kenntnisses. Gleichwohl findet bei der Besetzung öffent­licher Aemter fast überall eine Zurücksetzung oder Aus­schließung von Personen jüdischen Glaubens statt. Die Zurücksetzung entfällt in der Regel, sobald der Uebertritt zum Christentum vollzogen ist. Dieses Verfahren ent­hält eine Verletzung des bestehenden Rechtes. Es ver­stößt gegen die Gerechtigkeit, denn es schafft Ungleichheit der Rechte bei gleichen Pflichten. Es bedeutet eine sitt­liche Gefahr, weil von Staatswegen der aus äußerlichen Gründen vorgenommene Religionswechsel gefördert wird. Es widerstreitet dem Staatsinteresse, weil Kräfte ausge­schaltet werden, die dem Staate Ersprießliches zu leisten gewillt und befähigt sind. Der Verband legt gegen diese fortgesetzte Rechtsverkümmerung Verwahrung ein und be­auftragt den Ausschuß, alle Maßnahmen zu ergreifen, die zur Beseitigung dieses Zustandes geeignet sein können.

Als zweiter Referent über dieses Thema führte Rechtsanwalt Dr. Auerbach (Frankfurt a. M.) aus: Im bayerischen Landtag habe ein Abgeordneter mit Recht gefragt: ist der Jude durch die Taufe besser geworden? Daß auf die Taufe eine Prämie gesetzt werde, sei zu bedauern, nicht bloß im Interesse der Juden, sondern auch im Interesse des Staates. Die Untreue, die un­lautere Konkurrenz und die Unwahrhaftigkeit werden durch den Taufzwang gefördert. Durch den Taufzwang werde aber Zwiespalt in die Familie getragen. Ein Staat könne sich aber auf die Dauer nicht halten, wenn er sich nicht auf die Familie stützen könne. Wir sind kein Volk im Volke, sondern ein Teil des deutschen Volkes. Die Wohlfahrt des deutschen Volkes ist un­sere Wohlfahrt. Wir wollen nicht um Gnade betteln, sondern uns an die verantwortlichen Instanzen wenden. Die Geschworenen haben die Verfassung gewissenhaft zu wahren und auszuführen. Wir wollen kämpfen im Sinne und Geiste der Juden und Christen, die vor uns für Recht und Freiheit aller Menschen gekämpft haben. (Stür­mischer Beifall). Rechtsanwalt Dr. Cohn (Dessau) er­suchte, dem Geist der Einigkeit dadurch Ausdruck zu geben, daß die Versammlung denAklärungen einstimmig zu­stimm e.

Diesem Vorschlag trat die Versammlung nach kurzer Diskussion bei, und hierauf wurde die Versammlung ge­schlossen, nachdem folgende Personen in den Ausschuß ge­wählt worden waren: Rechtsanwalt Dr. Horwitz, Justiz­rat Dr. Fuchs, Prof. Dr. Philippson, Justizrat Friede­mann (Berlin), Rechtsanwalt Blau (Frankfurt a. M.), Rechtsanwalt Cohn (Breslau), Geh. Regierungsrat Dr. Aron (Berlin), Rechtsanwalt Dr. Samson (Hamburg), Kaufmann Benjamin Hirsch (Halberstadt), Lehrer Dr. Fie- gel (Berlin), Stadtrat Fritz Hamburger (Karlsruhe), Ban­kier Ignatz Goldschmidt (Posen), Kaufmann Philipp Sim- son (Danzig) Dr. med. Apfel (Köln), Justizrat Dr. Gei­ger (Frankfurt a. M.), Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Pinner, Kaufmann Martin Simon, Justizrat Cassel (Ber­lin) und Landtagsabgeordneter Kommerzienrat Aronson (Bromberg).

Knndscha«.

Der Reichskanzler über die Fleischteuerung.

Die Auslassungen Bülows gegenüber dem Vorstand des deutschen Städtetags werden jetzt amtlich veröffentlicht. Sie laufen ungefähr auf den Grundsatz hinaus:Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!" Die Nordd. Allg. Ztg. meldet: Bei dem gestrigen Empfang der Ab­ordnung des deutschen Städtetags in Sachen der Fleisch- teuerung erwiderte der Reichskanzler, Fürst Bülow, auf die Ausführungen des Oberbürgermeisters Kirschner-Berlin etwa folgendes: Der Vorwurf, daß er der in vielen Ge­genden Deutschlands herrschenden Fleischteuerung gegen­über eine zu passive Rolle spiele, sei ungerecht; er habe nicht das Recht, Maßregeln, die von der Landesregier­ung zur Abwehr von Viehseuchen erlassen sind, auszuAben oder zu beschränken. Die Erhaltung des deutschen Vieh­standes entspreche den vitalen Interessen nicht nur der Landwirtschaft, sondern des ganzen deutschen Volkes. So­lange er an Verantwortlicher leitender Stelle stehe, werde er niemals die Hand dazu bieten, den deutschen Vieh­bestand durch die Aufhebung notwendiger Vorsichtsmaß­regeln oder wichtiger einseitiger Maßnahmen zu gefähr­den. Das schließe keine einseitige Bevorzugung der Land­wirtschaft in sich; die formale Zuständigkeit hindere aber nicht, daß er mit der Landesregierung in Erwägung über Erleichterungen an den Grenzen eintrete, sobald er die Ueberzeugung habe, daß solche Erleichterungen möglich und zweckmäßig sind. Zu dieser Ueberzeugung fehlen vor­läufig die Voraussetzungen. Es sei zum Teil zugegeben, daß erhebliche Steigerungen der Viehpreise, insbesondere der Schweine statt hätten. Ob aber Viehmangel vorliege, könne nur durch eingehende Ermittlungen im Lande fest­gestellt werden. Sollten Fleischmangel und hohe Fleisch­preise festgestellt werden, so frage es sich, ob die Oeffnung der Grenzen ein taugliches Mittel sei, denn es ergebe sich daraus die Gefahr der Seucheneinschleppung; man müsse deshalb davon Abstand nehmen, da sie sonst zur wirk­lichen Fleischnot führen würde. Er müsse wiederholt da­rauf Hinweisen, daß die Sperrung der Grenzen nicht den Zweck verfolge, der Landwirtschaft höhere Preise zu si­chern, sondern schwere Schädigungen zu vermeiden. Der Ausbruch der Viehseuche bringe dem natioonalen Wohl­stände und der Ernährung des Volkes schwere Schädigun­gen. Schließlich bedürfe es der Feststellung, ob im Aus­land genügend Vieh zur Ausfuhr vorhanden und die Preise wesentlich geringer seien. Die seit Wochen in Preußen angeordneten eingehenden Erhebungen seien dem Abschluß nahe. Inzwischen könne er den städtischen Verwaltungen nur empfehlen, nach dem Muster Wiens ihrerseits die Fleischversorgung in den Städten in die Hand zu neh­men. Die preußische Staatsregierung sei gerne bereit, solche Unternehmungen zu unterstützen.

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Roch eine Reichssteuer? Die Reichsfinanz, reform kann noch manche unerfreuliche Ueberraschung bringen. Wie dieDeutsche Tagesztg." wissen will, soll f die Stempelsteuernovelle u. a. eine Fahrkarten st euer enthalten vermutlich alsKrönung" der Reform der ^ Personentarife. Bon anderer Seite wird die Meldung

dementiert, es wäre auch der reine Hohn, die Tarifreform durch eine solche Steuer nochpopulärer" machen zu wollen.

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Die deutsche Reichspost, das konservative und in religiöser Hinsicht streng positive Organ schreibt in einem Artikel über die Lage der evangelischen Franzosen nach Durchführung der Trennung von Kirche und Staat fol­gende Sätze:

Vom moralischen und sozialen Stand­punkt aus wird diese Trennung, durch welche die Kirche frei wird vom Staate, von den meisten Evan­gelischen als eine Wohltat betrachtet.

Die Kirche wird dadurch zu neuen Lebenskräften sich aufschwingen, sie wird auf der granitnen Grund­lage des ewigen Evangeliums", wie jüngst Pfarrer Louis Lafon in Montabon gesagt hat, leben und wachsen. Die Trennung der beiden Mächte entspricht dem Ge­wissen und der Freiheit, besonders in einem Lande, wo die meisten Gläubigen Katholiken sind, wo aber auch die herrschende Religion den unbeschränkten Ehrgeiz hatte, den Staat zu beherrschen. Das Morgenrot des Fortschritts, des Lebens und der Freiheit fällt auf unsere Kirche."

Manche Geistliche werden für ihren Lebensun­terhalt allerdings auch sonst noch arbeiten müssen. Die Zukunft wird aber den wahren Wert der Kir­chen zeigen, wenn sie ohne Staatsunterstützung sein müssen."

Es freut uns, daß wir nach diesen Worten in der Forderung der Trennung von Kirche und Staat, die be­kanntlich im Programm der Volkspartei enthalten ist, auf die Bundesgenossenschaft der Deutschen Reichspost zählen dürfen. Mit besonderer Genugtuung erfüllt es uns, daß man den Vertretern der Forderung künftighin nicht mehr den ohnehin ungerechtfertigten Vorwurf der Kirchenfeindschaft machen kann, da ja nach der Reichspost die reinliche Scheidung der beiden heterogenen Begriffe Kirche und Staat, der Kirche und dem gesamten religiö­sen Leben zum Segen ausschlägt.

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Das deutsche Rußland. Mit dem 30. Oktober 1905 ist Rußland in die Reihe der Verfassungsstaaten getreten. Es kann von nun ab mit dem Maßstab west­europäischer Kultur gemessen werden. Es verbleiben jetzt noch in Europa zwei Staaten mit autokratischem Regi­ment ohne Verfassung und Volksvertretung, das sind die halbasiatische Türkei und das Großherzogtum Mecklen­burg. Jetzt nachdem sich Mecklenburg durch Rußland hat beschämen lassen müssen, faßt man sich an die Stirn und fragt sich, wie es möglich ist, daß ein deutscher Bundesstaat im 20. Jahrhundert noch nach solchen Prin­zipien regiert wird. Wir wollen den braven Nachkonk- men der alten Obotriten nicht gerade das russische Rezept empfehlen, aber eine kräftige Agitation in Stadt und Land könnte wirklich nichts schaden, sonst verdienen es die Meck­lenburger eben nicht besser.

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Die ostasiatische Besatzungs-rigade, die

Deutschland neben den anderen europäischen Truppenkör­pern in China als Okkupationsarmee unterhält, und die jetzt mit den frenrden Truppen zusammen zurückgezogen werden soll, hat folgende Stärke: 103 Offiziere, 16 Sa­nitätsoffiziere, 42 obere, 11 untere Beamte, 2324 Unter­offiziere, und Mannschaften, 1086 Pferde. Sie steht unter dem Befehl des Generalmajors Petzel, dessen Hauptquar­tier sich in Tientsin befindet. Die Brigade besteht aus dem 1. und 2. ostasiatischen Infanterieregiment mit zwölf Kompagnien zusammen, 1 Eskadron Jäger zu Pferde, 1 fahrenden Batterie, 1 Pionierkompagnie, 1 Feldlazarett. Die Standorte sind folgende: Tientsin: Stäbe der beiden Jnfanterieregimenter, 4. und 5. Kompagnie des 1. Re­giments, 2. Kompagnie des 2. Regiments, Kavallerie, Ar­tillerie, Pioniere, Feldlazarett; Tsingtau: 1. bis 3. Kom­pagnie des 1. Regiments, Peking: 5. und 6. Kompagnie des 1. Regiments, Jangtsun: 1. Kompagnie des 2- Re­giments, Schanhaikwan: 3. Kompagnie des 2. Regiments, Langfang: 4. Kompagnie des 2. Regiments. Bei der Zurückziehung würde Tsingtau nicht geräumt werden. Die Kosten für die Brigade betragen pro Jahr 11414111 Mk.

Tages-ßHroniL.

Berlin, 1. Nov. Auf die gestern von der Haupt­versammlung des Verbandes deutscher Juden an den Kaiser gerichtete Huldigungsdepesche ist folgende Antwort eingegangen:Seine Majestät der Kaiser und König lassen der Hauptversammlung des Verbandes deut­scher Juden für den Ausdruck treuer Ergebenheit danken. Auf Allerhöchsten Befehl der Geheime Kabinettsrat von Lucanus."

Berlin, 1. Nov. Heute Nachmittag traf der König von Griechenland auf dem Bahnhof ein und wurde vom Kaiser, der aus Liebenberg hier wieder eingetroffen war, sowie von dem Kronprinzen, den Staatsmini­stern Richthofeu, Tirpitz und Einem und dem griechischen Gesandten empfangen. Der Kaiser begrüßte den König aufs herzlichste. Die Majestäten begaben sich sodann Mit­tels Sonderzuges nach Wildpark.

Berlin, 2. Nov. Die neue Reichstagsses­sion soll, wie dieMünch. Neuesten Nachr." erfahren, angesichts ihrer großen Bedeutung" von dem Kaiser in Person eröffnet werden.

Berlin, 2. Nov. Wie dieDeutsche Tageszeitung" meldet, wird in den neuen Etat die Einrichtung eines vollständig unabhängigen Kolonial amts unter Leitung eines Ujnterstaatssekretärs eingestellt.

Berlin, 2. Nov. Die Wahl Korfantys zum Reichstagsabgeordneten für Kattowitz-Zabrze soll, der Kat- towitzer Ztg. zufolge, abermals, und zwar wieder von der Zentrumspartei, angefochten werden.

Kiel, 3. Nov. Bei den hiesigen Stadtnerord- netenwahlen siegte nach hartem Kampf die Liste der bürgerlichen Kandidaten gegen die Sozial­demokratie.

Erfurt, 2. Nov. Wegen der infolge des erhöhten Brotkonsums gestiegenen Roggen Preise erhöhten die hiesigen Bäcker die Brotpreise.

Prag, 2. Nov. Gestern abend fand auf dem Graben eine sozialistis che Kundgebung zugunsten des all­gemeinen Wahlrechts statt, an der sich mehr als 20(X) Personen beteiligten. Ein Teil der Demonstranten zog vor das deutsche , Kasino, stieß dort Schmährufe gegen die deutschen Abgeordneten aus und warf die Fenster ein. Die Polizei zerstreute die Menge und verhaftete 2 Per­sonen.

Stockholm, 1 . Nov. Unter Kanonensalut und Glockengeläuts wurde heute Vormittag die reine s ch we­dische Flagge auf dem Schlöffe und auf dem Rttchs- gebäade gehißt. Die Gebäude uad auch die Kirchen haben Flaggenschmuck angelegt. König Oskar und der Kronprinz wurden von der zahlreichen Menge, die sich vor dem Schlosse angesammelt hatte, mit lebhaften Kundgebungen begrüßt. Aus dem ganzen Lande laufen Meldungen über die feier­liche Flaggenhiffung ein.

Newyork, l. Nov. Der Einwanderunzs­kommissar hat angeordnet, drß an Stelle der bisherigen oberflächlichen ärztlichen Untersuchung der eintreffendeu Pas­sagiere der ersten und zweiten Kajüte eine ebenso gründliche Untersuchung treten solle, wie sie bisher bei den ZwischendeckSpaffagieren ausgeübt worden ist.

Hongkong, 2. Nov. Aus Kanton wird gemeldet, daß 5 amerikanische Missionare, 2 Männer, 2 Frauen und 1 Kind in Liauschan von Chinesen getötet wurden.

Ein schwerer Felsblock stürzte in der Schiefergrube Martelingen bei Trier auf drei Arbeiter. Zwei von ihnen wurden sofort getötet und einer wurde tätlich verletzt.

DasBerl. Tagbl." meldet: Ein aus Rußland angekommener Student warf sich in einem Anfalle von Geistesstörung vor die Räder eines in den Bahnhof Char­lottenburg einfahrenden Vorortzuges. Er wurde noch le­bend in das Krankenhaus gebracht, wo er seinen schweren Verletzungen erlag.

Im Hafen von Genua stieß eine Schaluppe vom Panzerschiff Garibaldi mit dem Dampfer Maria The­resia zusammen. Die Schaluppe sank, 3 Offiziere sind tot, mehrere verwundet.

Ke? AusAavd in de« Kolonien.

Ein schweres Gefecht am Oranjefluß.

General von Trotha meldet nach Berlin: Oberst­leutnant v. Semmern mit der Abteilung Koppy hatte am Oranjefluß, östlich von Hartebeestmund, südöstlich von Homsdrift, einen äußerst schweren Kampf mit ei­nem sehr starken Gegner von mindestens 400 Mann, da­runter Morenga, Morris und Johannes Christian. Nachdem der Kampf bis zur Dunkelheit gedauert hatte, räumte der Feind am andern Morgen die verschanzte Stellung und zog westwärts ab. Die Verfolgung war mit den erschöpften Truppen und wegen des Proviant- und Munitionsmangels unmöglich. Der Feind hatte, laut Angaben der englischen Polizei, die den Kampf vom Südufer des Orangeflusses aus beobachtete, starke Ver­luste. Auf deutscher Seite sind tot: 3 Offiziereund 13 Mann; schwer verwundet: 3 Offiziere und 18 Mann: leicht verwundet: 13 Mann; vermißt werden: 4 Mann. Die Truppen gedenken am 31. Okt. in Warmbad einzutreffen; sie leisteten Großartiges im Ueberwinden un­gewöhnlicher Strapazen und unerschütterlicher Tapferkeit im Gefecht.

Berlin, 1. Nov. DerBerl. Lok.-Anz." meldet aus Dar-es-Salam: Oberleutnant v. Grawert ist mit seinem Detachement unversehrt in Kibatta in den Ma- tumbibergen eingetroffen. Major Johannes hat nunmehr eine zweite Etappenstation 90 Kilometer südwest­lich von Kilwa auf dem Mtumwa-Berge befestigt. Haupt­mann Seyfried hat Masassi mit einem kombinierten Seesoldaten und Askari-Detachement besetzt.

Kie Unruhe» in Rußland

Die Lage nach dem Manifest.

Die Verhältnisse in dem in seinen innersten Tiefen aufgewühlten Zarenreich haben sich auch nach Erlaß des Manifestes noch nicht wesentlich geklärt. Man wartet allgemein, ob den großen Worten auch Taten folgen wer­den. Witte ist der Mann der Situation, alle Augen rich­ten sich auf ihn, von ihm erwartet man die grundlegen­den Reformen. Ob der schlaue Ministerpräsident sich das Vertrauen der Massen erhalten kann, sei dahingestellt, jedenfalls ist seine Lage äußerst schwierig.

Aus Petersburg wird vom 1. November gemeldet: Der Verband der Verbände" hat gemeinsam mit den Arbeiterdeputierten geraten, den neuen Erlassen gegenüber mißtrauisch zu sein, weil den Versprechungen beweisende Taten nicht folgten. Die Intelligenz setzt den Ausstand so lange fort wie die Arbeiter. Allgemeine Verstimmung herrscht über den Versuch, Versammlungen aufzulösen, so eine solche in der Freien Oekonomischen Gesellschaft. Die Stimmung ist erregt wie gestern. Ueber- all finden Meetings statt. Im Samariterdienst zählte man 35 Tote.

Die Enthebung des Oberprokurators des Heiligsten Synods, Pobjedonoszew, erfolgte durch ein in gnä­digen Worten abgefaßtes kaiserliches Reskript unter Be­lastung Pobjedonoszews in seinen Stellungen als Mit­glied des Reichsrates, als Staatssekretär und als Sena­tor. Der Unterrichtsminister, Generalleutnant Glasow, wurde auf sein Ansuchen seines Postens enthoben und zur Verfügung des Kriegsministers gestellt. Die Leitung des Unterrichtsministeriums übernimmt zeitweilig sein bisheri­ger Gehilfe Lukjanow. Der Minister des Innern, hob für s echs Zeitungen das Verbot des Straßenverkaufs am

In der Provinz gährt und brodelt es allerorten noch weiter. Privaten Meldungen aus, Odessa zufolge sind dje antisemitischen Tumulte dort noch .im.Gange. Jüdische Läden werden geplündert, auch werden (Morde verübt. Die Arbeiten in der Stadt ruhen, astch iM.Ka- fen. Die Lage ist schlimmer, als sie. je vor dem ErfM des Manifestes des Zaren gewesen ist. Nach einer j pesche derCentral Nejws" aus O d e s s a sollen die cheutrgen s Tumulte durch kürzlich entlassene Polizeibeamte