Berlin, 24. März. Der „Lok.-Anz."' Meldet aus San Remo: Agenten der russischen Regierung knüpften in Genug, Marseile und Nizza Verhandlungen über den Ankauf von Transportschiffen an. Eine französische Gesellschaft bot ihnen 4 große Schiffe zu 40 Millionen Francs zum Verkauf an.
Verschiedenes.
Russische Amazonen. Ein Petersburger- Blatt berichtete vor einigen Tagen, daß einige Damen den Kriegsminister in einem Gesuch um die Erlaubnis gebeten hätten, ein „Korps von 2000 Amazonen zu bilden", das zur Front gehen soll, mit der Hinzufügung, daß genügende Mittel bereits aufgebracht seien. Ein englischer Korrespondent in Moskau hatte nun ein Interview mit Marie Sapernikoff, einer der Damen, die Amazonen werden möchten. Mlle. Sapernikoff, die blond, klein und von sehr einnehmendem Benehmen ist, nahm den Plan sehr ernst. „Glauben Sie nicht," fragte der Korrespondent, „daß Frauen viel zu zart sind, um die Anstrengungen eines Feldzuges auszuhalten?" „In manchen Fällen, gewiß," antwortete sie; „aber Sie vergessen, daß die Japaner meist sowohl kleiner als auch schwächer als russische Frauen sind, und daß wir gegen Japaner, nicht gegen gewöhnliche Männer kämpfen. Viele russische Frauen haben ini Kriege gegen Napoleon ge- fochten. Die durchschnittliche russische Bauern- frau könnte ein paar Japaner ohne Schwierigkeit aufheben. Ich könnte ein Dutzend solcher Frauen auf dem Gute meines Vaters auftreiben. Warum sollte unsere Bitte nicht bewilligt werden? Viele russische Mädchen können reiten wie Kosaken und sind vorzügliche Schützen.
. Ich selbst begleitete meinen Vaur immer auf Wolfsjagden. Erst vor einer Woche habe ich drei Wölfe in Jegorcwsk, (einem Orte bei Moskau) an einem einzigen Nachmittage erlegt." „Warum sind Sie nicht zufrieden, Ihrem Vaterlande als Pflegerin in der Gesellschaft vom Roten Kreuz zu dienen?" „Ich bin keine Engländerin," erwiderte das Fräulein; „sehe ich etwa so aus? In Rußland ist die Frau dem Manne ebenbürtig. Frauen werden in gut bezahlten Gouvernementsstellungen angestellt; es gibt mehr weibliche Aerzte in Rußland als inr ganzen übrigen Europa zusammen. Wir sind den Männern gle-ch."
Eine Pianistin, wie sie in der Bibel steht. In einer Pariser Gesellschaft ermüdet eine anspruchsvolle Pianistin die Zuhörer durch ihr jämmerliches Spiel. „Das ist eine Pianistin, wie sie in der Bibel steht," bemerkt jemand. „Was meinen Sie damit?" „Nun, ihre linke Hand weiß nicht, was die rechte kur."
Der Begründer und Vorsitzende des
„Deutschen Vereins abstinenter Eisenbahner", Eisenbahndirektor de Terra, der sich auch fachschriftstellerisch betätigt hat, und dessen Versetzung nach Stolp im Jahre 1902 berechtigtes Aufsehen erregte, scheidet, wie wir hören, zum 1. April aus der Staatseisenbahnverwaltung, um sich zunächst ganz in den Dienst seiner gemeinnützigen Bestrebungen zu stellen. Seinen Wohnsitz gedenkt er zu dem genannten Zeitpunkte nach Marburg i. H. zu verlegen. Wir wünschen seinen Bestrebungen, das Leben des auf der Eisenbahn fahrenden Publikums noch mehr zu sichern, fernerhin wachsende Erfolge.
Gemeinnütziges.
Familien-Auslauf. (Reste-Verwendung.) Für 6 Personen reichend. Man schält eine Anzahl erkalteter Pellkartoffeln, schneidet sie in Scheiben und röstet sie in etwas Butler, Schmalz oder Bratenfett an. Dann streicht man eine Auslausform mit Butter aus, legt eine Lage Kartoffelscheiben hinein, darauf eine Lage hartgekochter, in Scheiben geschnittener, leicht in Butter gerösteter Zwiebeln, sowie feingehackte Reste von Schinken, Pökelfleisch oder kaltem Braten, gießt ein bis zwei Löffel zerlassene Butter darüber und legt eine Schicht Kartoffelscheiben obenauf. Unterdessen rührt man f /4 Liter Milch mit 3 Eiern, Muskatnuß, Salz und 10 Tropfen Maggis Würze zusammen, gießt dies über den Auslauf und läßt ihn eine Stunde in der Bratröhre backen.
Um fremde Körper aus den Augen zu entfernen, empfiehlt es sich, reines Olivenöl hineinzuträufeln. Staub, Asche, Kalk, Splitter ». s. w. werden dadurch rasch entfernt. Das Mittel ist ganz schmerzlos und unfehlbar.
Bierflecke in Kleiderstoffen lassen sich am besten durch Auswaschen mit einem kalt bereiteten Auszug von Quillaja(Panama)rinde tilgen. Eine Veränderung der ursprünglichen Farbe des Gewebes ist nicht zu befürchten.
Woran erkennt man das Gefund- heitsgefährliche feuchter Wohnungen? Um zu prüfen, ob eine Wohnung feucht ist, schließe man jedes Zimmer gut ab und stelle in jedem derselben eine genau abgewogene Menge frisch gebrannten und ffktn gestoßenen Kalkes auf. Nach 24 Stunden -wiegt man den Kalk wieder ab; beträgt die Gewichtszunahme mehr a!s 1 Prozent, so ist die Wohnung in gesundheitsschädlichem Maße feucht.
Humoristisches.
Aus der Kaserne. Unteroffizier: „Was
sind Sie?" — Rekrut: „Maler, Herr Unteroffizier. — Unteroff.: „Malen Sie von oben nach unten?" —Rekrut: „Jawohl, Herr Unteroffizier." — Unteroff.: „Da sind Sie kein Maler, da sind Sie Anstreicher!"
Galgenhumor. „Haben Sie vor Ihrer Hinrichtung noch einen Wunsch auszusprechen?" — Delinquent: „Ja, ich möchte noch die Voll- endung des Grimmschen Wörterbuches erleben."
Wahres Geschichtchen. Leutnant (zu dem eben eingekleideten 44 Einjährigen des Regiments): „Wer 'nen Orden hat, vortreten!" Pause und Grabesstille. „Wer 'ne Rettungs- Medaille hat, vortreten!" Pause und Grabes, stille. „Schlappe Jesellschaft!"
Kindliche Auffassung. Anna und Elise, in Berlin geboren, kommen zum ersten Male auf das Land. Als sie auf der Hinfahrt zum Gute des Onkels einer Schafherde begegnen, ruft Elise ganz entzückt: „Sieh doch, Anna, Schäfchen ohne Räder!" — Adolf und Wil- Helm, auf dem Lande geboren und noch niemals in der Stadt gewesen, sehen zur Manöverzeit zum ersten Male ein Regiment Soldaten vorüberziehen. Sie stehen am Fenster und sehen aufmerksam die vielen Reihen Soldaten vorbeikommen. Als der letzte Soldat vorüber ist, sagt der kleine Wilhelm: „Nun kommt die Schachtel."
Aus der Mädchenschule. Lehrerin: „Was ist ein Tunnel?" — Höhere Tochter „Meistens immer zu kurz!" !
Rätselecke.
Auflösung des Rätsels aus Nr. 33.
Das Wort.
Rätsel.
Selbst leblos, nur ein kalter Stein,
Soll ich der Toten Herold sein;
Entweicht von mir ein Augenblick,
Dann bleibt ein and'rer noch zurück.
Auflösung folgt in Nummer 39.
Reklameteil.
Ein ärztliches Urteil. Dr. F, H. in
Z. sagt: Maggis Suppen- und Speisewürze ist ein hervorragendes, unübertroffenes Mittel, um die Geschmacksnerven anzuregen und die Verdauung zu befördern. Ich habe Patienten gehabt, die infolge des Genusses von mit Maggis Würze verbesserten Suppen ihren schon verlorenen Appetit wieder gewannen. — Wir brauchen diesem Urteil um so weniger etwas hinzuzufügen, als sich Hunderte von Aerzten in ähnlicher Weise äußern.
Die Hanchchrifl war enlftelll. Las Schreiben lautete:
„Ihnen, Herr Upa;chin, gönne ich ein gutes Avancement! Zeigen Sie an: drei Zimmer im Winterpalais neben dem Tronsaal sind unterminiert; wäre nicht ein kleiner Zwischenfall eingetreten, so lebte der Zar schon nicht mehr!
„Ein Nihilist."
Paul Upaschin erschrack. Er stellte vorsichtig Untersuchungen an und fand die Angaben bestätigt.
Seine Enthüllungen hatten großartige Sensation im Gefolge und — sein Avancement zum Inspektor.
„Nun können wir heiraten!" stürmte er zur Kati herein.
Petersburg staunte, als die Verlobung publiziert wurde.
* * tzc
Der neugebackene Polizei - Inspektor machte ein sehr verdutztes Gesicht, als Kati Livland ihm sagte, daß sie Katharina, die Tochter des Staatsrates Borisowsky in Dünaburg, sei.
Er unterzog sich aber auch willig der schwierigen Aufgabe, nach Dünaburg zu reisen und den zürnenden Staatsrat zu versöhnen. Dieser war bereit, seiner Tochter zu verzeihen, wenn sie sofort der Bühne entsagte.
Das ließ sie ihm versprechen. Unter diesen Umständen gab der Staatsrat auch seine Einwilligung zu der Heirat.
„Sie sind ein strebsamer Mann!" lobte er
de» Polizel-Jnipcttor laut. „Sie sotten meine
Tochter haben!"
Und die Frau Etantsrat sagte: „Gottlob, so hat mich meine Hoffnung doch nicht betrogen!"
„Ach, Deine Hoffnung, Olga!" erwiderte Borisowsky barsch. „Wenn Fedor uur umkehren wollte!"
Die Hochzeit wurde mit Glanz gefeiert.
Am selbigen Tage erhielt Katharina Upaschin einen Brief aus New-Uork, welcher lautete:
New-Uork, den 14. Mai 1892.
Liebe Schwester!
Durch die Zeitungen erfuhr ich, daß Du Dich mit Paul Upaschin verlobt hast und ihn demnächst heiraten wirst. Ich wünsche Dir Glück dazu!
Da Du nun bestimmt die Bühne verlassen wirst, um den Pflichten der Hausfrau zu leben, so wirst Du Dich unstreitig auch mit den lieben Eltern aussöhnen. Ich wünsche das Gleiche! Sage Papa, daß ich im Lande der Freiheit rin anderer und besserer geworden, daß ich den Utopien der Nihilisten abgeschworen habe, und dieses alles durch — Dich! Deine edle Handlungsweise hat, mehr noch wie Deine Worte, mich zur Umkehr veranlaßt. Grüße Paul und schreibe mir, ob der Vater zu einer Versöhnung geneigt ist I
Ich bin
Dein
treuer Bruder Fedor Borisowsky.
Den Brief gnb Küti ihrem Gatten.
„Ja, kennt mich denn Dein Bruder ?" fragte Paul.
„Natürlich, er war es ja, der Dir die „Enthüllungen" machte!"
„Du wußtest das?"
„Ich vermute es!"
„Nun sage mir noch eins, Kati: War er vielleicht der „Schatten", der mich so lange insgeheim beunruhigt hat?"
Sie nickte.
„Es war mein erstes und mein letztes Geheimnis vor Dir, Geliebter!"
Paul drohte mit dem Finger.
„Du, Du!"
Er gab den Brief seinem Schwiegervater, der glückselig drcinschaute und zu seiner Gattin sagte:
„Nun behältst Du doch recht!"
Sie entgegnete:
„Ja, denn Hoffnung läßt nicht zu schänden werden!"
Fedor schrieb reuig an den Vater, den er bat, ihm nur den Beruf eines Ingenieurs zu lassen.
Das bewilligte der strenge Herr denn auch, und heut leben die so lang Getrennten wieder glücklich beisammen.
Frau Olga aber preist noch immer des Schicksals Fügungen.
Ende. -
Druck und d^r Lrnih. Poi»iu»nfcheu «uchscuacc-c u> ÄiUdbao.
»MM,«,
die Niedakuon vecui-iwoctUH. i. L 2. Äceu.hH dcqelhfü