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mit Erzähler vom Ächwarzwald.

krrcheinl »a »Ilen Anklagen. UdonnemenI

in ün Stallt vieeleljäk'I. M.I.2V monatl. 40 R.

bei allen «am. portanrtalten un«l Loten im Ortr- n. Vach- daeorteveskede vienelj. Mi. »u»»»fh»Id «trrrrlden M. i. bieru Lrrtellgelti 30 ?tg.

teleion Nr. 41 .

Amtsblatt für die Stadt wildbad.

Verkündigungsblatt

der Kgl. Forstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. mit

amtlicher Fremdenliste.

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Hlr. 53.

Demokratie und Liberalismus.

Auf historischer Grundlage baute Professor Quidde, der Führer der bayerischen Demokratie, eine Auseinan­dersetzung über die liberale Einigungsidee, auf, die durch ihren Freimut und durch ihre politische Reife der guten Sache nützen wird, der sie dienen sollte. Wir lassen einen Bericht der FrankfurterKleinen Presse" folgen, der die Grundlinien der Rede wiedergibt:

In den Grundfragen der Politik standen sich von jeher zwei Weltanschauungen gegenüber: auf der einen Seite die Autorität mit der Forderung, sich ans Not­wendigkeit und Pflicht zu unterwerfen, auf der anderen die sittliche Autonomie, die der Einzelne sich selbst setzt. Diese beiden Anschauungen beherrschen die Entwicklung des politischen Lebens; sie blieben durch Jahrhunderte, wenn sie auch manchmal verwischt wurden. So bekäm­pfen sich von jeher die reaktionären oder besser autori­tären Parteien und die Demokratie. Zwischen diesen bei­den Gegensätzen steht der Liberalismus, der vermitteln, aussöhnen will, ein Kompromiß zwischen jenen Prin­zipien sucht. Er sagt z. B. nicht >vie wir, daß man sich mit der Monarchie abfinden kann, wenn sie ihre Funk­tionen richtig erfüllt, er erkennt ohne weiteres das Recht der Monarchie auf Existenz an. Dieses Kompromiß lei­det wie jedes andere an Unklarheit, hat aber oft den Erfolg für sich. Aus der geschichtlichen Entwicklung er­gibt sich, ob Demokratie oder Liberalismus nahe Zusam­mengehen oder in schärfsten Gegensatz geraten. Wenn der Liberalismus die Volksrechte anerkennt und die De­mokratie ihren prinzipiellen Grundsatz nicht zu sehr be­tont, werden beide Schulter an Schulter kämpfen können. Wenn aber der Liberalismus sich znm Verteidiger der Kronrechte gegenüber den Volksrechten aufwirft, zum Verfechter gewisser Privilegien einzelner bevorzugter Stände, kann zwischen beiden der heftigste Kamps ent­brennen.

.1870 traten namentlich in bezug auf die prak­tische Gesetzgebung Gegensätze in die Erscheinung. Das Reich war znsammengeschweißt ans den Schlachtfel­dern, das Werk eines genialen Staatsmannes der Ho- henzollern, der Armee: diese Anschauung machte sich in den nächsten Jahrzehnten geltend und wurde auch in un­serem ganzen geistigen Leben übermächtig. Hatte man früher vielleicht zu einseitig den Kultus der Freiheit ge­trieben, so huldigte man jetzt dem Kultus der Macht; an die Stelle des Idealismus setzte sich die Realpolitik; ehe­dem hatte man bei allem nationalen Streben das Welt­bürgertum nicht verleugnet, jetzt ward die Idee das Na­tionalismus einseitig gepflegt; einst verherrlichte man das Volk und sein Streben, nunmehr aber trieb man Perso­nenkultus.

Anf Irrwege«.

Roman von Klara Rheinau. 1

(Nachdruck nicht gestattet.)

Die Farm stand in einer Flut von Sonnenschein, der klaren, goldenen Pracht eines Jnnitages, und bot einen Anblick von solcher malerischen, friedlichen Schönheit dar, daß sie das Auge eines Städters wirklich entzückt haben würde.

DaS Wohnhaus, ein geräumiges Gebäude mit massiven Mauern und vergitterten Fenstern, stand in einem großen, altfränkischen Garten, der es von allen Seiten umgab und hie nnd da von breiten Fußpfaden durchschnitten wurde. Einer derselben führte von der Hintertür nach den ausgedehnten Oekonomiegebäuden, die sich in kleiner Entfernung vom Hanse aneinander reihten

Die weiß getünchte Vorderseite schmückten reich blühende Kletterrosen und üppig wucherndes Geisblatt, während die ringsum reifenden Korn- und Kleefelder die Luft mit jenem ländlichen Wohlgergch erfüllten, dein auch das feinste, künst- liche Parfüm nicht gleichkommen kann.

Die Talfarm hatte jederzeit einen Anstrich behaglichen Wohl­standes, aber an diesem Jnnitage zeigte sie ein fast festliches Aussehen. Die rautenförmigen Fensterscheiben glitzerten und funkeltet» in» Sonnenschein, die zierlich gekräuselten Vorhänge zeichneten sich durch eine fleckenlose Reinheit aus, die weißen Fensterrahmen waren frisch gestrichen und schimmerten durch ihren reichen, grünen Blätterschmuck, während die Schlingpflan­zen keck durch die weit geöffneten Fenster in die hübschen, alt­fränkischen Zimmer hineiulngten.

Aber was dem alten Hanse ein wirkliches GalaanSsehen verlieh, war ein zierlicher Triumphbogen von Jinmergrün, den man über der Weißen Tür, welche auf die stille Land- straße führte, errichtet hatte, und niit dessen Vollendung ein schönes, weiß gekleidetes Mädchen gerade beschäftigt war.

Der Juni ist der Monat der Rosen und Ottilie Clement, auf einer hohen Stehleiter thronend, hätte für die Nosenkönigin selbst gelten können. Eli» großer Korb mit abgeschnittene», Mir- ten hing an der Leiter, und sie war eifrig beschäftigt, deren Stcngel'mit feuchtem Moos zu umhülle»,, ehe sie die Blumen sorgsam und nach einem bestinimten Plane in dem Laubwerk

Akontajs, oe« 5. März

1W6.

Drei sehr reale Mächte zogen den Gewinn aus dieser Entwicklung der Dinge; das preußische Königtum und die Hohenzollerndynastie, dann der leitende Staats­mann, Fürst Bismarck, dessen Urteil sich weite Volkskrcise kritiklos unterwarfen, und endlich die Armee. Es herrschte Seine Majestät der Herr Leutnant! (Heiterkeit) Dieser Entwicklung konnte sich am wenigsten der Liberalismus entziehen: das Produkt der Einwirkung aller jener Fak­toren hieß: nationalliberale Partei. Er verleugnete seine Grundprinzipien bei dem Kulturkampf und namentlich beim Sozialistengesetz. In der Vergangenheit der De­mokratie gibt es wenig so schöne Erinnerungen wie beim Rückblick auf jene Zeiten, da die Demokratie eine Zufluchts­stätte für die Verfolgten war. (Beifall.) Andere tren­nende Fragen kamen hinzu, so die Militärforderungen, bei denen der Liberalismus leider die konstitutionellen Fragen gering schätzte.

Etwa vor: 1890 an änderten sich die Dinge. Das Sozialistengesetz fiel, Fürst Bismarck trat zurück. Doch erfolgte keine konsequente Annäherung von Demokratie und Liberalismus. Die Gegensätze dauerten fort, so bet den Marinevorlagen und bei der Aenderung unserer Zoll­gesetzgebung. Aber im letzten Jahrzehnt traten die Ei­nigungsbestrebungen stärker hervor, und Versuche traten zutage, die verschiedenen bürgerlichen Gruppen der Lin­ken näherzubringen und selbst einen Block der gesamten Linken einschließlich der Sozialisten herbeizuführen. In Baden ist dieser Block Tatsache geworden und in Bayer»: wird es so kommen wie in Baden. Leider sieht es an­derwärts, im Norde»:, recht trostlos aus, so in den Hanse­städte»:, wo wir Liberale als Wahlrechtsräuber an der Arbeit sehe»:.

Prof. Quid de wandte sich nun zur Betrachtung der Frage, wie es denn heute mit d.en alten Gegen­sätzen zwischen Demokratie und Liberalismus beschaffen ist. Groß- und Kleindeutsch spielt gegenwärtig keine Rolle mehr. Auch bei der Frage der Monarchie und Re­publik ist der starke Gegensatz verloren gegangen. Man Hat historisch denken gelernt. Man w, daß man eine Staatsform einem Volk nicht künstlich aufpfxopfen kan»:, daß man ihm nicht etwas geben kann, für was es nicht reif ist. (Sehr wahr!) Die Frage: Republik oder Monarchie? ist heute eine Doktorfrage. Die Mo­narchen schlafen ruhig in ihren Schlössern trotz der drei Millionen sozialdemokratischen Stimmen. (Heiterkeit.) Wichtiger ist die Frage des Ausbaus der demokratischen Einrichtungen und Reformen. An den Kulturkampf las­ser: sich die Nationalliberale»: heute nicht inehr gerne er­innern. Auch das Sozialistengesetz werden sie, von ei­nigen Personen abgesehen, nicht mehr erneuern wollen; sie haben erkannt, daß damit ein vergiftendes Moment ins politische Leben hineingetragen wird. (Zustimmung.)

Schwierigkeiten ergeben sich bei den Verfassungsfragen, hier besteht ein Riß in der nationalliberalen Partei; der Norden muß sich erst sehr nach süddeutschem Muster um­formen. Wir muten ihn: nicht zu, demokratisch zu werden, sondern liberal oder eigentlich nationalliberal, wie diese Partei bei ihrer Gründung war. In Kultur- fragen hat sich in Preußen leider jüngst Schlimmes er­eignet; der Nationalliberalismus versagte beim Schul­gesetz und steht nicht in den Reihen der geistigen Frei­heit. Die Jungliberalen werden aber Wohl ihren alten! Freunden energisch oie Leviten lesen. In solchen Fra­gen ist der Idealismus der Jugend am Platz, da ist nichts zu erreichen mit Kompromissen, da rächt sich bitter jede Verleugnung der Grundsätze. (Beifall). Hätte der Liberalismus in den siebziger Jahren seine Schuldigkeit getan, so hätte Preußen nicht mehr das elende Wahlrecht. Er hat aber damals wegei: praktischer Vorteile den Idea­lismus beisetze gestellt, und jetzt ist der Liberalismus ohnmächtig gegenüber den reaktionären Parteien.

Die Rüstungsfragen bieten keinen Gegensatz, ivenn man dabei die Wahrung konstitutioneller Rechte aner­kennt. Wir bewilligen, was für die Sicherheit des Lan­des notwendig ist; ein Unterschied zwischen uns und den anderen besteht nur bei einigen Zahlen und technischen Fragen. Wegen der militärischen Forderungen wird es in Zukunft nicht inehr zu so erbitterten Kämpfen wie früher kommen; die einen schreien nrcht so viel und so leicht Hurra, die. anderen erkennen die harte Notwendigkeit an. Stärker sind die Gegensätze bei der Flotte, nicht »nenn es sich um den Schutz des Vaterlandes dreht, des Handels, der Deutschen draußen. (Zustimmung.) Wir sind aber Gegner der mit der Flotte und der Kolonialidee vielfach verquickten Machtpolitik, die direkt auf die Gelegenheit ansgeht, Eroberungen zu machen. (Beifall.) Unser Pa­triotismus ist Aufopferungsfähigkeit für die gemeinsame Sache, der falsche Patriotismus, der Chauvinismus schrei­tet über fremdes Recht und fremde Freiheit in nationalem Egoisinus fort, während unsere Vaterlandsliebe sich sehr wohl mit dem Respekt vor fremder Nationalität verträgt. So vertreten »vir das wahrhaft demokratische, aber auch nationale Ideal. (Lebhafter Beifall.)

Wenn wir aber zusammengehe»:, so wollen wir uns. nicht täuschen, daß Verschiedenheiten vorhanden sind- Aber Liberalismus und Demokratie können in Fragen der praktischen Politik ein gut Stück Weg Zusammengehen, besonders in der Landespolitik. Das Ziel muß aber weiter sein. An -einen wirklichen Erfolg ist nur zu denken, wenn zu jenen Parteien die Sozialdemokratie hinznkommt, wenn die äußerste Linke mit uns in den Kampf gegen Konservative und Zentrum eintritt, die heute innerlich, seelenverwandt sind. Wo die Möglichkeit einer taktischen Verständigung mit der Sozialdemokratie gegeben ist, muß

befestigte. Sie ahnte nicht, daß ein Paar scharfe, kritische Augen von der Straße ans sie wohlgefällig beobachteten.

Es ist selten, daß eine junge anf dein Lande erzogene Eng­länderin nicht eine liebliche Erscheinung ist, selbst ivenn sie kei­ner besonderen Schönheit der Gestalt oder Züge sich rühmen darf. Ottilie jedoch besaß beides, und es war seit langem eine Streitfrage unter den Bewohnern von Fairbridge, welche die Schönere sei: Meta Lockhard, des Farmers einziges Kind, oder Ottilie Clement, seine Nichte und Adoptivtochter.

Ottilies hohe, schlank gewachsene Figur zeigte nichts von der Eckigkeit unreifer Jugend; ihre Bewegungen waren leben­dig und voller Anmut. Sie hatte üppiges, braunes Haar und schöne, braune Augen, aber die langen Wimpern und fein ge­zeichneten Brauen waren vom tiefsten Schwarz.

Ihr einfaches, weißes Kleid trug sie mit einer zierlichen Grazie, die ein Erbstück ihrer französischen Mutter »»rar und sie bei Schul- und anderen ländlichen Festlichkeiten stets vor ihren Gefährtinnen ausgezeichnet hatte. Ottilie war in man­cher Beziehung noch ganz Französin, obschon zehn Jahre ver- gangen waren, seitdem sie, ein tranriges Waisenkind, in ihrem schwarzen Kleidchen nach der Talfarin gekommen war. Den starke» französischen Akzent hatte sie verloren.

Der gute Farmer hatte sich anfangs darüber geärgert, aber die Kleine schmeichelte sich bald in sein weiches, gütiges Herz, bis sie ihn» fast so lieb geworden war wie sein eigenes Kind. Ja, obschon beide Mädchen so lange inutterlos waren, hatten sie in ihren glücklichen Jngendjahren der Liebe und Zärtlich, keit nicht zu entbehren gebraucht.Also wird das große Ereignis morgen stattfiilden?"

Die mit einer klaren, vornehmen Stimme gesprochenen Worte unterbrachen etwas überraschend die herrschende Stille, und es war ein gutes Zeugnis für OttilieS Nerven, daß sie nicht im geringsten darüber zu erschrecken schien. Ihr etivas nach­denkliches Gesichtchen erhellte sich ein wenig, und sie schaute lächelnd anf den vvrnehmen, alten Herrn herab, der »inten auf der Straße stand.

Der Gutsherr lächelte ebenfalls, als er zu Ottilie hinauf- blickte. Farmer Lvckhards Nichte war sein besonderer Liebling; ihr frisches, lebhaftes Wesen zog ihn an, und ihre nette», etivas fremdländischen Manieren ergötzten und interessierten ihn

Ottilie aber besaß trotz ihrer großen Jugend weiblichen Scharfblick genug, um »eine Vorliebe für sie zu bemerken.

Die meisten Gutsangehörigeii betrachteten Herrn Esmond als einen kalten, strengen, stolze» Mann, dessen Leben durch schweren, häuslichen Kummer verbittert worden war. Er hatte seinen einzigen Sohn durch den Tod verloren, und seine ein­zige Tochter hatte sich vor dreiundzwanzig Jahren gegen sei­nen Willen verheiratet. Sie ivar den: Vaterhause entlaufen, um sich mit dein Manne ihrer Wahl heimlich trauen zu lassen, und hatte seitdem als verschollen gegolten. Herr Esmond ging nur wenig in Gesellschaft; er verbrachte einen Teil des Jahres anf Reisen und führte iin ganzen ein einsames Leben. Sein schönes, altes Gesicht sah so kalt und unnahbar aus wie die stattlichen Mauern seines Landsitzes, deS schönsten und prächtig­sten der ganzen Grafschaft.

Nur wenige seiner Leute liebten ihn, aber alle fürchteten ihn mehr oder weniger. Ottilie Clement jedoch hatte stets ein Lächeln und einen freundlichen Gruß für den alten Herrn, und dessen strenge Züge wurden weich, so oft er seine junge Freun­din erblickte.

Also das große Ereignis findet morgen statt?" wieder­holte er, als er, anf seinen schweren, silberbeschlagenen Stock ge­stützt, zu Ottilie aufblickte.

Die Hochzeit wirb morgen gefeiert, Herr Esmond," war die fast feierliche Entgegnung.Ich wünsche Ihnen einen gu­ten Morgen." ^

Und »st eine Hochzeit nicht ein großes Ereignis?"

Ottilie neigte ihr hübsches, braunes Köpfchen ein wenig .zur Seite und nahm einen überlegende» Ansdruckai», der ihrem lebhafte», jungen Gesicht komisch'stand.

Nun," sagte sie nach einer kleinen Pause,ich vermute, eS ist so."

Sie vermuten es !"rief Herr Esmond mit einem Spott, der ebenso angenommen war »oie Ottilies Nachoeuklichkeit.Wenn Sie nicht so dächten, warum machen Sie denn so viel Aufhe- bens darum? Sueben sah ich eine Wagenladung meiner eige- neu Pflanzen an der Kirchentür, nnd die Schwester unseres würdigen Pfarrers und die Schullehrerin und ein halbes Dutzend anderer Frauen dekorierten die Kirche." 130,20