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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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celelon Nr. 41.
Amtsblatt für die Ltadt N)ildbad.
Verkündigungsblatt
der Kgl. Horstämter Wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit
amtlicher Fremdenliste.
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Donnerstag, dev 19. April
1996.
vor Schreck Delcasss entließ. Rußland habe dadurch eine Lektion erhalten, daß Deutschland nicht an der russischen Anleihe teilnimmt. Vielleicht erhalte jetzt England auch indirekt seine Lektion in der ungewöhnlichen Hartnäckigkeit, niit der der türkische Sultan seine Truppen in Akaba auf eghptischem Gebiet belasse. Man sieht sofort wieder, woher die englische Mißstimmung rührt. Wie verlautet, soll Akaba, die Hafenstadt an der nördlichsten Spitze des Armes des Roten Meeres, der die Halbinsel Sinai an der Ostseite begrenzt, der Endpunkt einer mit deutschem Kapital zu erbauenden syrischen Bahn werden und wurde deshalb von türkischen Truppen besetzt, während die englisch-egypti- sche Regierung diesen Platz als egyptisches Territorium beansprucht, um den deutschen Bahnbau zu verhindern. Ohne diesen speziellen Hinweis ans Akaba, aber nicht viel freundlicher meint der Londoner „Chronicle", Deutschland übe nicht mehr die Hegemonie in Europa aus. Die Ergebnisse der letzten Wochen hätten gezeigt, daß Deutschland die isolierteste Macht Europas sei- Der Kaiser habe der ganzen Welt Italiens Entfremdung von Deutschland enthüllt.
Inzwischen ist ja eine offizielle Beileidskundgebung der deutschen Regierung in Rom ausgesprochen worden. Wahrend aber der österreichische Kaiser selbst telegraphierte und einen namhaften Betrag spendete, hat der deutsche Kaiser bisher geschwiegen. Und Wilhelm II. ist doch sonst mit Absendung von Beileidsdepeschen durchaus nicht sparsam gewesen.
MmröfchSN.
Die Bielredner des Reichstags. Die „Nationalliberale Korrespondenz" hat sich die Mühe gegeben, die Anteile zu berechnen, die in den offiziellen stenographischen Berichten des Reichstages auf die einzelnen Parteien fallen. Von den insgesamt rund 3800 Spalten, die von den Rednern der Abgeordneten gefüllt werden, kommen auf die Sozialdemokraten rund 1157 Spalten
das Zentrum 595 „
die Nationalliberalen 467 „
die Freisinnigen Volksparteiler 421 „
die Gruppen der Antisemiten 334 „
die Freisinnige Vereinigung 296 „
die Konservativen 215 „
die Reichspartei 207 „
die Polen 63 „
und die Gruppen der Elsässer, Welfen und Dänen 38 „
Die meisten Spalten hat, wie fast alljährlich, der Abg. Bebel gesprochen, nämlich 237. Ihm folgt aber hart auf deu Fersen der nicht nur redende, sondern auch viel von
sich reden machende Abg. Erzberger, der es auf 209 Spalten gebracht hat. Bei derartigen Dauerleistungen ist es nicht verwunderlich, wenn der Reichstagssitzungssaa! in der Regel einen öden und verlassenen Eindruck macht.
* *
Meuterer auf portugiesischen Kriegsschiffen.
Ltssaboner Zeitungen veröffentlichen folgende Einzelheiten über die Meuterei an Bord des Panzerschiffes „Vasco de Gama": Das Schiff war am 13. April gegen 80, Uhr abends vor Lissabon verankert, als plötzlich eine ungewöhnliche Bewegung an Bord bemerkt und Schreie und Schüsse vernommen wurden. Das Schiff verlangte Hilfe. Ein Schlepper, eine Fregatte und andere Fahrzeuge setzten sich in der Richtung aus den „Vasco de Gama" in Bewegung, mußten aber davon abstehen, sich neben ihn zu legen, da sie von Gewehrschüssen empfangen wurden. Es verlautete, ein Leutnant vom „Vasco de Gama" sei von der Mannschaft gerötet worden. Diese habe damit den Tod eines Matrosen rächen wollen, dem der Leutnant eine Kugel durch den Kopf geschossen hätte, als er gerade einen Kanonenschuß abzufeuern versuchte. Dem Blatte „Mundo,, zufolge bestätigt sich der Tod des Offiziers. Dasselbe Blatt meldet, daß auch die Mannschaften des zu dem Panzerschiff „Don Carlos" gehörigen Kanonenbootes sich empört hätten. Die Landbehörden treffen energische Maßnhhmen. Das Hauptquartier bestreitet in formeller Weise, daß Widersetzlichkeiten auch in verschiedenen Garnisonen vorgekommen seien. Die Zensur verhindert die Ucbermittlnng jeglicher Nachrichten.
Tages-KHrouiL.
Berlin, 17. April. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Der Kaiser ernannte zum Gouverneur von Deutsch-Ostafrika den bisherigen Generalkonsul in Warschau Freiherrn v. Rechenberg.
Berlin, 17. April. Fürst Bülow hat auf ärztlichen Wunsch bisher das B ett nicht verlas s en; der Kanzler soll noch einige Tage den Anstrengungen des Dienstes völlig entzogen werden.
Berlin, 17. April. Die Voss. Ztg. meldet aus Paris: Die hiesige Presse verfolgt mit gespannter Aufmerksamkeit den deutsch-italienischen Zeitungsstreit und widmet Auszügen aus römischen und Mailänder Blättern ganze Spalten, die vielfach die Ueber- schrift: „Das Ende des Dreibunds" tragen.
Berlin, 17. April. Die Nordd. Mg. Ztg. schreibt: Wie verlautet, wurde der Botschaftsrat in London, Graf v. Bernstorff, zum Generalkonsul für Aegypten, ernannt. Er wird durch den Madrider Botschaftsrat v. Stumm ersetzt, dieser durch den 2. Sekretär der Botschaft in Rom, Legationsrat Frhr. v. Lancken, dieser
Yr. 9«.
Das Knde des Dreköunds
Was seit Monaten die politische Welt Europas schon wußte Und was vor Jahren schon einige vorahnende Staatsmänner und Politiker voraussagten, ist nun durch das Danktelegramm Kaiser Wilhelms an den Grafen Goluchowski offen zum Ausdruck gekommen. Der Dreibund, die geniale Schöpfung Bismarcks, hat sich überlebt, er^ ist eines sanften Todes gestorben, wenn er auch auf dem Papier noch einige Zeit fortvegetiert. Im Jahre 1907 läuft der Bündnisvertrag offiziell ab, er wird wohl kaum erneuert werden. Schon vor einer Reihe von Jahren nannte der Czeche Dr. Kramarcz im österreichischen Abgeordnetenhaus den Dreibund ein altes abgespieltes Luxusklavier. Dann brauchte Fürst Bülow in seiner Reichstagsrede vom 8. Januar 1902 den schönen Vergleich von der unschuldigen Extratour, die Italien mit Frankreich tanze. Inzwischen ist aus der Extratour ein regelrechtes Verhältnis geworden und dem betrogenen Ehegatten Deutschland wurden in Alge- ciras ein paar ordentliche Hörner aufgesetzt.
Fürst Bismarck hat einmal gesagt, daß Verträge, und Bündnisse nur so lange. Gültigkeit haben, als die Umstände dauern, unter welchen und für welche sic geschlossen sind; wenn auch ihr Wortlaut noch aufrecht stehe, so haben sie doch innerlich keine Kraft und Verbindlichkeit mehr. Ein solcher Fall ist bei Italien jetzt eingetreten. Die beiden Hauptursachen, die Italien zum Anschluß an Deutschland und Oesterreich-Ungarn getrieben haben, existieren nicht mehr. Ter französische Klerikalismus ist besiegt und es ist so gut wie ausgeschlossen, daß er der Republik sich bemächtigen und ihr eine gegen Italien gerichtete Politik aufdrängen kann. Ferner ist das zwischen Frankreich und Italien wegen Tunis entstandene Zerwürfnis vollständig beigelegt. Italien hat den französischen Besitz von Tunis anerkannt, hat sich durch die Anwartschaft auf Tripolis absurden lassen und hat aus Anlaß der Marokkofrage mit Frankreich ein Abkommen getroffen. Las Bündnis mit Deutschland hat also für Italien seine Hauptvorteile verloren, während die Spannung, dge seit Jahrzehnten Oesterreich-Ungarn gegenüber besteht, unvermindert geblieben ist.
Deutschland feindliche Blätter suchen die neue Situation, die durch des Kaisers Sekundantendepesche geschaffen ist, denn auch das Kräften ausznnützen. So hetzt z. B. die-Londoner Times:
„Italien habe durch die Depesche Kaiser Wilhelms an Goluchowski eine scharfe Lektion erhalten, doch könne man bezweifeln, ob es eine weise Politik sei, unabhängigen Mächten scharfe Lektionen zu erteilen. Frankreich erhielt eine so scharfe Lektion, daß es
Auf Irrwegen.
Roman von Klara Rheinau. 40
„Madame haben sich mit der Arbeit zu sehr ermüdet. Wollen Madame nicht die frische Luft genießen? ES ist wunderschön im Garten."
„Es scheint mir viel zu heiß."
„O nein, Madame. Madame werden unter jenem alten Baume ein schattiges Plätzchen finden."
Frau Talbot, die unter der Küchentür des weißen Häuschens stand, sah müde und unentschlossen aus, und die treuen, ehrlichen Augen ihrer Dienerin ruhten teilnehmend auf den feinen, traurigen Zügen, denen Kummer und Leid eine noch größere Lieblichkeit verliehen.
Eva war seit vielen Jahren in Frau Talbots Diensten; sie hatte ihr schönes Frankreich verlassen, um der geliebten Herrin nach England zu folgen, aber ihre Treue und Anhänglichkeit würde noch schwerere Proben bestanden haben.
Frau Talbot hatte das kleine Haus in'der Hochstraße von Bclthorpe weiter vermietet und war nach Fairbridge überge- fiedelt.
Im Monat Juni war sie gekommen, voll banger Furcht, die älteren Bewohner würden in Frau Talbot des Gutsherrn einzige Tochter wieder erkennen, die vor vierundzwanzig Jahren heimlich ihr Vaterhaus verlassen, um einen Mann zu heiraten, den ihr Vater nie als Schwiegersohn angenommen hätte.
Seine -Stellung als Organist der Pfarrkirche in Belthorpe war allerdings eine sehr bescheidene und der Gutsherr, der ihn zum Mustklehrer seiner Tochter wählte, sah nicht die geringste Gefahr bei einem Verkehr zwischen Paul CurtiS und Alwine ESmond als Lehrer und Schülerin.
Durch ihre heimliche Verbinduiig mit dem Manne ihrer Wahl hatte Alwine dem Herzen ihres Vaters eine tiefere Wunde geschlagen, als eS der Tod seines einzigen Sohnes getan.
In Wirklichkeit war. wie Herr Clifford sie versichert hatte, die Gefahr einer Entdeckung nur sehr gering. Doktor Ruland weilte noch nicht sehr lange in diesem Bezirk; die PalmerS waren vor kaum fünf Jahren nach Fairbridge gekommen und wußten vermutlich gar nicht, daß der Gutsherr je eine Tochter gehabt hätte. Aber Frau Talböt konnte kaum glauben, daß sie nicht augenblicklich erkannt werden würde.
Doch ihre Liebe zu Paul hatte schließlich alle Bedenken besiegt; dazu kam noch die geheime Sehnsucht, den Vater zu sehen, den sie freiwillig verlassen, aber nie inniger geliebt hatte, als jetzt, da sie, räumlich ihm nahe, seinem Hause fern bleiben mußte. Im Lichte späterer Jahre und reiferer Erfahrung war eS ihr erst so recht klar geworden, wie schwer sie gegen ihn gefehlt, und sie verurteilte sich selbst am schärfsten für ihre kindliche Undankbarkeit. Sie empfand solch brennend? Scham über ihr Vergehen, daß sie lieber gestorben wäre als Paul die Wahrheit wissen zu lassen und in seinen Augen, die stets nur voller Liebe für sie gewesen, ihre Verurteilung zu lesen.
Heute waren eS gerade drei Wochen, daß Frau Talbot hierher gekommen, und sie fing an, ihr Leben etwas einsam zu finden.
Der Tag war sehr heiß und sie hatte angestrengt gearbeitet, um die Bestellung einer Firma in Belthorpe rechtzeitig zu erledigen. Nun war das kunstvoll gestickte Altartuch vollendet und Paul, den sie gegen Abend erwartete, hatte versprochen, das Paket am nächsten Morgen im Geschäft abzuliefern; so konnte sie sich also der ersehnten Ruhe jetzt überlassen.
Eva trug ein niederes Stühlchen unter den Kastanienbaum und drängte ihre Herrin, darauf Platz zu nehme». „Ich werde Madame in einer kleinen Viertelstunde den Tee bringen," sagte sie in ihrer frischen Weise. „Inzwischen werden Madame am besten ein kleines Schläfchen machen. ES wird Madame erfrischen."
Frau Talbot schloß folgsam die Augen und lehnte sich auf ihrem bequemen Sitz zurück; die Luft war hier kühl und erfrischend, denn das dichte Laubwerk über ihrem Kopfe schloß jeden Sonnenstrahl aus. Frau Talbot war müde und traurig; ein Gefühl von Verlassenheit, das sie lange nicht empfunden, beklemmte ihr das Herz. In Belthorpe hatte sie Paul als Hausgenossen und Herrn Clifford als treuen Freund und Berater zur Seite gehabt. Jetzt sah sie ihren Sohn nur selten, und Herr Clifford war schon seit Wochen von Hanse abwesend. Er hatte einen jüngeren Bruder, der an der Auszehrung litt, an die Riviera begleitet, mit der Absicht, nach kurzer Zeit wieder zurückzukehren.
Nun war aber, wie er brieflich mitgeteilt, der Kranke plötzlich so schlimm geworden, daß er ihr^ unmöglich allein lassen konnte. Frau Talbot nahm aufrichtigen Anteil an seinem Leid,
aber sie vermißte ihn sehr, mehr, als sie je für möglich gehalten, außer Paul jemand vermissen zu können.
Etwa zehn Minuten mochte sie mit geschlossenen Augen geruht haben, als ein sanfter Kuß, von weichen Lippen auf ihr« Stirne gedrückt, sie aufschreckte. Sie öffnete die Augen, abe» der freudige Ruf „Paul" erstarb auf ihren Lippen, al» fi« bemerkte, daß er nicht allein gekommen war.
„Ich habe Fräulein Ottilie mitgebracht, geliebte» Mütter- chen," sagte der junge Mann in seiner fröhlichen Weise. „Sie war zu schüchtern, um allein zu kommen, und ich wünscht« doch, daß sie Dich kennen lerne. Und Dir wollte ich die Herrin und Gebieterin der Talfarm vorstellen, die uns alle mit fester Hand zu leiten versteht. Ich versichere Dich, ein strenger Blick von ihr macht uns erzittern."
Die lieben, treuen Augen, die ihrem Blick so schüchtern und doch wieder so oft begegneten, erweckten ein warmes Gefühl in Frau Talbots Herzen. In ihrer Abgeschlossenheit in Belthorpe hatte sie jeden weiblichen Umgang entbehrt, und si« freute sich herzlich, das junge Mädchen kennen zu lernen, von welchem ihr Sohn so wenig sprach, daß gerade diese» Wenig» so bedeutungsvoll wurde.
Ottilie lächelte und wandte sich mit leichtem Erröten zu seiner Mutter. „Ich hoffe, Sie sind nicht böse über mein Kommen, Frau Talbot," sagte sie in ihrer liebenswürdigen, freimütigen Weise. „Ich hätte Sie so gerne schon früher besucht, aber ich fürchtete, Sie zu belästigen. Herr Palmer sagte mir, er glaube, daß Sie nicht gerne durch Besuche gestört sein wollten."
„ES war sehr freundlich von Ihnen, zu kommen," sagte sie, dem jungen Mädchen zur Begrüßung die Hand reichend. „Ich bin eine traurige Einsiedlerin, fürchte ich, aber ich freue mich, jene zu sehen, die gut gegen meinen Jungen sind. Und Sie sind sehr gut gegen ihn gewesen, wie ich weiß."
„So gut, daß er vor meinen strengen Blicken erzittert," ent- gegnete Ottilie scherzend.
„Ach, jetzt habe ich meine Mutter zum Schutz," sagte Paul, ihren Scherz parierend; „ich bin nicht mehr allein Ihrer Gnade überlassen, mein gnädige» Fränlein. Mütterchen, ich will einen Stuhl für Fräulein Ottilie holen und Eva sagen, daß sie uns hier den Tee servieren soll " 130.20