nach zweitägigem Kampfe bei Maraitu vollständig geschlagen worden sei. _
Im Juweliergeschäft Heinzmann in Eisenach ist ein großer Einbruchsdiebstahl ausgeführt worden. Viele Brillantringe und goldene Herrenuhren sind gestohlen. Der Verlustwert beträgt zirka 10 000 Mark.
In Dresden ist die Tochter des Oberförsters Wilsdorf, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, ihren Verletzungen erlegen. - Die Familie Wilsdorf, Vater, Mutter und fünf Kinder, wurde auf den: Johannisfriedhof in einem einzigen Grabe beigesetzt. Der Pastor verlas den 130. Psalm und sprach Gebet und Segen. Viele Menschen waren zugegen. Die sieben Särge deckten wenige Blumen. Die Kollegen Wilsdorfs wohnten der Beerdigung in Uniform bei.
Der beschäftigungslose Bauanschläger Arthur W u f ch- nakowskp in Berlin hat ans Aerger darüber, daß sein Ar/2 Monat altes Söhnchen ihn durch Schreien und Kopfe gegen die Wand geschlagen, so daß dem Kinde der Kopfe gegen die Wano geschlagen, so da dem Kinde der Schädel zertrümmert wurde.
Aus St. Johann wird unterm 16. gemeldet: .Heute früh zwischen 6 und 7 Uhr riß auf der Gerhartgrube ein Förderkorb. Im Korb befanden sich 2 2 Bergleute, die alle rot sind.
Aus Forbach (Lothringen), wird gemeldet: Nach einer Mitteilung der Bergwerksdirektion haben auf der Grube „Kleinrosseln" in Lothringen schwere Schlagwetterexplosionen stattgefunden. 80 Bergleute waren eingefahren, davon sind 77 zu Tag gefördert. 6 5 sind tot, 12 »ch wer verletzt.
Aus Nordtirol werden noch immer zahlreiche L a- wrnenstürze gemeldet. Die Züge haben große Verspätungen. In der Mühlauer Klamm ging eine Lawine nieder, durch die der Betrieb der Elektrizitätswerke unterbrochen wurde. Zell am Ziller wurde von einem orkanartigen Schneesturm heimgesucht.
Nach dem römischen „Avanti" fanden in der Landschaft Basilicata Erdlawinen und und Erdrutsche statt, die in Castronuovo, Stigliano und anderen Orten Hunderte von Häusern verschütteten.
Aus Pittsdorf wird gemeldet: Der durch die Ueber- fchwcmmung verursachte Schaden wird auf 10 Millionen Dollars geschätzt. 14 Personen sind umgekommen. In den Fabriken steht nahezu d?r ganze Betrieb still. Alle öffentlichen Arbeiten müssen unterbleiben. Gegen 30 000 Menschen find obdachlos. Mehrere Hunderte von Häusern find unterwaschen und drohen einzustürzen.
In Pittsbnrg sind 15 Wohn- und Geschäftshäuser und 2 Fabriken n i e d e r g e b r a nn t.
In der Stadt Dirnwent (Ohio) ist die aus 2200 Seelen bestehende Bevölkerung tatsächlich ans dem Orte hcrausgeschwcmmt worden. Tie Einwohner flüchten auf die in der Nähe befindlichen Höhen.
Zue Explofior» auf der „Jeua'.
Wie aus Toulon gemeldet wird, wurden von den 107 geborgenen Leichen 58 rekognosziert. Einige, die sehr verstümmelt oder verbrannt sind, werden sicherer Weise überhaupt nicht rekognosziert werden können. Mit der Einsargung der Leichen lvird begonnen.
Die französische Deputiertepkammer hat nach einer Pariser Meldung 12 Deputierte bestimmt, welche das Haus bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für die -Opfer der „Jena"-.Katastrophe vertreten sollen.
ArtciterSe«e§«»s
Nürnberg, 15. März. Im hiesigen Bauge- w erbe wurde ein bis zum Jahre 1910 gültiger Tarifvertrag abgeschlossen, der den Maurern, Zimmerleu- ten und Steinhauern jährlich fortschreitende Lohnbesserungen bringt. Die gewünschte Verkürzung der Arbeitszeit erreichten die Arbeitnehmer nicht. Auch der Verband bayerischer M e t a l l in d u stri el l er hat eine neuerdings verlangte Verkürzung der Arbeitszeit abgelehnt.
M. Gladbach, 15. März. Zweihundert Weber der Gladbacher Wollindustrie haben die Kündigung nicht zn- rückgenommen. Infolgedessen tritt seitens des Vereins der
Textilindustrie die angekündigte allgemeine Sperre über 10000 Arbeiter in Kraft.
Leipzig, 15. März. Die Damenschneider und Schneiderinnen Leipzigs beschlossen soeben, die Arbeit einznstellen, weil die Arbeitgeber die geforderten Löhne und die Verkürzung der Arbeitszeit nicht bewilligten.
Hamburg, 15. März. Die Abfertigung der seewärts bestimmten Schiffe erleidet ziemlich starke Verzö-- gerungen. Der Postdampfer Graf Waldersee der Hamburg- Amerika-Linie, der morgen nach Newyork abgehen sollte, ist noch nicht entlöscht. Die französischen Seeleute haben die Entladung ihrer Dampfer verweigert.
Wien, 15. März. Der heute Nacht ausgebrocheue Bäcker streik machte sich in der Bevölkerung fühlbar; insbesondere war die Versorgung mit Frühstücksgebäck sehr mangelhaft. In den Kaffeehäusern erhielt mau ausschließlich das „Streikgebäck", nur Milchbrote. 6000 Gehilfen streiken. Einige Meister haben bereits den Tarif bewilligt.
Nantes, 15. März. Ausständige Kohlenträger machen den Versuch, 1500 Dockarbeiter zur Einstellung der Arbeit zu verleiten. Sie veranstalten eine Kundgebung. Es kam Habei zu einem Handgemenge, wobei zwei Polizeibeamte verwundet wurden.
Deutscher HMBsLsK.
Berlin, 15. März.
Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1.80 Uhr. Am Buudesratstisch: Staatssekretär Graf P o- sadowsky und Präsident des Reichseisenbahnamts Schulz. — Das am 19. Sept. 1906 in Bern abgeschlossene zweite Zusatzübereinkommen zum internationalen llcbereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 nebst Vollziehungsprotokoll wird in dritter Lesung debattelos angenommen.
Es folgt die Interpellation der Sozialdemokraten betr. Eingriffe der Behörden usw. bei den Reichstagswahlen. Staatssekretär Posadowsky erklärt, der Reichskanzler lehne die Beantwortung im Hinblick auf seine allgemeinen Erklärungen vom 25. und 26. Februar ab. Sollte sich bei der Wahlprüfung ergeben, daß berechtigte Beschwerden gegen einzelne Beamte vorliegen, so werde der Reichskanzler nicht zögern, geeignete Weisungen zu erlassen.
Singer (Soz.) beantragt Besprechung der Interpellation, diese wird beschlossen.
Abg. Fischer-Berlin (Soz.): Es handelt sich nicht um untergeordnete Beamte, sondern um hohe Beamte und den Reichskanzler selber. (Sehr gut! bei den Soz.) Die Regierung scheint ja ihre Beamte sehr gering einzuschätzen, wenn sie von ihnen verlangt, daß sie nach der Stellung der Regierung ihre Stellungnahme einrichten sollen. Den Kadavergehorsam verlangt selbst nur der Abg. Dr. Wagner nur von den politischen Beamten. Ich erinnere zunächst an die Forstbeamten, welche genötigt wurden, aus ihrer Organisation auszutreten und ihr Organ, das opponierte, abzubestellen. Auch die Nationalliberalen haben sich gegen eine bureaukratische Bevormundung ausgesprochen. Jetzt erklärte der Reichskanzler sogar, er werde in Zukunft noch ganz anders auftreten. In dem Tylvesterbrief habe der Reichskanzler die Wähler aufgefordert, gegen die Sozialdemokratie, das Zentrum, die Polen und die Welfen zu stimmen. Das sei die stärkste amtliche Wahlbeeinflussung, die es geben könne. Redner fragt, woher die Gelder seien, welche die Blockparteien erhielten. In weitem Umfange seien amtliche Gelder bei den Wahlen benutzt worden. (Lebhafter Widerspruch rechts.) Auch 1898 habe Herr v. Rheinbaben 50 000 Mark dem Geheimfonds entnommen, um die Schutzleute zu belohnen, die bei dem Straßenbahnerstreik Dienste geleistet hätten. Es sei ein gutes Recht der Partei, zu fragen, woher der Reichskanzler die Gelder genommen habe. Wir wissen ja, die Gelder stammten von der Börse. (Großer andauernder Lärm.) Daher auch die Börsenreform, die der Reichskanzler versprochen hat. Der Redner kommt dann auf den Flottenverein zu sprechen und sagt, es sei nicht ein einziger Brief gestohlen. Abschreiben und Stehlen
sei doch etwas verschiedenes. Der Reichskanzler haste siH «uch einverstanden erklärt mit der Errichtung einer Zentralstelle für Flugblätter, die in der Reichskanzlei liegen sollten und an deren Spitze ein alter Praktiker in Wahlfälschungen stehe. (Unruhe. Vizepräsident Kämpf ruft den Redner zur Ordnung). Fischer fortfahrend, meine man werde ihm Recht geben, wenn er das Vorgehen dä Herrn v. Löbell als Reichstagskandidat erwähne, als er noch Landwirt gewesen sei, bei der Wahl, die später als ungültig erklärt wurde. (Vizepräsident Kämpf bittet den Redner, nicht gegen den Ordnungsruf zu polemisieren). Fischer verwahrt sich dagegen, daß er gegen den Ordnungsruf polemisiert habe. Von den amtlichen Stellen sei eine ganz skrupellose Agitation getrieben worden. Wenn Herr v. Liebert sich über das ihm entgegengebrachte Mißtrauen beschwerte, so hatte er dazu seine Gründe. Der Redner verliest dann als Beleg aus den Memoiren Hohenlohes Aufzeichnungen über die plötzliche Ernennung Lie- berts zum Gouverneur resp. Gesandten in China. Liebert sei außerdem Kolonialschwärmer und habe sich daher >U finanziellen Geschäften beteiligt; er habe somit in seine eigene Tasche gearbeitet. (Großer Lärm. — Rufe: „Pfui!" und „Unverschämt!") Fischer: Unverschämt sind immer nur Sie! (Vizepräsident Kämpf ruft Liebert und Fischer des Ausdrucks „Unverschämt" zur Ordnung.) Fischer entschuldigt sich; da er provoziert war, sei es doch erklärlich, daß er bei dieser Sache etwas aufgeregt war. (Lärm, andauernde Unterbrechung, sodaß das weitere fast gänzlich verloren geht.) In seiner gestrigen Rede habe der Reichskanzler ganz deutlich gesagt, daß er einen agrarischen Reichstag habe. Für die Linke sei keine Hoffnung. Die Freisinnigen seien nicht zu stolz gewesen, um nicht die Unterstützung der Regierung anzunehmen, um sich nicht die amtlichen Wahlbeeinflussungen gefallen zu lassen. Alle Reichsämter seien für die Wahlbeeinflussung engagiert gewesen. Redner verliest dann eine Reihe Flugblätter und den Passus aus der Kaiserrede in Bremerhaven, der sich auf die vaterlandslosen Gesellen bezieht. Die Schuld an den vielen Verlusten in Afrika trage die Kriegführung. Ueber unser Tun Vorhalt zu machen, sei nicht Sache des Reichskanzlers, der dabei Ausdrücke gebrauche wie Parteibonzcn. (Große Heiterkeit). Wenn noch ein Funke von Gerechtigkeit in der Wahlprüfungskommission ist, müssen alle Mandate für ungiltig erklärt werden. (Andauernde Heiterkeit).
Schädler (Ztr.): Es sei nicht zu leugnen, daß die Staatsleitung in den verschiedensten Aemtern sich für die Wahlen einlegte, was entschiedensten Protest herausfordere. Das Erscheinen des Reichskanzlers im Reichstag wäre angezeigt, der Sache wegen. Er habe bereits in der Etatsrede gesragt, weshalb den Schutzleuten und Eisenbahnern in Berlin verboten worden sei, einen Zentrumskandidaten zu wählen. Der Flottenverein hat als unpolitischer Verein in skrupellosester Weise politische Agitation getrieben mit Wissen und Willen des Reichskanzlers; darum treffe ihn die Verantwortung. Ob die Briefe des Flottenvereins gestohlen seien oder nicht, sein Skandal sind sie erster Güte. Es handle sich darum, daß nicht die Regierung, sondern das Volk bei den Wahlen seinen Willen zum Ausdruck bringe.
Kreth (kons.): Da keine Wahlbeeinslussungen nachgewiesen seien, scheine die Interpellation verfrüht zu sein. Seine Partei werde Bülow unterstützen, auch wenn er noch schärfere Töne blasen wolle,, um den Rest der Sozialdemokraten hinwegzublasen. Hoffentlich werde sich das Zentrum mit den Konservativen verbinden in nationalen Fragen zum Kampf gegen die Sozialdemokratie. Die sozialdemokratischen Flugblätter leisteten an Geschmacklosigkeit das äußerste. Seine Partei danke dem Reichskanzler für das Eingreifen in die Wahlbewegung.
v. Liebert (Reichsp.): Die Regierung habe das Recht und die Pflicht gehabt, nach der Reichstagsauflösung sich an die Wähler zu wenden. Sie hat sich dabei in den richtigen Grenzen gehalten. Dernburg müsse man seine Reden hoch anrechnen. Hoffentlich würden bei den nächsten Wahlen auch andere Staatssekretäre und Minister die Gelegenheit benützen, um den Standpunkt der Regierung vor dem Volke darzulegen. Der von ihm vertretene Verband sei ganz unabhängig. Wenn man ihn
Die SHörchsiL von Wsmbrow.
Roman von Bogumil von Cznrtorski. 62
„Ich suhlte diesen guten Ausgang bereits früh am Mor- geu, bevor ich mit der Ausübung meiner Mission begann. Ich Ws ihn ans der Morgenröte! Wollen Sie mir das glauben?"
„Ich muß wohl, da Sie es so ernsthaft versichern. Und nun, schöne Kassandra, verlangt es nach danach, Ihnen noch einiges über mein „Vermächtnis" zu sagen, bevor unser Alleinsein beendet ist."
„Wenn ich Kassandra bin, wie auch Graf Ehrenbreit mich nennt, so bedarf es keiner Aufklärungen, da mein „allzeit offener Sinn" mirvhnedieS alles verrät," entgegnete Heloise leicht errötend. „Lassen wir daher Ihr Vermächtnis. Ich möchte anderes mit Ihnen besprechen."
„Ich bin aber keineswegs gesonnen, mich von Ihnen für eine» TollhänSler halten zu lassen. Wie erklärt Ihnen Ihr „allzeit offener Sinn" den Umstand, daß ich unseren armen Ehren- breit schon in aller Morgenfrühe mit meinem Vermächtnis zu Ihnen sandte, bevor noch der Ausgang des Duells entschiede»? Warum hatte der Brief nicht Zeit, bis der Moment zur Aus- liesernng gekommen?"
Gräfin Helvise lächelte ein wenig. „Ich denke, weil Sie das Vermächtnis auf alle Fälle in meinen Händen wissen wollten, Baron! Weit Sie einzig und allein angesichts des Todes so zu mir sprechen durften! Der Brief ist jetzt nicht mehr zurückzu- nehmen. und das ist es, was Sie wünschen. Dieser Eventualität haben Sie auch Rechnung getragen, trotz der Vorahnung eines für Sie ungünstigen Ansganges."
Ter Baron ließ einen Ausruf deS Erstaunens vernehmen. „Sie sind in der Tat eine Hellseherin. Vermutlich durchschauen Sie alle Menschen Ivie Laternen."
„Nicht ganz so bequem Aber wollen Sie mir mm sagen, wie sich die nächste Zukunft für Liska gestalte» soll, Baron? Ich muß endlich daran denken, zu meinem Oheim znrückznkehren."
„Noch einige Tage bedürfen wir Ihrer ernstlich, Komtesse. Liskas Geschick muß sich erfüllen, bevor Sie Nembrow verlassen . . und außerdem: Sie werden mein Vermächtnis in den Gedanken behalten, obwohl es nun dasjenige eines Lebende» ist, nicht wahr?" Baron Ruck streckte bei diesen Worten seine Hand anS, und Gräfin Heloise legte die ihre hinein, swährend sie
leise sagte: „Der Brief ist jetzt nicht wieder zurückznnehmen. Und jener in mein Gedenken geschriebene Name nicht mehrans- znlöschen !".. dann gingen sie miteinander zu der andern.
Obschon Bianka Stablewski heute wie immer in einem schwarzen Kleide erschien, so hatte sie doch ihrem Anzüge durch frische Blumen einen heiteren, festlichen Charakter verliehen. Tiefrote Treibhausrose» hoben sich leuchtend von dem dunklen Sammet des Gewandes und von ihrem glänzend schwarzen Haar ab. Hnrbing ward durch die malerische Schönheit ihrer Erscheinung wahrhaftig geblendet; er konnte sie, da er ihr während der Tafel gegenüber saß, voll ans sich wirken lassen und in alle» Nuancen studieren; zum rechten Behagen kam er nicht dabei; denn man sprach von der unweigerlich heranrückenden Auflösung der kleinen Kolonie, die sich durch eine seltsame Schicksalsfügung in diesem idyllische» Erdwinkel gebildet hatte. Graf Ehrenbreitänßerte sich nicht über wann und wohin seiner Reise, die im übrigen eine feftbeschlvssene Tatsache schien.
Von „Ahasver" wußte man ohnedies, daß er bald wieder eine lange Weltwaudernng autrete» werde, und Hnrbing gedachte nach kurzem Aufenthalt bei seiner alten Verwandten eine Studienreise nach Italien zu unternehmeu.
„Dorthin sollte Herr von Sebvld Sie begleiten! Das wäre die beste Arzenei für seine verstimmten Nerven," sagte der wohlwollende alte Doktor, als Hnrbing das herrliche Stresa am Lago maggiore als erste Neisesiation erwähnte.
Der Rittmeister widersprach lebhaft. „Sie kennen mich nicht," bemerkte er. „Meine rebellischen Nerven kommen nirgends anders als im tollsten Großstadttrnbel wieder zur Vernnnfl. Ein Idyll, wie es mich hier umgab, ist au? die Dauer Gift für mich, und ich würde, wenn ich hierbleiben oder dieses polnisch deutsche Stilleben gegen ein italienisches vertauschen müßte, schließlich überschnappen. ES ist ganz gut möglich, daß Hnrbing, wenn er endlich in Berlin landet, ein fröhliches Wie-ersehen mit mir feiern kann. I» die Hauptstadt zielst es mich! Wo der Lärm am ärgsten ist, finde ich meine Ruhe am ersten wieder."
„Wir Znrückbleibenden werden das Scheiden jedes einzek- neu von Ihnen empfinden, unsere Gedanken werde» jeden einzelnen in der Ferne suchen," sagte Wanda Stablewski, und es klang mehr Gefühl durch ihre Worte, als sie für gewöhnlich zu verraten liebte. „Im übrigen fürchte ich die Einsamkeit auf
meiner Scholle keineswegs und habe kein Verlangen danach, sobald wieder ans der Eisenbahn zu sitzen."
In diesem Moment ward dem Baron von Ruck ein Brief überreicht. „Ein Bote vom Edelhofe brachte ihn soeben," berichtete der Diener. „Man glaubte ihn nicht bis zur Heimkehr des Herrn Baron liegen lassen zu dürfen, da er per Eilpost kam."
Mit einiger Befremdiing öffnete der Baran das Schreiben. Sein Gesicht wurde während des Lesens sehr ernst. „Sagte ich es nicht? Die Schere der Parze hat dennoch ihr Werk getan, wenn auch das Opier ein anderes ist! Und, seltsam genug, isst tat es in eben der Stunde, die vielleicht ursprünglich dazu bestimmt war, meine letzte zu sein! Diese verworrenen, halb von Tränen ausgelistchten Zeilen schrieb meine Haushälterin von Sielanka Sie teilt mir mit, daß ihr Sohn, der Förster, am gestrigen Vormittage innerhalb seines Waldreviers tödlich verwundet und besinnungslos anfgefnnden worden. Neben ihm lag seine eigene entladene Flinte; es ist zur Zeit noch nicht festziistel- len, ob ein Unfall oder ei» Verbrechen vorliegt. Ach, Herr Baron, ich fürchte, daß es die Wilddiebe waren, denen mein Sohn schon Wochen lang nachgiug. Er wird mir nicht am Leben bleiben.
Der Arzt gibt wcnig Hoffnung. Ich kann nicht fort vo« ihm. In Sielanka wirtschaftet Kaschinka so gut es geht, aber es wäre besser, es käme bald jemand zur Aufsicht dorthin. Ich weiß nicht, wie es mit mir wird! so schreibt die arme Frau, die ihren gar nicht sehr beliebten und liebenswerten Sohn geradezu vergöttert. Die Sache geht mir z» Herzen, ich kann eS nicht leugnen."
Sebold dachte mit Granen au sein Abenteuer mit dein angenehme» Herr» Nikolaus und konnte sich nicht zu einem sehr warmen Mitgefühl anfschwingen. Ein solches Schicksal hatte er dem Manne aber doch nicht gewünscht.
„Was gedenken Sie zu tu». Baron?" fragte Franz Josef.
„Den jungen Ludwig ohne Verzug nach Sielanka zu schicken. Bevor der Frühling mit Saug und Klang emzieht, muß auch Liska ihren Einzug dort gehalten haben."
„Recht so!" sagte Ehrenbreit, und Helotse, die ihn ernst beobachtete, konnte auch nicht die leiseste Nuance von Schmerz i« seinen Zügen wahrnehmen.
Bianka Stablewski füllte die Gläser ihrer Gäste aufs neue Nlit perlendem Champagner. 138 ,2C