Karlsruhe, -15. Juli. Die Gesetzentwürfe betr. Verfassungsänderung wurde nach dem Kommissionsantrag mit allen gegen 6 Stimmen die der Sozialdemokraten und die Resolution einstimmig angenommen. Letztere lautet: Hohe zweite Kammer wolle die Großh. Regierung ersuchen, in tunlichster Bälde und spätestens bis zur gesetzlichen Einteilung der größeren Städte in Wahlbezirke eine Erhöhung der Zahl der Abgeordneten der Stadt Mannheim von 5 auf 6 und damit der Gesamtzahl der Abgeordneten der zweiten Kammer von 73 auf 74 im Wege einer Abänderung des § 33 der Verfassung herbeizusühren.

Riedlingen (A. Lörrach), 15. Juli. In hiesiger Gemeinde sind die Masern ausgebrochen: es sind etwa 16 Kinder davon befallen. Be­hördlicherseits wurde deshalb die Kleinkinder, schule geschlossen.

Mannheim, 14. Juli. Die Polzei ver- haftete einen 23 Jahre alten Hausierer von hier, der am letzten Sonntag in Stettin die 17 jährige Tochter des Gastwirts, bei dem er wohnte, entführt und zu seinen in der Neckarvorstadt wohnenden Eltern gebracht hat. Die Entführte wurde noch heute in ihre Heimat zurückverbracht.

Mainz, 18. Juli. Während geller» in der Umgegend von Bingen ein heftiger Neaen- fall niederging, leidet das übrige Rhcuih-ssen unbeschreiblich unter der fortwährenden H-tzc. Der reiche Bestand der Wälder und der üppige Behang der Obstbäume droht, wenn nicht sehr bald reichlicher Regen fällt, zu verdorren. Die Hitze erfordert in ganz Rheinhessen zahlreiche Opfer an Hitzschlägen. In Mainz sind in den letzten 24 Stunden 5 Hitzschläge vorgekommen.

Berlin, 16. Juli. Aus Kiel meldet das Berliner Tageblatt: Das Schulschisfgeschwader hat seine Auslandreise angetreten, die acht Monate dauern wird.

Berlin, 13. Juli. Der 8 Uhr-Ladenschluß scheint für Berlin gesichert. Im Polizeibezirk Berlin kommen etwa 8-9000 Geschäftsinhaber in Frage, und unter diesen ist die erforderliche ^-Mehrheit für den früheren Ladenschluß vor­handen.

Paris, 15. Juli. Am Abend des 13. Juli wurde die ordentliche Tagung des Parla­ments im Senat und in der Kammer für ge­schlossen erklärt und der Beginn der anßeror-

Rnstere Mächtt.

Novelle von Conrad vom Walde.

K) Nachdruck verbolc».

Die Vermögenseinziehung aber wäre nicht schlimm, wenn ich alles Scheidest anvertraute", sagte der General.

Dem", rief hier das Fräulein empört, welcher mich nur um der Rubel willen hei­raten will? Diesem Selbstsüchtigen?"

Mein Himmel", entgegnete der General ich wußte das nicht."

Prüfeihn erstund sage, alles sei verloren!"

Ja, gewiß, aber"

Im klebrigen vertraue alles mir an, oder, ist das gefährlich, Herrn Engelbrecht!"

Der Greis blickte nach oben.

Den Gedanken gab Dir der Himmel. Mädchen!"

Sie schüttelte den Kopf.Aber eins ist wichtiger, Papa: wie Du Dich rettest!"

O, ich danke Dir," entgegnete er und seine > Stimme zitterte,ich werde mich dahin flüchten, - wo mich weder des Zaren Hand, noch der Dolch der Nihilisten erreicht"

Und ich gehe mit Dir, Papa!"

O nein", entgegnete er dumpf,das geht nicht, doch darüber später."

Hier stürzte Scheibest herein, Nadine stand in der Fensternische, Sulkowsky empfing den i Rittmeister hoch aufgerichtet.

Mein lieber Alexe!", sagte er tonlos,es > Naht uns eine schwere Stunde. Ich bin wegen Festnahme am Treiben der Nihilisten ver­kannt, mein Vermögen beschlagnahmt. j

Scheibest stand sprachlos da und entgegnete ^ dann:Wie, Sie sind Nihilist?" >

,,Sie hören es!"

Da drehte Scheibest sich herum und entgeg- betelEine Verbindung mit Ihrem Hause ; N>ürde mir in diesem Fall nicht nur die Un­gnade meines obersten Kriegsherrn zuziehen,

! deutlichen Herbstsession auf Mitte Oktober an- l gesetzt. Beide Häuser beschäftigten sich in aller ! Eile mit den vier direkten Steuern, die ange- - nommen werden, was eine neue Vertagung der Einkommensteuer um wenigstens ein Jahr be­deutet.

Paris, 16, Juli. Der Nachlaß des Präsi­denten Krüger wird auf 10 Millionen Franks geschätzt. Dieses Vermögen soll unter verschie­denen Namen in europäischen und amerikanischen Banken deponiert sein.

Paris, 13. Juli. Der Senat nahm den von der Kammer bereits genehmigten Geseßent- wurf a», wonach die Einfuhr tunesischen Getreides in Frankreich zollfrei sein soll, sobald die Einfuhr von fremden Getreide in Tunis mit dem fran­zösischen Mindestzollsaß belegt ist.

Rom, 15. Juli. Der Papst soll ein Dekret vorbereiten, das den geistlichen Orden verbietet, sich mit Handel und Industrie zu befassen. Der Papst wünscht, daß die Ordensleute, die Fabrikation irgend welcher Art betreiben, diese sowie die Fabrikmarke und das Fabrikgeheimnis an Laien-Gesellschasten abtreten, damit die Orden mehr als bisher ihre religiösen Aufgaben er­füllen können.

Bukarest, 16. Juli. Blättermeldungen zufolge wurde auf der hiesigen serbischen Gesand-- schaft eine große Defraudation entdeckt. Der eine der Defraudanten, Kannowitsch, entleibte sich nach der Entdeckung. Der andere wurde entlassen, um jedes Aufsehen zu vermeiden.

London, 16. Juli. Die Temparatur betrug gestern 85 Grad Fahrenheit im jSchatten und 140 Grad in der Sonne. Zahlreiche Todesfälle sind norgekoinmen.

Marseille, 16. Juli. In einer Werkstätte für Herstellung elektrischer Zünder in St. Martin de Crau wurden durch eine Explosion 3 Frauen getölet und 6 schwer verletzt.

Fiume, 15. Juli. Bei einer Vergnügungs- sahrt auf dem Meere kippte eine Barke, in welcher sich ein junges Ehepaar befand, um. Das Ehepaar und der die Barke bedienende Matrose ertranken.

Portsmuth, 16. Julii Ein englischen Dampfer ist mit dem Torpedopoot 109 auf der Rhede von Portsmouth zusammengestoßen. Das Torpedoboot wurde zertrümmert. Die Mani schast konnte gerettet werden.

sonder» auch meine Person in den Strudet mit

hinabziehen."

Er zog den Ring Nadines vom Finger und legte ihn auf das nächste Tischchen, indem er heiser sagte:Ich hebe das Verlöbnis aus und erbitte mir von Fräulein Nadine den eigenen Ring zurück."

Jetzt trat Nadine vor. Hoheitsvoll warf sie das Schaustück dem Rittmeister vor die Füße und sagte:Pfui, Herr Scheidest, das sieht Ihnen ähnlich! Dem Himmel sei Dank, daß Ihnen noch früh genug die Maske vom Gesicht gezogen wurde."

Sie klingelte, Suschu trat ein.

Suschu", gebot sie,reiche dem Herrn Rittmeister den Ring dort auf dem Teppich und geleite ihn zum Schlosse hinaus."

Sie wendete sich dem Vater zu und schluchzte, chm um den Hals fallend, tief auf.

Scheibest ging stumm von dannen.

Als er fort war, schob Sulkowsky sie sanft i von sich und sagte:Ich muß stark bleiben; gehe auf Dein Zimmer und suche Suschu, daß ! er Herrn Engelbrecht wieder schickt."

Er trat an den Schreibtisch und ordnete > Papiere, hierbei überraschte ihn Wladimir.

Was ist geschehen, Exzellens," rief er. i

Viel, sehr viel, hören sie."

Er erzählte und verhelte ihm nichts. l

Sie müssen fliehen," riet Wladimir.Ich will" i

Ja, er, welcher an dem General sich rächen ! wollte, war jetzt bereit, ihn zu retten. !

Sulkowsky schüttelte abweisend den Kopf. l

Es ist schon alles bestimmt; ich weiß einen I sicheren Platz. In diesem Kasten hier ist mein l Vermögeu.,Jhnen vertraue ich es an, beiJhneU l

werden die'Kosäkön nicht suchen." :

Nein, nein!" !

Seien Sie meiner Tochter ein treuer i

Freund," !

Das verspreche ich." '

Suschu soll Muratschew bereit halten." ;

Schweiz.

Die nenc Militärorganisation.

Bern, 15. Juli. Das Militärdepartement ' veröffentlicht den Entwurf der neuen Militär­organisation. Nach diesem Entwurf umfaßt der Auszug in Zukunft die diensttaugliche Mann- schast vom 20. bis zum 33. Jahr, die Land- wehr diejenige vom 34. bis zum 39. Jahr, der Landsturm diejenige voni 40. bis zum 50. Jahre.

Es wird eine Gebirgsinfanterie bestehend aus sechs Regimentern Alpenjäger zu zwei bis drei Bataillonen geschaffen. Im Frieden wird von der Bildung von Armeekorps Abstand ge­nommen. Die Kriegsgliedernug des Heeres wird vom General festgesetzt. Im Frieden werden bloß zwei bis drei Armmeekorps-Kom- mandos gebildet. Es werden 6 Divisionen ge­bildet, bestehend aus drei Jnfanteriebrigaden zu drei Regimentern, zu drei Bataillonen und aus einer Kavallerie- und einer Artilleriebrigade.

Eingeführt werden jährlich mindestens 60 Unterichtsstunden. Die Dauer der Rekrutcn- schulen wird auf 80 Tage für Kavallerie und 60 Tage für die übrigen Waffengattungen fest­gesetzt. Für die Infanterie bedeutet dies eine Perläugerung der Dienstzeit um 15 Tage.

Die ersten acht Jahrgänge des Auszuges haben einen jähr! che» Wicderhvluugskurs von ll Tagen zu bestehen; daran schließt sich rin weiterer Wiederholungskursus von 11 in der Landwehr. Die Verwaltung wnd möglichst in Divisionskreise dezentralisiert.

Rußland und Japan.

Petersburg, 14. Ink Die Japaner benützen im Arlilleriekampf einen eigenartigen Trick, der ihnen gleich Son vornherein einen großen Vorteil über die Russen verschafft. Sie bringen nämlich eine Anzahl hölzerner Geschütz- uachahmnugi'u in die Feuerlinie, die durch ent­sprechenden Anstrich täuschende Ähnlichkeit mit wirklichen Geschützen erhalten, und postieren sie so, daß sie die Russen leicht bemerken können. Diese eröffnen natürlich sofort das Feuer gegen die hölzernen Batterien und demaskieren ihre Stellungen, sodaß die Japaner bald heraus- sinden, wohin sie ihr Feuer zu richten haben. Die kurze Zeit, welche die japanische Artillerie dadurch im Feuergesecht voraus hat, genügt bei ihrer auße,ordentlichen Treffsicherheit oft, um entscheidende Erfolge zu erringen.

Dieses Tier?"

Ja, es ist ausdauernd."

Möchten Sie sich vorher nicht ein wenig stärken?"

Ja, Suschu soll Wein bringen. Bitte rufen Sie meine Tochter.

Nadine kam.

Mein Kind," sagte der General weich, ich habe Herrn Engelbrecht als Hüter unseres Ver­mögens bestellt. Er wird Dir treu ergeben dienen."

Ja, das werde ich, gnädiges Fräulein," betonte Engelbrecht und sah Nadine glutvoll an.Und Herr von Scheibest?"

Die Verbindung ist gelößt," erwiederte Nadine tonlos und mit abgewendetem Gesicht.

Ha," entfuhr es da Wladimir,das Schiff wird von den Ratten vor dem Sturm ver­lassen."

So ist cs," bestätigte der General.Kind, nun vorläufig Lebewohl! Wir sehen uns noch.

Sie ging schwankend, Suschu stellte den Wein auf den Tisch.

Noch ein Glas!" gebot der General. Suschu gehorchte und verließ dann das Zimmer.

Setzen Sie sich, Herr Engelbrecht," sagte die Exzellenz, wanderte aber dabei auf und ab. Jetzt blieb Sulkowsky stehen. Er füllte die Gläser mit fester Hand.

Sehen Sie, Herr Engelbrecht," sagte er darauf dumpf,Sie haben etwas von mir ge­halten, aber ich will nicht besser in Ihren Augen dastehen, als ich bin. Ich habe niemals, bis ich Sie gesehen, Selbstlosigkeit gekannt; mein Götze war die Selbstsucht! Wer diente ihr nicht in Rußland? Und doch, ich beging keine ehrlose Tat bis auf eine, und die ruht wie ein Fluch auf meinem Leben. Ich kannte einst ein Mädchen, ich liebte es und ein andrer entriß es mir. Ich besaß eine leiden­schaftliche Natur, ich beschuldigte ihn, der mir im Wege gestanden; er wurde verbannt. Und jetzt trifft mich dasselbe unheilvolle Schicksals