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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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telelon Nr. 4l.
Amtsblatt für die Ltadt Mldbad.
verkündigungsblatt
der Agl. Korstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc.
Zeitung für Politik, Unterhaltung und Anzeigen.
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Das sozialpolitische Jahr ISV4
ßand zu Beginn unter dem Zeichen des Crimmitschauer Textilarbeitersireits. Ein paar Tausend Weder hatten einen 5 .Monate andauernden Kamps um den Zehnstundentag ausgenommen, Anfangs war ihr Vorgehen nicht korrekt, Mnn aber wurden ihre Fehler von denen, welche die Fabrikanten begingen, in den Schatten gestellt, und so war es möglich, daß die Sympathieen der sozialpolitisch fortschrittlichen Kreise sich ganz und gar der kämpfenden Arbeiterschaft zuwandten. Wer etwa noch zögerte, wurde durch die Haltung der Behörden auf die Seite der Streikenden geradezu gedrängt. All die bekannten Polizeilichen Schikanen wurden im Crimmitschauer Falle durchprobiert, und sie erreichten ihren Höhepunkt just zu Weihnachten, 1903, Tie auswärtige Arbeiterschaft wollte die Streikenden in Crimmitschau bescheren — es wurde verboten, Tann plante man, die Weihnachtsfeier jeweils der nahen Grenze im Thüringischen
abzuhalten . es wurde abermals verboten,
Tas war der Anfang des Jahres und diesem Anfang hat nun leider auch sein weiterer Verlauf entsprochen, Ueberblickt man die sozialpolitischen Ereignisse des vergangenen Jahres, so sieht man, das; nur zwei davon Befriedigung Hervorrufen können, Tas eine ist die Einführung der K aufm an ns geeich te. Das andere die Geburt des ersten internationalen sozialpolitischen Abkommens — des französisch-italienischen Arbeits-Abkommens. Durch diesen Vertrag verpflichteten sich Frankreich- und Italien zu gewissen sozialen Leistungen. Tas ist sehr verdienstlich und besonders von Italien, da es mehr nachzuholen hat als Frankreich. Unerfreulich ist das Abkommen nur insofern, als Deutschland bei ihm nicht beteiligt ist. Tie Gründe dafür sind bekannt: nach der Berliner Arbeiterschutzkonferenz und nach einigen Verbesserungen der Gewerbeordnung kam die Aera Stumm. Damit war oie Sache vorläufig erledigt, und andere Staaten hatten Zeit, sich ihrer anzunehmen.
Um nun von dem Unerquicklichen zu reden, wäre zunl Beispiel an das Verhältnis zwischen Kran ke n- kassen und Aerztenzu erinnern. Dieses Jahr brachte den Leipziger Aerztestreik mit seinein merkwürdigen Anfang und noch merkwürdigeren Ausgang. Tie Leipziger Aerztc hatten Forderungen gestellt, welche die Krankenkasse nicht bewilligen konnte, und da die Aerzte die Sachs- als Machtfrage auffaßten, tat die Kasse desgleichen und wollte zum System der festangestellten Kassenärzte übergehe». Ter endliche Sieg der Aerzte ist aber auch nur ein imaginärer, und das Verhältnis der oeiden Parteien ist nicht besser geworben,
Ter Bund der deutschen Arbeitgeber vereine, der in diesem Jahre gegründet wurde, veranlaßt auch nicht zu befriedigenden Gefühlen, Nicht der Fortschritt der Koalierung ist es, was bedenklich! stimmt. Selbstverständlich — warum sollten die Arbeitgeber und ihre Vereine sich nicht verbinden? Aber der Geist, der in dem Verbände herrschen wird, darauf kommt es an. Er kann Gutes und Böses wirken, Taß es aber sehr viel Gutes sein werde, das zu glauben, hat man nach den bisherigen Erfahrungen wenig Grund,
Zwei Kongresse des letzten Jahres, die au und für sich sehr wichtig hätten werden können, sind nicht so ausgefallen, wie man es wünschen müßte, Ter internationale Frauenkongreß in Berlin war äußerlich glanzvoll, im übrigen nichts als ein Konglomerat unzähliger Vorträge. Tann der Frankfurter Wo h n ungsko n g reß, Tarüber ist ja erst vor kurzem so manches gesagt worb?», Eindrucks»oll war der Berliner H e i m a r b e i t e r s ch u tz - Kongreß; besser als der allgemeine Frauen- der Fr auen - Stimm r ech ts - K o n g re ß. Schlecht war das Verhältnis des preußischen Eisenbahnministers zu den Konsulnvereinen - die berühmte „Mittelstandspolitik", die ja im abgclaufenen Jahre auch zur Gründung einer reaktionären Mittelstandsvereinigung geführt hat. Merkwürdig, die Leute bemerken nicht, daß wir das 20, Jahrhundert angetreten haben,
Tie Sozialdemokratie findet cs ueuesteus für gut, sich auch nach rückwärts zu bewegen. Bis tief ins letzte Jahr hinein erstreckte sich der Skandal, der mit dem Dresdener Parteitag begonnen und nach Bremen ergab
Wildbav, Morrtsg den S. Januar
sich Gelegenheit zu «euen Skandälchpn. Tie Reichstags- Ersatzwahlen sind für sie sehr ungünstig ausgegangen, und der internationale Sozialisten-Kongreß in Amsterdam hat auch ihr internationales Prestige einigermaßen erschüttert. Auf dem Dresdener Parteitag hat Victor Adler mit bewegter Stimme ausgerufeu: Genossen, ihr könnt euch nicht vorstellen, welch freudige Stimmung die Wiener Sozialdemokraten nach der letzten deutschien Reichstagshauptwahl erfüllte. Wenn die deutschen Genossen so weiter machen, wie seit Dresden, wird Adler in ein paar Jahren eine Kondolenzvisite in Berlin absiattcn können. Ter Weg führt ja über Leipzig. Es ist aber auch nicht erfreulich, daß die stärkste Partei der sozialpolitischen Linken nur noch, darauf bedacht zu sein scheint, die Tendenzen der Rechten zu stärken!
Der Paragraph
des Strafgesetzbuches beschäftigt wieder die Oeffentlichkeit aus Anlaß des Falles des Landgerichtsdirektors Hasse, Wer den wir unsere Leser schon kurz unterrichteten. (Siehe auch heute unter Vermischtes.) Ob Hasse wirklich homosexuellen Verkehr pflegte oder unschuldig einem Erpresser zum Opfer siel, ist noch nicht bekannt. Es fällt schwer zu glauben, daß ein schuldloser Landgerichtsdirektor sich eines Erpressers nicht habe erwehren können. Aber für das wesentliche der Frage des 8 175 ist die Schuldfrage des Landgerichtsdirektors Hasse ziemlich gleichgiltig, denn in jedem Falte spricht die Angelegenheit Hasse gegen den 8 175 des Strafgesetzbuches. Hat Hasse homosexuellen Verkehr gepflogen, so ist eben wieder einmal dargetan, daß sogar ein Mann, der über die strafgesetzlichen Folgen seiner Handlung ganz im klaren sein muß, manchmal außerstand ist, seinen Naturtrieb zu überwinden und dann leicht in die Hände eines Gauners gerät. Ist aber Hasse
. unbegreiflichcrweiß - schuldlos, ist also sogar ein
hoher richterlicher Beamter den Machinationen eines Erpressers auf Grund des berüchtigten Paragraphen zum Opfer gefallen, dann ist der Fall Hasse das prächtigste Arguinent gegen diesen Paragraphen, das man nur haben kann. Tiefer Fall ist ja auch nicht der einzige zahlreich sind die Opfer dieser Sorte von Erpressern. Ein Para- grcrph, der solche Wirkungen hervorbringt, soll verschwinden, denn seine Nachteile übrrwiegen seinen eventuellen Nutzen, lind Tatsache ist es ja auch, daß die Anwendung des Paragraphen möglichst vermieden wird. Tie Polizei mancher Städte hat eine ganze Liste Homosexueller, ohne gegen sie vorzugehen. Ter Grund dafür mag vielleicht darin zu suchen sein, daß sich unter den bekannten H nno- sexuellen auch hochgestellte Personen befinden. Für uns ist diese r Umstand natürlich kein Grund, die Abschaffung oder Abänderung des 8 175 zu befürworten, aber wir halten uns an die wissenschaftliche Erkenntnis,, daß die Homosexualität keineswegs die Folge von Ex essen sein muß, sondern häufig angeborene Perversität ist. Für einen Nntnrfehler kann man aber doch eigentlich Niemanden! bestrafen. Daß man Kinder und Jugendliche energisch schützen muß, ist selbstverständlich, im übrigen braucht man den 8 175 nicht. Wenn man dies ausspricht, so muß man doch> auch betonen, daß ein Teil der Homosexuellen selber es einem schtven macht, ein Wort zu ihren Gunsten zu sagen. Es giebt eine Grupx-e unter ihnen, die anmaßend, ja geradezu unverschämt ist, denn sie erklärt die Homosexuellen fiirMue höhere Menschengattung, von der alles Große und Schöne der Welt ausgegangen sei, und macht für die „Frenndeslicbe" Propaganda. Diese Albernheiten mögen die Homosexuellen gefälligst unterdrücken und den groben Unfug der Propagierung ihrer Krankheit unterlassen. Tas ist nicht der Weg, der zur Aufhebung des 8 175 führt. Man kann dafür nur eintreten ans Mitleid mit kranken Leuten, die durch einen Paragraphen des Strafgesetzbuches in Bedrängnis geraten, nicht aber aus besonderer Wertschätzung ihrer Persönlichkeiten. Unvergleichlich höher als das Pathologische steht immer das Gesunde und Natürliche. __
Politische Rundschau.
Württemberg. Dem Landtageist ein weiterer Nachtrag zur Wahlanfechtung in Mergentheim zu- gegangen.
1905
Baden. Ter Nationalsoziale Verein Hei de lderg hat einstimmig beschlossen, sich! dem Wahlverein der Liberalen in Berlin anzuschließen. Damit ist jetzt auch der letzte, seither selbständig gebliebene nationalsoziale Verein der Fusion beigetreten.
Deutschland. Ter Reichskanzler hat die Verfügung getroffen, oaß die ihm unterstellten Behörden bei Beantwortung von Fragen legitimierter Preßoer- trcter an zur Auskunft befugte Beamte nicht unnötig Zeit verstreichen lassen, wofern der Auskunft nicht Bedenken cntgegenftehen. „Ich selbst mache es auch so," mit diesen Worten schließt die Verfügung.
-- Die Handelsvertragsverhandlungen mit Oesterreich wurden Mittwoch mit den österreichischen Unterhändlern fortgesetzt. Ueber die Frage des Ger sien- und Malzzolls ist jetzt eine Verständigung erzielt. Oesirreich-Ungarn hat den Zoll von 4 Mk. auf Braugerste und von 6 Mk. auf Malz akzeptiert mit dem Vorbehalt, daß die aus Rußland nach Deutschland eingeführte Gerste als Futtergerste kenntlich gemacht werden müsse.
Amerika. Schiffssubventionen. Ter dem Repräsentantenhaus vorgelegte Bericht über die Handelsmarine schlägt weiter vor, Subventionen für 10 neue Postlinien zu gewähren, von denen aber keine ihren Endpunkt in einem europäischen Hafen hat. Ter Bericht empfiehlt ferner, Maßregeln zu treffen, die geeignet sind, den Seehandel der Vereinigten Staaten mit Süd- und Mittelamerika, sowie mit Südafrika und dem Orient zu heben, und endlich den Mannschaften der Handelsmarine, die sich verpflichten, in Kriegszeiten in der Kriegsflotte zu dienen, Prämien zu zahlen.
Marokko. Die Truppendes Sultans haben an der algerischen Grenze eine schwere Niederlage erlitten.
Eisenbahnvetriebsmittel-Gemeinschafc.
!! Stuttgart, 6. Jan. Am 9. Januar tritt in Berlin die Kommission zur Herbeiführung einer deutschen Eisenbahn-Betriebsmittel-Gemeinschaft zusammen. Für diese Verhandlungen haben als Kommissare benannt: Württemberg: Staatsrat v. Balz, Ministerialrat Stier lin, Baden: Geh. Legationsrat Dr. Kuhn, Ober-Regierungsrat Schulz.
KabinettSkrifiS in Dänemark.
Kopenhagen, 6. Jan. Krtegsminister, Kultusminister, Üandwirtschaftsminister, Minister des Innern nnd Justiz- minister haben ihr Abschiedsgesuch einqereicht.
Der Kolonialkrieg i« Südweftafrika.
Berlin, 6. Jan. Trotha meldet: Oberst Deimling beabsichtigte, am 4. GochaS konzentrisch anzn greifen. Major Meister stieß bereits am 1. um 6 Uhr abends bei Stamprietfontein auf etwa 500 bis 600 Hottentotten. Diese hielten trotz wiederholter Bajonettangriffe bis nach Eintritt völliger Dunkelheit stand und zogen sich erst unter dem Schutz der Nacht aus beiden Usern des Auob in der Richtung auf GochaS zurück. Meister folgte am nächsten Morgen. Die Verluste des Feindes, die ve deutend sein müssen, find noch nicht festzustellen gewesen. Der Herero-Kapitän Friedrich von Omburo gab »m 4. in Oma» ruru seine Gewehre ad. Seine Werft will seinem Beispiel folgen.
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Auseinem Kriegs bries.
Tie ^,Tägl. Rundschau" veröffentlicht Kriegs briefe eenes deutschen Offiziers aus Südwestasrika, die über die großen Strapazen berichten, ebenso aber auch- über die schonungslose Behandlung selbst wehrloser Hereros, und in denen sich u. a. folgende Offenherzigkeit findet:
Ich spract gerade heute über all diese Geschichten mit einem jüngeren Farmer, dem Sohn von einein der angesehensten Farmer, Berge, der min schon seit drei Jahren hier selbständig eine Farm hatte, also die Sache ivohl auch benrteilen kann, danach waren di' Ansii l n