Rundschau.

Cannstatt, 15. März. Die Daimler'sche Motorengesellschaft baut einen prächtigen Motor­wagen für den den deutschen Kaiser, ganz ähn­lich demjenigen, welchen sie kürzlich für den König von England geliefert hat. Für den König von Belgien Hai sie einen Rennwagen von 90 ?8. in Arbeit.

Tübingen, 16. März. Der in weiteren Kreisen bekannte Bauwerkmeister und frühere Gemeinderat Friedrich 'Lentsche ist durch Ein­atmen von Kohlengas im Badzimmer erstickt.

Göppingen, 14. März. Zum Fall Gut- mann. Am Samstag fand die Prüfung der zum Konkurs angemeldeten Forderungen statt. Die meisten Forderungen waren von zwei und drei Seiten zugleich angemeldet, dazu forderte eine Konkursmasse von der andern. Durch dieses Herüber und Hinüber kamen die großen Zahlen zu stände. So schrecklich ist also doch nicht gehaust worden, wie es beim Anblick der hohen Zahlen, die durch die Presse liefen, den Anschein gewann.

Mühlhausen a. N., 15. März. Um einen Raubanfall soll es sich bei der Tat des 16jährigen Malerlehrlings Adolf.Breckle von hier handeln, der am 6. März nachts gegen 12 Uhr auf den Bauern Gottlob Traber drei scharfe Schüsse abgab, von denen zwei in den Kopf trafen. Traber, der auf dem außerhalb von Mühlhausen gelegenen Viesenhäuserhof be­dienstet ist, wurde von dem Burschen, der ihn eine Strecke weit nach dem Hofe begleitet hatte, plötzlich in den Kopf geschossen und seiner Bar­schaft beraubt. Breckle hat, wie festgestellt wurde, auf den schwer verletzt Daliegenden noch einen weiteren Schuß abgegeben und mit dem Revolver auf ihn eingeschlagen. Der Arzt konstatierte nicht weniger als 21 Verletzungen am Kopfe. Traber konnte sich noch in die Nähe des Orts schleppen und um Hilfe rufen. Blutüberströmt wurde er aufgesunden und in eine Wirtschaft verbracht, wo er von dem rasch herbeigerufenen Arzt verbunden wurde. Der Zustand ist zur Stunde noch besorgniserregend. Der Täter, der sich ruhig ins Bett begab, wurde noch in der gleichen Nacht von dem Landjäger verhaftet. Breckle hat seinen Eltern, angesehenen Bürgers­leuten, schon manchen Kummer bereitet.

Ellwangerr, 15. März. Selbstmord,Jpf- und Jagstzeitung" meldet: Heute nacht erhängte sich der im hiesigen Amtsgerichtsgefängnis wegen Sittlichkeitsverbrechen inhaftierte Gemeindepfleger Lederer von Geradstetten, OA. Schorndorf.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 14. März. Das Ergebnis der Abstimmung am Sonnabend Beschlußunfähig­keit hatte die Fraktionen veranlaßt, durch zahllose Telegramme die säumigen Kollegen für heute nach Berlin zu zitieren. So konnte man sich denn des Anblickes eines beschlußfähigen Hauses erfreuen. Die angeregte Unterhaltung der Volksvertreter, das Erscheinen des Grafen v. Posadowsky und des Kolonialdirektors Dr. Stuebel ließen etwas Äußergewöhnliches er­warten. In der Tat erklärte der ' Kolonial­direktor, daß die Entsendung von 800 Reitern Und zwei Batterien gegen die gut bewaffneten Hereros unerläßlich sei. Als die Abstimmung über die Vermehrung der Unteroffiziere vorge­nommen wurde, mußte wiederum einHammel­sprung" erfolgen. Es ergab sich der seltene FallStimmengleichheit", 104 gegen 104 Stimmen. Nach der Geschäftsordnung war damit die Regierungsvorlage abgelehnt; der Zentrums-Antrag auf Bewilligung eines größeren Teils der geforderten Unteroffiziere wurde dann gegen die Stimmen der Linken angenommen. Kaum war die Abstimmung vorüber, so leerte sich der Saal ganz rapid. Der weitere Gang der Debatte, die sich in Einzelheiten verlor, und ichließlich im Sande zu verlaufen drohte, ließ die Saalflncht allerdings begreiflich er­scheinen.

Berlin, 15. März. Der dem Reichstage ^gegangene zweite Nachtrügsetat für 1903 beantragt die Bewilligung von 3092000 Mark ÜUs Anlaß der Expedition in das südwestasri- kattische Schutzgebiet- darunter 1127000 Mark Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsauss gaben im südwestafrikanischen Schutzgebiet,

1300000 Mk. Ausgaben bei der Verwaltung der kaiserl. Marine, 65000 Mk. Ausgaben der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltug. Dem Reichstage ging ferner eine zweite Ergänzung zum Entwurf des Reichshaushaltsetats für 1904 zu, in der aus Anlaß der Expedition in das südwestafrikanische Schutzgebiet die Bewilli­gung von 3 710000 Mk. beantragt wird, darunter 3197000 Mk. Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben im südwestafrikanischen Schutzgebiet, 513000 Mk. Ausgaben der Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung.

Tages- Nachrichten.

Vom Bodensee, 14. März. In der stillen Bucht von Manzell herrscht reges Leben. Graf v. Zeppelin hat wieder mit dem Bau der Ballonhütte begonnen. Bemerkenswert ist, daß diesmal die Ballonhütte nicht mehr in den See hineinkommt. Letztmals lag sie bekanntlich ver­ankert im See und konnte sich drehen. Die heftigen Stürme haben ihr einigemal bös mit­gespielt. Jetzt wird sie fest am Seeufer auf Pfeiler erbaut. Die Halle wird aber immerhin so angelegt, daß derSchlitten", auf welchem der Ballon erbaut wird, ins Wasser kommt und ohne Mühe aus- und eingefahren werden kann, das Ballongerippe wird kräftiger gebaut werden, ebenso die Motore. Die einzelne Maschine soll 80 Pferdekräfte bekommen, gegenüber den früheren mit zusammen 24 Pserdekräften.

Villingen, 14. März. In Bad Dürrheim wird dieses Frühjahr mit dem Bau eines Kinder- soolbades begonnen. Die Baukosten belaufen sich auf 200000 Mk., welche der badische Frauen­verein trägt.

Ettlingen. Auf der Bismarcksäule machte sich Sonntag früh eine lustig flatternde badische Fahne bemerkbar. Als man deshalb hinaufging, um sich das Ergebnis näher zu betrachten, siehe da war die Flagge aus Halbmast gehißt und auf einem Anhängezettel standen die schwerwiegen­den Worte:Bismarck, verhülle dein Angesicht, der deutsche Michel geht wieder nach Canossa". Es war eine Kundgebung gegen die Aufhellung des § 2 des Jesuitengesetzes.

Frciburg, 14. März. Beim Holzabladen in Zarten kam der 17jährige Dienstkuecht Wilhelm Hug ums Leben. Er komne einem vom Wagen fallenden Baumstamm nicht früh genug ausweichen und wurde erdrückt. Ter Tod machte den Qualen ein rasches Ende.

Lahr, 14. März. Die hiesigen Blätter brachten kürzlich zwei ernste Fälle über Wohn­ungsnot: 1) wurde einem 2jährigen Kinde, das am Hinterkopf einen Ausschlag hatte, die wunde Stelle von Ratten angefressen, 2) erzählte ein Arzt, er sei zu einer; Wöchnerin gerufen worden, die bereits mit fünf Kindern gesegnet war und nur ein einziges Zimmer ihre Wohnung nannte. Die Zeitungen schritten zur Veröffentlichung, um auf diese^ traurigen Zustände und Ausnahme­fälle .aufmarksam zu machen. Di» sozialdemo­kratische Presse dankt für diese Mitteilungen mit der kräftigen Einleitung:Ein schauderhaftes Bild deß Wohnungselends in der Fabrikstadt Lahr".

München, 13. März. Der Prinzregent beging gestern seinen 84. Geburtstag. Die libe­rale und die klerikale Kammerfraktion veranstal- teten getrennte Festessen.

, Wiesbaden, 14. März. Generalleutnant a. D. v. Alten, zuletzt Kommandeur der 2. Divi­sion, machte, demRhein. Kurier" zufolge heute mittag in seiner Wohnung einen Selbstmordver­such, indem er sich eine Kugel durch den Kopf schoß. Derselbe ist seiner Verletzung erlegen.

Berlin, 15. März. DieVoss. Ztg." meldet aus Braunschweig: Die Vorstellungen im Schloßtheater zu Wolfenbüttcl wurden wegen Feuergefährlichkeit der Baulichkeiten endgültig eingestellt. DieMorgenblätter" melden aus R>-m: Der König ernannte im Einverständnis mit dem Vatikan Mons. Kavalari zum neuen Patriarchen von Venedig. Den Posten hatte bekanntlich Papst Pius X. vor seiner Papst­wahl inne.

Berlin, 15. März. Der Stationsleiter Graf PÜckler in Kamerun ist auf einer Expe­dition mit etwa 80 Mann Und Begleitung von den Eingeborenen überfallen worden. Graf Pückler ist tot, ebenso die Mehrzahl der Expe- ditionsteilnehme» Es wurde eine Entsatz- und

Strafexpedition zusammengestellt. Die Expe­dition wird befehligt von Leutnant Nitschmann. Bei der gleichen Gelegenheit ist als Nachfolger des Grafen Pückler Stationsleiter Kummetz mit 20 Mann Polizei nach Ojsidinga entsandt wor­den. Nitschmann hat Befehl, zunächst das nörd­liche Croßufer vom Feinde zu säubern und die bedrohten Punkte zu sichernd

Der Kartograph Befeke irr Berlin, der sich und seine Familie mit Zyankali vergiftete, hat nur 2000 M. hinterlassen, gegen 300000 M. Schulden, so daß es sich nicht lohnt, den Konkurs zu eröffnen. Die Gläubiger, meist höhere Offi­ziere, ehemalige Kameraden Beseke's, wollen dessen an sich gut gehendes Geschäft weiter­führen. Beseke lebte so flotr, daß jährlich 30000 Mk. für die Haushaltung draufgingen.

Dresden, 13. März. Die ehemalige Kron­prinzessin von Sachsen siedelt am 1. Mai mit ihrer kleinen Tochter von der Insel Whigt wieder nach Lindau i. B. über. Dort wird voraussichtlich ein Wiedersehen zwischen der Mutter und ihren Kindern stattfinden. König Georg soll der dringenden Bitte der Kronprin­zessin, ihre Kinder zu sehen, keinen erheblichen Widerstand mehr entgegensetzen.

Berlin, 14. März. (Eugen Richter und dieFreisinnige Zeitung".) DieFreis. Ztg." schreibt folgendes:Üeber des Abg. Eugen Richters Gesundheitszustand finden sich unrichtige Mitteilungen in einzelnen Blättern. Abg. Eugen Richter ist lediglich während der naßkalten Witterung infolge von rheumatischen Beschwerden am regelmäßigen Besuch des Reichstags und Landtags behindert worden, hat aber schon in voriger Woche an Pleuar- und Kommissions­sitzungen des Reichstags sich wieder beteiligt und erhofft vollständige Wiederherstellung von einer längeren Kur nach Schluß der parlamen­tarischen Saison. Völlig unrichtig ist auch die Annahme, Abg. Eugen Richter beabsichtige, sich von derFreisinnigen Zeitung" (Freie Deutsche Presse") zurückzuziehen. Eugen Richter wird nach wie vor zu den ersten und tätigsten Mit­arbeitern der Zeitung gehören, entsprechend den Beziehungen desselben zur parlamentarischen Partei und in Verfolg seines lebhaften Interesses an der Zeitung seit der Begründung vor nahe­zu 20 Jahren. Was die Stellung des Abg. Dr. Müller-Sagan betrifft, so ist derselbe, wie gleichfalls zur Berichtigung unrichtiger Mit­teilungen lüer b.merkt werden mag, nicht Chef­redakteur der Z itung. sondern Geschäftsführer der GtsellschaftDeutsche Presse", in deren Verlag die Zeitung von jetzt ab erscheint."

Charlottenbnrg, 16. März. Hier ist ähnlich wie vor einiger Zeit in Darmstadt eine Familie von 5 Köpfen nach dem Genuß von Konserven und Lungenhachee schwer erkrankt.

Dels (Oberschlesien), 16. März. In Jack­schönau ermorderte ein Knecht den Gutsbesitzer, als dieser ihn bei einem Einbruch ertappte, und verletzte die Frau des Ermordeten schwer. Der Mörder, dem nur 25 Mk. in die Hände fielen, ist verhaftet.

Poseu, 15. März. Aus Schrimm meldet diePos. Ztg.": Beim Brande eines Familien­hauses auf dem Rittergute Parsskie rettete eine Arbeiterfrau ihre vier Kinder aus den Flammen. Als sie nrch das fünfte retten wollte, stürzte das brennende Dach herab und begrub die Frau samt Kind.

Sofia, 15. März. Die Regierung kündigte mit dem 13. März alle bestehende Handelsverträge.

Rußland und Japan.

Port Arthur, 15. März. (Ruff. Telegr.- Agentur.) Im Royon ist alles ruhig. Vom Kriegsschauplätze zu Lande liegen keine Meldungen vor. Offenbar beschränkt man sich dort auf Erkundigungen.

London, 15. März.Daily Telegraph" meldet ans Nagasaki: Die Kreuzer, welche an dem Bombardement Wladiwostoks teilnahmen, sind nach Sascha zurückgekehrt. Russische Offi­ziere, welche an Bord des russischen Schiffes Uekaterineslaw" gefangen genommen wurden, berichten, sie hätten vier japanische Kreuzer von flKtt Arthnr in Sascho ankommen sehen. Die Schiffe zeigten schwere Beschädigungen. Der Bug eines des einen Kceuzers war völlig weg- geschoffen. Außerdem sind zwei Transportschiffe mit Verwundeten angekommen.Daily Tele­graph" meldet aus Niutschwang: Admiral