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mit Erzähler vom Schwarzwald.

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Leleton Nr. 4>.

Amtsblatt für die Ltadt lvildbad.

verkündigungsblatt

der Kgl. Forstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc.

Zeitung sur Politik, Unterhaltung und Anzeigen.

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Payer über die ReichSpolitik.

I.

Tic Rede, die Reichs tagsabg. Paye r auf der demo­kratischen Landesversanmunng über die Rcichspolitik ge- hatten hat, tautet im Wesentlichen:

Nun bin ich wieder einmal mit meinem Bericht in drangdoll fürchterliche Lage eingekeilt zwischen Ihrem Hunger und dem harrenden Mittagessen und muß mich deshalb auf Bruchstücke beschränken.

Leider werde ich dabei wieder einmal dem Vorwurf der Rei chs v erdr ossen heit nicht entgehen. Es ist aber nicht meine, sondern ganz anderer Leute Schuld, wenn gegenüber dem Bilde, das allerdings noch mit Sorgen, Kämpfen und Nöten auf der einen, aber auch mit Erfolgen, Fortschritten und Hoffnungen auf der anderen Seite, un­sere württenrbergischen Verhältnisse bieten, eine Schilder­ung der derzeitigen Reichspolitik nur Grau in Grau malm kann. Mir wär's auch lieber, ich dürste reden von freiheitlichen Fortschritten, von Ordnung in den Finanzen, von weiser Sparsamkeit am rechten Fleck, von Erleichterung der Lasten, von moralischen und finanziellen Erfolgen in unseren Kolonien, von Rücksicht auf die Wünsche des Volkes und seiner Vertretung, von Taten eines wehrhaften Reichstages, als wenn ich wieder zu dem schmerzlichen Schluß kommen muß, daß die inner- politischen Verhältnisse des Reiches von Jahr zu Jahr unhaltbarer werden und daß gegen außen unsere Politik durch Nervosität, Widersprüche mrd Hast uns immer mehr vereinsamen läßt.

dcur Unverstand oder Leichtsinn vermag sich banger Sorge zu entziehen bei der Frage: Was werden uns die Handelsverträge bringen? Wer sich sonst kein Bild von ihrem Inhalt zu machen vermag, beachtet viel­leicht, das; die Agrarier schon jetzt lebhaft zu schimpfen be­ginnen und die Verträge als dem Vaterland schädlich im voraus brandmarken, d. h. aus deutsch : sie, die gutunter- richteten, wissen, wie große und ungerechte Vorteile in demselben dem, was sie irrtümlicherweise Landwirtschaft nennen, und was richtiger als norddeutscher Großgrund­besitz bezeichnet wird, ans Kosten der Allgemeinheit zu­gedacht werden, sie fühlen auch, welche Saat von berech­tigter Entrüstung und Haß daraus hervorwachsen wird, darum versuchen sie als gewandte Taktiker abzulenken und sich als die arineu gottverlassenen Opfer der Reichs­kanzler-Politik hinzustellen nach dem Rezept:Haltet den Tieb!" (Lebhafter Beifall.)

Ob die Verträge angenommen werden? Ich denke, höchst wahrscheinlich, Jetzt werden die National- liberalen die Früchte ihrer Haltung bei der Beratung des Zolltarifs und des Antrages Kardorsf ernten. Ter Tarif, den sie damals mit Hurra annahnren, um als die starken Vertreter der Mehrheit der Obstruktion den Meister zu zeigen, der Tarif, dessen wirtschaftlich doch Nächst­liegende Bedeutung sie aus politischen Rücksichten ge­flissentlich mißachteten, er steht jetzt als das Gespenst hinter ihnen, dessen Krallen sie unter allen Umständen entrinnen müssen. Tiefes Gespenst wird sie, mögen sie wollen oder nicht, in das Lager derer treiben, die mit Ja stimmen müssen, denn sie können die Sätze dieses Tarifes nicht ins Leben treten lassen. Tie deutsche In­dustrie, welche dabei die Zeche zu bezahlen haben wird, mag sich dann mit ihnen, welche sie Jahrzehnte hindurch als ihre einzigen wahren Freunde, verehrt und gestützt hat, darüber auseinandersetzen. Wenn sie gerecht ist, wird sie gnädig mit Ihnen ins Gericht gehen, eingedenk dessen, wie viele ihrer nichtparlamentarischen Mitglieder gleich­falls aus politischer Voreingenommenheit sich gegen die wahren Interessen der Nation, und nicht minder ihre eigenen, blind gemacht und versündigt haben: der auf den Export und damit ans den Abschluß von Handelsver­trägen, die diesen ermöglichen, angewiesene Industrielle, der das Jahr über für den Handelsvertragsverei» die Beiträge leistet und bei der Wahl immer noch lieber den Bauernbündler als den Volksparteiler wählt, war bis nach der Annahme des Antrags Kardorsf tvenigftens bei uns keine so seltene Erscheinung und es ist am Platze jetzt, da die Tage der Abrechnung kommen, zur Steuer der Wahrheit auch dieser Politik znm Abschied noch ein kleines Kränzchen zu winden. (Heiterkeit.'!

Wildbad, Dies-tag de« Lv. Ja«««x

Wie die Volkspartei stimmen wird? Das werden Sie, wenn die Verträge einmal da sind, wohl bald selbst so gut fühlen wie Ihre Abgeordneten. Wir lehnen cs ab, der Taktik der Sozialdemokratie und dein Rat des Parteiführers Barth entsprechend uns im Voraus blind­lings zu verpflichten, die Verträge zu verwerfen; noch weniger anerkennen wir einen Zwang rin Annehmen der­selben. Wir sind angesichts unserer bisherigen Stellung berechtigt, nach! Prüfung der Sach- zu binden oder zu lösen. Leicht wird uns wahrscheinlich die Entscheidung nicht werden; wir verschließen uns auch der Einsicht nicht, welche politische Tragweite die Abstimmung über die Handelsverträge haben muß: wenn aus mehr als Jahr­zehnte hinaus Hunderttausende, ja Millionen ihren Er­werb bedroht, ihre Existenzbedingungen verkümmert sehen, nur um eine verhältnismäßig kleine Anzahl Groß­industrieller und Großgrundbesitzer mit reichen Gaben zubedenken, wenn sich bald Heraus­stellen wird, daß unter dem Schirm einer derartigen Schutz- Politik der Unfug sich zum System auswachsen wird, das Inland durch hohe Preise auszurauben, um an das Ausland die Ware halb verschenken zu können da wächst die Milch frommer Denkungs­art nicht und ebensowenig die Anhänglichkeit anS Vater­land. (Sehr richtig. Lebh. Beifall.)

Tie. neu geforderte Erhöhung der Friedensprä- seuz stärke hat der Herr Kriegsminister schon vor einen: Jahre in der Bndgetkommission des Reichstags gerade so angekündigt. Nun hat sich aber inzwischien doch manches verändert: Hielt man sich früher für berech­tigt, jedes Wölkchen am Horizont unserer Beziehungen zu Frankreich als Unterlage für neue Militärforder- nngen zic benützen, so müßte man billigertveise jetzt, da die Vernunft ans fast allen Seilen mehr und mehr über den Chauvinismus Herr wird und unsere Beziehungen sogar freundlich geworden sind, das eigentlich als einen Anlaß zu der so dringend erforderlichen Mrüstung be­nützen. Hat man bisher kleine und große Kinder mit der militärischen lieber macht Rußlands über uns gruselig machen können, so hat sich jetzt gezeigt, daß in einem so großen und so wenig zivilisierten Reiche nicht alle Kriegs­macht, die ans dem Papier steht, einschließlich der Motte, sofort auch wirklich da zu verwenden ist, wo man sie braucht, und jedenfalls hat sich: das ergeben, daß an den Folgen des entsetzlichen Kampfes, in den: es zur Zeit be­griffen ist, Rußland sich so verbluten muß, daß es auf Menschengedenkcn hinaus uns weder allein, noch! als Vcr bündeter Frankreichs gefährlich, werden kann. Haben früher schon die berufensten Sachverständigen den mili­tärischen Wert großer Kavallcriemassen von Jahr zu Jahr niederer cingeschätzt, weil die größte Masse jetzt am ehesten über den Haufen geschossen wird, bevor sie an den Feind kommt, so hat sich jetzt ergeben, daß in den Kämpfen des abgelaufencn Jahres die Kavallerie in dev Schlachten nirgends auch nur versucht hat, eine auss laggebende Rolle zu spielen und daß auf dem ihr noch verbleibenden Gebiet des Ansklärungsdienstes das Automobil, dasMotor- rad und das Fahrrad, die schneller springen können und weniger fressen als ein Roß, diesem Vierbeiner gewaltige Konkurrenz machen, nicht minder auch der militärische Luftballon. (Heiterkeit.)

Doch bei uns predigen all diese Lehren nur tauben Ohren. Läßt sich mit der politischen Lage keine Heeres­vermehrung mehr rechtfertigen, so erfolgt sie halt zur Komplettierung, und so lange auf dem Manöverfcld Gott sei Tank die Pferde noch heil davon kommen, weil nur blind geladen wird, u-erden wir auch nicht von dem Glauben lassen, daß der militärischen Wissenschaft höchster Triumph die Ansammlung gewaltiger, gewaltig teurer und leicht zu tötender Kavalleriemassen sei. Angenommen wird die Vorlage doch, und alle, die sich dazu verstehen können, werden nicht versäumen, den andern wieder ein­mal den Mangel an nationaler Gesinnung vorzuwerfen, wie das nun eben einmal üblich geworden ist, seit das Deutsche Reich besteht. (Sehr richtig!)

Als ob gerade das Schnldenmachen für den Haus­bedarf ein besonderes Verdienst um die Familie oder auch um das Vaterland wäre! Als ob man nicht besser für die Zukunft des Vaterlandes sorgen könnte, als »venu

1905

man späteren Generationen für unseren täglichen Ver­brauch Schulden anfladet, die ihnen dereinst das Mark aus den Knochen saugen werden!

Tu Hilst keine ganze und keine halbe Finanzreform.

Auf einem ganz anderen Gebiete liegt die Entscheid­ung: fortwährend wird mit dem Gedanken einer Ver­mehrung unserer Rei chs steuern kokettiert und das ist mindestens begreiflich. Was.die Reichsregierung will und was große Teile des Reichstags auch: möchten, ist die Schaffung weiterer indirekter Steuern, deren Erhöhung der Einzelne nicht so merkt, wie z. B. Erhöhung der Bier­steuer, der Tabaksteuer usw. Wenn das nur nicht so ver­flucht unpopulär wäre! Aber die Männer des allgemeinen Stimmrechts sind allmählich in solchen Fragen auch recht Helle und so streiten sich seit einer ganzen Reihe von Jahren die Reichsregierung und die Majorität des Reichs­tags darum, wer der Katze die Schelle anhängen soll. Jeder läßt dem andern herzlich gern den Vortritt und so lange keiner den Mut dazu findet, soll eben die noch nicht durchgeführte Reichsfinanzreform alle Schuld an der unerträglichen Lage tragen.

Dazwischen hinein kommt allerdings wieder der Ruf nach Ueberwälzung der Mehrlasten für Heer und Motte auf die starken Schultern. Das ist populär, aber doch nur bei denen, die sich, zic den finanziell schwächeren Schultern rechnen, nicht umgekehrt! Ich könnte mich meinerseits, obwohl vom bundesstaatlichen Standpunkt aus mit sehr schwerem Herzen, noch viel eher für eine Reichs­vermögenssteuer aussprechen, als für die Schaffung wei­terer indirekter Steuern. Furcht, daß eine derartige, na­türlich womöglich populäre Steuer tvirklich komme, braucht aber, glaube ich, niemand zu haben. In dem Augen­blick, da die Einflußreichen auch nur das Mehr an Ausgaben für Heer und Flotte auf sich übernehmen müssen, sobald die neuen Panzer auf ihrem Stenerzettel fühlbare Furchen ziehen, sobald die neuen Regimen­ter dort greifbare Fußstapfen hinterla ssen, werden auch sie sich bes innen. Sind sie nun ein­mal so iveit, daß auch sie die Lasten spüren, und zwar so, wie es ihrer Leistungsfähigkeit angemessen ist, sohat auch die Stunde der letzten Hecresver Mehr­ung geschlagen. Nichts ist so geeignet, den Verstand auszuputzen, als das Zahlen. (Große Heiterkeit.) Dann würden auf einmal alle erkennen, wie fehlerhaft es ist, einseitigem Begehren der Fachleute und noch einseitigeren Vorurteilen nachizugeben und aus einem Munde würde plötzlich alles rufen:Laß, Vater, genug sein des grausamen Spiels!" Trum kommt auch keine Reichsvermögenssteuer, so tvenig, als die direkten Steuern der Einzelstaaten durch die Leistungen für das Reich! nach­weisbar erhöht werden dürfen.

Daß, wie jetzt schon wieder vermeldet wird, die an sich so schlvcre Ausführung des Mottengesetzes nicht ge­nügen soll, sondern dazrvischenhinein noch weitere Flotten­vermehrungen improvisiert werden sollen, entspricht so dem Herkommen nnd der üblichen Mißachtung unserer Finan­zen, daß auch wir von dieser Seite wohl bald neuen Kämpfen entgegensehen müssen. (Lebhafter Beifall.)

Auf der Vandesversammlung der Würt tembergischen Bolkspartei,

über die wir schon einen kurzen, zusammenhängenden Be­richt brachten, führte Abgeordneter Schmidt Maulbronn über die Landespolitik u a. aus: Vor allen: ist her- v-orznheben: Ter Fall der Volksschnlnovelle, wel­che den Kampf um die Berfassungsrevision neu belebte, die Eröffnung des neuen Landtages mit einer Thronrede. Tie Landtagseröffnung liegt uns an: nächsten. In der Thronrede stand an zweiter Stelle neben der Bersassnngs- revision die HS ft hea te r o o r i a ge. Tie Volkspartei will das bewillige::, 'was-Pflicht des Landes ist, nicht mehr. Ebenso wird die Volkspartei für den Bahnhofs­umbau in Stuttgart und Cannstatt, sowie für die l i n kS- uferigen Neckarbahnen das bewilligen müssen, was zur Aufrechterhaltung und Sicherheit des Verkehrs not­wendig ist. Tie (Kehaltsanfbeiserimg für die Volksschul­lehrer steht in einem scharfen Mißverhältnis zu derjenigen der Geistlichen. Ten Gemeinden dürfen jede "ä s !e::e