Lahr, 26. Juli. Der hiesige Militärbrieftaubenverein hielt gestern ein Preisfliegen ab. Die Tauben wurden morgens 4 Uhr 35 Minuten von der militärischen Brieftaubenstation in Helgoland bei starkem Wolkengange aufgelassen und kamen infolge der gestrigen schweren Gewitter erst heute früh, die erste 6 Uhr 10 Minuten, hier an.
München, 27. Juli. Der hier auf Urlaub verweilende deutsche Konsul in Nizza, Freiherr v. Redwitz, verstarb heute infolge eines Schlaganfalles.
W. Berlin, 28. Juli. Das Wolff'sche Bureau meldet: Der neue deutsch-russische Handelsvertrag wurde heute hier durch den Reichskanzler Graf v. Bülow und den Präsidenten des russischen Ministerkomites, v. Witte, unterzeichnet.
Budapest, 29. Juli. Die Tischler sperrten 6 000 Arbeiter aus, die seit Wochen mit dem Ausstand drohten.
Bukarest, 28. Juli. Gestern nachmittag gerieten in einem Cafö der früher in Janina ansässige Herausgeber des Blattes „Balcanul", namens Legaute mit dem mazedonischen Rumänen Papahagi in eine Prügelei. Beide zogen ihre Revolver und töteten sich gegenseitig. Lecaute vertrat in seinem Blatt griechische Interessen.
London, 27. Juli. Die Hinterlassenschaft des Präsidenten Krüger beträgt nach Meldungen aus zuverlässiger Quelle 16—20 Millionen Mk.. wovon der größte Teil an die Familie Eloff fallen wird. Das Geld ist zum überwiegenden Teil in europäischen Staatspapieren angelegt. Als Präsident Krüger Transvaal verließ, unterhandelte er noch wegen Verkaufs von beweglichem und unbeweglichem Besitztum im Werte von 6 Millionen Mark. Die Verhandlungen mußten jedoch abgebrochen werden, da Prätoria inzwischen von den Engländern eingenommen worden war.
London, 27. Juli. Die Prinzessin von Wales ist heute nach Neu-Strelitz abgereist zum Besuche ihrer Tante, der verwitweten Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz.
Zermatt, 28. Juli. Am Gabelhorn ist der Professor Denelius aus Innsbruck mit dem Führer Joseph Dembel aus Sulgen in Tirol infolge Steinschlags verunglückt. Beide sind tot.
Osterbey, 27. Juli. Präsident Roosevelt wurde heute formell davon in Kenntnis gesetzt, daß die republikanische Nationalkonvention ihn
Im Banne der Schuld.
Kriminalerzählung von A. Niköla.
S) Nachdruck verboten.
Alfons konnte die Fenster des Zimmers sehen, in welchem sein Vater den letzten Atemzug getan hatte; er konnte die mit einem weißen Kreuz bezeichnete Stelle sehen, wo derselbe vom Pferde gestürzt war, und er gelobte sich, daß ihn kein ähnliches Schicksal erreichen sollte.
Ehrfurchtsvoll entblößte der junge Erbe sein Haupt und sprach mit lauter Stimme: »Der Himmel bewahre mich vor dem Karbott'schen Fluche!"
Es war ein denkwürdiger Tag. Arm und Reich kam herbeigeströmt und das geräumige Schloß füllte sich mit Gästen; Park, Wiesen und Gärten belebten sich mit einer großen Menschenmenge.
Wenn gute Wünsche und frohe Gesichter das Glück des jungen Erben gesichert hätten, würde es ihn nie verlassen haben. Es war vielleicht der glücklichste Tag seines Lebens. Die Festlichkeiten dehnten sich bis zu später Nachtstunde aus.
Für den Abend hatte Frau Blanda den ganzen Landadel zu einem großen Ball geladen;, da sah Alfons viele schöne Frauen und Mädchen. Früher oder später müsse er sich unter diesen eine Gattin wählen, sagte seine Mutter lächelnd zu ihm. Aber er, dessen Herz noch von solcher Liebe unberührt war, küßte ihr liebes Gesicht und erwiderte, er werde nur heiraten, wenn er ein Mädchen finde, das ganz >hr Ebenbild sei.
Wenn Frau Blandas Blick auf sein schönes Msicht fiel, dachte sie oft, ob flhn wohl bald das Netz der Liebe umgarnen werbe. Man betrachtete ihn schon als einen der begehres- Artesten jungen Herren in der ganzen Gegend. Die Baronin von Wolde lud rhn auf ihr Schloß sin, Sie hatte vier mehr oder minder schöne
zum Präsidentschaftskandidaten nominiert habe. Als der Sprecher des Repräsentantenhauses, Cannon, ihm im Aufträge des Komites davon Mitteilung gemacht hatte, nahm Roosevelt die Nomination an und erklärte seine freudige .Zustimmung zu den Erklärungen und Grundsätzen der Konvention.
Zur Ermordung a». Plehwes.
Wie wir bereits in einem Teil unserer letzten Ausgabe durch folgendes Telegramm meldeten wurde der russische Minister des Innern mittels Sprengbombe getötet:
Petersburg, 28. Juli. Der Minister des Innern v. Plehwe wurde auf der Fahrt zum Warschauer Bahnhof durch eine Sprengbombe getötet.
Berlin, 28. Juli. Zur Ermordung des russischen Ministers v. Plehwe schreibt die Rordd. AÜg. Ztg.: „Die russische Presse begrüßte s. Z. die Ernennung v. Plehwes zum Minister des Innern mit besonderer Sympathie. Man hob namentlich seine persönliche Tätigkeit hervor, sowie die gründlichen Kenntnisse für die dem Minister unterstellte Verwaltung."
Die hiesigen Abendblätter sprechen sich fast durchweg sehr ungünstig über das System v. Plehwes und über die Eigenschaften des Ermordeten aus. Die Nat.-Ztg. schreibt: Nur zu entsetzen, nicht zu verwunderten vermag man sich über diese neueste grauenvolle Tat. Die Voss. Ztg. führt aus: Es hätte mit einem Wunder zugehen müssen, wenn der oberste Leiter selbst von dem blutigen Haß verschont geblieben wäre. Das Berl. Tagebl. schreibt: Der so schmählich Hingemordete war der Vertreter eines Systems der Willkür, das sich mit den Anschauungen moderner Menschen in keiner Weise mehr in Einklang bringen ließ. Dagegen urteilt die Kreuzz.: „Herr v. Plehwe war, wie selbst die Gegner seines Systems nicht bestreiten können, ein ganzer Mann, und dazu ein Mann mit einem Programm, an dessen Ausführbarkeit er ehrlich glaubte und von dessen Durchführung er die Gesundung Rußlands erwartete. Er konnte diesem Ziel zu lieb hart und rigoros sein, aber unzweifelhaft war er ein russischer Patriot."
Petersburg, 28. Juli. Im Ministerium des Innern wurde gestern abend eine Traner- messe für den ermordeten Minister v. Plehwe
Töchter und wünschte nichts sehnlicher, als daß
Alfons eine desselben heiraten möchte. Freifrau von Oenshofen besaß nur eine Tochter, die so schön war wie Diana; sie tat ihr Möglichstes, die jungen Leute zusammenzubringen. Die hübsche junge Witwe Toska von Hartenstein, die erst seit kurzem in der naheliegenden Villa Toska wohnte, wäre auch nicht abgeneigt gewesen, nähere Bekanntschaft mit jungen Schloßherrn Alfons von Karbott zu machen.
Das Auge einer jeden Frau ruhte mit Wohlgefallen auf seinen regelmäßigen schönen Zügen; aber noch war das Herz des jungen Erben frei von dem berauschenden Traum der Liebe.
Bisweilen freilich, wenn er mit der schönen Frau Toska tanzte, machte ein Blick aus ihren schwarzen Augen sein Herz schneller schlagen. Er erinnerte sich auch noch der zitternden Berührung, ihrer feinen, weichen Finger. Einmal, als er mit der schönen Alice, Freiin von Oenshofen, getanzt, hatte sie geseufzt, als der Tanz zu Ende war, und ihm traurig nachgeblickt, als er sie verließ. Wenn er mit ihr sprach, errötete sie bis ihr Gesicht einer zarten Rose glich; und , dieses Erröten hatte Alfons Herz mit Freude und Stolz erfüllt. Das war aber auch alles. Die vier Töchter von Wolde hatten seine Auf- merksamkeit auf andere Weise auf sich zu lenken gesucht; aber die Liebe und Alfons von Karbott blieben einander fremd.
Viertes Kapitel.
Das Wohnhaus in der Stadt war für den Empfang des jungen Schloßherrn und seiner Mutter hergerichtet worden.
Herr Alfons war anfangs nicht damit einverstanden gewesen. „Was liege ihm an dem Leben in der Residenz," hatte er gesagt, „er habe kein Interesse an Bällen Md Gesellschaften, er ziehe die Jagd und alle Vergnügungen im i Freien der Oper vor." >
abgehalten. Unter den zahlreichen Anwesende z befanden sich auch die fremden Botschafter und Gesandten. Dem Vernehmen nach ist der Mörder bei der Explosion selbst so schwer verletzt worden, daß es fraglich erscheint, ob er am Leben bleiben werde.
Petersburg, 29. Juli. Scnaton Dnrnowo, bisheriger Assistent Plehwe's, wurde zum inte- , rimistischen Minister des Innern ernannt.
Rußland und Japan.
Tokio, 28. Juli. General Oku berichtet, daß die japanische Armee bei der Verfolgung des Feindes am 26. ds. nördlich von Taschit- schiao vorgedrungen ist. Der Feind zog sich in nördlicher Richtung von Taschitschiao zurück. Niutschiaton steht in Flammen.
Berlin, 28. Juli. Aus Tientsin meldet der Lokalanzeiger: Die russische Mandschurei- armes ist im Rückzug auf Liaujang. Die Japaner rüsten sich jetzt zu einem allgemeinen Sturm auf Port Arthur, der mit 80 000 Mann unternommen werden soll. Sie hoffen, die Festung in den nächsten Tagen einnehmen zu können. Fremdländische Offiziere glauben aber, daß Port Arthur nicht vor Ablauf eines Monats fallen werde.
Suez, 27. Juli. Nach einer allgemeinen Anweisung sind alle nach Osten bestimmten deutschen Dampfer von dem hiesigen russischen Konsul mit Freipässen für das rote Meer versehen, für den Fall, daß sie mit russischen Kreuzern Zusammentreffen.
Verschiedenes.
Das starke und das schwache Geschlecht. Um zu bestimmen, wie viel die Muskelkraft des Mannes im allgemeinen die der Frau überwiegt, hat ein englischer Gelehrter vor kurzem eine Reihe von Versuchen gemacht, bei denen er die Energie des Handdrucks beim Manne und bei der Frau mit dem Dinamo- meter maß. Jede Versuchsperson mußte dabei erst mit der rechten, dann mit der linken Hand den stärksten Druck auf das Instrument ausüben, dessen sie fähig war. Bei 65 Männern im Alter von 25 bis 45 Jahren, die übrigens gewöhnlich keine Muskelübungen anstellten, betrug die mittlere Kraft 56 Kilo. Das Maximum, das festgestellt wurde, betrug 75 Kilo,
„Liebste Mutter," hatte er gebeten, „warum wollen wir die schönsten Monate in der Stadt zubringen? da es hier auf unserer Besitzung doch besser. Das Leben in der Stadt hat nun einmal keinen Reiz für mich."
Sie erwiderte ihm, daß seine Stellung dieses Opfer verlange. Er sei es der Gesellschaft schuldig, an deren Festlichkeiten teilzunehmen.
„Ist damit nicht nächstes Jahr noch Zeit, Mutter?" fragte er.
Wie sehr wünschte Frau Blanda, daß er sie nicht durch Küsse und Liebkosungen verleiten möge, seinen Wünschen zu willfahren! Sie wußte, daß, wenn er sein schönes Gesicht zu ihr herabbeugte und sie mit seinen lebhaften dunklen Augen ansah, sie nicht die Kraft hatte, ihm zu widerstehen.
„Nein, Nein," versetzte sie, „schmeichle mir nicht. Nächstes Jahr ist es vielleicht zu spät. Wer weiß, was bis nächstes Jahr alles geschehen kann!"
Während ihre Worte verhalten, konnte man in der Stille deutlich das Rauschen des Wasserfalles hören.
„Wie düster der Ton des Wassers heute abend klingt!" sprach sie mit leichtem Schauder und blickte ängstlich zu ihrem Sohn auf. „Nun, lieber Alfons, ich betrachte die Sache als abgemacht; wir gehen im Mai zur Stadt und kehren Ende Juni hierher zurück. Du mußt das Leben auch von anderer Seite kennen lernen, hier leben wir zu ruhig."
Selbst Frau Blanda freute sich darauf, nach so langer Abgeschlossenheit wieder einmal in die heiteren Gesellschaftskreise sich zu mischen, trotz des erwachsenen Sohnes an ihrer Seite sah sie noch so jung und schön aus, daß sie bald zu den jungen Schönen zählte.
Mutter Und Sohn wurden in der Residenz mit offenen Armen empfangen. Ach Hert Alfons fand größeren Reiz an den Gesellschaften und all dem Neuen und Interessanten, das da? Stadtleben bot, nachdem er es gekostet haste.