Bern, 6. April. Der Altbundesrat H a m mer, der vom Jahre 1868 bis 1875 Gesandter in Berlin und 1879 und 1889 Bundespräsident war, ist heute gestorben.

Wien, 6. April. In Bad Hall (Oberösterreich) verlautet bestimmt, daß im Laufe des Sommers Kaiser Wilhelm dort zum Kurgebrauche eintreffen werde; auch werde er eine Begegnung mit Kaiser Franz Jo­sef haben. Ein benachbartes Schloß wird bereits zur Aufnahme des kaiserlichen Gastes hergerichtet.

Bjaccio, 5. April. Der Leutnant des 163. Infan­terieregiments Geyer d'Orth wurde von dein 24jähr. Philipp Antone tti auf der Straße erschossen. Der Mörder ist entflohen. Seine Schwester wurde verhaftet. Es soll sich um einen Racheakt handeln.

Lille, 8. April. Die Zimmerer und Tischler haben den Generalausstayd beschlossen. Dieser wird hier und in einer Reihe von Städten am nächsten Donnerstag beginnen.

London, 6. April. Eine japanische Konimission ist zur Zeit auf der Reise nach England begriffen, um mit einer britischen Firma einen Vertrag über den Ban ei­nes Schlachtschiffes abzuschließen, das alle bisheri­gen Schlachtschiffe der Welt an Dimensionen übertreffen soll. Das Deplacement soll etwa 21000 Tonnen, die Kosten 2 250 000 Pfund Sterling betragen. Auch soll das Schiff voraussichtlich hinsichtlich der Bestückung be­sondere Neuerungen aufweisen.

London, 6. April.Morning Post" erhält aus Schanghai folgende Meldung: Tie chinesische Regierung beabsichtigt im Auslande eine Anleihe von 10 <X>0 000 Taels anfznnehmen für Zwecke der Errichtung. und Ausrüstung von neuen Arsenalen und des Baues der geplanten Eisenbahn Peking-Kalgan.

Helsingfors, 8. April. Nach dein nunmehr vorlie­genden endgiltigen Ergebnis der Landtags Wah­len sind gewählt: 80 Sozialdemokraten, 58 Alt-Finnen, 25 Jung-Finnen, 24 Mitglieder der schwedischen Volks- Partei, 11 Agrarier und 2 Mitglieder der christlichen Ar­beiterpartei. Von den gewählten 19 Frauen gehören 9 der sozialdemokratischen Partei an.

Petersburg, 5. April. Stolypin erhielt über 200 Telegramme, in denen russische Verbände die Auf- lösun g der aufrührerischen und revolutionären Duma verlangen.

Lodz, 6. April. Gestern Abend kam es zwischen sozialistischen, national-demokratischen und christlich-demo­kratischen Arbeitern der Fabrik Poznansky zu blutigen Zusammenstößen, wobei drei Personen getötet und fünf tötlich verwundet wurden. Heute wiederholten sich die Ausschreitungen, wobei sieben Personen getötet wurden.

Washington, 6. April. Im Staatsdepartement wurde heute eine Konferenz abgehalten, an der die Ver­treter von Mexiko, Cvstarica, San Salvador und Guate­mala teilnahmen. Man hofft, daß ein Abkommen erzielt wird, durch das der Friede in Z e n t r a l a m e r i k a gesichert wird.

Newyork, 8. April. Nach Nachrichten aus Me­xiko wurde dort der frühere Präsident von Guatemala Barillas in der Abgeordnetenkammer von einem jun­gen Mann ermordet.

Rewyork, 8. April. Meldungen aus Managua zufolge ist Puerto Cortez von den nicaraguanischen Truppen besetz t worden.

Als am Freitag Abend ein Bergmann in Umborn bei Esse n von der Arbeit heimkehrte, wurde er plötzlich irrsinnig, rannte zu seiner Wohnung und erschlug seine Frau. Darnach trieb er sich planlos in den Straßen -umher, bis ihn die Polizei festnahm.

Aus Trier wird gemeldet: Bei Satzvey wütete ein großer Eifelwaldbrand. 600 Morgen Wald, die dem Grafen Dietrich Wolff-Metternich gehören, fielen dem Brand zum Opfer.

Nachdrücklich kommen Meldungen ans dem nieder- rheinischen Orte Lintfort, wonach dort in den letzten Tagen Zwischen 20 Italienern und auf Urlaub be­findlichen Soldaten ein wüster Kampf stattgefunden hat. Die Italiener gaben neun Schüsse auf die Soldaten ab, worauf diese mit blanker Waffe auf die Italiener ein­drangen, von denen vier derart verletzt wurden, daß ihre Ueberführnng ins Krankenhaus notwendig wurde. Die Soldaten würden sofort zu ihren Regimentern eingezogen. Behördlicherseits ist eine strenge Untersuchung eingeleitet worden.

Im Speisewagen des Paris-Kölner Schnellzuges brach in der Nähe der Station Lille Feuer aus. Dem Kellner Baux, der auf das Dach des Wagens stieg um zu löschen, wurde bei einer Einfahrt in einen Tunnel der Kopf abgerissen.

In New York brach an einer Kraftstation der elek­trischen Straßenbahn Feuer aus, wobei 7 Feuerwehr­leute durch einstürzende Mauern erschlagen wurden.

Aus New- Orleans wird gekabelt: Gestern hat in den Staaten Louisiana, Mississippi und Alabama ein T o r- nado gewütet, bei dem, wie bisher bekannt geworden ist, 2 5 Personen nmgekommen und 50 schwer ver­letzt worden sind.

Krseiteröervegurrg

Göppingen, 6. April. Die hiesigen Weber und Weberinnen lehnten die ihnen von den Fabrikan­ten in Aussicht gestellte Lohnerhöhung von durch­schnittlich 3 Prozent ab und beschlossen, an den seitens der Arbeiterorganisationen den Unternehmern unterbrei­teten Forderungen (Lohnerhöhungen von durchschnittlich 15 Prozent) festzuhalten. Die Arbeitgeber sollen nun­mehr ihrerseits bis zum 15. ds. Stellung zu den Forder­ungen der Arbeiter nehmen. Interessant an dieser Lohn­bewegung ist die Tatsache, daß die freien und christlichen Gewerkschaften gemeinsam Vorgehen.

Mannheim, 6. April. Die Elekt romonten- 4 e der Firmen Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft, Rhei­nische Siemens-Schuckert Werke F- ank und Kirchner und Stotz und C. legten heute Nachmittag die Arbeit niedsr, weil die Firmen sich weigerten, mit dem deut­schen Metallarbciterverband wegen Lohnforderungen zu behandeln.

Leipzig, 5. April. Die H o lz i n 8 u st r i e l l e n » Leipzigs haben mit dev Hirfch-D u n ckersch e n Or-z ganisation einen bis 19l0 gültigen Tarifver-- trag abgeschlossen. Die Haltung des Holzarbeiterver- öandes wird dadurch nicht geändert. Ausgesperrt sind in 57 Betrieben 1000 Arbeiter.

Dresden, 6. April. In der Maschinenfabrik Sei­del und Naumann haben über 1500 Arbeiter den Streik erklärt. Sie fordern Lohnzulage.

Wien 7. April. Der Ausstand der Bäcker­gehilfen ist nach mehrwöchiger Dauer heute beendet worden, nachdem die Meister den neuen Tarif genehmigt haben.

Nantes, 6. April. 900 Tabakarbeiter ha­ben sich mit etwa 100 anderen Arbeitern, die eine Lohn­erhöhung verlangen, solidarisch erklärt und sind in den Aus stand getreten.

Paris, 7. April. Der Ausschuß des National- verbandes der Arbeiter der Nahrungsmit- telbranche hielt heute eine Sitzung ab, in welcher der endgiltige Beschluß betreffs des Zeitpunktes des Gesamt­alls st an des gefaßt wurde. Der Generalsekretär des Verbandes erklärte einem Berichterstatter, daß der General­ausstand sich nicht auf Paris beschränke, sondern gleich­zeitig in allen Gegenden, in denen der Verband Gruppen besitze, proklamiert werden soll und daß der für den Ge- samtausstand bestimmte Tag geheim gehalten werde. Man glaube, daß hiefür der 11. April festgesetzt wird.

Paris, 8. April. Die M ü ll er g eh i lfe n und Ge tr ei d e v er l a d er veranstalteten heute Nachmittag in der Arbeitsbörse ein Meeting, in dem sie beschlossen, sich dem Streik der Arbeiter der Nahrungsmittelbranche anzu­schließen. Die Bäckergehilfen verlangen Lohnerhöh­ung und genaue Einhaltung des wöchentlichen Ruhetages. Die M ül l er g e h i lf e n fordern eine Begrenzung der Arbeitsstunden.

Aus Mürttemösrz.

Lieaftuaebrichteu. Erna«»!: Den Amtsrichter Waste»' cager vo» Münsmzen, Hilf-inchier bei dem Landgericht Tübingen, zum Landrichter m Ravensburg, den Gerichtsassefior vr. Häring, stellvertretenden Amtsrichter in Heilbronn und den GrrichlSassessor Li»der, HilfSrichter in Neckaisulm zum Amttiichter in Göppingen, ferner den Gerichtsaffrsffr E»gel, stellvertretender Amtsrichter in Ulm, zu« Amtsrichter in Nrekarsulm, den GerichlSassessor August Buhler, l HilfSrichter in Neuenbürg, zum Amtsrichter in Tuttlingen, sowie den ! Eerichlsassessor Rehm. Hilfsarbeiter bei dem Grundbuchamt Reutlingen zum Amtsrichter in Lauphcim sodann den Hilssgerichisschreibcr Siegel bei dem Landgericht Sruttga r zum Amtsgerichtsschreiber in S»lz und den HilfsgenchtSschreiber Ruf bei bem Landgericht Ravensburg zum AmtSgerich »schreibe! in Walds c-

Uebertragen: Dem Obrrrcallehrer Hähnle am Gymnasium in Ludwigsburg eine ProfessorSstelle, dem Oberreallehrer Sieurer an der Realschule in Oberndorf eine Oberrealletzreisstelle und dem Real­lehr Schöll an der Realschule in Schwenningen eine Reallehrersstege je an der Oberrealschule in Remlingen, sowie dem Hilfslehrer Reiff am Realgymnasium in Swltgart eine Overreallehrersstelle an der Realschule in Kirchheim u. T.

An den Ruhestand versetzt: Den LandgerichtSdircktor von Haldeilwang in Ulm seinem Ansuchen gemäß und ihm bei diesem An­laß das Kowmenlurkcruj zwüter Klaffe des Frtcdrichsoidens verliehen. _

Die Ainanzkommisfion der Zweiteu Kammer er­ledigte am Samstag die Kap. 111 und 112, Tit. 1 bis 21, die vom Ertrag der Domänen bei den Kameralämteru und aus Forsten handeln. Bei ersterem Etat führte der Titel Einnahme aus Staatsgütern zu einer längeren Er­örterung, beim Forstetat wurde den Etatsvoranschlä­gen für Holzertrag etc. zugestimmt und auf Antrag des Berichterstatters Dr. Hieb er der Erhöhung des Höchst­gehalts der Oberförster um 100 Mk., um diesen das Bor­rücken in die oberste Gehaltsstufe der Bezirksbeamten zu ermöglichen, zugestimmt; desgleichen wurde der Vermehr­ung der Forstwart- und Waldschützstellen um 5 bezw. 4 weiteren Stellen beschlossen. Hiebei stellte der Bericht­erstatter Dr. Hieber den Antrag: die Bereitwilligkeit zu erklären, bei den Gehalten der Forstwarte an Stelle der seitherigen 7 Stufen von lOOo bis 1450 Mk., 5 Stufen mit 1100 Mk., 1150, 1250, 1350, 1450 Mk. einzuführen. Rembold - Aalen stellte den Antrag: Die Regierung zu ersuchen, eine Besserung der Bezüge der 'Forstwarte in Erwägung zu ziehen. Bei der Abstimmung über den An­trag Hieber ergab sich Gleichstimmigkeit. Im klebrigen wurden keine vom Etat abweichenden Beschlüsse gefaßt. Um Dienstag erfolgt die Schlußberatung des Forst- und Jagdetats, hienach folgt die Beratung des Kultetats.

Landesversammlung. Der Verein für ländliche Wohlfahrtspflege in Württemberg und Hohenzollern wird seine 2. Hauptversammlung am 1. Mai in Heilbronn abhalten. Neben verschiedenen Berichten stellt das Pro­gramm Referate über dieFürsorgeerziehung für die schul­entlassene Jugend" und überHeimatschutz" in Aussicht.

Stuttgart, 6. April. Das städt. Kremato­rium auf dem Pragfriedhof wurde heute vorm. 11 Uhr in Gegenwart der Behörden und einer großen Anzahl geladener Gäste feierlich eingcweiht. Au den Eröff­nungsakt schloß sich die erste Feuerbestattung; die sterb­liche Hülle der am Karfreitag im Alter von 80 Jahren aus dem Leben geschiedenen Fabrikantenwitwe Frau So­phie Kolb wurde den Flammen übergeben. Bei der Er­öffnungsfeier wurden Ansprachen gehalten von Oberbür­germeister v. Gauß und Hofrat Dr. v. Deahna.

Ulm, 7. April. In der gestern abgehaltenen Amts- yersammlung, der auch Regierungspräsident v. Schmidlin anwohnte, wurde der Etat der -Oberamtspflege für 1907/08 mit 9363 Mk. Einnahmen und 97 864 Mk. Ausgaben fest­gesetzt. Von dein Abmangel im Betrage von 88501 Mk. werden 80 000 Mk. durch Amtsschadenumlage, der Rest ans den: Restvermögen gedeckt. Als Entschädigung der Amtskörperschaft an die Finauzverwaltnng für das Ober­amtsgefängnis wird der Finanzverwaltnng der 20fache Betrag der seitherigen Miete, also eine Summe von 16 666 Mark angeboren, da die Amtskörpcrschaft keinen Bauplatz und kein eigenes zum Umbau in ein Gefängnis sich eig­nendes Gebäude besitzt. Beschlossen wurde, die Gesamt­zahl der Mitglieder der künftigen Amtsversammlung auf 30 festzusetzen. Ferner wurde eine Neuregelung der Satz­ungen der Oberamtssparkasse beschlossen. Festgesetzt wurde eine Erhöhung der Umlagesteuer, die Verzinsung der Ein- ! lagen vom Tage der Einlegung ab bis zum Tage der Ent­

nähme, und dje Beibehaltung der Ausleihkommission. Den Körperschaftsbeamten wurde eine Aufbesserung von 200 Mark zugestanden, die nichtpensionsberechtigten erhalten 100 Mk. Zulage. Der schon vor längerer Zeit beschlossene Neubau eines Sparkasftngebäudes wurde mit allen Stim­men gegen die Stimmen der Vertreter der Stadt Ulm znrückzustellen beschlossen, bis sich übersehen läßt, wie die Gründung der städtischen Sparkasse in Ulm und Langenau auf die Oberamtssparkasse zurückwirkt.

Am Samstag früh wurde am Rechen des Elektrizitäts­werkes in Marba ch aus dem Neckar die Leiche einer 25 bis 30 Jahre alten Frauensperson gezogen. Die Leiche ist bekleidet mit Schnürschuhen, schwarzen Strümpfen, schwar­zen! Kleid, weiß getupfter, karrjertcr Bluse und schwarzer Jacke. In ihrem Portemonnaie fand sich ein Betrag von Mk. 4.14 vor, ferner ein Ring mit Prägung G. K. 1873, sowie eine Eisenbahnfahrkarte von Burgstal'l nach Stutt­gart mit dem Datum vom 5. April 1907; diese ist nur für die Strecke Burgstall-Marbach durchlocht. Das Ta­schentuch ist mit M. T. gezeichnet. - Nach einer späteren Mitteilung handelt es sich um die Nähterin Knnzi aus Kirchberg a. Murr.

In Nenenstadt stürzte mit einem donnernden Krach nachts die im besten baulichen Zustand befindliche Scheuer des Finanzrates Schickhardt zusammen, den nebenstehenden Neubau des Küfermeisters Schlipf unter sich begrabend. Menschen sind dabei nicht zu Schaven gekommen. Man vermutet, daß durch Sprengungen beim Ban des Schttpsschen Hauses der Untergrund der Scheuer zerstört worden ist und jetzt nachgelassen hat.

Beim Reinigen eines Schaufensters bei Metzger und Lammwirt Heinr. Glück in Oeh rin gen glitt die Lei­ter unter den Füßen des arbeitenden Mädchens hinweg. Instinktiv breitete sie die Arme aus und versuchte sich an einem Metzgerhaken sestzUhalten, dabei durchdrang der Haken ihren Arni Und schlitzte ihn bis zum Knochen auf, so daß die Verunglückte in der Lust freischwebend hängen blieb. Das Mädchen wurde auf ihr Hilfegeschrei von zwei herbeigeeilten Männern ans ihrer schrecklichen Lage ge­rettet und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. '

In Harsberg Oberamt -Oehringen erhängte sich der 40 Jahre alte Bauer Michael Mayer in seiner Scheuer. Was den Mann in den Tod getrieben hat, ist bis setzt noch nicht bekannt.

In Lind lein, Gemeinde Schmalfelden OA. Ge- rabronn brannte das Haus und die Scheune der Witwe Vogt und eine weitere Scheune bis auf den Grund nieder. Die Besitzerin konnte mit Mühe ans den Flammen gerettet werden. Tie Dienstmagd wurde unter dem Verdacht der Brandstiftung verhaftet.

Kerichtssaal.

G«Ibra«s»n vermrtcrlt.

Hamburg, 6. Aprik. Das Amtsgericht II verur­teilte wie schon gemeldet in derProzcßsache Wörmann gegen den Simplizissimus den Zeichne» GukLrsn- son wegen verleumderischer Beleidigung der Firma W»»- mann zu einer Gefängnisstrafe von 3 Mona­ten. Das Urteil wird in denHamburger Nachrichten", sowie imSimplizissimus" veröffentlicht.

Der Angeklagte Hans Kaspar Gulbranson war nach einem Bericht der Fr. Ztg. zu der Verhandlung nicht erschienen, da ein Jschiasanfall ihn an der Reise ver­hinderte. Dr. Br ab and und Reichstagsabg. K. Hauß- mann vertreten denSimplizissimus". Der Kläger er­klärt, die imSimplizissimus" enthaltene Behauptung, Wörmann habe für die Leichentransporte Liege­gelder verlangt, für unwahr und beweist das Gegen­teil durch Zuschriften des Oberkommandos. DerSim­plizissimus" habe eine Entschuldigung abgelehnt, weil ev einen Prozeß der Enthüllungen wegen begrüße. Der Klä­ger lehnt es ab, sich über seine Beziehungen zum Reich! zu äußern. Das sei inopportun, da ein Schiedsgerichts­verfahren zwischen Wörmann und dem Reich in Bremen« schwebe. Der Kläger fühlt sich doppelt beleidigt, weil ev in der Verbindung der Kolonien mit dem Reich seine Le­bensaufgabe sehe. DerSimplizissimus" habe die Linie verunglimpfen und das Publikum, namentlich die unteres Klassen, aufhetzen wollen. Er beantragt wegen verleum­derischer Beleidigung eine ernpsindliche Freiheitz- strafe.

Die Verteidiger betonen, daß der Angeklagte Sie inkriminierte Tatsache ja nicht behaupten, sondern nur. satirisch Wörmanns übermäßige Ausnutzung »i- nes Monopols geißeln wollte. Sie stellen den Mi­ttag, Zeugen zu laden, die bekunden werden, daß Wo»-, mann durch Liegegelder unzulässige Profite gemacht haLe^ und nennen eine Reihe von Beispielen. Wörmanns Mo­nopol und Doppelstellung als Reeder und Kaufmann haS« dieses Monopol geschaffen, das eine allgemeine Teuerung herbeiführte, da er konkurrierende Handlungs- N iederlass ungendur chhoheFrachtraten aus­schloß. Darüber konnten die Steuerzahler und Kolonisten sich beschweren. Der Hauptvorwurf sei der Regierung gemacht, die ungünstige Verträge abgeschlossen habe. MeV Wörmann mußte die Situation übersehen und war viel­leicht auch Ratgeber der Regierung. Als Zeugen sollsnl Prinz HohenloHe-L angenburg und Kolonialdirej- tor Dernbnrg geladen werden.

Dr. Hauer, der Vertreter Wörmanns, erklärt aste Beschuldigung für unwahr u. bittet, die Ladung der Zeugen als unerheblich abzulehnen. Dies geschieht und cs wird däs obenstehende Urteil mit folgender Begründung gefällt: Der Beklagte habe wissen müssen, daß ein Teil des Publikums die Darstellung als Tatsache ansehen werde. Es liege nicht nur eine Beleidigung Wörmanns, sondern des gan­zen Kaufmannsstandes und der Reedereien Hamburgs vor. Diese Auffassung sei gerichtsnotorisch. Die Beleidigung enthalte auch eine Aufhetzung der niederen Klassen gegen die Regierung und eine Verunglimpfung der gefallenen Krieger. Der Beweisantrag wird abg e l e hnt, weit erstens die formale Beleidigung feststehend und weil nach dem Reichsgericht der Beklagte nicht die Wahr­ung berechtigter Interessen geltend machen könne. Die Verteidiger werden Ber., j ung einlegen.