bin einem Gerrchtsadjunken Dr. Reiterer zugeteilt. Zu Tisch war ich im Löwen, wo man billig und leidlich gut ißt. Es gibt dort so eine Art Messe, mit mehreren anderen Beamten und Lehrern zusammen. Abends ist der Kreis noch größer, da dann auch die Offiziere dort sind. Gegen

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Dis »Köln Ztz." meldet aus Cleve: Em Zweispänner stieß Montag Aveud mtt dem Automobil der Baronin Stcegiacht-Moylrnd zusammen. Die Baronin wu,de ge­tötet, der Chrufftuc erlitt schwere Verletzungen. Das Auiomvb l wurde zertrümmert.

In Schlagsdorf bei Bentschow sind am Sams­tag zwei achtjährige Mädchen, Kinder eines dortigen Tag- löhners, welche sich auf das junge Eis des Dvrfteiches gewagt hatten, ertrunken. Der 18jährige Bruder des einen Mädchens, welcher herbeieilte, um sic zu retten, brach ebenfalls ein und ertrank gleich den Mädchen.

Tödlich verunglückte in seiner Wohnung in Magde­burg der Redakteur M ehling vomZentralanzeiger". Er stürzte infolge eines Ohnmachtsanfalles aus das Wasch­geschirr. Die Scherben zerschnitten ihm die Schenkel- Schlagader, sodaß er verblutete.

»Überschwemmung in Mittelst a l ie ».

Samstag und Sonntag tobte 12 Stunden lang ein Gewitter mit Wolkenbruch über Rom, der Cam- pagua und dem westlichen Toskana. Heute laufen erst genauere Nachrichten über die Schäden ein. Am härtesten betroffen ist Elba, wo es sechs Tote gab. Tie Eisenbahn Pisa-Rom ist durch einen Brücken stürz bei Re- cina und Spaolo bei Rom infolge Ueberschwemmung un­terbrochen. Auf der Siena-Eisenbahn wurden meh­rere Sekundärbahuen beschädigt. Der Verkehr Rom- Neapel rsterschwert. Die Campagua ist im Sü­den und Osten von Rom auf Kilometer in einen See verwandelt. Biele..Häuser und Mauern sind eingestürzr. Auch die Straßenbahnen des Albauergebirges sind ver­schüttet. Hilfexpedrtionen sind ausgesaudt, um die ge­fährdeten Hirten uud Herden und einsam wohnende Kolo­nien zu retten. Roms Innenstadt litt nicht dank den als unästhetisch verschrienen neuen Kars des Tibers, der heut; 14 Meter Pegelhöhe zeigt.

Arbeiterbewegung.

New York, 11. Nov. 25000 Weichensteller ver­langen durch ihre Union von 23 Bahnen eine Lohnauf­besserung.

Aus Württemberg.

Dienftnachrlchte«. Ueverr r aqeu : L>e e> sr; evangttöchs Sladtpiai i er stelle m Maik.>'oni»aer>, Dekanais Ludw'grbu g. dem Stad'pmirer Bios a: der Lukrskuckie >a «!Ung»rt-O>ih:iin ferner die Pmrrtin: Kuvvingen DeliinalS He>'cnbera dem Pfarrer Z-Üer in Hobnrh>:s1ack. Dekanats Va'dinaen, Z iber eld. Dekanats Orack-u- bcinr, dem Piarrei Kovv in llpnn.en, Dekana s Urallr. Bid. rsreid. Dekanat» Hall, dem Pmrrvenv s-r Vikior Laag tu Bllkmanrik weiter, Dekanats Waiblingen.

tbnthoben: Den Oberbamat vo» Aei chardt ordentlichen Pro­fessor an der Lkchmschen Hochschule, aut sein Antuchen von der '.ll-'i: gliedschasl bei der zur Äer. inna de- KoosiervaiolS der vaterländischen Kunst- und Altettumsdenkmate ciaaeseöum Lachs,NlaidtzcukommWon und bei de- Komaisision für die Vitwaltung der Klautssammlun, vMersiindikcher Km st- und Alle iumrdrnkmaie.

Versesr: Aus das Fornami Hohenheim den Oder öriter Dr. Schinzmger tu Botheim seinem Ansuchen cn.sprechevd. '

Zur Viehzählung am 2. Dezember 19V7. Das

kgl. statistische Landesamt ersucht uns um Aufnahme fol­genden Artikels:

Nach Beschluß des Buudesrats wird im Deutschen Reiche am 2. Dezember d. I. eine erweiterte Vieh­zählung und in Verbindung damit ähnlich wie bei der letzten Viehzählung von 1904 eine Zählung der während des letzten Jahres vorgekommeuen Schlachtungen, bei de­nen gemäß den bestehenden Vorschriften die amtlicheFlersch- beschau unterblieben ist, stattfinden. Zur Durchführung dieser statistischen Erhebungen in Württemberg sind die erforderlichen Anordnungen durch die K. Ministerien des Innern uud der Finanzen in der Verfügung vonr 2. Nov. d. I., Reg.-Bl. Seite 635 getroffen worden.

Die Zählung des Viehs erstreckt sich auf Pferde, Maultiere und Maulesel, Esel, Rindvieh,

Abend zahlte ich im Hotel und zog in mein Zimmer ein, das sehr freundlich ist und eine herrliche Aussicht hat. Allerdings sind die Wände mit fürchterlichen anilinroten Blumen bemalt, Oeldrucklandschaften in Spinatgrün da­ran, und das Ganze von einer gewissen Reinlichkeit, die nicht recht von Herzen zu kommen scheint; die Vor­hänge nicht frisch und die Teppiche ... ich will mir lieber selbst welche 'kaufen. Daß sie mir Wasch- und Triuk- zeug tadellos rein halten, dafür will ich schon sorgen; mein Bett Hab' ich ja, und die Vorhänge müssen sie mir waschen. Man wird es anderswo auch nicht besser tref­fen. Tie Hauswirtin, eine stattliche Person in d?n Vier­zigen, empfing mich mit überflreßender Freundlichkeit und versicherte mir dreimal in einem Satz, welches große Glück es für mich sei,in einer so seunen Famülli" wie bei ihnen Unterkunft gefunden zu haben. Sie und ihre Töchter sie hat vier wären sehrgebüldete Tarnen" und sie verkehrten nur in denerschien Kreisen". Dabei agierte sie großartig mit einem eleganten, aber ver­gilbten Spitzenschirmchen, denn sie war eben im Aus­gehen gewesen, als ich kam, urrd ihre Handschuhe hatten geplatzte Fingerspitzen. Mein Gepäck war schon vom Bahn­hof gekommen, ich packte aus, machte mir mit Handtuch und Seife den Schreibtisch selbst ganz rein, warf die Oel- drucke hinaus, häugte meine Stiche uud Photographien auf, legte meine Reisedecke aufs Sofa, stellte meine Schreib­tischgarnitur, mein Rauchzeug und die Kleinigkeiten aus, schob die Möbel so lange herum, bis es mir gefiel, und habe es nun wirklich recht gemütlich.

Bon den vier Töchtern habe ich noch nicht viel ge­sehen und hoffe auch weiter nicht von ihnen belästigt zu werden. Früh gehen sie ziemlich schlumpig herum, wenn man ihnen auf der Straße begegnet, sind sie ganz schick herausgeputzt. Nächster Tage ist ein Maifest im Stern­garten, da soll ich die ganze Gesellschaft kennen lernen. Es wird viel davon gesprochen und soll hauptsächlich aus einem Basar zu wohltätigem Zweck und nachfolgendem Kränzchen bestehen.

Die Gegend, die Donau, die Gärten, alles das ist wundervoll, und ich freue mich schon sehr, es mit Dir genießen zu können, wenn Du zu deiner versprochenen Sommerfrische herkommst.

(Fortsetzung folgt).