soweit sie sich mit den innerpolitischen Verhältnissen be­schäftigt. Seine Versicherung, daß er keinen Unterschied kennt Wischen Protestanten und Katholiken, soll doppelt wirken, jetzt wo das Zentrum die Abkehr Bülows von Zeutrumswegen als den Beginn einer neuen Katholiken­verfolgung vorzutäuschen sucht. Die Mahnung, die wirt­schaftlichen Gegensätze zurücktreten zu lassen, die sich ver­knüpft mit dem warmen Lob des Fleißes des Land­manns, seiner kernigen Natur, seiner ehrenhaften Ge­sinnung, seines treuen Wesens, und mit dem Preis des Städtebürgers und seiner großartigen Schöpfungen, der braven Bergleute", der Industrie,des Stolzes unserer Nation", ist dem Bedürfnis entsprungen, das der jetzige Kurs mehr wie je nach Zurücktreten der wirtschaftlichen Jnteressenkämpfe hat. Der innerpolitischen Situation verdankt wohl auch das ausdrückliche Versprechen seine Entstehung, auf dem Gebiete der sozialen Für­sorge fe st zuhalten an den Grundsätzen der un­vergeßlichen Botschaft Kaiser Wilhelms des Großen. Jetzt erst recht Sozialpolitik, das spricht hier auch der Kaiser aus und er verbürgt sich dafür. Und in diesem Versprechen liegt der praktische Wert die­ser Rede, an die man die Regierung erinnern wird, wenn Sie Befürchtungen derer in Erfüllung zu gehen drohen, die einen Stillstand unserer sozialpolitischen Maschine Prophezeien. Dann wird man anknüpfend an die Ver­söhnungsrede in Münster daran mahnen, daß das sicherste und beste Mittel die wirtschaftlichen und sozialen Gegen­sätze auszusöhnen, die soziale Gerechtigkeit ist.

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Ltreikstatistik des Deutschen Reiches. Das

zweite Quartal des Jahres 1907 ist nach den soeben veröffentlichten vorläufigen Zahlen ein an Arbeits­kämpfen sehr reiches gewesen. Während von Januar bis April 248 Streiks neu ausbrachen, 293 beendet wur­den, betragen die entsprechenden Zahlen April bis Juli 642 bezw. 761. Entsprechend ist die Zahl der Aus­sperrungen gestiegen. Im zweiten Quartal bra­chen neu aus 65 und wurden beendet 120. Am heftigsten wurde das Baugewerbe von Arbeitskämpfen in Mitleiden­schaft gezogen, 243 Streiks und Aussperrungen brachen neu aus, 269 wurden beendigt. Die Höchst za hl der an letzteren beteiligten Arbeiter betrug 19147. Die Indu­strie der Steine und Erden stand bezüglich Streikhäufig­keit mit 77 neu ausgebrochenen, 91 beendeten Ausstän- dcn, an denen 6522 Personen beteiligt waren, an zwei­ter Stelle. Die Metallverarbeitungsindustrie, die In­dustrie der Nahrungs- und Genußmittel, das Verkehrs­gewerbe, in welchem Aussperrungen besonders häufig wa­ren, folgen. Die 761 beendeten Streiks erstreckten sich insgesamt auf 5762 Betriebe (1. Quartal 1025), von denen 1535 (275) völlig stillgelegt wurden. Die Höchst - zahl der gleichzeitig streikenden Arbeiter betrug 60 776 (19 564), die der geUvungen feiernden 2945 (1043). Während im Anfang des Jahres 1907 die Mehrzahl der Streiks erfolglos verlief, war sie vom Frühjahr ab von reilweisem Erfolg (in 320 Fällen) begleitet. 160 Streiks hatten vollen, 281 kleinen Erfolg. Die 120 Aussperr­ungen betrafen 2815 (245) Betriebe, von denen 343 (18) völlig zum Stillstand kamen. Die Höchst zahl der Ausgesperrten betrug 33 549 (4249), der gezwungen Feiernden 415 (22). Nur 3 Aussperrungen blieben ohne das gewünschte Ergebnis. 51 hatten vollen, 60 teilwei­sen Erfolg. Die Zahl der Aussperrungen hat sich dem­gemäß stärker erhöht als die Zahl der Streiks. Beide sind jedoch immerhin noch niedriger als die entsprechen­den Zahlen im 2. Quartal des Vorjahres, das mit 1067 neu ausgebrochenen, 1073 beendeten Streiks und 134 neu­begonnenen, 114 beendeten Aussperrungen einenRekord" darstellt.

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Die Unruhe» in Marokko. Der heftige Kampf, der am 3. September vor Casablanca stattgefunden.hat, kostete die Franzosen 8 Tote und 17 Verwundete. Unter den Toten befinden sich Major,P rev o rst vom 1. Regi­ment der Fremdenlegion und ein Leutnant von den Schützen. Der Berichterstatter der Köln. Ztg. telegra­phiert aus Tanger eine aus zuverlässiger Quelle stam­mende Mitteilung: Der neue Pascha von Marrakesch, Hadschi Thani, ein Bruder des mächtigen Kaids von Glaun, wird ein Expeditionskorps mit Artillerie gegen Fez füh­ren. Die gegen Casablanca kämpfenden Stämme sollen veranlaßt werden, ihre Kräfte nicht zu zersplittern. Mu­ley Hafid hat in Fez einflußreiche Anhänger und im Süden mehrt sich sein Anhang täglich. Der Kaid Aissa hegab sich zur Huldigung nach Marakesch, desgleichen der Kaid von Mbuga, ein bisheriger Gegner Muley Hafids. Die Stadt Mogador wartet noch das Verhalten der übri­gen Küstenstädte ab. Dagegen wird der Kaid der Anflus dem Beispiel Aissas folgen. Er erklärte, für die Sicher­heit Mogadors so lange zu bürgen, als dort keine Trup­pen gelandet werden. Die Auswanderung aus Tanger ist stärker denn je. Bei den Kämpfen am 28. August und am 2. September sollen die Marokkaner 800 Mann verloren haben. Die Proklamation Muley Hafid's richtet sich gegen die Europäer und die Fran­zosen wissen nun, wie sie daran sind. Sie werden froh sein, wenn sie wieder einmal glücklich aus der Sackgasse herauskommen, in die sie hineingeraten sind.

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Die Unruhen in Antwerpen. Aus Antwerpen wird heute gemeldet: Eine großeFeuersbrunst brach am Hafenbassin aus. Eine Abteilung bewaffneter Bürger­garde und die Feuevwehr befinden sich am Brandplatze. 18 Schuppen sind verbrannt. Ein großer Gebäudekomplex steht in Flammen. Der Minister für Industrie und Arbeit ist in Antwerpen ein­getroffen und hatte eine lange Besprechung mit dem Bür­germeister. Man glaubt, daß die beiden die Frage ge­prüft haben, ob ein Boden für eine gegenseitige Verstän­digung gefunden werden könne. Am Kai Cockevill wurden englische Arbeiter, die sich aus einem Dampfer nach Har- wich einschiffen wollten, angegriffen. Die Polizei und die Bürgergarde stellte die Ordnung wieder her.

Eine Meldung aus London steht im Zusammen­hang mit den Unruhen in Antwerpen: Auf dein Gewerk-

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Vereins-Kongresse in Bath beantragte der Abgeordnete t John Ward ein Tadelsvotum für diejenigen Bri- ? ten, welche sich von kosmopolitischen Arbeitgeber-Syndi­katen engagieren lassen, um in ausländische Arbeits­streitigkeiten einzugreifen, wie bei den Streiks in Ham­burg und Antwerpen. Es sei eine direkte Schande, daß in England solche Expeditionen organisiert werden, um ausländischen Arbeitern, die anständige Arbeitsbedingun­gen erringen wollen, in den Rücken zu fallen. Der Delegierte der Schauerleute, Anderson, unterstützte die Resolution und sagte, die Folge dieses Verfahrens sei, daß der britische Name auf dem Kontinent in Verruf komme. Die Resolution wurde einstimmig angenommen; ebenso ein Antrag, sie den Streikenden in Ant­werpen telegraphisch mitzuteilen.

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Zu Japans Zwist mit China. Das Gebiet von Kantao, das die Japaner besetzt haben, von der Pe­kinger Regierung aber als zu China gehörig angesehen wird, liegt zwischen dem Jalu und der Mandschurei. Die Japaner berufen sich darauf, daß dieser Bezirk zu Korea gehöre, doch ist darüber schon früher zwischen China und Korea Streit gewesen. Das Gebiet ist sehr reich an Wäl­dern, Minen nud fruchtbarem Boden. Die Bevölkerung soll aus 600 000 Koreanern und 400 000 Chinesen bestehen. Die Russen wollten sich vor dem Kriege des Gebiets be­mächtigen. In Tokio wußte man am Dienstag uoch nichts von einem Protest Chinas und die Nachricht von der Ent­sendung chinesischer Truppen nach dem streitigen Gebiete ist wohl nicht richtig.

Tages-Chronik.

Berlin, 4. Sepr. Die von einer Berliner Corresp. verbreitete Meldung, daß die Wiedereinnnführung der Rück­fahrkarte beschlossene Sache sei, wird von derN, Pol. Korr." auf Grund maßgebender Informationen als Erfindung be­zeichnet.

Berlin, 4. Sept. Aus Hamburg teilt man der Voss. Ztg. mit: Die jüngst von der Voss. Ztg. gebrachte Meldung, daß Hamburg durchaus nicht zu denjenigen Staaten gehöre, die im Bundesrat für die Einführung von Schiffahrt-Abgaben stimmen werden, entspricht den Tat­sachen

Berlin, 5. Sept. Das sich bessernde Wetter erlaubte gestern Abend noch einen kurzen Aufstieg mit dem Parsevalschen Motorballon, welcher durchaus z u- srieden stellend verlief. Der Ballon wurde geführt vom Hauptmann v. Kehler und Hauptmaun v. Krogh.

Mannheim, 3. Sept. Der vergangene Sonntag hatte der Ausstellung den bisher stärksten Besuch ge­bracht. 69 000 Personen, darunter 17 000 auf Tageskarten. Die Herbstausstellung bedeutet freilich auch den Gipfelpunkt der bisher zur Schau gestellten gärtnerischen Leistungen. In Quantität wie Qualität steht die s ch w ä- bische Gärtnerei an der Spitze, aber auch das Rhein­land und Baden bieten Kollektionen, welche die Bewunder­ung der Fachleute wie der Laien herausfordern. Die. Herbstausstellung geht am 9. ds. Mts. zu Ende. >.

Budapest, 4. September. Nach vorliegenden Meld­ungen kämpfen auch die ungarischen Schtffsgcsellschasten mit großem Kohlenmangel, was in erster Reihe auf Arbeiter und Waggonmanget zurückzuführen ist. Die Ge­sellschaften sind genötigt, englische Kohle zu importieren, was eine Erhöhuug der Schifftarife nach sich ziehen dürfte.

Venedig, 4. Sept. In die Wohnung des feit acht Monaten hier wohnhaften russischen Grafen Kamarows- ki drang heute früh ein anderer Russe ein, der sich Nauinow nannte und gab fünf Revolverschüsse aufdenGrafenab, durch welche dieser schwer ver­wundet wurde. Im Hospital, wohin er alsbald ge­bracht wurde, erklärte der Graf dem russischen Konsul, er sei brieflich davon in Kenntnis gefetzt worden, daß. ein Rufsx nach Venedig kommen werde, um ihn zu ermorden. Er legte aber den Mitteilungen keine Bedeutung bei. Die Tat rief hier große Erregung hervor; die Polizei fahndet auf den Täter, der die Stadt verlassen haben soll. Der Zustand Kamarowskis scheint nicht lebensgefährlich zu sein.

Haag» 4. September. Infolge der gestrigen Annahme des amerikrutschen Antrages über die vertragsmäßigen Staatsschulden, der nunmehr in die nähste Plenarsitzung gelangt, hat der P.äsidcnt der Republik Venezuela, der venezuelanischen Delegation den Auftrag er­teilt, Haag zn verlassen.

Haag, 5. Sept. Nach amtlicher Mitteilung haben die niederländischen Truppen sich einer Befestig­ung in der Landschaft Mori aus der Insel Celebes bemächtigt. Die Feinde hatten 31 Tote, darunter das Haupt des Widerstandes. Viele Häuptlinge mit ihren An­hängern haben sich unterworfen.

Kouftantioopel, 4. ^eplember. Nach einer amtlichen Nachricht ist am 1. September aus Anlaß det Jahrestage» der Thronbesteigung des Sultans der tn diesem Jahre bis ElAla fertiggestellte Teil der Mekkaetsenbahn feier­lich eröffnet worden.

Winnipeg, 4. Sept. Aus dem hohen Norden wird soeben berichtet, daß das SchiffDucheß. of Bedso r d" gesunken ist und der dänische Polarforscher Ejuar Mikkelson wahrscheinlich sein Leben verloren hat.

Tanger, 5. Sept. Der Deutsche Hans Soltau ist zum Prokuristen der marokkanischen Staatsbank in Tanger ernannt worden.

Aus dem Oberharz, Torfhaus und Umgebung wird andauernder starker Schneefall gemeldet.

In Cottbus wurde mit gespaltenem Schädel der 76 Jahre alte Fabrikwächter der Firma Hasselbach und Westerkamp t o t aufgefunden. Allem Anscheine nach liegt ein Verbrechen vor.

Eine folgenschwere Benzin-Explosion, wobei zwei Personen, der Fabrikant Richard Seelig und seine Gehilfin Emma Funke, lebensgefährlich verletzt wurden, ereignete sich in Berlin. Der 31 Jahre alte Fabrikant hatte vor kurzem eine Schuhcremefabrik über­nommen und beschäftigte sich eingehend mit der Herstell­ung eines neuen "Fabrikats. Während er aus das im Kessel lagernde Menthol Benzin gießen wollte, kam er

mit dem Benzinbehälter der Gasflamme zu nahe, so daß dieser explodierte. Das Laboratorium stand sofort in Flammen. Der Fabrikant und seine Gehilfin sprangen lichterloh brennend auf die Straße. Mer Personen, die sich im Keller befanden, entgingen dem gleichen Schicksal nur dadurch, daß das Feuer nicht durch die eiserne Türe des Raums dringen konnte.

Aus der Strecke Rehfelde Strausberg lReg - Bez Potsdam) ist am Dienstag ein Zug entgleist und in Brand geraten. Die Anzahl der Verwundeten beträgt 8, gelötet ist niemand. Ueber die Ursache des Un- glücks wird dem Berliner Tageblatt berichtet: Es haben sich mehrere Zeugen gemeldet, die einen jungen Mann be­obachtethaben, der die Schrauben an den Schienen löste Der Täter ist anscheinend ein entlassener Bahn- a beiter, der die Tat aus Rache begangen hat.

In Snloczow (Ruff. Polen), bei Olkusch wurden sieben auf dem Felde arbeitende Personen durch den Blitz getötet.

Aus Württemberg.

Dieustuachrichte«. Uebcrtragen: Dem Ob-ireallehier Harschar an der Realschule in Welzheim und dem Oberreallchrer Rall an der Latein» und Realschule in Herrenberg je eine Oberrcailchreis- stclle; dem Elcme-tarlehrer Hettler an der Elementarschule in Tübingen eine Reallehrcisktelle an dem Realgymnasium und der Oberrealkchnlc in Göppingen dem Professor Hoch am Realprogymnasium in Calw die Sielle des Rektors vnd t HaupllchrerS an der nenerrichleien sechSklassigeu Realschule in Göppingen, dem Hilfslehrer Ehninger am Realgymnasium in Stuttgart eine Oberreallehr rSstelle an der Ober­realschule in Hall dem Hilfslehrer Dr. Dietzel an der Realschule in Mergentheim die Oberreallehrcrsllelle an der Realschule tn Waldsee.

In den Ruhestand versetzt: Den Oberprüzeptor Brönule am Realprogymnasinm in Geislingen seinem Ansuchen gemäß unter Anerkennung seiner langjährigen trmev und ersprießlichen Dienste

Eine Erklärung zu der sozialdemokratischen Abstimmung znm Etat. Die Gründe, welche die sozial­demokratische Fraktion der Abgeordnetenkammer dazu ver- anlaßte, entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit für den Etat zu stimmen, wurden von dem Abg. Keil aus der sozialdemokratischen Generalversammlung des 2. lvürttem- bergischen Reichslagswahlkreises folgendermaßen entwickelt. Der Anschein einer grundsätzlich veränderten Haltung der Fraktion sei nur bei einer Gelegenheit hervorgetreten, näm­lich bei der Schlußabstimmung über den Etat. Aber nur der Anschein. Während der früheren verneinenden Ab­stimmung die Erklärung beigefügt würde, daß die Fraktion zur Regierung kein.Vertrauen habe, sei eine solche Miß­trauenserklärung diesmal unterblieben. Aber es sei auch keine Vertrauenserklärung abgegeben worden. Die Dtein- ungen darüber, ob die Schlußabstimmung als politisches Demonstrationsmittel dienen solle, seien in der Fraktion ge­teilt. Auch diejenigen, die die erste Frage verneinten, seien bereit gewesen, aus parteitattischen Gründen für dies­mal gegen den Etat zu stimmen. Dann sei aber infolge verschiedener Wahrnehmungen der Gesichtspunkt aufge- taucht ,daß zurzett, wo die württembergische Regierung im Gegensatz zu der von den Regierungen anderer Bundes­staaten angenommenen Haltung eine gewisse politische To­leranz durch Duldung des internationalen Kongresses an den Tag lege, eine herausfordernde scharfe Mißtrauens­kundgebung taktisch unklug sein würde. Man habe daher durch ein nacktes bejahendes Votum für diesmal der Etats- abstimmung jeden demonstrativen Sinn genommen. Da die Wirkung nach außen nicht gleichgültig sei, so sei auch diese Abstimmungsfrage in gewissem Sinne eine Zweck- mäßigkettssrage. Da sei nun zu fragen: verschaffe uns die Ablehnung Etats unter Verhältnissen, wie sie diesmal bestanden, mehr Anhang, oder war der ungestörte Verlauf des Kongresses von größerer agitatorischer Wirkung für uns? Und wenn man die letztere Frage insbesondere im Hinblick auf die Wasendemonstration bejahe und anderer­seits die Möglichkeit zügebe, daß eine demonstrative Miß- trauenserklärnng in dem Zeitpunkt wo die Regierung eine gewisse in Deutschland zu beachtende Toleranz bewies, von nachteiligem Einfluß ans den Kongreß sein konnte, so sei die Zustimmung gerechtfertigt, zumal auch der Lübecker Be­schluß die Möglichkeit der Etatsannahme unter besonders zwingenden Umständen offen lasse. Ob die Zustimmung auch in der Zukunft erfolgen könne, hänge von der politi­schen Situation ab. Die Ausweisung Qnelschs, die den Kongreß ja nicht weiter gestört habe, stelle sich unter Be­rücksichtigung aller Umstände doch als ein gehässiger Na­delstich Idar, der aber weniger dem Minister des Innern, als dem schneidigen Ministerpräsidenten znznschreibcn sei. Von diesem Ministerpräsidenten .gehe auch der neueste Frontangriff auf die Beamtenorganisationen aus, und der­selbe Ministerpräsident habe eine Mißachtung des Land­tags in Sachen der Landeskarten an den Tag gelegt. Wenn die Regierung solche Bahnen einschlage, so werde sich ganz von selbst die allerschärfste Kampfesstellung der .Sozial­demokratie der Regierung gegenüber ergeben, Und diese Kampsesstellung werde auch, bei künftigen Etatsabstim­mungen zum Ausdruck kommen müssen. Ein Antrag, der Fraktion gegenüber das Bedauern über ihre Zustimmung zum Etat auszusprechen, wurde in der Versammlung ab­gelehnt.

Der württ. Ministerpräsident. Als Herr von Weizsäcker mit dem Auswärtigen Amt zugleich die Leit­ung des württ. Verkehrswesens übernahm, da wußten die Eisenbahner und Postler bald was die Uhr geschlagen hatte. Der Zeiger wies nach hinten. Zwei markante Fälle der letzten Tage haben die Befürchtungen, die man an den damaligen Personenwechsel knüpfte, bestätigt: die lex Bethge" und die Ablehnung der Verlän­gerung der Landeskarten. Eine zutreffende Be­urteilung der Stellungnahme des Ministers in diesen Fäl­len giebt die Franks. Ztg., die am Schluffe eines längeren Artikels schreibt:In beiden Fällen hat der Minister des Auswärtigen und des Verkehrswesens sich über das Be­gehren des Landtages hinweggesetzt. Das zeugt zum min­desten nicht von einer hohen Wertschätzung der Volksver­tretung durch den Minister. Die Tatsache fällt umsomehr ins Gewicht, als Herr v. Weizsäcker zugleich der Präsident des Staatsministeriums ist. Wir können uns nicht denken, daß die Abgeordnetenkammer aus die Dauer mit einer Stellung sich begnügt, in der sie zwar in liebenswürdigen Formen zu hören bekommt, daß der Regierung daran liegt, mit ihr Hand in Hand zu gehen, in der aber doch dieses