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celetsn Dr. 41.
Erzähler vom Hchwarzwald.
Amtsblatt für die Stadt Dildbad. ^
Oerkündigungsblatt
der Azl. Zorstämter Wildbad, Meistern, «Lnzklösterte rc. mit
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Naumann und Posadowsky.
Berlin, 12. April.
Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20. Am Bundesratstisch Graf Pofadowsky.
In der fortgesetzten Beratung des Etats des Reichs amts des Innern nebst den dazu gestellten Resolutionen führt Raab (w. Vgg.) aus, seine Partei sehe die Zusammenlegung der 3 großen Arbeiterversicherungs- arten als das bedeutendste Werk der Zukunft an und wünsche ferner Vereinheitlichung des Vereins- und Versamm- lungsrechts, Achtuhrladenschluß, umfangreiche Fürsorge für die Privatbeamten, Bekämpfung des Ausverkaufs- und Z'ubmissionswesens, sowie der Abzahlungsgeschäfte, ferner schleunige Schaffung von Arbeitskammern, Beschränkung der Arbeitszeit besonders in Fabriken und für die Frauen. Der Redner bittet das Haus, der Resolution betr. Verlängerung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe "zuzustimmen und die Bestrebungen zur Vereinheitlichung der deutschen Kurzschrift zu fördern. Ferner verlangt der Redner eine Denkschrift über die bisher bei der Anwendung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gesammelten Erfahrungen. Die Seemannsordnung lasse, wie die Aussperrung der Arbeiter im Hamburger Hafen große Härten zu. Die Schauerarbeiter müßten geschützt werden; auch die Lage der Kapitäne und Offiziere, die a«s dem Berufsverein austreten mußten, wenn sie ihre Brotstelle nicht verlieren wollten, verdiene Beachtung. Bedauerlich sei die 'Heranziehung englischer Arbeiter als Streikbrecher. Seine Partei verlange bezüglich der Konsumvereine, daß bei Gründungen die Bedürfnisfrage geprüft werde, sowie die Unterdrückung ihrer politischen Tendenzen. Auch dürften sie keine Ueberschüsse erzielen. Seine Partei bekämpfe jeden Boykott und wünsche deshalb auch die Unterdrückung der schwarzen Liste der Arbeitgeber gegenüber mißliebigen Arbeitern.
Mugdan (frs. Vp.) fordert ebenfalls ein schnelleres Tempo in der Sozialreform. Das Koalitionsrecht sei anerkanntermaßen reformbedürftig. Das einzige Mittel, Frieden zu schaffen, sei eine Verallgemeinerung der Tarifverträge. Diese seien nur möglich bei freiem Koalitionsund Versammlungsrecht. Seit 40 Jahren kämpfe der Liberalismus dafür. Die Stockung in der sozialen Reform trat ein, als das Zentrum die Führung im Reichstag hatte.
SckMKlafl, den 13. April
8ö sei auch schuld, daß wir heute kein Reichsberggesetz Häven. Sein Verhalten bei Beratung der Kaufmannsgerichte sei einer der dunkelsten Punkt« in seiner Geschichte. (Beifall und Widerspruch). Der Liberalismus werde den berechtigten Wünschen der Arbeiter und des Mittelstandes Geltung verschaffen.
Naumann (Frs. Vgg.): Woher kommt es, daß die positive Leistung in der Sozialpolitik so gering ist, während sich doch das ganze Leben jetzt um die Sozialpolitik dreht? Kein Zweifel, daß im vorigen Reichstage wie im jetzigen eine Mehrheit für den sozialen Fortschritt besteht. In vielen Anträgen liegt ein Quantum gemeinsamer Wünsche, wofür eine Mehrheit im Reichstage unbedingt vorhanden ist. Das gilt von der Forderung eines liberalen Vereins- und Versammlungsrechtes, für die weitere Ausbildung des Koalitionsrechts und die Berufsvereinsgesetzgebung, die Versorgung der Privatbeamten, auch für gewisse Forderungen für die Heimarbeiter. Es ist nicht der Reichstag, der daran .schuld ist, wenn die Sozialpolitik unbrauchbar ist. Schuld ist der Bundesrat. Ob der Staatssekretär des Innern keine Schuld daran trägt, das geht den Reichstag nichts an, sondern ist interne Angelegenheit des'Bundesrats. Die persönliche Anerkennung für den Staatssekretär ist kein Ausgleich für die Nichtachtung des Willens der parlamentarischen Mehrheit. Man sieht daraus, wie ungleich das Machtverhältnis der gesetzgebenden Faktoren verteilt ist. Die Regierung hat die Möglichkeit, wenn sie eine Gesetzgebung für eine Lebensnotwendigkeit hält, an einen anderen Reichstag zu appellieren. Dem Reichstag ist es versagt, an einen andern Bundesrat zu appellieren. Mit dem Mangel an Arbeitskräften soll man nicht kommen. Wenn Schiffsbauten nötig sind, dann scheitern sie nicht an dem Mangel an Arbeitskräften Md an der Kleinheit der Werften. Abgesehen davon liegen die Vorarbeiten für manche gesetzgeberische Fragen längst vor. Das Vereinsgesetz kann sehr einfach von Württemberg auf das Reich übertragen werden. Die Mehrheit im Reichstag ist vorhanden. Ebenso kann die Quintessenz des Koalitionsrechts sehr einfach formuliert werden. Umständlich sind nur unliberale Gesetzgebungen. Deutschland hat sich zu einem großindustriel- len Lande entwickelt. Dieser Entwicklung entspricht die jetzige soziale Gesetzgebung, so gut sie im Grunde ist, nicht mehr. Mit dem Kern der sozialpolitischen Gesetzgebung hat sich die Gesetzgebung in dem letzten Jahre dreimal
1967
beschäftigt: bei der Zuchthausvorlage, bei der Frage der Arbeiterausschüsse für die Bergarbeiter und beim Berufsvereinsgesetz. Alle diese Vorlagen entsprangen dem Mißtrauen der Regierung gegen die Arbeiterorganisationen. Die gewerkschaftliche Bewegung hat sich mit der Zeit in allen gewerblichen Betrieben durchgedrückt und man har eingesehen, daß es auch so geht, wenn auch nicht ohne Reibungen und Zwistigkeiten. Aber diese Freiheit der Organisationen ist gerade am geringsten im Großbetriebe. Der Kleingewerbetreibende muß sich mit den Tatsachen abfinden. Das Hindernis des Fortschritts liegt in den Großbetrieben, die das Grundrecht jedes Menschen, sich beruflich zu organisieren, versagen. Die Reeder, die Bergwerksbetriebe, viele Eisenbahnindustrielle, die Textilindustriellen verweigern es. Wo bleibt da der liberale Staatsgedanke? Wo hat der einzelne Mensch noch die Freiheit der Verfügung über seine Arbeitskraft, die ihm die Gewerbeordnung zuerkennt. Dieses Recht der Frei- heitskürznng ist straflos, und daher ein unfertiges Gesetz. Man streitet über die Errichtung von Arbeitskammern, aber die Voraussetzung fehlt, daß jede Interessengruppe sich für sich organisiert. So lang« wir nicht Arbeiterkammern haben, wie wir Handelskammern, Unternehmerverbände haben, so lange ist die Diskussion über die Ar- beitskammern überflüssig. Man kann einen Oberbau nicht errichten, ohne einen gehörigen Unterbau. Mit einer nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft kann man, wenn man sie in eine Arbeitskammer hineinsetzt, alles und nichts machen. Positive Leistungen werden ausblei- ben. Der nötige Unterbau ist die Sicherung des Koalitionsrechts. Erst dann wird man Schritt für Schritt dazu übergehen können, die Arbeiterschaft Mitarbeiten zu lassen an der Gestaltung unseres industriellen Lebens, wie die, Stein-Hardenbergsche Gesetzgebung den Landmann mit der Parole befreite: „Du mußt Deine eigenen Sachen betreiben, wenn Du ein anderer Mensch sein willst!" Die staatliche Entwicklung hat aus Untertanen Bürger gemacht und so müssen auch im Laufe der Entwicklung aus Jn- dustrieuntertanen Jndu st rieb ärger werden. Welche Staaten haben die sicherste und ruhigste Entwicklung? Diejenigen, die der liberalen Gesinnung und Mitarbeit den weitesten Spielraum geben. Und das gilt auch für da« Wirtschaftsleben. Das soll der Staat selber bedenken im Hinblick auf die Auseinandersetzung, die ihm einmal bevorsteht mit den großen Syndikaten. Der jetzt verstor-
Kehler Wunsch.
„Daß sich in Flammen mein Geist entbinden möge, noch glühend Von dem letzten Gedicht, daß sich in Flammen inein Leib Wandeln dürfe in Asche, bevor noch völlig daS Antlitz Sich zur Larve verstellt, das der Geliebten gefiel ..."
Friedrich Hebbel.
Weu» der KrLhlmg koNmt.
Roman von Margarete Bödme.
(N«chdrn«k »«Lste«.)
(Fortsetzung).
„Ich würde mich sicher am Rhein erholen! Ich bin j« noch nicht alt, und krank bin ich doch eigentlich auch nicht," sagte Frau Hildegard, das goldbraune Haar ihrer Tochter streichelnd.
In diesem Augenblick trat das Hausmädchen herein und meldete einen Herrn, der sich Zimmer anzusehen wünschte. Frau Hildegard war etwas ungehalten — am Feiertag! — aber Liselotte hatte zu viel praktisches Ber- ßändnis, um ihre Geschäftsinteressen dem Prinzip der Sonntagsheiligung gänzlich unterzuordnen. Eine ganze Reihe Zimmer standen leer: der Ingenieur Ribbeck hatte auch für den Ersten gekündigt, um eine elegante Garcon- WohnUng in der Nähe seiner neueröffneten Badeanstalt zn beziehen. Im großen Ganzen war sie Viktors wegen froh, daß er fortkam, aber anderseits bedauerte sie den Ausfall Zer Einnahme, zumal Ribbeck in letzter Zeit alles, was er noch schuldig gewesen war, aus Heller und Pfennig bezahlt hatte.
In der Dämmerung der Berliner Stube, die als Em- Psangszimmer eingerichtet war, stand ein langer, vom Kops bis zu den Füßen in einen engen, bis oben zugeknöpften, ledergelben Paletot gekleideter Herr, der bei Liselottes Eintritt ein Monokle ins Auge klemmte und sie neugierig musterte.
„Sie wünschen Zimmer bei uns zu besichtigen, mein Herr?"
„Kotzen, Kraf Rochus Kohen", stellte öer Herr, 'ich vor, den Namen Kohsn stark akzentuierend. „Zimmer. Ja- n«hl. Drei Msammenhängeu - Empfangs-, Scheits-, Schlafzimmer. Hell, vuhig, n miert, komfortabel Möbliert. Mnnsn Sie mir. so ÄlMÄ 'Me»?"
„Ich würde Ihnen eine solche Wohnung einrichten können, Herr Graf. Darf ich Ihnen einige Zimmer zeigen?"
„Sind Sie die Inhaberin der Pension? Frau Mcn- ger?" fragte der Fremde mit unverhohlenem Interesse.
„Meine Mutter ist die Inhaberin; ich vertrete ihre Stelle."
Das Mädchen hatte mittlerweile die Gaskrone angezündet. Liselotte sah sich den Fremden im Licht genauer an; sein Alter war schwer zn bestimmen, er konnte sowohl fünfundzwanzig als fünftmdvierzig sein. Die scharfe Nasenform und die unruhigen Augen gaben dem aristokratisch feinen Gesicht ein charakteristisches Gepräge.
Liselotte schritt voran und öffnete ein paar Türen rechts und links vom Korridor. Nach einigem Zögern wählte der Graf drei nach dem Hofe belegene Zimmer, die bisher zwar alle als Einzelzimmer vermietet gewesen waren, sich aber leicht zu Wohnräumen Umgestalten ließen. Der Gras hatte allerhand Wünsche betreffs der Ausstattung. Das Arbeitszimmer sollte möglichst in Rot gehalten sein, jedenfalls rote Vorhänge und roten Teppich haben, von wegen der Stimmung, und das Fenster, vor das der Schreibtisch plaziert werden sollte, mußte goldfarbene Store haben. Liselottes Einwand, daß. das Zimmer dadurch womöglich zu dunkel werden möchte, schnitt Graf Kohön mit einem energischen Kopsschütteln ab. „Ich brauche dieses cttair odsours für meine Arbeiten. Ich brauche Stimmung. Goldfarbig gebrochenes Tageslicht, warme rote Draperien. . ." Natürlich konnte alles den Wünschen des Mieters gemäß eingerichtet werden. Gegen den Preis, den Liselotte machte, hatte er nichts einzuwenden. Am ersten Januar wollte er einziehen.
Frau Hildegard geriet in einige Aufregung, als Liselotte ihr von dem neuen Mieter erzählte. Kohen! . . . Ein Graf Kühen, war seit einigen Jahren mit Claire von Gurbar, der Stieftochter Regina Schirmecks, verheiratet. Seitdem sie Zeit hatte, verfolgte sic die Familiennachrichten des rheinisch-westfälischen Adels mit großem Interesse. Und plötzlich fiel es Liselotte auch ein, woher ihr der Name Kohen bekannt war. Rochus Kvhön war der Verfasser eines verrückten, den hypermodernsten Strömungen Rechnung tragenden Buches, das, obgleich die Kritik M WM tr.ntz nchm, kvA Mfsche« «regte Mir viel ver
kauft wurde. Liselotte hatte es nicht gelesen, und nach dem was sie darüber hörte, auch keine Lust, es zu lesen. Aber sie begriff nun, weshalb der Uebergraf goldfarbene Stores rote Vorhänge zur Erzeugung einer „Stimmung" brauchte.
Frau Hildegard brachte bald nach Kotzens Einzug durch einige diplomatische Winkelzüge in Erfahrung, dag der Bruder von Graf Kohen ihre Stiefcoufine geheiratet hatte. Eines Tages fand sie in der Postmappe eine an Kohen adressierte Karte von Burg Schirmeck, worauf sein« Schwägerin, die geborene Gnrbar, ihm mitteilte, daß sie mit ihrem Mann einer Einladung der Stiefmutter gefolgt fei und sie ein paar Wochen auf Schirmeck bleiben würdein
Tie Lektüre der wenigen Sätze regte Frau Hildegard mächtig auf. Mit einem Schlage sah sie sich wieder in das! Milien ihrer fernen Vergangenheit versetzt. Ein bitteren Groll gegen die Ungerechtigkeit ihres Vaters regte sich in ihr. Fremde Menschen durften in den Räumer ihr«» Heimatburg weilen, aus denen sie, die rechtmäßige Erbin, verstoßen war, und zu der alle Fibern, ihres heimwehkranken Herzens sie doch hindrängteu, die sie, die Enterbte, war höchstens von fern noch einmal sehen durfte. Life-, lotte fand die Mutter ganz aufgelöst in Tränen. In sol-. chen Augenblicken war Frau Hildegard wie ein erzürntes; Kind. Weder Bitten, Schmeicheln, Versprechungen, noch ernste Vorstellungen machten Eindruck aus sie. schließlich verlangte sie eigensinnig nach Fendell, und um sie zn beruhigen, versprach Liselotte, ihm zu schreiben. Er wa» seit jenem Abend im Dezember, als sie seine Werbungi definitiv ablehnte, nicht wieder dagewesen, hatte auch zu Neujahr nur seine Karte geschickt, und cs kostete Liselotte eine kleine UebernfindUng, ihn in aller Form undlsogar noch recht herzlich Um seinen Besuch zn bitten, zumal sie wußte, daß die Ueberzeugung, daß Glück ihrer Zukunft bestehe nur in der Heirat mit Fendell, bei der Mutter allmählich zur fixen Idee geworden war. Schon am Tage danach stellte er sich ein; heiter, prächtig gelaunt wie immer. Als! Liselotte ihn wegen seines langen Fernbleibens scherzend zur Rede stellte, sprach ec erst lachend von einer Ucber- bürdung mit Geschäften und sonstigen Abhaltungen, dann ward er Plötzlich ernst.
„Na . . . und Sie wissen ja, Fräulein Liselotte, sq ganz in den KiK :: '^'s mir noch nicht hängen." ---
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