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WüösÄer ünreiger imä ^sgeblstt

mit Erzähler vom Schwarzwerld.

Amtsblatt für die Stadt Dildbad.

verkündigungsblatt

der Rzl. Korstämter Vildbad, Meistern, Lnzklösterte rc. mit

amtlicher ,^remdenliste.

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Mittwoch, den 17. F»ck

1907.

-entlHer Meichst«-.

Berlin, 15. April.

Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2.2H Uhr. Am Bundesratstisch ist Staatssekretär Po- fad owsky erschienen. Auf der Tagesordnung steht die Hortsetzung der Beratung des Etats desReichsamts- des Innern.

Abg. Horn-Sachsen '(Soz.) führt aus, daß nach dem Verlauf der Debatten niemand zufriedener sei als die Sozialdemokraten. Die Unzufriedenheit der Arbeiter­schaft sei nicht auf die Agitation zurückzuführen, sondern auf die unzulängliche sozialpolitische Fürsorge, welche die bürgerlichen Parteien den Arbeitern zu teil werden ließen, Redner befürwortet eine Resolution, worin für die Ar­beiter in den Glashütten eine Beschränkung der Arbeits­schicht auf 8 Stunden und Sonntagsruhe verlangt wird. Tuch müßten Verordnungen erlassen werden, wodurch die nötigen Schutzvorrichtungen an den Glasfeuerungsöfen zu treffen sind, die der Starbildung bei den Bläsern und Schmelzern entgegenwirken. Die Nachtarbeit müsse voll­ständig verboten werden.

Abg. Dirksen (Rp.) äußert, die Flut der verschie­densten Resolutionen, die auf den Reichstag niedergegangen seien, zeige, daß der neue Reichstag mit sozialpolitischem DA g^chmiert sei wie keiner seiner Vorgänger. Der Red­ner warnt davor, daß man bei den sozialpolitischen Ar­beiten auf die Sozialdemokratie zu viel Rücksicht nehme, da man dieser nichts recht mache; sei doch schon auf einem sozialdemokratischen Kongreß die Forderung auf 6stündige Arbeitszeit erhoben worden. Seine Partei sei bereit, an der Ausdehnung des Arbeiterschutzes mitzuwirken, aber auch der Mittelstand dürfe nicht vergessen werden. Nau­manns hohe Ideale würden nie erreicht werden. Die Sonntagsruhe in Stadt und Land wolle feine Partei wei­ter ausdehnen, jedoch nicht mit zu großer Strenge. Der Schaffung eines Reichsarbeitsamtes stehe er sehr sympa­thisch gegenüber, ebenso dem Befähigungsnachweis und der Sicherung der Bauforderungen. Die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs sei spruchreif. Die preußi­schen Submissionsbedingungen könnten leicht auf das ganze Reich übertragen werden. Wenn das Koalitionsrecht ver­langt werde, so müsse auch mit Staatsmacht gegen den von der Sozialdemokratie ausgeübten Koalitionszwang und sonstigen Terrorismus vorgegangen werden. Zum Schutz der Arbeitswilligen strebe seine Partei gesetzliche Maß­nahmen an. Der Redner schließt mit dem Wunsche, daß der Staatssekretär Graf Posadowsky die Erfüllung seines

Programms und die erfolgreiche Bekämpfung der Aus- wüMe der Sozialdemokratie erleben möge. (Lebh. Bei­fall rechts.)

Staatssekretär Posadowsky erklärt, jeder ver­ständige Mensch werde den Terrorismus gegen Arbeits­willige verurteilen. Es fei auch schwer da vorzugehen, wo weder ein Kläger noch weniger ein Zeuge vorhanden sei. Neue gesetzliche Maßnahmen würden wahrscheinlich an der Sache nichts ändern. Die Geschädigten mögen sich zusammentun und gegen solchen ungesetzlichen Zwang Front machen und die Hilfe des Staatsanwalts und der Polizei in Anspruch nehmen. Der Schutz der Arbeiter könne nur gewährleistet werden auf Grund eines allge­mein geltenden, gegen jedermann anwendbaren Paragra­phen des Str.-G.-B. Es sei zu erwägen, ob man die da­rin enthaltenen Bestimmungen, falls sie wirklich, was er bezweifle, nicht ausreichen, bei der bevorstehenden Re­vision des Str.-G.-B. korrekter und schärfer fassen sollte. (Beifall.)

Potthoff (frs. Vgg.) meint, die Sozialpolitik müsse möglichst wenig von Parteiinteresse getrübt werden. Die Statistik über die Lage der Privatbeamten biete kein klares Bild. Den angekündigten Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb begrüße seine Partei. Die Konkurrenzklausel müsse beseitigt werden.

Junck (ntl.) erörtert die Resolution betr. Bekämpf­ung des unlauteren Wettbewerbs. Im Interesse des Mit­telstandes würde es liegen, die Ausverkäufe überhaupt zu verbieten und bei schwindelhaften Ausverkäufen auf Frei­heitsstrafen zu erkennen. Das Vereins- und Versamm­lungsrecht begrüße feine Partei freudig, es müsse aber dafür gesorgt werden, daß der kleinliche Polizeigeist nicht wieder hineinkomme. Die Gesetzgebung zur Wahrung, der Koalitionsfreiheit müsse erweitert werden. Das ganze Arbeitsrecht gipfle in der Koalition. Darin stimme er Naumann zu. Zu befürworten sei die Resolution betr. die Errichtung eines Rerchsarbeitsamtes. Der Redner erörtert sodann die Frage der Schiffahrtsabgaben. Die deutschen Ströme müßten frei bleiben. Die Schiffahrts­abgaben widersprächen der Verfassung. (Beifall).

Götz v. Rochusen beschwert sich über die Maß­regelung voic Beamten wegen ihrer Tätigkeit bei den letzten Wahlen.

Schiffer (Ztr.): Der Reichskanzler und noch höhere Stellen scheinen durch die letzten Wahlen zu der Erkennt­nis gekommen zu sein, daß eine starke Förderung der So­zialpolitik notwendig ist. Falsch sei es, den verstorbenen ? Frhrn. v. Stumm als größten Sozialpolitiker hinzustellen.

Die Arbeiter wollten den Ausbau des Koalitionsrechts. Komme es nicht zu einer großen nationalen Arbeiterorga­nisation, dann würden die Erfolge des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie nur Scheinerfolg sein.

Abg. Raab (wtsch. Vgg.) hält seine früheren Aus­führungen gegenüber dem Abg. Seniler über 7ne Ham-- burger Rheder aufrecht.

Es folgen eine Reihe persönlicher Bemerkungen, wo­bei der Äbg. Stadthagen (Soz.) einen Ordnungsruf erhält, als er die ihm von dem Abg. Dirksen zugeschrie­benen Getreidespekulationen und Aufstellungen von Liqui­dationen feige Verdächtigungen nennt. Morgen Diens­tag 1 Uhr Fortsetzung der Beratung. Schluß 7-> I Uhr.

Musdscha».

Der erste amerikanische Friedenskongreß, der

am Montag in Newyork eröffnet wurde, zeigt einen im­mensen Andrang, so daß zwei weitere Versammlungs- stellen errichtet wurden. Der Vorsitzende Andrew Car­negie hielt eine längere Rede, in der er zunächst auf den Zweck des Kongresses: Beseitigung der Kriege und Begünstigung der interparlamentari­schen Union hinwies, und erklärte, er persönlich sei ein Anhänger der Ideale'der Friedensliga. Ein Krieg berühre jetzt die Interessen aller und daher habe eine, haben zwei Nationen nicht mehr ein Recht, den Frieden zu bre­chen, ohne Rücksicht auf die anderen. Die Nationen soll­ten ersucht werden, ihre Streitigkeiten auf friedlichem Wege beizulegen und die beste Bürgschaft für den Frieden würde ein U eb e re i n ko m m e n mehrerer Nationen, sowie de­ren auf der Haager Konferenz abgegebenen Erklär­ungen werden, daß es keinem anderen Staate erlaubt sei, den Frieden zu 'stören. Die Bildung einer F r jede n s- liga auf der nächsten Haager Konferenz würde ein Schritt vorwärts auf dem schon gekennzeichneten Wege sein. So fern die Verwirklichung dieses Gedankens noch liegen möge, so dürfte es der Wahrheit nahe kommen, daß es heute wohl in der Macht eines Mannes läge, diese Friedensliga zu gründen. Vielleicht könne der Präsident der V e r - einigten Staaten jetzt diese Rolle spielen. Zur Zeit indessen Liege es hauptsächlich in der Hand des deuts ch e n Kaisers, den Krieg abznschaffen. Sein Ruf, einen Völ­kerbund für diesen Zweck zu bilden, würde bei mehr als fünf Nationen einen freudigen Widerhall erwecken, und wie in der einstigen Liga der Mächte zur Niederwerfung des Boxeraufstandes in China, so wüßte auch in dieser größeren Liga ein deutscher General die verbündeten Streir-

Bald und du hast Alles vergessen;

Bald und Alles hat dein vergessen.

M«rc Aurel.

M«» ><r KrWiog iommk.

R»»«n vsn M«r§«reie Böbme.

Nachdruck verLotes-

(GsvtsstzEHß.

Meine Auffassung deckt sich mit der Ansicht aller Mstegeister über diesen Punkt", erwiderte der Graf etwas hechfahrend,um sie ganz zu erfassen, muß man allerdings auf einer höheren Warte stehen als sogenannte Durckp- schnittsnaturen, deren Horizont nicht über den Damm, den die segensreiche Ordnung der bürgerlichen und gesell­schaftlichen G'fetze ihnen zieht, hinwegreicht. . ."

Ich glaube, wir beide zählen uns mit großem Ver­gnügen zu der untergeordneten Klasse dieser Durchschnitts- mfturen, nicht wahr, gnädiges Fräulein?" Lnbingen blin­zelte über sein erhobenes Glas lustig nach Liselotte hinüber. End du, Weiber! ? Ich meine, du bist halt im Seel­chen doch auch noch Anhängerin der alten Schule?"

Charitas antwortete nicht. Das rosarote Licht machte sie sehr blaß. Sie nickte flüchtig, aber ihre Augen leuch­teten den Dichter verständnisvoll an.

Und während ihr Gatte seine Gänseleberpastete zer- säbelte und dabei scherzende Bemerkungen mit Liselotte tauschte, erzähl:: sie dem Grafen von ihren eigenen schrift­stellerischen Versuchen und dem kläglichen Fiasko, das sie dabei gemacht hatte. Kohen ermutigte sie, ihre Arbeit wieder anfzunehmen.

Ich glaube, daß Sie Talent haben, viel Talent, gnädige Frau. Schon Ihre originelle Art, Menschen und Dinge zu betrachten, dokumentiert mir Ihre Begabung für Schilderungen und novellistische Skizzen. Vielleicht heben Sie sogar Talent für den gSoßen Roman, Sie muß- leck ckben versuchen, und sich nicht durch Mißerfolge ab- Mre««n lassen. ' Mein GM! Med -Me M WffMU

keine Mißerfolge. Wenn Sie wüßten,, wieviel Verleger meine Manuskripte ablehnten, bis ich endlich an die rechte Schmiede kam. Wenn es Ihnen angenehm wäre, würde ich Ihnen gern ein wenig mit Rat und Tat an die Hand gehen ..."

Um Himmels willen, fetzen Sie meiner Chari keine Rosinen ins Köpfchen, Graf", scherzte Lnbingen,ich bin ein abgesagter Feind aller Blaustrümpfelei . . ."

Charitas lächelte. Ihre Lippen zuckten dabei. Aber ihre Augen strahlten.

Ich währe Ihnen so dankbar," flüsterte sie dem Grafen Zu;o, wenn ich es könnte! Wenn ich etwas Rechtes leisten könnte! Ich habe so viel Gedanken, so viel Stoffe znm Verarbeiten. Ich bin gar nicht ruhm- lüstern, aber es würde mich ablcnken, und mein Le­ben hätte einen Zweck, - - einen Inhalt."

Liselottes feines Ohr fing die letzte, tonlos hinge­hauchte Bemerkung aus, während Lnbingen, der mit vor­trefflichem Appetit weiterspeiste, anscheinend nichts gehört hatte. - Ihr Leben hat keinen Inhalt, dachte sie ver­wundert und sie hat es so gut, vielleicht ein bißchen zu gut, ohne Zweifel fehlt es ihr an einem kräftigen Sturm, wie anderen an Sonnenschein . . .

Liselotte war ausnehmend gut aufgelegt. Die Helle, von vornehmen Parfüms und frischem Blumendnft durch­zogene Atmosphäre des vornehmen Restaurants, die ele­gante Umgebung weckten ein intensives Wohlbehagen in ihr. Ihre Blicke streiften immer wieder Lnbingen. Seine breite, wohlgenährte Erscheinung, das gesunde, von Luft Und Sonne gerötete Gesicht und seine ungenierte, laute, lustige Weise erinnerten sie ,an Josef Fendell. Und den­noch bestand ein feiner Unterschied zwischen beiden. Sie begriff auch, woran das lag. Lnbingen war trotz allem Aristokrat; Fendell dagegen verlengnete in seinem ganzen Auftreten und Wesen nicht den Mann aus dem Volke. Ja, das war es, Und nun wußte sie auch, was ihr bis­weilen an Fendell widerstand . . .

Es war schon einige Minuten nach zwölf, als Frau Clp'Mos. d-f ftch während der letzten halben Stunde aus- fchtie^E > loben unterhalten Hatte, Zürn Aufbruch Mchnte.,' tzki M OMüMiE tiafrO LffelE

und Lnbingen mit einem Herrn zusammen, der seine Hand­schuhe zuknöpfte und gleichfalls das Lokal verlassen wollte. Da Charitas Und der Graf noch zurück waren, blieben sie einen Augenblick stehen, um beide zu erwarten. Ter Herr stand auch still. Das Licht der elektrischen Ampel fiel voll ans seine elegante, stattliche, in einen Zobelpelz von auf­fallender Kostbarkeit gekleidete Gestalt und den ausdrucks­vollen Kopf. Die ungewöhnliche Schönheit des Mannes! lenkte Liselottes Blicke aus ihn; für eine Sekunde begeg­neten ihre Augen den seinen, verwirrt und errötend wandte sie ihre Blicke ab. In diesem Moment kamen Charitas und Kohen. Der Graf und der Fremde hatten sich kaum er­blickt, als sie einander lebhaft begrüßten. Kohen stellte den Herrn im Zobelpelz vor:Der Schwager meines Brir- ders, Geheimer Legationsrat a. D. Baron Gurbar. . , Herr und Frau von Lnbingen . . . Fräulein Menger .,. Sind Sie schon länger in Berlin, Gnrbar?"

Liselotte war einige Schritte zurückgetreten und stand schon im Schatten der Straße, während die anderen noch Unter der Ampel des Eingangs standen. Wie im Traun« sah sie auf den stattlichen Herrn im Zobelpelz, der niemand anders als der älteste Stiefsohn ihrer Tante, Bernhard' Gurbar fein konnte. Er war um drei Jahre jünger alH die Mutter, die sich seiner oft und gern als eines lieben, mutwilligen Spielgefährten erinnerte. Eigentlich waren die Episoden, in denen der übermütige, warucherzige, rit- tcrschaftliche Knabe eine Hauptrolle spielte, die einzigen Lichtbilder in dem Panorama ihrer Erinnerungen. Und das da war jener liebenswürdige Junge von ehedem. Li­selotte konnte sich ihn gut so denken, wie die Mutter ihn schilderte, obgleich von dem Bilde des schmächtigen, dun­keläugigen Knaben, das die Mutter in ihrem Andenken be­wahrte, wohl kaum ein Strich mehr übrig blieb. In dem schwarzen Vollbart Und dem Schläfenhaar zeigten sich ver­einzelte weiße Fäden, ein freundliches Lächeln breitete einen leisen warmen Glanz über die schönen, vornehmen Züge, feine Stimme, die gedämpft zu ihr herübertönte, ohne daß sie seine Worte verstand, hatte einen merkwürdigen, einschmeichelnden Wohlklang. >

KsrHitz«, fRM. i