Drängen der Duma versprochen, daß ein unparteiisches Ge­richt die Untersuchung leiten werde. Jetzt wird hier be­kannt, daß am vergangenen Dienstag in Riga acht Ge­fangene zum Tode verurt eilt wurden. Es steht fest, daß das Gericht in rücksichtslosester Weise alles ge­tan hat ,um die schuldige Gefängnisverwaltung zu ent­lasten. Aus dem Zeugenverhör ergibt sich, daß eine Gruppe Häftlinge in der Tat einen Fluchtversuch gemacht hatte. Dabei wurde ein Gefängniswärter mißhandelt. Eine halbe Stunde, nachdem der Fluchtversuch schon voll­kommen mißlungen war, Und nachdem alle Häftlinge be­reits in die Zellen zurückgebracht worden waren, erschien der Gefängnis direktor mit einer Militärpa­trouille und richtete unter den Gefangenen ein Blut­bad an. Ersel'bst schoß auf die Häftlinge und jagte sie aus den Zellen in den Korridor, wo sie von den Soldaten mit Bajonetten und Schüssen empfangen wurden. Um die Gefangenen einzuschüchtern, wurde ihnen mit­geteilt, sie seien dem Feldgericht überliefert und würden am folgenden Tage bereits hingerichtet werden. Tie Sol­daten, Armenier und Grusinen, die bei der Verhandlung als Zeugen fungierten und kein Russisch verstanden wur­den ohne Dolmetscher verhört. Der Untersuch­ungsrichter hatte sich überhaupt nicht darum gekümmert, daß die bereits in die Zellen zurückgeführten Häftlinge durch Revolverschüsse und Flintenkugeln verwundet und getötet worden waren. Ten Verteidigern wurde die Aus­übung ihres Amtes unmöglich gemacht. Es war ihnen verboten, an den sachverständigen Art Fragen zu stellen über den Charakter der Wunden, die die Angeklagten hat­ten. Ebenso wenig durften sie das Dienstpersonal des Gefängnisses über die Vorgänge befragen. Dies Dienst­personal wurde nicht einmal vor Gericht vernommen, da die höheren Behörden die Erlaubnis zu seinem Erscheinen vor Gericht nicht gegeben hatten.

Tie gesamte Verhandlung wird am besten durch die Tatsache charakterisiert, daß der Gerichtsvorsitzende die angesehenen Petersburger Rechtsanwälte Wolkenstein Und Perewersew die als Verteidiger fungierten, als Peters­burger Gesindel bezeichnete. Er verweigerte den Verteidigern Eintragungen in das Protokoll mit der Mo­tivierung, die Eintragung von Motivierungen zur Kassa­tion sei unnütz, da eine Kassationsklage in jedem Falle abgewiesen werden würde. Die Verteidigungsreden seien überhaupt unnütz, da sie aus das Verdikt in kei­nem Falle Einfluß üben würden. Die Richter wür­den die seReden überhaupt nicht anhören (!).

Die Empörung über diese Vorgänge ist in Pe­tersburg deswegen um so größer, weil die Regierung in der Duma unparteiisches Gericht zugesagt hatte.

Die Dinge, die hier berichtet werden, und an deren Richtigkeit nicht im geringsten zu zweifeln ist, lassen uns einen Blick in einen wahren Abgrund der russischen Barbarei tun.

Tages-ßüronik

Hamburg» 7. Juni Die Besprechungen mit dem Staatssekretär Dernburg haben zu dem Resultat geführt, daß im Prinzip die Ausgestaltung der h>er schon vorhandenen Institute und der entsprechenden Vorlesungen der Oderichul- behö de zu einem K o i o n i a l in st it u t beschlossen ist. Fürs erste werden weder die Mittel der wissenschaftlichen Stiftung in Anspruch genommen, noch ein erheblicher Zu­schuß des Reiches. Die nähere Ausgestaltung wird in kom­missarischen Verhandlungen mir dem Reichskolonialamt be­sprochen werden.

Köln, 7. Juni. Die englischen Jomualsten sind hrrrte Vormittag kurz nach 9 Uhr nach überaus herzlicher Verabschiedung non den Mitgliedern des Kölner Ortsaus­schusses und den Herren des Berliner Komitees, über Ostende nach London abgereist.

Karlsruhe, 8. Juni. Nach einer hierher gelang­ten Meldung hat sich im See bei Psäffikon (Schweiz), die Ehefrau des hier wegen Mords an seiner Schwiegermutter in Untersuchungshaft befindlichen Rechtsanwalts Hau, er­tränkt. Als Hau der Tod seiner Frau mitgeteilt wurde, legte er ein vollständiges Geständnis ab, daß er seine Schwiegermutter, Frau Molitor, erschossen hat.

Müschen, 7. Juni. Der Magistrat beschieß die Uebernahme des gesamten Trambahn Unternehmens in ftädlische Regie ab 1. JAi.

Ber«. 6. Juni. Bon der Leontiew, dis bekannt­lich seit einigen Wochen von der Slrasanstal: Lenzburg nach der Anstalt St. Johannsen gebracht worden ist, weiß ein Genfer Blatt zu berichten, daß sie in Lrnzburg einen Selbst­mordversuch gemacht habe, indem sie sich mit einer Schere eine Verletzung am Arm beigebrackt habe Die Veranloß- ung üa;u stt gewesen, dcß die zu ihrer Ueberwachung be­st.Me Frau ihr unecrräglich geworden sei, und baß sie mit niemand habe sprechen können. In St. Johanvsen arbeite und schlare ne gemeinsam mit den anderen Insassinnen. Sie spreche nichts und scheine völlig erschöpft Zeichen einer Geistesstörung hätten sich nicht bemerkbar gemacht. Ihre Ebern besuchen ne regelmäßig.

Graz, 7. Juni. Erzherzog Ferdinand ist heute hier eingetroffen, um als Vertreter des Kaisers der morgen stattfindenden Enthüllung des Denkmals für Herzog Wil­helm von Württemberg beizuwohnen. Ferner sind ein­getroffen: Herzog Ulrich von Württemberg als Vertreter des Königs von Württemberg, Herzogin Alexandrine Mat­hilde von Württemberg, Erbprinz Heinrich Neuß jüngere Linie, Prinz Friedrich zu Schaumburg-Lippe, sowie Of­fiziersdeputationen der württ. Grenadierregimenter Nr. 119 und 123 und des Infanterieregiments 73. Die Stadt ist reich beflaggt.

Rom. 7. Juni. (Dcp. Kammer.) Unter dem Bei­fall des Hauses warde der Gcsetzwtwurf genehmigt, durch welchen zur Eunneruvg an den iOO Geburtstag Karribcldis, die im nächsten Jibr geftiett wt:d, ein Krett! von l. Mill zu Gunsten armer Veteranen, die nutsr Garribaidt gedient haben, gefordert wird.

Pari-, 7. Juni. (Dep - Kammer.) Pceflencä wüst weiter aut das Anwachsen der HcercSausgsben bin, die zum finanzieller; Bankerott sübren würden. Von der deutschen Presse fei der englische Vorschlag betrefftiw dis Abrüstung bekämpft worden. Vielleicht habe auch Martens aus feiner Reise dagegen ag-ttert. Pichon ruft, das sei durchaus un­

wahr. Prefsenc6 bespricht dann den englischen Vorschlag und erklärt, derselbe werde das Hauptwerk der Konferenz bilden. Dre französische Demokratie sei leidenschaftlich für den Frieden und würde der französischen Regierung nicht ver­zeihen, wenn sie auf der Haager Konferenz eine Tripel- Allianz zu Wege brächte.

Paris, 7. Juni. Der Heeresausschuß nahm einstimmig den Bericht betreffend die Wtedereinstellung Joseph Steinachs in die Reihen der Territorialarmee an und genehmigte sodann folgende Tagesordnung: In Erwägung, daß die Maßnahmen zm Genugtuung für Dreyfus und Ptcquart und die Vor­schläge der Regierung bezüglich Retnachs entsprechende Maß­nahmen zu Gunsten verschiedener Oifiztere, die im Zusammen­hang mit der Dreyfussache ihre» Rangstellmwen entkleidet worden sind, nach sich ziehn, fordert der Ausschuß die Re­gierung auf, alle diese villigkettsansprüche in einem Gesetz­entwurf zusammenzufaffen.

Lands«, 7. Juni.Evening Standard" meldet aus Hongkong: Die Scharen der Rebellen von Linschoa, vermeh­re« sich schnell, die Truppe» vor Kanton sind von ihnen geschlagen worden. In der Nähe von Weichow ist die Or:s- miliz von den Rebellen angegriffen worden. In der Stadt herrscht große Bestürzung.

London wird gemklvet: Die Stadt Karacki ist von einem verheerenden Zyklon heiwgesucht worden, kaum ei« Gebäude blieb verschont. Mehrere Dampfer wurden ans Ufer geschleudert. Menschen stad nicht uwgrkrmmen.

KerLsmer-Kaßrt.

Mannheim, 7. Juni. Der Start erfolgte heute früh um 8 Uhr. Es starreren im ganzen l31 Wagen. Da gestern in Eisenach 144 Wage« starteten, stnd 13 ausge­schieden Der Wagen Nr. 143 (Racke Johannisberg) blieb unmittelbar nach dem Start liegen.

Karlsruhe, 7. Juni. Von 7 bis 9 Uhr heute früh passierten ca. 120 Wagen in bester Verfassung unsere Stadt. Der bet fünf scharfen Kurven uno Kreuzungen der verkehrs­reichen Kaiferstraße notwendig gewordene AufstchtSdienst war von der hiesigen Polizei vortrefflich vorbereitet und wurde gut durchgeführl.

Schram berg, 7. Juni. Die heutige Vormtitags- fahrt M a n n h ei m - F reud enst a d r begann bei schönem Wetter und sühne über prächtige Straßen, die Rheinebene auswärts bis Karlsruhe, dann über Bühl, Achern in den Schwarzwald, der auf dem Kniedispoß faßt 1000 Meter hoch überschritten wurde. Um 11'/, Uhr, als die Weirerfcchrt gestattet wurde, hatten nach Ankunft der Oberleitung alle Herkomerwagen die ersten beiden Drittel des schweren, nassen, kurvenreichen Berges erklettert. Nun gehr die Fahrt zum Bodensee. Heute am Spätnachmittag wird Lindau erreicht

Lindau, 7. Juni. Die heurige Etapve der Herkomer- fahrt litt rstlweise unter Gewitterregen. Als erster Wagen traf um 5 Uhr 10 Minuten Wagen No. 1, Ladenburg (Mercedes) ein. In kurzen Z ischevräumen folgten die Wagen No. 19 (Erle, Benz), No. 35 (Weingand, Mercedes) No. 23 (Jcffurine, Opel) usw. Um 9 Uhr fehlten noch 4 Wagen.

Tuttlingen, 8. Juni. Die Teilnehmer der Her- komersahrt passierten gestern nachmittag zwischen Hz3 und 6 Uhr die hiesige Stadt. An der Spitze fuhr Ladenbnrg (Mercedes Nr, 9). Schon um 4 Uhr hatten über 100 Fahrzeuge die Stadt passiert. In dieser hätte sich bei­nahe ein Unfall ereignet, indem einer der beiden hiesigen Hotelomnibusse über die Straße fuhr, als gerade mehrere Automobile dicht hintereinander ankamen. Ter Lenker des vorderen Automobils konnte jedoch noch rechtzeitig bremsen, so daß ein schweres Unglück verhütet wurde. Bald nach 6 Uhr war die Durchfahrt der meisten Wagen beendet. Das Wetter war mittags der Fahrt günstig.

Dis Gctrcideiräger sind in diese Abmachung nicht mit ein­begriffen.

Santiago de Chile, 6 Juni. Die Lokomotiv­führer und Unterbeamken der Eisenbahnen sind im Äus- st a n d. Sw verlangen Lohnerhöhung.

ArSeitcrSeWeMKg

Tuttlingen, 8. Juni. In der Schuhfabrik von Rieker u. Seitz hier, dem größten Etablissement die­ser Branche am hiesigen Platze sind die Zwicker in eine Lohnbewegung eingetreten. Es handelt sich üm Erhöh­ung des Arbeitslohnes.

Frankfurt, 7. Juni. Vis heute Mittag hatten in den Adlerwerken 300 von oen 1000 NichtausgesMrtcn gekündigt; sie werden henie Abend die Arbeit niedeclegen. Die Ausgesperrten, die nicht dem Verband angehöien er­hallen von den Adlerwerken wahrend der Dauer der Aus­sperrung eine Entschädigung tu Höhe der Verbandsunter­stützung.

Berlin, 6. Juni. Der Beschluß des Verban­des der Baugeschäfte, worrach die Generalanssper- rung aufgehoben und zu einem noch näher festznsetzenden Termin mit der Einstellung Arbeitswilliger vorgegangen werden soll, hat, wie berichtet wird, in den Kreisen der Bauarbeiter lebhafte Erregung hervorgeru­fen. Man rechnet dort damit, daß die Unternehmer, ih­ren früheren Drohungen entsprechend, die Akkordmaure­rei in größerem Umfange wieder einführen wollen. Das wäre ein harter Schlag für die Arbeitnehmerorganisatio­nen, die seit Jahren daran gearbeitet haben, die Akkord­maurer die für die Organisation nicht zu haben sind durch Lohnmaurer zu ersetzen. Sollten die Unterneh­mer den oben erwähnten Beschluß in Kraft setzen, so dürfte der Kampf im Baugewerbe, der sich bisher in ruhi­gen Formen bewegte, einen erbitterten Charakter anneh­men; denn die verschiedenen, von der Aussperrung nicht berührten Bauarbeitergruppen werden dann alle Mittel in Anwendung bringen, um die Arbeitswilligen vom Bau zu verdrängen. In dieser Voraussicht hat Wohl auch der Verband der Vaugeschäfte in seiner Erklärung ausdrücklich betont, daß alle Vorkehrungen znm Schutze der Arbeits­willigen getroffen seien.

Königsberg t. P. Heute vormittag stnd weitere 80 Stauer eingctroffen. Der zwischen den Reedern und den Vertretern der Hafenarbeiter vor dem Gewerbegeucht vereinbarte neue Lohntags wurde heute von den Arbeit­nehmern einstimmig angenommen; eine endgil-ige Formu­lierung des neuen Ta.ifs wird Sumstag erfolgen. In einer Woche dürfte überall nach Zurückschickung der auswärtigen Arbeiter die Arbeit wieder ausgenommen werden. Die Dauer des neuen Lohmariss wird auf 4 Jahre sestgelegE

Württ. Lülldtttg.

Stuttgart, 7. Juni. Kammer der Abgeordneten. Präsident v. Payer eröffnet die Sitzung um 91/4 Uhr. Am Ministertisch: Minister Dr. v. Weizsäcker, Minister Dr. v. Pischek, Präs. v. Euting. Die Beratung des Etats des Innern wird bei Kapitel 41,

Neckarschiffahrt,

fortgesetzt.

Dr. Linde mann (S.): Die Schiffahrtsabgaben würden wie ein Schutzzoll gegen Württemberg und Süd­deutschland wirken zum Vorteil des niederrheinischen Ge­biets. Bereits sei der ganze Kohlentransport auf dem Rhein durch das Kohlenkontor monopolisiert. Vorteile aus dem Kanal hätte nur ein Teil des Landes, der in dem Aktionsradius von Heilbronn liege. Ein großer an­derer Teil werde nach wie vor den badischen Häfen gegen­über abhängig sein. Man solle doch nicht glauben, daß Preußen einen Teil der Kosten aus lauter Edelmut Würt­temberg abnehmen werde. Das gleiche gelte von Baden und Hessen. Württemberg werde wohl die Kosten des Kanals vollständig zu tragen haben. Dann seien aber die Schiffahrtsabgaben eine neue Belastung. Es erhebe sich die Frage, ob nicht auch Gegenkonzessionen auf anderen Gebieten oder wenigstens die Hoffnung auf solche Kon­zessionen gemacht oder angedeutet worden seien. Er frage ferner: Besitze die Regierung noch ihre volle Aktions­freiheit oder seien schon goldene Fesseln angelegt? Ist denn die Regierung so sicher, daß der Kanal gebaut wird? Habe sie denn die Bewilligung seitens der Stände schon in der Tasche? Der Kanal sei vorerst noch eine schöne Hoffnung (Zuruf von Haußmann-Balingen: Auch von Ihnen!). Durch das preußische Angebot werde die Mög­lichkeit der Erbauung des Kanals größer, aber sicher sei die Erstellung des Kanals noch keineswegs. Sollte aber der Kanal tatsächlich nicht gebaut werden, so hätten wir nur die Schiffahrtsabgaben und diese brächten wir na­türlich nicht mehr los. Wenn man mit Preußen soupieren wolle, so sei ein langer Löffel notwendig (Heiterkeit), einen solch langen Löffel besitze die württembergische Re­gierung gar nicht. Gegen eine Aenderung der Tarife wenn sie einmal beschlossen seien, könne man sich nicht schützen. Den Appell, den gestern Per Wg. Betz an Ba­den gerichtet habe, unterstreiche er, aber die Wirkung dieses Appells erscheine zweifelhaft. Seine Fraktion sei mit den beiden ersten Abschnitten des volksparteilichen Antrags einverstanden. Dann müsse aber die Regierung logischer Weise aufgefordert werden, im Bundesrat mit allen Mitteln gegen die Schiffahrtsabgaben einzutreten. In diesem Sinne werde die Sozialdemokratie einen Zu­satz zu dem volksparteilichen Antrag beantragen. Die Entscheidung im Bundesrat hänge ganz von Württem­berg ab, und von einer Aussichtslosigkeit des grundsätz­liche:: Standpunktes zu sprechen sei hier nicht richtig. Im Schlußsatz ihres Antrags weiche die Volkspartei noch wei­ter zurück und lasse mit sich handeln, indem sie sage, die Regierung solle einer Aenderung der Verfassung wider­sprechen, wenn die vier Bedingungen in wesentlichen Punkten nicht erreicht werden. Darauf lasse die Sozial­demokratie sich nicht ein. Seinen Kanal solle Württem­berg sich selber bauen. (Beifall bei den Sozial­demokraten).

S ch mid-Besigheim (Vp.) betont den Wert der zu gewinnenden Wasserkräfte. Es erhebe sich die Frage, ob der Staat nicht auch einen Teil der noch freien Wasserkräfte für sich reservieren wolle.

Dr. v. Kiene (Ztr.) verbreitet sich zunächst über die rechtlichen und politischen Momente, die bei der Frage der Schifsahrtsabgaben in Betracht kommen. Der Aeu- ßerung des Abg. Elsas, daß auch der kanalisierte Neckar immer noch eine natürliche Wasserstraße darstelle, müsse er widersprechen. Seit die Märzlüfte in Württemberg wehen, sei es mit der Gegnerschaft gegen die Schiff­fahrtsabgaben mit einemmal ganz anders geworden. Es habe gestern der Minister erklärt, daß es die Regierung nicht für wünschenswert halte, im gegenwärtigen Augen­blick über den Stand der Sache sich auszusprechen. Nun solle aber das Haus in eine Aussprache hierüber ein- treten, ohne daß gerade die wichtigsten Punkte geklärt seien. Der Minister des Innern habe in der Kommis­sion erklärt: Kommen die Schiffahrtsabgaben zustande, so ist damit als Mitgift der Neckarkanal gegeben. Die Vorarbeiten für den Neckarkanal, wofür im letzten Land­tag 500 000 Mark bewilligt wurden, liegen noch garnicht vor. Man wisse noch nicht, einmal, wieweit sie gediehen seien. Es fehlen noch alle Rdchnungsunterlagen. Und doch gebe es kaum eme Frage, in "der man vorsichtiger sein müsse, als wie hier. Man könne die Hauptfrage nicht entscheiden, ohne die Vorfrage zu klären. Wie ver­halte sich unser Nachbarland Baden zu dem Neckarkanal. Vom Minister des Innern sei betont worden, Baden habe sich dahin erklärt, es werde den Bau des Kanals zulassen. Nun sei die Frage: In welcher Form ist denn diese Erklärung Badens erfolgt? Die freie Entscheidung hinsichtlich der Kanalfrage müsse man sich noch Vorbe­halten und das Zentrum könne deshalb heute nicht für einen positiven Antrag stimmen.

Ministerpräsident v. Weizsäcker: Man befinde sich zurzeit noch in Vorverhandlungen, an denen Württem­berg teilgenommen habe, wie Baden und Hessen auch. Diese Vorverhandlungen werden von Vertretern des Mi­nisters des Innern geführt. Es lasse sich heute nichts über die Instruktionen sagen, die diesen Vertretern erteilt werden, denn das endgiltige Angebot von der Seite, welche die Sache angeregt habe, sei erst noch zu erwarten. (Hört! Hört!) Der preußische Minister habe anerkannt, daß mit 14 Stimmen in: Bundesrat ein Gesetz wegen Einführung der Schiffahrtsabgaben zu Fall gebracht werden könne. Auch die württembergische Regierung stelle sich auf diesen Standpunkt. Zu einem solchen Ge-