Bayern. Drevo lksparteilichenGemeinde- bevollmächtigten für München, Tr. Quidde und Tr. H e n rich, beantragten im Gemeindekollegium: Ter Magistrat möge ermitteln, ob die Behauptung richtig sei, daß Unteroffiziere, welche wegen Soldateumi ß- Handlungen nicht weiter kapitulieren konnten, von der Polizeibehörde in München als Schutzleute äugest e l l t worden seien. Weiter möge der Magistrat sich mit der Polizeidirektion in Verbindung setzen, damit Personen, die zu Exzessen neigen, nicht als Schutzleute angestellt, oder falls solche angestellt seien, das; sie entlassen werden.
Deutschland. T i e po lni s chen S ozia lde m o- kraten. In Katlowitz tagte der 8. Parteitag der pol- niscl)-sozialdemokratischcn Partei Deutschlands, zu welchem 48 Delegierte aus allen Teilen des Reiches erschienen Werren. Als wichtigster Beschluß ist zu verzeichnen die Einigung zwischen der deutschen und polnischen Sozialdemokratie dahin, daß die polnische sozialdemokratische Partei als solche bestehen bleibt, aber sich den Beschlüssen der deutschen Sozialdemokratie unterwirft.
England. Ein M a r i nes ka ndal? Tie „Daily Graphie" veröffentlicht einen Artikel, worin erklärt wird, die l völligen Trahlgeschütze des Schlachtschiffes „Majestic" seien bereits nach einer 40 vollen Schuß gleichkommenden Feuerleistung kampfunfähig, obgleich in der amtlichem Schätzung eine Mindestleistung von 150 bis 200 Schüssen für jedes Geschütz angenommen wird. Das Blatt sagt, es sei kein Zweifel darüber möglich, daß diese Grenze der Leistungsfähigkeit für alle Geschütze desselben Modus gelte. Daher würden 15 der modernen en g tischen Schlachtschiffe nach einstündigem Kampfe außer Gefecht gesetzt sein. Tie 6zöl- ligen Drahtgeschütze hätten bei der Probe ebenfalls völlig versagt. „Daily Graphic" macht dabei darauf aufmerksam, daß England die einzige Macht ist, die T-rahtge- schütze verwendet.
Die Admiralität erklärt gegenüber der Behauptung des „Daily Graphic", die ILzölligen Traht- geschütze des Schlachtschiffes Majestic seien unbrauchbar, daß bei zwei zwölfzölligen Geschützen auf dem Majestic n ach 60 b e z w. 70 Schuß mit Gefechtsladung Riss e indenZügen sich gezeigt hätten, die wahrscheinlich auf die Weichheit des Materials der Seele zu- rüctzuführen seien, denn beide Geschütze seien, nachdem man sie wieder kriegsbrauchbar gemacht habe, wieder in Gebrauch genominen worden. Die Admiralität fügt hinzu, daß das erste Geschütz, mit dem geschossen wurde, 162 Schüsse mit Gefechtsladung abgegeben habe, ehe es als für Kriegszwecke unbrauchbar zurückgezogen wurde. Tie Schiffsgeschütze, die die größte Anzahl Schüsse gefeuert hätten, wären auf dem Mars, dem Cäsar und dem Jupiter. Diese hätten gleichmäßig über 60 Schuß mit Gefechtsladung abgegeben und seien noch vollkommen kriegsbrauchbar.
Eine gesalzene Rechnung hat England entgegenzunehmen. Sie kommt aus dem Wunberlande Indien und ist durch den Höchstkommandierenden des indischen Heeres, Lord Kitchener, verursacht. Es handelt sich dabei um K a ser n e n-Neu b a u len an der afghanischen Grenze, wo General Kitchener den größeren Teil des englisch-indischen Heeres zusammengezogen hat. Dadurch sind die im Innern des Landes mit ungeheuren Kosten erbauten Kasernen überflüssig geworden. Lord Kitchener ließ in den Grenzstädten lustig darauf los bauen, bis nunmehr die Auslagen auf rund 200 Millionen Mark angewachsen sind, die im nächsten indischen Budget gefordert werden müsssen. Andernfalls will Kitchener zurücktreten.
Tibet. Ter Mord. Unter den Personell, die mit dem Amban in Tibet ermordet worden sind, befinden sich vier französischlej Missionare. Etwa 10000 Eingeborene in Patank schlossen sich zu einem Verband zusammen' und geben bekannt, daß die Engländer Tibet besetzen wollen. Ter Vizekönig von Szetzhuan sandte Truppen nach dem Bezirk.
„Oh," fiel der kleine Franzose grinsend ein, „Sie haben die Steine wohl nie gesehen, Herr Brett? Ta sind sie! Für viele würde ihr Anblick eine wahre Augenweide sein — für Sie hingegen ^bedeutet er, daß es Ihnen jetzt an den Kragen gehen wird." Während er sprach, zog er ein großes Futteral von Saffianleder hervor. Durch einen Truck auf die Feder flog der Teckel zurück, den Augen der Anwesenden eine Sammlung in Größe und Schönheit gleich wunderbarer Tiamanten enthüllend.
Wie fasziniert hingen die Blicke der Türken an den kostbaren Steinen; Brett jedoch durchzuckte ein tvunder- licher Gedanke. Er hatte sich nicht umsonst bei dem Juwelier der Rue de la Paix Kenntnisse erworben, denn schon nach wenigen Sekunden war er zu der Ueberzeugung gelangt, daß diese im Tageslicht glitzernden und funkelnden Tiamanten nicht die echten, in London gestohlenen, sondern täuschend ähnliche Nachahmungen waren. Mit rascher Ueberlegung sagte er sich, daß der Franzose die Steine erst jetzt ablieferte, erscheine doch als ein seltsamer Umstand, da die echten sich schon mindestens drei Tage in Paris befanden. Jetzt galt es, einen kühnen Schlag zu führen.
„Ihr Toren!" rief er im dramatischen Ton eines Bühnenkünstlers, „HM Euch durch eineList täuschen lassen, die ein Kind durchschaut hätte. Bildet Euch ja nicht ein, daß Ihr die Tiamanten des Sultans vor Euch seht. Das sind Fälschungen — geschickt zusammengefügte Stücke Kristall und Alaun, mit denen Ihr vergnügt nach Konstantinopel zurückkehren solltet, um dort zu entdecken, wie gründlich Ihr betrogen worden seid."
„Lügner!" schäumte der kleine Franzose. „Diese Steine sind echt." Fortsetzung folgt.
Der Landtag
ist gestern bei der neu in den Etat eingestellten Exigeuz von 16 000 Mk. zur Förderung des Genossenschaftswesens in Gewerbe und Handel in eine interessante Mittelstandsdebatte eingetreten. Ter bauernbündlerische Abg. Haug knüpfte an die genannte Exigenz die Bedingung, daß dieselbe lediglich für kleingewerbliche Unternehmungen ist. Tie großen Genossenschaften, sagte Haug.umer dem Widerspruch und der Heiterkeit des Hauses, führen direkt in den s o zi a l i st is ch en S ta a t hinein. Darauf erwiderten die sozialdemokratischen Abgg. Taus ch e r und Hildenbrand, die sich in ihren Ausführungen besonders der Konsumvereine nnnahmen. Minister Dr. v. Pischek ging auf die Mittelstandsfrage des näheren nicht ein, um so weniger als, wie er sagte, der Mittelstandsbegriff ein überaus vager sei und für jeden wieder etwas anderes bedeute. Viel bemerkt wurden die Ausführungen des ritterschaftlichen Abg. Freist, v. Ga is b e r g-He l- fenjberg, der gestern wieder unverholen der Ansicht Ausdruck gab, daß er in der Beurteilung des Konsum- Vereins- und Genossenschaftsivesens den Sozialdemokraten näher stehe als den Bauernbündlern. In ähnlicher Weise sprach sich auch der Abg. Tr. Hieb er ans. Abgeordneter Schmidt-Maulbronn stellte fest, daß durch einen Erlaß der Oberschulbehörde einen; Volksschullchrer seine Verwaltungstätigkeit in einem Konsumverein untersagt worden sei. Am Schluß der Genossenschaftsdebatte, die mit der unveränderten Annahme der in den Etat eingestellten Exigenz endete, kam es zwischen den Abgg. H i l- deubrand und Gröber zu einer wiederholten Auseinandersetzung über den Zn tun f ts st a a t, die schließlich den Präsidenten zu der mit gebührender Heiterkeit aufgenommenen Mahnung veranlasse, man möge bei dem zur Beratung stehenden Etattitel den Zukunftsstaat in Ruhe lassen.
Marokko.
Ei n n eu e r d e u tsch -f r anz ö j i sch er
Zwischenfall?
Ter Pariser „Matin" hat Tonnerstag mit offiziösem Anstrich eine aufsehenerregende Auslassung gebracht, in der die M a r o kko po li t i k der deutsche n Regierung außerordentlich heftig angegriffen wird. Es heißt da u. a.: Was will Deutschland und was verlangt es? Gerade das, was Frankreich zu achten sich verpflichtet hat: Tie Unabhängigkeit des Sultans, die dem Handel aller Nationen geöffnete Tür. Hat die deutsche Regierung irgend einen Hintergedanken? Wenn Teutschland es unternähme, in diesem Augenblicke den europäischen Frieden zu trüben, so kann man laut versichern, daß es nirgends eine Unterstützung finden wird. Frankreich, stark durch sein Recht, durch seine Uneigennützigkeit, durch die Klarheit seiner Politik, durch das Vertrauen Mer Nationen, durch seine friedlichen Absichten, hat nichts zu befürchten. Es ist nicht mehr isoliert, wie im Jahre 1870. Tie Isolierung wäre im Gegenteil auf Seiten Deutschlands, Bas mit seiner Meinung in der ganzen Welt allein bliebe. — Dieser Artikel hat an der Pariser Börse zeitweise eine wahre Panik hervorgerufen, da das Gerücht verbreitet war, die Auslassung sei direkt von Herrn Del- casse inspiriert worden, der damit den Besuch des Ministerpräsidenten Rouvierauf der deutschen Botschaft habe beantworten wollen. Tas Ergebnis war eine empfindliche Baisse der französischen Rente, die einen Augenblick sogar 75 Centimes erreichte und von der am Schluß noch 57 Centimes zurückblieben. Auf dem französischen Ministerium des Aeußeren wurde allerdings entschieden dagegen Einspruch erhoben, als hätte Herr Telcasse die drohende Note des „Matin" inspiriert. Und eine offiziöse Note der Agence Havas besagt: „Wir sind ermächtigt, zu erklären, daß kein neuer Zwischenfall im Verlaufe der zwischen Paris und Berlin wegen Marokkos begonnenen Besprechungen eingetreten ist. Tie Regierung hat keinen Zeitungsartikel inspiriert und hat weder direkt noch indirekt irgend einem Blatte eine Mitteilung gemacht."
Tanger, 28. April. Eine englische Ge fandt- s chaft wird in wenigen Tagen nach Fez abgehen, um dort ihren Einfluß beim Sultan zugunsten Franö- reichs zu verwenden.
Die Lage am Balka«.
jst Zkonstantinopel, 28 April. Am l6. April über, fiel eine griechische Bande im Bezirk Naslidsch (Vilajet Mn nastir) 11 bulgarische Bauern, von denen 6 ermordet, 2 verwundet und 2 entführt wurden. Am 24. April wurde westlich von Kruschewo eine bulgarische Bande aufge rieben. 16Mann wurden getötet, 1 türkischer Gendarm verwundet. _
Die Lage i« Kreta.
2X Kanea, 29. April. In Vukolies, Provinz Kis- samo hat ein Kampf zwischen Aufständischen und 50G endarmen stattgefunden. Von den Ausständischen sind 3 tot und 6 verwundet, 14 werden vermißt. Tie Menge steckte das Polizeigebäude in Vukolies in Brand. Di« Nachbardörfer läuteten Sturm und das Volk strömte herbei zu den Waffen.
Der Kolonialkrieg in Südwestafrika.
Mit Kamelen
für Südwestafrika sollen, trotz der früheren mißglückten Unternehmungen, wieder neue Versuche gemacht werden. Tie Regierung hat jetzt die Firma de la Torre Hermanos in Las Palmas (Kanarische Inseln) beauftragt, 200 Kamele in Fuerteventura aufzukaufen, welche nachLüderitz- bucht verladen werden sollen. Auf der kanarischen Insel Fuertevenutra befinden sich große Züchtereien und Kamelstutereien, aus denen eine echte „Sahararasse" gezogen wird. Auch die englische Kohlenfirma Blandy Brothers hat jetzt in diesem Hafen eine Anzahl Kamele nach, Deutsch- Südwest-Afrika verschifft.
Die Lage tu Rußland.
Petersburg, 28. April. Angesichts der besitz ch. reteir neuen Unruhen in Petersburg wurden nicht weniger als 100 000 Mann Truppen in der Hauptstadt konzentriert Tic Behörden mieteten große Gebäude für den Fall, daß es nötig würde, große Massen von Verwun beten uirterzubringen. Wie verlautet, sind die Behörden entschlossen, vom Gebrauch der Schußwaffe nicht zurückzuschrecken, falls von den Temonstranten Widerstand geleistet werden sollte. ,
^ Petersburg, 28. April. Aus Anlaß der im ll,„ lauf befindlichen Gerüchte, wonach für das Osterfest Ün> ruhen zu erwarten seien, har die Mehrzahl der Gouverneure Bekanntmachungen erlassen des Inhalts, das; man keine ll» ruhen befürchten soll. Jeder Versuch, die öffentliche Ordnung zu stören, werde auf das strengste unterdrückt werden. Aus vielen Städten ist telegraphisch miigcreilt worden, daß diese Bekanntmachungen au? die Bevölkerung eine beruhigende Wirkung ausgeübt haben.
Krieg irr Ostafien.
Tie neue russische Flotte.
Ein Telegramm der „Daily Mail" besag;: Lau; Trahtberichten aus Petersburg haben die Verhandlungen des amerikanischen Großindustriellen Schwab mit der r ussi s ch c n A d m i r a l i t ü t zu einem Abkommen über den Bau ., - Anzahl von Schlachtschiffen von
16000 Tons v.n besonderem Typ geführt, die, wie gesagt wird, die Welt in Staunen versetzen werden. Tie meisten dieser Schiffe würden in den Vereinigten Staaten gebaut, der Rest wahrscheinlich auf einer Werft, die in einein Ostseehafen errichtet werden soll mit russischen Arbeitern unter der Oberaufsicht amerikanischer Ingenieure. Schwab, so heißt es, verbürge sich dafür, daß die Schiffe eine nur 20 Prozent höhere Gefechtskraft haben würden als irgend welche jetzt vorhandener; Kriegsschiffe. (?)
lieber die Verluste der Russen bei Mukden
scheinen jetzt zuverlässige Mitteilungen vorzuliegen. Ter Stab des Generals Linewitfch macht folgerrde, genau kontrollierte Angaben über die russischen Verluste in den Schlachten vom 19. Februar bis zum 14. März, »velche sehr wesentlich von den japanischen Angaben und den bisherigen Annahmen abweichen. Danach sind tot, ver- flvundet oder verschollen: zwei Generale, beide schwer verwundet in japanischer Gefangenschaft: 1985 Stabs-und Oberoffiziere, 87,677 Soldaten. Diese letzte Zahl ergiobt sich aus 55 000 evakuierten Verwundeten, 15 000 Toten, 7000 bis 8000 Gefangenen, an 10 000 bis 12 000 auf dem Schlachtfeld gelassenen Verschollenen; aus dm beider; letzten Kategorien find nicht mehr als 5000 bis 6000 Soldaten in Gefangenschaft geraten, die übrigen waren Verwundete Trainmannschaften und Jntendantur- beamte. An Geschützen wurden 32, davon drei alteMörser, und 26 Schnellfeuergeschütze verloren, von diesen letzteren wurden 23 beim Rückzug aufgegeben, weil sie im Kot stecken geblieben waren. Tie gesamte Belagerungsartillerie wurde, wie bereits vvr anderthalb Monaten gemeldet, mit sämtlichen Geschossen und den; Artilleriepark gerettet. Diese Angaben können auf ihre Richtigkeit hin wohl nicht gut bezweifelt werden, zumal Linewitfch keinen Grund hat, die Verluste Kuropatkins zu verdecken oder zu beschönigen.
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Tie Lage zur See.
)-( Saigon, 28. April. Agence Havas. Das Geschwader und die russischen Transportschiffe gingen Mittwoch Abend mit unbekannter Bestimmung von der K amra n h -Bucht ab. 4 Köhlenschiffe kamen zu spät in der Bucht an und gingen dam; in derselben Richtung wie die Flotte weiter. Tie Rusen hatten Leb ens- mittelauf 6 Monate bei sich. Man glaubt, das Ziel der Flotte sei Wladiwostok. Admiral Nebu- gatow wurde gestern in den indischen Gewässern erwartet, wo, wie man glaubt, er Angaben finden wird, um sich mit dem Geschwader Roschdjestwenskis zu vereinigen. Dieses besteht aus 25 Kriegsschiffen, 1 Seeschlepper, 1 Werkstattsschiff und einem TankdamM, früher für Petroleum, jetzt zum Wasserdestillieren eingerichtet. Ter Aufenthalt des Geschwaders in der Kanr- ranh-Bucht, wo 52 Schiffe manöverierten ohne die geringste Havarie bei den regelmäßigen Aus- und Einfahrten, erregte die Bewunderung der Zuschauer.
)-( Perrang, 28. April. Ter Dampfer „Katharine Apear" hat gestern nacht 60 Meilen südlich von hier ein aus 8 und ein aus 7 Schiffen bestehendes Geschwader passiert, die beide in der Richtung auf Sing apore fuhren.
Singapore, 28. April. 15 Kriegsschiffe, wahrscheinlich das hsritte baltische Geschwader, befinden sich in der M alak a-S traße, ostwärts dampfend.
Shanghai, 28. April. Ag. Havas. Eine große Zahl japanischer Schiffe ist in der Gegend der Insel Tsushima zusammengezogen.
London, 28. April. Von hier wurden für ine Kohlenlieferung an Roschdjestwenskis Flotte sieben weitere Tampfer gewonnen.
Kalkutta, 28. April. Der englische Dampfer Beatrice, von Saigon nach Japan bestimmt, soll von den Russen fest genommen worden sein.
Tokio, 28. April. Okuma, der Führer der Fortschrittspartei im japanischen Reichstage, sagte in einer Ansprache, er schätze die Anzahl der Verletzten und Erkrankten im gegenwärtigen Kriege auf 2 bis 300,000, die der Gefallenen oder infolge Krankheiten Gestorbenen auf 50,000.