weiteren Lasten aufgebürdet werden. Für die Landwirtschaft sind im neuen Etat 171000 Mark vorgesehen, für Handel und Gewerbe nur 07 000 Mk. Es ist das eine merkwürdige Bestätigung des Wortes von der Erhaltung des gewerblichen Mittelstandes. Es wird auch notwendig sein, die württembergische Regierung dazu aufzufordern, »egen Schiffahrts-Abgaben, wie sie in Preußen auch für den Rhein geplant zu sein scheint, Stellung zu nehmen. Eine nü.ksamere Reichsfinanzreform kann nur gemacht werden, wenn die Finanzminister der Einzelstaaten besser auf Sparsamkeit im Reichs Haushalt, besonders füc Militär- und Marine- Zwecke sehen. Für die V e r f a ss u n g s re v isio n hat die Bolkspartei im Gegensatz zur Sozialdemokratie gestimmt, welch letztere die politischen Funktionen dieser Vorlage nicht erkannt hatte. Hätte die Bolkspartei gehandelt wie die Sozialdemokratie, so wäre die Erste Kammer gar nicht in die Lage gekommen, Farbe bekennen zu müssen. Nunmehr galt es, die Abneigung des Volkes gegen die Erste Kammer zur Entladung zu bringen und gleichzeitig die Verfassungsrevifion als unaufschiebbar zu fordern. Tas ist im Landtag auf einen voll der Volkspartei gestellten Antrag geschehen. Der Verlauf der ganzen Angelegenheit hat der Taktik der Volkspartei recht gegeben. Nicht als ob die Revision schon gesichert wäre, aber die Regierung nt dazu gelangt, um in der feierlichen Weise das Reformbedürfnis sestzustellen und dieFührung zu übernehmen Tie Volkspartei wird in der Abgeordnetenkammer in unzweideutiger Weise ihren Standpunkt, der jedes Vorrecht vertonst, geltend machen und auch! darauf Hinweisen, daß der Zustand von heute auf einer Verfasfungswidrigkeit der Reaktion beruht und daß nnaufgehoben das Gesetz besteht, welches die Schaffung einer Verfassung einer Lan- desrersammlung überträgt Ti jetzigen fortgesetzten Angriffe der Sozialdemokratie gegen die bürgerlichen Leitungen leisten nur der Reak- j tion Dienste. Tie Volkspartei wird jeden Vorstoß ; gegen das Privileg nicht nur unterstützen, sondern auch z Albst führen. Zweierlei ist möglich: Entweder wir machen j im nächsten Jahr einen großen Schritt nach vorwärts j oder die Verfassnngsrevision scheitert durch Privileg ! und Zentrum. Tann aber ist für das Land, Regierung i und Krone zugleich erwiesen, daß diejenigen Elemente, j die sich als die staatserhaltend.en ausgeben in Wahrheit dem Staat das verweigern, was er zur Erhaltung seiner politischen Gesundheit braucht. Tie Erkenntnis dieser Tatsache würde uns den Kampf erleichtern. Darum begrüße ich es, daß die Verfassunasrevirwn wieder heranf- beschworen ist, welche die Gegner für ein Gespenst, wir aber für die Verkörperung des freiheitlichen Empfindens unseres Volkes ansehen. (Lebhafter Beifall.)
Jnc Anschluß an das Referat wurde alsdann folgende Resolution einstimmig angenommen:
„Tie Bolkspartei sieht durch die Ereignisse des Jahres 1904 die politische Ueberzeugung von der llnhaltbarkeit der württembergischen V e r f a s s >i g s z n ft ä n de bestätigt und begrüßt es, daß die Unterbindung d s Fortschrittes durch überlebte Privilegien wi. im Volk, jo auch von der Krone und Regierung nicht mehr als erträglich anerkannt wird. Sie beauftragt die Fraktion, für die Beseitigung des Vorrechtes in der Erster! wie in der Zweiten Kammer mit allen Kräften einzntreten und den Protest gegen die Verfassungswidrig!-i: der Notverordnung zu erneuern, durch dir das Gehn vom 6 Juli 1849 nicht giltig aufgehoben werden konnte, und sie verpflichtet ihre Vertreter, getreu nach dem Programm der Volkspartei jede Neuerung, die nicht grundsätzlich und
sachlich den entschiedenen Fortschritt in sich schließt, als unannehmbar zurückzuweisen."
Politische Rundschau.
Württemberg. T ie K omrnission der Kammer der Abgeordneten für die Gemeinde- und Bezirksordnung trat Samstag zu einer Beratung der Verfassung der großen Städte (Art. 58) zusammen.
— Redakteur Wellmann von der „Frkf. Ztg." der Freitag als Vertreter des engeren Ausschusses der Deutsche,: 'Volkspartei den demokratischen Parteitag in Stuttgart besuchte, ist Freitag Abend in einem Stuttgarter Hotel plötzlich an einem Schlaganfall gestorben.
Aus der Landesversammlung der Deutsche» Partei
die Sonntag im Stadtgartcn in Stuttgart abgehaltcn wurde, besprach Prof. Hieb er die Stellung der Partei im Kampf gegen Sozialdemokratie und Zentrum, im Zu- sammensteh'en mit den liberalen und national gesinnten Männert! Deutschlands. Tie Arbeiten und Aufgaben des Landtages, die der Senior der Partei, Landtagsabgeordneter v. Geß, zusammenstellte, die Ausführungen des Reichstagsabg. Patzig-Koburg, der über Reichspolitik und Reichstag in gewandter Weise sprach- zeigten den Enist der politischen Lage und die Notwendigkeit, der Reaktion und der extremen Sozialdemokratie energisch entgegen zu arbeiten. Ter von Herrn Dr. Fetzer erstattete Geschäftsbericht bewies, daß die Leirung der Deutschen Partei nicht untätig gewesen ist im vergangenen Jahre. Ter Jungliberale Stübler nahm die Gelegenheit wahr, sestzustellen, daß sich die Jungliberalen als Teile der Deutschen Partei fühlen und fühlen müßten.
gegen die klerikale, wie feudale Reaktion, .heute sei die Hauptsache der Frieden innerhalb des Liberalismus. Wo die Sozialdemokratie sich zu Bundesgenossen, direkten oder indirekten, der ärgsten Reaktion hergeben, sei auch der Kampf gegen diese selbstverständlich!. Bünd- iiisfähig würde die Sozialdemokratie erst, wenn sie die Ideen Jaures' und anderer akzeptiere und die Klassenphrasen aufgebe, mit denen sie Hunderttausende der Reaktion in die Arme treibe. Sämtliche Führer der liberalen Gruppen traten den Ausführungen des Referenten bei. Schließlich wurde einstimmig eine Resolution angenommen, die den t ak tis ch en Zu s amme n s chluß aller liberalen Parteigruppen fordert, um die Gefahr einer ultramontanen Mehrheit in der Zweiten Kammer Badens fernzuhalten.
Dänemark. T ie K abinettskrisis. lieber die Ursache des Rücktritts der 4 Minister melden die Blätter: Tiefe Minister verlangten kürzlich- daß der Marine minister Jaehnke gleichzeitig mit dem Kriegsminister zurücktrete, da angeblich der Zwiespalt zwischen beiden den Kricgs- minister zum Rücktritt veranlaßte. Ter Ministerpräsident weigerte sich, den Marineminister zu diesem Schritte zu zwingen. Darauf hätten die anderen Minister ihre Entlastung gegeben.
Amerika. Venezuela und die Union. Tie Vereinigte» Staaten schickten an Venezuela eine Botschaft, die ans ein Ultimatum hinausläuft und in welcher erklärt wird, daß, wenn die Forderungen nicht innerhalb sechzig Tagen vollständig erfüllt seien, eine Flotte geschickt werden würde, die die Zollämter von La Gnyara, Puerto Capello und Maracaibo be-
ß Ravensburg, 9. Jan. Tie Landesversammlung der württentbergischen Zentrumspartei war von mehreren 1000 Männern besucht. Leser - Neuhausen b. richtete über die Arbeit der Zentrumsfraktion im Reichstage, Pfarrer G eisi n g er-Weißenau sprach über die Ravensburger Stadtschultheißenwahl. Rechtsanwalt Rembold Aalen referierte über Landespolitik und ging des. näheren auf die Verfassungsrevision in Verbindung mit der Schulfrage ein. Reichstagsabg. Landgerichtsrat Gröber zog die Nutzanwendung aus dem Gehörten und ermahnte zur Einigkeit im Kampfe. Es wurde eine Resolution angenommen, in der die Versammlung ihre Uebereinstiminung mit der Zentrumsfraktion der Kammer der Abgeordneten und der Mehrheit der Kammer der Standesherren in ihrem Antämpfen gegen die drohende Entchristlichung (!!) der Schule erklärte und sich gegen eine solche Revision der Verfassung, die den Ansturm gegen die christliche Schule (!!) die Wege öffnen tverde, verwahrt. Gleichzeitig hat auch im Gesellenhaus eine Versammlung stattgcsunden, in der Landtagsabg. Keilbach über Landespolitik und Reichstagsabg. Leser über Reichspolitik sprachen.
Baven. Gegen die Reaktion. In einer vom freisinnigen Verein Karlsruhe einLernfenen Versammlung, die von allen liberalen Gruppen zahlreich besucht war, sprach. Reichstagsabg. M ü lle r - Meiningen unter wiederholten«, stürmischem Beifall über den gemeinsamen Kampf des Liberalismus. Redner schilderte einleitend die immer mehr drohende Gefahr des Klerikalismus, beklagte die Schwäche der Regierungen die zu Liebedienern des Zentrums geworden seien, und forderte zum gemeinsamen Kamps des Liberalismus gegen das Zentrum auf, bei dem die Intoleranz zum Prinzip geworden sei. Heute müßten di liberalen Gruppen manches Vergangene vergessen, um gemeinsam ihre Kraft zu stählen im Kampfe
setzen würde.
Der AwlonmLkrieg in Süvweftasrika.
D i e T r u p p e n n a ch s e n d u n g e n nach Südwestasrika werden ll. „Frkf. Ztg." andauernd in einem Maße fortgesetzt, welches durch den Zweck der Niederwerfung des Aufstandes allein nicht mehr gerechtfertigt sei. So gehen demnächst dorthin: Am 16. Januar drei Proviantkolonnen, zwei Etappenkompagnien, Fünken- telegraphenpersonal, Sanitätssuhcpark und Personal für das Pferdedepots Süd, welches voraussichtlich in LÜderitz- bucht stationiert wird. Tie Gesamtstärke des Transportes betrügt 40 Offiziere u. s. w., 1045 Mannschaften und 528 Pferde. Am 30. Januar geht eine zweite Scheinwerferabteilung und eine Verstärkung des Sanitätspersonals in ungefährer Stärke von 32 Offizieren n. s. w. und 55 Mannschaften nach. Voraussichtlich am 15. Februar folgt eine neue Kolonnenabteilung.
Berlin, 7. Jan. Nach einer Meldung Trothas hatte Major Meister am 2 ., 3. und 4. Jan. hartnäckige Kämpfe beim Vorgehen ans Stamprietsontein bis Groß- nabas. Ter F ind war 1000 Mann stark, darunter Friedrich Maharero mit 200 Hereros. Genaue Nachrichten über die diesseitigen Verluste konnten noch nicht übermittelt iverden, da die Heliographenlinie durch dringend notwendige Telegramme über Truppenbewegungen und Nachschub von Verpflegung und Munition vollständig in Anspruch genommen ist!
Berlin, 7. Jan. 40000 Pfund Korinthen, ein Geschenk der hiesigen griechischen Gemeinde, sollen als Vorbeugungsmittel gegen den Typhus nach Südwestafrika geschickt werden.
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