^air»), 22. Juni. Mit Hinterla^ung ge­waltiger Schulden ist der Weingroßhändler Fritz Haas, Inhaber der Firma Fritz Haas u. Co., verschwunden. Ueber das Vermögen wurde heute vormittag der Konkurs verhängt.

Kiel, 22. Juni. Um 6 Uhr wohnte der Kaiser der Enthüllung des Demkmals für Friedrich Krupp, welches vor dem Gebäude des kaiserlichen Jachtklubs Aufstellung gefunden hat, bei.

Metz. Vor einiger Zeit hatte der Bischof Benzler hier den Friedhof des Dorfes Fameck mit dem Bann belegt, weil ein Evangelischer in ihm beerdigt worden war. Der Fall erregte das größte Aufsehen. Zuletzt fühlte der Bischof sich veranlaßt, den Bann Zurück zunehmen. Bald darauf kam der Kaiser nach hier und be­fahl den Bischof Benzler zu sich. DieLeipz. Neuest. Nachr." teilen nun mit, daß der Kaiser zum Bischof folgendes gesagt haben soll:Sie verfluchen mir einen Kirchhof, ein Stück deut­sches Land, über das ich zu wachen habe. Merken Sie sich, Herr Bischof, daß es der deutsche Kaiser niemals dulden wird, daß Flüche der Unduldsamkeit auch nur einen Fuß breit des heiligen deutschen Bodens entweihen. Wenn nun Gott es fügte, daß ich hier stürbe und irgend welche Gründe verhinderten eine Ucber- führung in die Gruft meiner Ahnen, so daß mein sterblich Teil hier der Erde übergeben werden müßte, dann müßte ich denken, daß Sie über den Gottesacker, der meinem Leib eine Ruhestätte beut, Ihren gotteslästerlichen Fluch sprechen werden, vielleicht gar dazu verpflichtet wären, nach den Satzungen ihrer Kirche. Mir sind die Augen geöffnet worden durch ihren Bannfluch, Herr Bischof. Bemühen sie sich nicht um eine Rechtfertigung, es gibt keine Ent- schuldigung für ihr Vorgehen." Das genannte Blatt fügt dieser Mitteilung noch hinzu, daß die Authentizität dieser Worte nicht festgestellt sei, aber man müsse es für wahr halten, wenn man in Betracht ziehe, in welch niederge­schlagener Weise der Bischof die Bahnhofshalle, den Ort der Unterredung, verlassen habe.

Hamburg, 23. Juni. Der König von England wird, wie nunmehr feststeht, die Stadt Hamburg am 28. Juni besuchen.

Berlin, 23.Juni. DerBerl. Lokalanz." meldet aus Wien: Ein bei Meierling plötzlich

verstorbenes Kind der Bäuerin Harter nnr^e exhumiert. In dem Körper wurden Schwefel' und Pposphorspuren gefunden.. Die Mutter wurde verhaftet. Sechs früher in höchst ver­dächtiger Weise verstdrbene Kinder werden eben­falls exhumiert.

Tarent, 22. Juni. In der letzten Nacht stießen in den hiesigen Gewässern das Torpedo­boot 68 und ein Torpedofahrzeug dritte Klaffe zusammen. Letzteres, ein zwanzig Jahre altes, nur für Hafenzwecke dienendes Boot, sank. Von der Besatzung ertrank ein Matrose. Die Bergungsarbeiten sind^im Gange.

Neuyork, 22. Tuni. Die Zahl der auf­gefundenen Leichen der bei der Dampfer- Katastrophe ums Leben gekommenen Personen beträgt 860. Vermißt werden noch 200.

Petersburg, 22. Juni. Ein Mas des Zaren ordnet an, daß diejenigen unehlichen Kinder, deren Väter im gegenwärtigen Kriege gefallen sind, Anrecht auf eine Pension haben, wenn die Väter zu Lebzeiten sie unterstützten. Mit andern Worten: Wenn der Vater sie an­erkannt und für sie gesorgt hat, so wird nach dessen Tod auch das Gesetz diese Kinder aner­kennen.

Rußland und Japan.

St. Petersburg, 23. Juni. Ein Tele­gramm des Generaladjutanten Kuropatkin an den Kaiser von gestern besagt: Die Vorposten­linie des Gegners erstreckte sich am 19. und 20. d. M. südlich von Sseniutschan von der Küste bis zu einer schwerpassierbaren bergigen Gegend östlich von der Eisenbahnlinie. Die Vorpostenlinie besteht aus dichten Kavallerieab­teilungen und Jnfanteriefeldwachen. Die Pässe im Osten der Eisenbahn werden vom Gegner ebenfalls sorgsam bewacht. Am 20. Juni um 5 Uhr nachmittags bemerkte man, daß starke seundliche Kavalleri- und Jnfanteriepatrouilen, sowie Infanterie und Kavallerie vorrückten. Wir hatten in den Scharmützeln keine Verluste; auf japanischer Seite wurden mehrere Mann getötet und verwundet; ferner wurde eine Vermehrung der japanischen Streitkräfte im Süden von Wandsiapudsa festgestellt.

London, 23. Juni. Dem Reuterschen Bureau wird aus Liaojang von heute gemeldet: General Kuropatkio hat nunmehr persönlich die Führung der Armee übernommen.

Berlin, 23. Juni. Mrd, besichtigte aus St. Petersburg gemeldet hxZ er>ren General Kuropatkin die Truppen baldiges Armeekorps und sagte dabei: "Auf Japanern Wiedersehen! Wir müssen mit den zurück­fertig werden, anders können wir nicht ^arte kehren." Die Truppen beantworteten die E, mit entlosem Jubel. Kuropatkin verteilte söhnlich Auszeichnungen an die Ritter des Geo^' kreuzes, sowie 250 Auszeichnungen für Tapf ' keit vor dem Feinde.

Unruhen in Deutsch-Südwestafrika.

Berlin, 23. Juni. Der Deutschen Tages­zeitung wird von kolonialer Seite geschrieben, es würden wohl noch 2000 Mann nach Süd­westafrika ausgerüstet und abgesand werden. Amtlicherseits mache man noch ein Geheimnis daraus, obwohl die Erfahrung schon unzählige Male gelehrt habe, daß solche Geheimnisse nicht zu bewahren sind. Die Ausrüstung müsse auch sogleich beginnen.

Verschiedenes.

Ist das Flirten ein Verbrechen?

Wenn hübsche Pasfagierinnen an Bord eines Schiffs stierten, so ist ihnen daraus kein Vor­wurf zu machen. .So entschied der Kommissär Williams von der Einwandererbehörde in Neuyork. Carlotta Fragano, eine Passagierin der dritten Klaffe, welche auf dem Dampfer Königin Luise" des Norddeutschen Lloyd in Neuyork ankam, ward von Inspektoren der Einwandernngsbehörde vor den Kommissär nach Ellis Esland geführt, weil einige ihrer Mit- pasfagierinnen sie beschuldigten, sie habe während der Reise stark geflirtet. Carlottas Bruder, der sie begleitete, protestierte gegen die Anklage, und behauptete, die andern Frauen und Mädchen seien nur eifersüchtig gewesen, weil Carllotta bei den jungen Leuten an Bord des Dampfers so sehr beliebt gewesen wäre. Carlotta fragte, ob der Flirt in Amerika etwa als ein Verbrechen angesehen wäre. Kommissär Williams entschied, daß dies nicht der Fall sei, und entließ Carlotta ohne Vorwurf.

Die kleinsten Soldaten der Welt sind die Japaner. Das soll daher kommen, daß sie von klein aus 'auf Matten hocken, anstatt auf

In der Heuernte.

Skizze von G. Frey.

Nachdruck verboten.

In einem romantischen Schwarzwaldtale war Jung und Alt mit der Heuernte beschäftigt. Wohin das Auge blickte, überall emsiges Treiben, gleich den Ameisen, die sich mit dem Bau ihrer Nester beschäftigen.

Aus dem nahen Badestädtchen kamen zu Fuß ganze Trupps Kurgäste, und mit Wohl­behagen schlürften sie die würzigen Düfte des frischen Heues ein.

Es ist um die heiße Mittagsstunde. Im allgemeinen ruht die Arbeit ein wenig. Auf einer fast einsam gelegenen Waldwiese jedoch, steht in schlichtem, aber sauberen Arbeitskleide noch eine schlanke Bauerntochter, eifrig bemüht, bas Heu auf Haufen zu machen.

Es ist des Löwenwirts Gretchen, ein braves fleißiges Mädchen, dafür ist sie in der ganzen Umgegend bekannt. Aber auch viel umworben von jungen heiratslustigen Burschen, und jeder hätte wohl gern das blonde Gretchen, mit dem anmutigen rosigen Gesicht und den langen, dicken Haarflechten, als seine Braut heimgeführt.

Doch davon wollte Gretchen Damm nichts wissen. Warum wohl? Waren es doch die schneidigsten Bauernburschen, zum Teil sehr reich, die um ihre Gunst warben! Sie wußte es wohl selber nicht recht.

Gretchen hatte ihre Feldarbeiten beendet. Rachdenkend stützte sie sich auf ihren Heurechen. Die Sonne sendet ihre freundlichen Strahlen Wohlwollend hernieder auf das geschäftliche Ge­webe der Menschen. Milchweiß glänzt die, Ut an der Wiese des Löwenwirts vorüber- slihrende Landstraße, inmitten der üppigen Flu- M, Und Gretchen schaut uttoerwand träumerisch dieselbe hinunter» nach der Richtung zu, in wel- Her die Stadt liegt.

Hbm henkt sie darüber nach, wie doch das

Leben so Arbeitsreich und mühevoll ist und an

ihrem Geist läßt sie nochmals die schönen und ungetrübten Kinderjahre vorüberziehen. Beson­ders fesselt sie auch heute wieder das lieb­reizende Bild, wie sie als 12jähriges Mädchen hier auf dieser Wiese so manchesmal in den duftenden Heuhaufen gespielt hat, in Gesell­schaft des lebhaften, etwas älteren Viktor Steffen.

Dieser war der Sohn eines berühmten Arz­tes und in seinen Kinderjahren weilte er faßt jedes Jahr hier, gewöhnlich in der Heuernte­zeit. Sein Vater, ein Witwer, hatte das idillische Wiesental, mit seinen wenigen Häusern, dem nahen Badestädtchen zu Erholungszwecken vorgezogen und fein Quartier hier imLöwen" aufgeschlagen.

Der kleine Kurgast fühlte sich bald heimisch und es dauerte gar nicht lange, da schlossen der lebhafte Stadtjunge und das etwas bescheidene Landkind herzliche Freundschaft miteinander. Ja, im Laufe der Jahre verstanden sich Gret­chen und Viktor besser, als manche Geschwister. Jedes Jahr gab es Tränen beim Abschied des kleinen Kurgastes.

Mit 14 Jahren war dieser zum letztenmal zur Erholung hier geweilt. Jetzt sollten seine Studienjahre beginnen. In seinem kindlichen Eifer hatte er beim Abschied seiner kleinen Freundin feierlich versprochen, nach vielen Jah­ren, wenn er einmalDoktor" sei, wieder zu kommen, und dann wolle er sie als seine Frau mitnehmen in fremde Länder, in das schöne Italien und in die bergige Schweiz. Dann dürfe sie nicht mehr arbeiten, wie hier oben aus dem einsamen Schwarzwald. Und in der glücklichsten Stimmung, wie sie eben nur Kinder haben können, nahmen die beiden damals Ab­schied von einander.

Zehn lange Jahre wareti seitdem ins Land gegangen. Zehnmal war Heuernte gewesen! Viktor Steffen aber hatte nichts mehr von sich hören lassen.Es war ja alles nur Kinderei gewesen," das hatte Gretchen Damm längst ein­

gesehen. Und dennoch mußte sie immer und

immer wieder an diesen Viktor Steffen denken, obgleich sie sich manchesmal im stillen vornahm, nicht mehr den schönen Kindertraum zu träumen, nicht mehr Erinnerungen an ihn wachzurufen.

Auch in dieser Mittagsstunde schweifen ihre Gedanken mehr denn je aus diesem Gebiet, und sie hätte wohl noch eine Weile länger davon geträumt, wenn sie nicht ein Wagengerasfel auf- geschreckt hätte. Auf der staubigen Landstraße kam von der Stadt her eine Droschke, in wel­cher ein elegant gekleideter junger Mann platzierte, dessen hübsche Erscheinung unser Gretchen für einige Augenblicke fesselte.

Freundlich grüßte er das überraschte Land­mädchen durch ein leichtes Nicken des KopfeS» dann fuhr er weiter. Gretchen aber sah dem Gefährt noch lange nach, wobei sie sich selbst die Frage vorlegte, wer wohl der nette, freund­liche Herr gewesen sei? Eine Lösung dieser Frage konnte sie jetzt nicht finden.

Acht Tage später wußte des Löwenwirts Gretchen nicht nur, daß jener feine Herr kein anderer war als Viktor Steffen, der junge Arzt, sondern sie wußte noch mehr. Sie war ja seine kleine, süße Braut und im nächsten Jahr, wenn es wieder Heuernte ist, wird sie seine liebe Frau werden! So hatte er ihr mit vollem Ernst versprochen, als er wieder fort­ging, der gute, treue Viktor!

O, wie glücklich war sie doch» das ve,, dene» gutmutige Landkind!Noch ein I dann würde ihm seine Praxis eine gnte Exis gesichert haben," so sagte er beim Fortge! und dann würde sie es gut bei ihm haben In der Heuernte," jubelte es laut in ih kleinen Herzen»ach, wenn nur schon wi> Heuernte wäre!"In der Heuernte," flüstei ihr die fröhlich tanzenden Mücklein zu und flatternden Schmetterlinge, welche sie reick artig umgaukelten.