ordneten Singer geleitet, der die Delegierten begrüßt und besonders die Vertreter der sozialdemokratischen Or­ganisationen des Auslandes herzlich willkommen heißt.

Die österreichischen Delegierten, Reichstagsabgeord­neter Ellenbogen-Wien und Wg. Nemecz über­bringen die Grüße ihrer Parteigenossen.

Es wurden dann eine Reihe von telegraphischen Be­grüßungen verlesen, so der Parteigenossen von London, Petersburg, Paris und aus vielen Ortschaften des In­landes.

Darauf wurde in die Tagesordnung eingetre­ten. An erster Stelle stand der Geschäftsbericht über die Tätigkeit des Parteivorstandes.

Parteisekretär Eb erts-Berlin preist den großen Aufschwung der Partei, den sie in den letzten Jahren genommen und besonders hebt er hervor, daß die Zahl der organisierten Genossen schon über eine halbe Million betrage. Die bürgerliche Presse meine, daß das Verhältnis der Organisation zu den bei den Wahlen ab­gegebenen Stimmen noch immer nicht entsprechend sei.

Es gelangen eine Reihe von Anträgen zum Ge­schäftsbericht zur Verlesung, die sich speziell nnt den Lokalorganisierten befassen und verlangen, daß die Par­tei klipp und klar zu ihnen Stellung nimmt.

Berichterstatter Parteisekretär Eberts schildert so­dann näher die Lage der Parteipresse. Man komme leider mit der Parteipresse noch immer nicht an dis Massen heran. Der Redner bespricht dann die Agi­tation unter den Landarbeitern, die wahrlich nicht vernachlässigt werde, aber nicht überall mit gleicher Wucht geführt werden könne.

Verschiedene Lokalorganisierte hätten sich auch bereit erklärt, in Verhandlungen einzutreten. (Beifall). Tie meisten aber hätten eine Verhandlung abgelehnt. Ter Redner legt zur Frage der lokalorganisierten Gewerkschaf­ten eine Resolution des Parteivorstandes vor, worin der Parteitag den Parteivorstand auffordert, die mit den lokalistischen Gewerkschaften eingeleiteten Verhandlungen sortzusetzen und dem nächsten Parteitage über ihren Ver­lauf zu berichten.

Parteisekretär Gerisch-Berlin erstattete darauf den Kassenbericht. Er beklagt, daß viele Bezirke noch Zuschüsse von der Partei nötig haben. Auch werde es in vielen Bezirken mit der Ablieferung der Parteigelder nicht sehr genau genommen.

Ter frühere Lehrer Heinrich Schulz-Bremen be­richtet dann über die Parteischule und den Bild­ung sausschuß. Bei der fortschreitenden Entwicklung der Partei reichen die alte n Kräfte nicht mehr aus. Es seien neue Methoden zu finden, und man hat sich ent­schlossen, eine Parteischule und einen Bildungsausschuß zu gründen.

Die Schule soll keine Dress uranstalt und auch kein akademisches Seminar sein. Wir wollen nur den verschiedenen Teilnehmern Unterweisung geben, wie sie das Verständnis für den Sozialismus in die weitesten Kreise Vverbreiten.

Es folgt die Diskussion über den Geschäftsbericht. W eißma nn-Karlsruhe meint, man hätte keinen Fall Schäufele und keinen Fall Quelsh, wenn nicht der Druck Preußens aus Süddeutschland so groß wäre. Daher in­teressiert sich auch Süddeutschland sehr für die preußische Wahlrechtsfrage und das, was der Parteivorstand darin tut. Frau Baader betont, daß die s ozi a li stis ch e Frauenbewegung hauptsächlich durch zwei Faktoren behindert werde, durch den Terroris­mus der Behörden und durch den Jndifferentismus der Genossen. Während das Zentrum die Bedeutung der Frauenbewegung erkannt hat, ist das bei den männlichen Genossen keineswegs der Fall, denn sie bringen nicht ein­mal ihre eigenen Frauen in die Reihen der Organisierten. Tie sozialistische Frauenbewegung hat vielfach noch mit der Rückständigkeit der Genossen zu kämpfen. Wir wer­den nächstens durch eine Enquete diejenigen Genossen fest­stellen, die selbst ihre weiblichen Familienmitglieder nicht organisiert haben. (Unruhe. Rufe: Terrorismus. Bei­fall bei den Frauen).

In der Nachmittagssitzung betonte der frühere Reichstagsabgeordnete B r u h n s - Kattowitz die Notwen­digkeit, die Agitation unter den polnisch redenden Arbei­tern in polnischer Sprache zu betreiben. Reichel- Stutt­gart wendet sich mit scharfen Worten gegen die Loka­lsten, die nur um eine Rolle zu spielen, aus Ehrgeiz Zwistigkeiten in die Arbeiterbewegung tragen. Er könne sich deshalb mit dem Anträge des Parteivorstandes nicht einverstanden erklären. Lütt- Hamburg: Er sei ein alter Zentralist und bedauere aus vollem Herzen die Absplitter­ung der Lokalisten. Die gewerkschaftliche Bewegung würde viel machtvoller dastehen, wenn die Eigenbrödelei der Lo- kalisten nicht vorhanden wäre. Aber alte bewährte Ge­nossen einfach aus der Partei auszuschließen, gehe nicht an. Honrath-Aachen: Man könne nur Leute aus der Parte iausschließen, wenn sie sich offen für die Anarcho- Sozialisten und gegen das Programm der Partei erklären. Ein Verstoß gegen die gewerkschaftlichen Grundsätze könne nicht zum Ausschluß aus der Partei führen. Die Ge­nossin Baader habe es wohl nicht so bös gemeint, als sie ihre Angriffe gegen die männlichen Genossen richtete. (Hei­terkeit). Anstatt eine Statistik über das Verhalten der Männer anzustellen, würde es sich empfehlen, die Frauen zu veranlassen, selbständig vorzugehen und nicht erst auf die Männer zu warten. Genossin Baader habe sich gegen das Pfaffentum und den Beichtstuhl gewandt. Die Ge­nossin hätte besser getan, wenn sie das unterlassen Hütte, zumal solche Aeußerungen gegen das Parteiprogramm ver­stoßen. (Widerspruch). Religion sei laut Programm Privatsache. Es sei falsch, gegen das Pfaffentum zu kämpfen. Es gebe auch sehr ehrenwerte Geistliche. (Wi­derspruch). Er habe Geistliche kennen gelernt, die ihre Ge­meindemitglieder über die größere Ertragsfähigkeit ihrer Felder unterrichteten. Es stehe der Sozialdemokratie nicht an, gegen das Pfaffentum und gegen die Kirche zu kämp­fen. Man könne nur insoweit einen solchen Kampf führen, wenn die Geistlichen sich zu Bütteln der herrschenden Klassen hergeben. Deshalb erstrebe die Sozialdemokratie die vollständige Trennung zwischen Staat und Kirche. Der Sozialdemokratie stehe es nicht an, das Christentum und die Kirche zu bekämpfen. Dadurch werde nur dem

Zentrum Wasser auf die Mühle geliefert. Die Sozial­demokratie müsse bemüht sein, die Schule in ihre Hände . zu bekommen. Fren (Nürnberg) betonte die Notwendig­keit, gegen die Lokalisten ernste Schritte zu unternehmen Abg. Bömelburg (Hamburg): Angesichts der sich im­mer mehr zuspitzenden wirtschaftlichen Kämpfe, sei es gar nicht ausgeschlossen, daß die Unternehmer in absehbarer Zeit den Versuch unternehmen werden, die Arbeiterorgani­sationen einfach nivderzuknüppeln. Wenn dieser Versuch unternommen werden sollte, dann tverden die Lokalisten erst die Notwendigkeit einsehen, sich den Zentralverbänden anzuschließen. Die Zentralverbände zählen 1800 000, die Lokalverbände 16 000 Mitglieder. Die gewerkschaftliche Zersplitterung sei daher nicht besonders tragisch zu neh­men. Die Maurer und Zimmerer überlegen schon, ob sie nicht besser tun, sich den Zentralverbänden anzuschließen. Das lasse sich aber nicht von heute auf morgen voll­ziehen. Man müsse den Leuten Zeit lassen und den Ueber- gang nicht stören. Mit Gewaltakten könne man nichts ausrichten. Es genüge, den Antrag des Parteivorstandes anzunehmen. (Beifall). Wels (Berlin): Er könne sich den Ausführungen des Vorredners nur anschließen. Es gebe unter den Lokalisten viele ehrliche Genossen, die sehr bald zu der Einsicht kommen werden, daß sie auf falschem Wege seien. Es wäre ein Verbrechen, wenn man in die sich bereits vollziehende Einigkeit störend eingreifen wollte. Frau Zietz (Hamburg): Nicht Genossin Baader, sondern Genosse Honrath habe der Zentrumspresse Material ge­liefert. Genossin Baader habe nicht mit einem Worte die Religion angegriffen, sondern nur die Kirche und ihre Einrichtungen, soweit sie dem Staate zur Unterdrückung der Arbeiter Schlepperdienste leisten. Sie (Rednerin) habe viel im Ruhrrevier agitiert, sie habe aber niemals die Religion, sondern nur immer die Kirche und ihre Ein­richtungen angegriffen, soweit sie sich zum Büttel der Sozialdemokratie hergegeben habe. Religion sei Sache des Herzens und des Gemüts. Sie sei erstaunt gewesen über die Lobsprüche des Genossen Honrath bezüglich der Geistlichen. Es habe nur noch gefehlt, daß Honrath zur Sammlung des Peterspfennigs aufforderte. /Heiterkeit). Die Rednerin forderte im weiteren auf, di eFrauenbeweg- ung mehr als bisher zu fördern. Haase (Kattowitz) und Silberschmidt (Berlin) treten für den Antrag des Parteivorstandes ein. Das sei der beste Weg zur Einig­keit. Die Anträge auf Ausschluß der Lokalisten aus der Partei wurden danach zurückgezogen.

Nach noch längerer Erörterung wurde dem Partei­vorstand Entlastung erteilt und der Antrag des Partei- Vorstandes bezüglich der Lokalisten mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.

Es gelangte darauf folgender Antrag zur Annahme:

1. Die Partei möge in allen größeren Orten eine Agi­tation auf dem Gebiete des Volksschulwesens entfalten und ebenso auch naturwissenschaftliche Vorträge .halten lassen, die zur Aufklärung des arbeitenden Volkes bei­tragen.

2. Die Partei möge ebenso mit Rücksicht auf die Kin­dererziehung darauf dringen, daß überall wo möglich Kindergärten errichtet werden, die einen weltlichen Cha­rakter tragen.

Der Parteitag beschäftigte sich danach mit der

Organisation der Nachrichten-Vermitt­lung für die sozialdemokratische Partei.

Es lag hierzu ein langer Antrag des Parteivorstandes und der Kontrollkommission vor, in dem es heißt:

Z 1. Die Partei errichtet ein Nachrichtenbureau, das seinen Sitz in Berlin hat.

§ 2. Aufgabe des Bureaus ist:

1. Herausgabe derPartei-Korrespondenz";

2. Erlangung wichtiger Nachrichten und Mitteilungen

politischer, sozialer und wirtschaftlicher Natur zur

Uebermittelung an die Parteipresse;

3. Sammlung gesetzgeberischen und statistischen Mate­rials, das für iftie Parteipresse von Wichtigkeit ist.

Z 3. Zwecks Erlangung bezüglicher Nachrichten und

Mitteilungen aus Deutschland und anderen Ländern ist ein Berichterstatterdienst oinzurichten. Ausgeschlossen von der Tätigkeit des Bureaus ist die Abfassung von Kritiken und Artikeln, die geeignet sind, die Selbsttätigkeit der Re­daktionen zu beeinflusse».

Der Antrag beschäftigt sich im Weiteren mit der in­neren Einrichtung des Bureaus.

Parteisekretär Müller-Berlin, früherer Redakteur, führte aus: Werda wisse, welch' schweren Kampf die Par­teipresse in ider Provinz mit der bürgerlichen Presse zu führen habe, werde die Notwendigkeit des Nachrichtenbu- reaus begreifen, Daß die Parteipresse in erster Reihe eine Prinzipienpresse sein müsse, sei selbstverständlich. Dane­ben müsse aber die Parteipresse schnellstens durch telegraphi­schen nud Telephondienst über alle wichtigen Ereignisse un­terrichtet werden. Es würde auch möglich sein, die Par­teipresse über die Gewerk schastskämpfe in den ver­schiedenen Orten Deutschlands und des Auslandes in schnellster Weise zu unterrichten. Das wäre für die Arbeiter von größtem Interesse. Ein Hintertreppendienst für Regierungsmitteilungeu sei bei der Parteipresse selbst­verständlich ausgeschlossen. Der offiziösen Stimmungs­macherei müsse so schnell als möglich von der Parteipresse entgegengetreten werden; dies könne durch das Nachrich­tenbureau am schnellsten geschehen. Die Lösung der Frage habe keine Zeit mehr, sie sei brennend. Sie sei auch nicht erst durch die letzten Reichstagswahlen brennend ge­worden. Wenn die Partei so kurzsichtig sein sollte, das Nachrichtenbureau äbzulehuen, dann würde von den großen und mittleren Parteiblättern sehr bald aus eigener Ini­tiative ein Nachrichten-Bureau gegründet werden; alsdann hätte aber die kleine Parteipresse das Nachsehen. Es sei doch kein Zweifel, daß die Parteipresse das beste Agita­tionsmittel sei. Die Einzelheiten des Bureaus werden sich im Parteitage nicht erörtern lassen. Er beantrage, den Entwurf einer Kommission von 15 Personen zu über­weisen. (Beifall.)

Ter Antrag gelangte sogleich ohne Besprechung zur Annahme.

Tie Verhandlungen wurden danach auf Dienstag vormittags 9 Uhr vertagt.

Rundschau.

Das neue Reichs-Beretusgesetz.

Die grundlegenden Bestimmungen des neuen Reichs-- Vereinsgesetzes sind, wie das Berliner Tageblatt von un­terrichteter Seite erfährt, folgende:

Von allen Versammlungen, in denen öffentliche Ange­legenheiten erörtert werden sollen, ist 2 4 Stunden vor­her der Ortspolizeibehörde Anzeige zu ma­chen und Ort und Zeit der Versammlung anzugeben. Darüber ist eine Bescheinigung zu erteilen. Vereine, die eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken sind anzumelden und müssen ihre Statuten einreichen' Auch jede Versammlung dieser Vereine ist anzumelden. Da­gegen wird nicht verlangt, daß die Vereine ein Verzeichnis der Mitglieder liefern. Die Unterscheidung zwischen Vereinen, die eine Einwirkung auf die öffentlichen An­gelegenheiten bezweckery und den im engeren Sinne politi­schen Vereinen soll wegsallen. Von allen Verei­nen und Versammlungen, die eine solche Einwirkung be­zwecken, sind Lehrlinge und Schüler ausgeschlos­sen, Frauen dagegen sind zugelassen. Berufs­vereine sollen von dem Gesetz ganz ausgeschlossen sein, weil ein besonderes Recht für sie in Vorbereitung ist.

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Die Visite» bei Bülow.

Wie die Deutsche Tageszeitung mitteilt, haben die Verhandlungen zwischen ihrem Chefredakteur Dr. Oerteh den beiden Vorsitzenden des Bundes der Landwirte, Tr. Roesicke und Freiherrn v. Wangen heim einerseits und dem Fürsten Bülow andererseits in Norderney am Mittwoch stattgefunden. Der Nativnal-Zeitung zufolge soll auch ein namhaftes nationalliberales Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses eine Einladung nach Nor­derney erhalten haben.

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Zentrnms-oUt.k.

Aus seiner Agitationsreise durch den FrankeuwM zur Organisation der Holzarbeiter wurde dem liberalen Pfarrer Grandiuger, wie bereits mitgeteilt, in Kro­ll a ch ein schlechter Empfang bereitet. Stadtkaplan M ö k- k e l von Kronach war mit dem Arbeitersekretär und Lano- tagsabg. Schwarz aus Schweinsurt und einer Anzahl Mitglieder des Kronacher katholischen Arbeitervereins ge­kommen, üm die Versammlung zu sprengen. Letztere mach­ten einen Heidenskandal und wurden von dem Kaplan zu immer stärkerem Schreien angestachelt. Nach langen persönlichen Auseinandersetzungen erklärte Pfarrer Gran­dinger, er habe ein anderes Lokal gemietet und werde dort den ungebetenen Güsten den Zutritt verweigern. Doch der Kaplan, Schwarz und ihr Anhang zogen auch in das neue Lokal nnt. Ersterer drohte Grandinger sogar mit Prügeln. Schließlich wurden zwei Gendarmen geholt, welche das Gelichter aus dem Saale entfernten. Ter Kaplansan­hang hatte aber seinen Zweck erreicht, 3 Stunden waren vergangen und Pfarrer Grandiuger konnte nur noch kurz sein Referat erledigen.

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Die Fra» als Berufsangehörrge

Im Laufe der letzten Jahre ist es öfters vorgekom­men, daß junge Mädchen eine regelmäßige Lehrzeit durch­gemacht haben, und schließlich als weibliche Handwerksge­sellen ein gutes Arbeitsunterkommen gefunden haben. Im allgemeinen aber wird der weiblichen Fachbildung immer noch eine viel zu geringe Aufmerksamkeit zugewendet. So lange Beratungen häufig über den Beruf des aus der Schule kommenden Knaben abgehalten werden, so wenig werden über den zu ergreifenden Beruf des Mädchens längere Erwägungen angestellt. Meistenteils bleibt es dem Zufall überlassen, ivelcher Art die Beschäftigung ist, die von dem Mädchen ausgeübt wird. Während vielfach ein Uebersluß an Kontorpersonal besteht wird dafür in den verschiedensten Erwerbszweigen und hauptsächlich für qualifizierte Werkstattarbeiten schon längst über einen au­ßerordentlich großen Mangel an weiblichen Angestellten geklagt. Hauptsächlich macht sich dieser Mangel in der Textilindustrie und in der Konfektion bemerkbar. Gerade irr diesen Gebieten kann sich aber die Frau mit ihrem natürlichen Geschmack leicht eine Stellung erobern. Be­sonders groß, ist de» Mangel an tüchtigen Direktricen. Die­ser Mangel an brauchbaren Kräften zum Entwerfen, Be­rechnen der Werkstatt- und Heimarbeiten, ist so groß, daß sich vielfach deutsche Fabrikanten gezwungen sehen, tüchtige Direktricen und ähnliches technisches Personal aus anderen Ländern, wie aus Frankreich und Oesterreich heranzuzie­hen. Und diesen fremden Angestellten müssen dann außer­ordentlich hohe Löhne bezahlt tverden, während die ein­heimischen Arbeitskräfte entsprechend ihrer geringen fach­lichen Ausbildung auch wesentlich geringere Löhne er­halten. Neben der Gleichgültigkeit, die man in Deutsch­land noch in großem Umfange bezüglich der Ausbildung der erwerbstätigen Frauen antrifft, fehlt es aber auch den Mädchen oft an Gelegenheiten zur Fortbildung. Wo Fachschulen unterhalten und Fachkurse veranstaltet werden, sollten dazu stets auch Mädchen die Lust und Neigung zu dem betreffenden Beruf haben, mit herangezogen wer­den. Auch durch Selbsthilfe ließe siK hier viel erreichen. Ein Beispiel der Selbsthilfe, das der Erwägung verdient, wird jetzt in Dessau gegeben. Dort haben sich die selbstän­digen Damenschneiderinnen vereinigt, um für ihre weib­lichen Angestellten und Lehrlinge Fortbildungsfachkurse zu veranstalten.

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Und wen» Marokko Ruhe hat

dann hat Europa Ruh'. Sehr beruhigend klingen heute die Nachrichten aus dem Mohrenland. In Fez herrscht Ruhe. Muley Haddi, der 18jährige Bruder des Sul­tans Abdul Aziz, ist von diesem während seiner Abwesen­heit von Fez als Kalif eingesetzt worden. Die Ankunft Abdul Aziz' in Rabat wird voraussichtlich am Samstag erfolgen, er soll von 11000 Mann zuverlässiger Truppen begleitet sein. Die Behörden in Rabat haben einen ent­husiastischen Empfang vorbereitet. Mehrere Mitglieder des diplomatischen Korps tverden erwartet. Muley Amin, der Onkel des Sultans, stattete Regnault einen