zügewendet haben, so z. B. Pros. Schwettniger, der Leibarzt des verstorbenen Fürsten Bismarck, eine Anzahl Sanitäts- und Geheimräte. Hat ja doch unlängst die Entschließung Sr. Königs. Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen, seine Kinder in eine bekannte Naturheilanstalt zu schicken, welche dort Hilfe und Heilung fanden, allenthalben berechtigtes Aufsehen erregt. Jedenfalls ist die Naturheilbewegüng sehr beachtenswert und man . ist mit Recht auf den Vortrag des Herrn Guido Pickert aus Plauen i. V. in hiesigen Kreisen gespannt.
* Heute Samstag, abends 8 Uhr findet im Gasth. z. „gold. Ochsen" hier, eine kinema to- graphische Aufführung des Deutschen Flottenvereins statt. Eine Fülle des Interessanten aus dem Leben zur See wird hier mittelst der lebenden Photographie den Zuschauern vorgeführt werden und möchten wir hierauf an dieser Stelle noch besonders aufmerksam machen mit dem Bemerken, daß auch Damen bei den Vorträgen willkommen sind. Das Eintrittsgeld von 50 Pfg. für I. Platz und 20 Pfg. für U. Platz ist sehr niedrig festgesetzt und trägt nur einen bescheidenen Teil der bedeutenden Kosten der vom Deutschen Flottenverein durch ganz Deutschland veranstalteten Vorführungen. Der Deutsche Flottenverein ist kein politischer Verein. Er hält sich fern von jeder Parteipolitik. Er bezweckt nur Weckung und Förderung des Interesses und Verständnisses aller Volksschichten für die Aufgaben der Kriegsflotte, für die Bedeutung des überseeischen Handels und Verkehrs, für unser gesamtes wirtschaftliches Leben und für die Weltmachtstellung des Deutschen Reiches. ^
Pforzheim, 23. März. Dienstag vormittag stürzte sich ein lOjcihriges Lehrmädchens aus dem Fenster einer Fabrik im dritten Stock eines Hauses der Weiherstraße aus Furcht vor einer elterlichen Bestrafung. Das Mädchen fiel erst auf das Dach einer Remise, glitt von da langsam ab und schlug darnach auf einen großen Kohlenhaufen auf.
Pforzheim, 23. März. Die Pforzheimer Industrie auf der Weltausstellung in St. Louis. Die hiesige Bijouterieindustrie wird auf der amerikanischen Weltausstellung 1904 sich nicht in einer Kollektivausstellung beteiligen, persönliche Bemühungen des jReichskommissars Lewald scheiterten an der geringen Beihilfe des Reiches und Badens sowie namentlich an der Erwägung' daß eine solche Darbietung den Amerikanern schließlich doch blos die Kopierung unserer einheimischen Muster in der Bijouteriefabrikation erleichtern und damit ihre Konkurrenz doppelt gefährlich machen könnte. Gleichwohl kommt eine Kollektion einzelner hiesiger Fabrikanten zustande. Auch die hiesige Kunstgewerbeschule wird durch wertvolle Arbeiten ihrer Lehrer rühmlichst vertreten sein.
Der Schatten.
Erzählung von C. Tilstoi.
Nachdruck verboten.
„Cs scheint grimmig kalt draußen", sagte Kati. „Wo wohnt denn dieser Mensch?"
„Am Peter-Pauls-Quai 209 in der vierten Etage."
,,O weh!"
„Ja, es ist weit!"
„Mußt Du denn jetzt fort?"
„Nein, eine Stunde habe ich noch Zeit! Der Vogel muß erst im Neste sein."
„Aha! So hättest Du noch Zeit für eine Partie Schacht?"
„O ja!"
„Jeschka, das Schachbrett und Zubehör!"
„Jawohl, Herrin!"
Sie stellte beides hin.
„Nun mache ein Glas Punsch! Im Schränkchen dort steht Arrak. Nicht zu stark!"
Sie machte ihr-ein Zeichen.
„Ja, Herrin I"
Nach ein paar Sekunden steckte sie den Kopf durch die Tür:
„Herrin der Arrak ist
„Nicht dort? — Ich komme! ----- Verzeihe," vat sie den Leutnant; „ich erlaube Dir eine Zigarre i"
Ein Griff in sein schönes Haar, und sie war hinaus.
Tages- Nachrichten.
Stuttgart, 25. März. Infolge der an den Seminarien zu Eßlingen, Nagold und Nörting vorgenommenen Dienstprüfung sind 108 Kandidaten für befähigt zur Versetzung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen erklärt worden.
Heilbronn, 24. März. Der Gemeinderat bestimmte heute im Einverständnis mit dem Kgl. Oberamt und dem neugewählten Stadtschultheißen Dr. Göbel in Stuttgart als Termin der Amtseinsetzung des letzteren den Samstag, den 23. April.
Vom Oberlande, 23. März. Der bei der Bahn verwendete Militäranwärter Schmidt stieg in Albdruck in einen falschen Zug in der Meinung, derselbe fahre nach Konstanz. An der Abzweigung der Konstanzer Linie sprang Schmidt aus dem Zuge und fiel zwischen die Geleise, wo er bewußtlos liegen blieb. Von dem nachfolgenden Konstanzer Zuge wurde der Unglückliche überfahren, sodaß man ihn später nur noch als Leiche vorfand.
Lörrach, 23. März. Ein eigentümlicher Streik besteht seit etwa 14 Tagen bei dem hiesigen Amtsgericht, ein Streik ;der Rechtsanwälte. Um einen Amtsrichter wegzubekommen, der ihre Tätigkeit und ihr Ansehen bei dem rechtsuchenden Publikum durch die Art seines Verhaltens gegen die RechtsanwälteMrer Ueberzeugung nach beeinträchtigt hatte, haben laut „Schw. Merkur" sämtliche fünf bei dem hiesigen Amtsgericht zugelassenen Anwälte die Uebernahme der Verhandlungstätigkeit vor diesem Richter eingestellt und sich in einer Eingabe an das Landgericht zur Beseitigung der Mißstände gewandt. Das dienstlich Vorgesetzte Landgericht hat bereits die Untersuchung der Angelegenheit ausgenommen. Tie Streikenden lassen sich entweder durch Rechtsagenten bei den Civilprozessen vertreten oder vereinbaren als Gerichtsstand das Landgericht in Freiburg.
Heidelberg, 24. März. Der Großherzog hat die dem Rechtsanwalt Dr. Bauer und dem Leutnant d. R. Karlowa hier — wegen Herausforderung des hiesigen Zentrumsführers Oberamtsrichter Schott zum Zweikampf bezw. wegen Kartelltragens — durch Kriegsgerichtsurteil vom Oktober v. I. zugesprochene eintägig? Festungshaft im Gnadenwege in Stubenarrest von gleicher Dauer umgewandelt. Der Kaiser hatte das Kriegsgerichtsurteil bestätigt, dem Großherzog aber die Begnadigung janheimgestellt.
Karlsruhe, 24. März. Die im Lauterbergsee aufgefundene Leiche ist nachträglich als die des 22 Jahre alten Dienstmädchens Anna Maria Steeb aus Bössingen, das hier in Stellung war und seit 18. v. Mts. vermißt wurde, agnosziert worden.
In fliegender Hast schrieb sie ein Billet!
„Fliehe, man will Dich heute abend verhaften! Anbei 100 Rubel. R."
„Dieses bringe meinem Bruder — hier die Adresse — warte, bis Du ihn selbst triffst!"
„Ich verstehe!"''
„Nimm einen Wagen!"
„Jawohl."
„Verlasse ihn drei Häuser vorher!"
„Ja, Herrin!"
„Nun fort!"
Die Zofe verschwand. Einen Augenblick später brachte Kati den Punsch herein, nachdem sie vorher einige Tropfen von einer farblosen Flüssigkeit hineingeschüttet hatte.
„So mein Paul," sagte sie, „nun trinke!"
Er tat's, auch sie nippte; dann begann die Partie.
Paul Upaschin stützte bald den Kopf auf.
„Der Punsch ist zu stark, Kati; der Arrak schmeckt strenge!"
„Und Du bist abgespannt!"
„Allerdings!"
Die Lider fielen ihm schon zu.
Mit einem Seufzer der Erleichterung sah es Kati; dann als sein Kopf ihm auf die Brust sank, sagte siet
„Gort sei Lank — er ist gerettet!"
Jeschka war inzwischen am Ort ihrer Bestimmung angelangt.
Herr Fedör Voritsch saß mit zwei jungen Männern am Tische, nnd alle drei zechten.
Karlsruhe, 24. März. Die Umlagen sind in den Städteordnungsstädten wie folgt festgesetzt: Offenburg 70 Pfg., Konstanz 69 Pfg., Lahr 60 Pfg., Mannheim 57 Pfg., Baden 53 Pfg., Bruchsal 51 Pfg., Heidelberg 50 Pfg., Karlsruhe 48 Pfg., Pforzheim 47 Pfg., Freiburg 40 Pfennig?
Berlin, 24. März. Nach dem russischen Handelstelegraphenbureau wird am 2. bezw. 15. April zwischen Rußland einerserts' und Frankreich, Deutschland, Oesterreich und der Schweiz andererseits der Postanweisungsverkehr eingeführt. Die höchste Summe für die Anweisungen sind 100 Rubel.
Paris, 24. März. Pellerin, Sanitätsbeamter bei den Kolonialtruppen, erschoß gestern in einem Anfall von Verfolgungswahn in Argen- teuil bei Paris zuerst seine Schwester, ging sodann nach Paris in das Kolonialministerium, wo er einen Rechnungsbeamten lebensgefährlich verletzte und entleibte sich dann selbst durch einen Revolverschnß.
Unruhe» iu Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 23. März. Der amtliche Gouver- nementsbbricht vom 29. Januar des Stellvertreters des Gouverneurs neigt der Ansicht zu, daß der Aufstand auf die seit längerem unter den Hereros herrschende Gährung zurückzuführen sei, die größtenteils durch das vielfach gewalttätige Auftreten der Wanderhäudler beim Eintreiben non Forderungen heroorgerufen wurde. Die Ermordungen geschahen zum Teil mit viehischer Grausamkeit unter Verstümmelung der Leichnahme. Am 25. Januar fingen die Hereros einen Außboten des Gouvernements mit einem Telegramm an die Kolonialabteilung über die damalige Lage ab. ->
Berlins 23. März. Nach einer Meldung des Gouverneurs von Puttkamer aus Kamerun breitet sich der Aufstand am Croßflusse auf englisches Gebiet aus. Die englische Zollstation Obokum wurde am 10. März angegriffen. Oberst Müller mit zwei Kompagnien beherrscht vom Croßflusse aus die Lage.
Rußland und Japan.
Berlin, 24. März. Mehrere Morgenblätter bringen die noch unbestätigte Meldung, wonach am 18. März außerhalb Port Arthurs eine Seeschlacht stattgefunden habe. Ein großes russisches Schlachtschiff sei von den Japanern in den Grund gebohrt worden.
Suez, 24. März. Der russische Dampfer „Malaga", nach Odessa bestimmt, ist heute in den Kanal eingelaufen. Er hat 6 Offizier und und 262 Mann an Bord, die das englische Kriegsschiff „Talbot" von dem russischen Kreuzer „Wörjag" rettete. Die Leute trugen die Kleider, die ihnen von den englischen Matrosen gegeben worden waren.
„Die Polizei hat keine Ahnung!" lachte
der eine.
„Daß es schon so weit ist!" lachte der zweite.
„Und daß ich das Werk ersann!" fügte Fedor bei.
Da klopfte es.
„Ach, Jeschka!" rief Fedor ahnungsvoll. „Was gibt's?'h
Er las den Zettel, winkte Jeschka Lebewohl zu und sagte:
„Ich reise sofort nach Riga ab, Freunde; die Sache ist verraten. Man will mich heute nacht hier verhaften! Macht Euch davon!"
Hei, wie sprangen sie! Fedor aber griff zum Reisesack und Pelzmantel, zum Dolch und Revolver. Jetzt erlosch das Licht, dann stieg ein Herr die Treppe hinab, nahm einen Wagen und fuhr dem Bahnhof zu.
Eine Viertelstunde später war Fedor Boritsch in Sicherheit.
Ein paar Stunden darauf erwachte Paul Upaschin und rief:
„Mein Gott, wie spät I" .
„Ach", gestand Kati, „ich konnte Dich nicht ermuntern!"
„Verzeihe," rief er, „ich weiß nicht, was es mit mir war) Nun nach dem Peter-PaulS» Quai!"
Damit eilte er fort.
Aber her Vogel war änsgestügtzn!
Acht Tage später erhielt der Leutnant einest Brief aus Riga.