Amtsblatt
siir dik Stadt Mlind.
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Mezu: Illustriertes 2 onutuessburtt Ult- während der Scrisor, Mrntliche Ireinöenliste.
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Das Völke^ginisch
Vvn Monastir.
Es dürfte in der Welt kaum ein zweites Lebens- zentrum zu finden sein, das sich an malerischer Buntheit und interessanten Anziehnngsreiz mit Mo- nastir, der heute im Brennpunkt des Interesses stehenden Stadt Mazedoniens, messen könnte. Alle Rassen, die sich auf der Balkanhalbinsel znm kunterbunten Völkecgemisch vereinen, finden sich in Monastir auf einem kleinen Kreis znsaminengedrüngt. Wie i» Saloniki, wimmelt es auch hier von spanischen Juden, jener widerspruchsvollen Rasse, die eine so wunderbare, unverwüstliche Lebenskraft offenbart und in der ganz unvermittelt dem Proletarier der Geldprotz zur Seite steht. Es sind die Nachkommen der portugiesischen Juden, die durch Ferdinand und Jsabella nach der Eroberung Granadas und Sevillas von der Iberischen Halbinsel vertrieben wurden. Auch die Albaner sind in Monastir zahlreich vertreten. Albanien selbst wird ja in Friedenszeilen zumeist von Monstjr aus verproviantiert, und zwar vermittels Karawanen, die die Lebensmittel, genau so wie es vor einem halben Jahrtausend geschah, auf dem Rücken von Pferden und Maulesel» befördern. Diese Karawanen zogen bis vor dem Kr.eg wie ehedem ununterbrochen über die Berge, die ^^-LUchanien von Monastir trennen. Als Karawanen- sührer betätigen sich fast ausschließlich die Kutzo- walacben oder Zinzaren, die aus der Umgebung von Nalona aus den Salinen das Salz nach Mazedonien führen, um dann nach Albanien allerlei europäische Waren zurückzutraiisportieren, die zur See nach Saloniki gebracht und vvn dort nach Monastir übergeführt worden sind. DerName Kutzowalachen, den die Zinzaren führen, ist im letzten Grunde ein Spitzname und bedeutet „hinkender Rumäne". Die Zinzaren sind in der Tal die nächsten Blutsver- verwandten der Rumänen ans den alten Donau- fürstentümern Moldau und Walachei, die heule zum Königtum Rumänien vereint sind. Indessen kann sich doch ein Rumäne aus dem Königreich mit den Blutsverwandten der früheren türkischen Provinz sprachlich nicht verständigen. Auf den Dialekt-Mischmasch, den die Zinzaren sprechen, ist
wohl auch der Name Kutzowalachen zurückznführen Sie haben es im übrigen gelegentlich in Griechenland zu Ansehen und hohen Stellungen gebracht. So ist beispielsweise der bekannte Millionär Averoff, der das Stadion von Athen wiederhergestelll und dem griechische» Staat ein Schiff geschenkt hat, daß auf seine» Namen getauft wurde, ein Kntzo- walache aut Monastir. Seine Stammesgenvssen sind übrigens wegen ihrer sprachlichen Fähigkeiten in jener Gegend als Dolm tscher beliebt. Sie beherrschen neben ihrem eigenen Dialekt und der griechischen Sprache zumeist noch zwei oder drei andere Sprachen, die sie sich auf ihren ausgedehnten Nomadenzügen angeeignet haben. Denn die Zinzaren sind gewissermaßen die ewigen Wanderer des Balkans. Die Bewohner ganzer Dörfer steigen im Herbst mit ihren Viehherden und allem, was ihnen gehört von der Höhe der Gebirgszüge herab und ziehen dem Meere zu, um den Winter in günstigerem Klima zu verbringen nnd beiFuihlingsanfang wieder zu ihren Bergen und zu ihren Hätten zurückzukebren Nichts ist in Albanien und Mazedonien sehenswerter, als es diese unübersehbaren Karawanenzüge der auswandernden Zanzaren sind.
Aber noch andere Rasse» find aus der eth»ogra° phischen Mrrsterkarte Monastir vertreten. Der griechische Kaufmann vertritt in der Hauptsache das wirtschaftliche und politische Element im Leben Monastirs. Militärisch und i» den Kreisen der Beamten herrscht oder richtiger herrschte bisher der Serbe als unbeschränkter Herr und Gebreter. Serbische Soldaten bevölkern die Kasernen, und serbische Beamte sitzen in den Büreaus. in denen früher die Türken zu Hause waren. Endlich befinden sich .neben Albanern,Juden,Serben,Walachen auch noch einige türkische Familien in Monastir. Ebenso dürfen die Bulgaren lei der Auszählung der Völkergruppe von Monastir nicht übersehen werden. Sie sind zwar in der Stadt selbst nicht zahlreich vertreten, bilden, aber in der Umgebung ein starkes Bevölkerungs- element.
Die Luqesberichte.
Großes Hauptquartier. (W. T. B. amtlich.)
Donnerstag, 9. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz
LebhasteArtilleriekämpse an verschiedenen Stellen der Front besonders in Flandern und in der Gegend der Höhe 193 nordöstlich von Souain.
Ein französisches Flugzeug wurde südlich von Bapaume znm Landen gezwungen, die Insassen find gefangen genommen.
Östlicher Kriegsschauplatz
Abgesehen von einzelnen Patrouillcugefechten ist nichts zu berichten.
Balkankriegsschauplatz.
Die Kämpfe südlich von Plevlje südlich von Sienica nnd bei Jpec wurden mit Erfolg fortgesetzt. Diacowa, Debra, Struea und Ochrida find von bulgarischen Truppen besetzt. Die Kämpfe am Varda sind in gutem Fcrlschreiten.
Oberste Heeresleitung.
Freitag, 10. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Französische Handgranatenangriffe gegen unsere neue Stellung ans Höbe 193 nordöstlich von Souain wurde abgewiesen. Sonst hat sich bei stürmendem Regenwetter nichts von Bedeutung ereignet.
Östlicher Kriegsschauplatz.
Nichts Neues.
Balkaukricgsschauplatz.
Die Armee des Generals v. Koeveß hat in den letzte» beiden Tagen etwa 1200 Gefangene eingebracht.
Bei der Armee des Generals v. Gallwitz keine wesentlichen Ereignisse.
Tie bulgarischen Truppen haben südlich von Strumitza den Engländern 10 Geschütze abgenommen.
Oberste Heeresleitung.
Peters Brautfahrt.
Eine Geschichte aus den st e i r i s ch e n Bergen
von Ernst R. von Dombrowski.
. (Fortsetzung.)
Peter brachte eine Woche mit ruhelosem Suchen i Wald bis auf die höchsten Schroffen zu. Von agesanbruch bis in die sinkende Nacht streifte er »her, stieg in die wildesten Schluchten und Spal- n hinab, die vor ihm vielleicht noch kein Mensch treten hatte, und machte im Freien halt, wo ihn en der Einbruch der Finsternis überraschte, um it dem ersten Morgengrauen sein hoffnungsloses orschen fortzusctzen. Endlich zwang ihn die Not, lmatt und halb verhungert meldete er sich wieder lr Arbeit. Nur Sonntags irrte er immer noch um- w oder saß stundenlang bei dem Marterl und quälte h mit bitteren Vorwürfen darüber, daß er damals w List nicht nachgeeilt sei und sie sich selbst über- ssen hatte.
So kam der Herbst heran. Die hochgelegenen ütten leerten sich, das Vieh wurde zu Tal getrie- ?n. Dafür rüsteten sich die einsam gewordenen, verteilen Hochlagcn zur Hochzeit ihres stolzesten ohnes, des Gemsbockes, welcher schon in seinem ielbegehrten Freierfchmuck, dem weißbercimlen
-art, prangte.
Um diese Zeit traf Peter zufällig wieder mit der etbermirt zusammen, die einen ihrer lichten Tage
„No", wandie sie sich an ihn, „hast die Ost no nil gsundcn ausn Schoderspitz,"
Aber diesmal sagte sie das nicht im Wahnsinn, sie bMizelte Peter dabei schlau an, und hielt ihn zurück, als er sich unwillig von ihr abwenden wollte. Seit ihrem Unglück hegte die M'rl einen tödlichen Haß gegen alles, was mit der Jagd znsammenhing, sie zerstörte Salzlecken, riß die Heubündel aus den l)-ntterranfen, vcrvarb Birsch und Ansitz, wo sie nur tonnte und war bei all dem Unfug, unter dem auch ich manchmal zu leiden hatte, kan n je zu fassen. Vergeblich versuchte ich es, ein frieA ches Abkommen mit ihr Zu treffen, sie nahm das Geld, das ich ihr bot, wünschte mir mit höhnischem Günsen viel Glück zu dem nächsten Bock und trieb ihr Unwesen nach wie vor.
Als sie nun an jenem Tage Peter sah, schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, sich seiner zu ihren Zwecken zu bedienen. „Lauf nur nit glei davon nnd hör mi lieber an", rief sie ihm zu. „Heut nacht is mir die List erschienen, sie lebt no und i wisset aa, wie Du s' triegen kunnst."
„Laß mi aus mit Deine Hexenkunst, die brauch i nit", entgegnete Peter unwirsch und wandte sich abermals znm Gehen.
„Nit Hexenkunst, dös ganget in der schönsten Ordnung! Därfst bloß als srummcr Christ zur heiligen Mutter Gottes aus Mariazell wallfahren gehn und mußt es bitten, daß sie Dir Hilst. Umasunst tut s' es nit, aber wann Du ihr halt was mitbringen
ätsi, rech! was Vars, was ihr a Freud machet, nackpr ganget's gwiß!"
„Macht wissen was, i Hab ja selber nix."
„Ja schau, der Balsner Franz drent in Gallachwinke! s aa an armer Teufel und wie er nit hat zu die iiaiserlähen (zum Militär) wollen, da hat er halt oer Mnltergottes an Gamsbart bracht, und fixt, richti Ham s' eham nit ghalten, wann er glei a Endslackl is. Freili", fügte sie mit lauerndem Blick hinzu. „Dei Sach is schwer, da müssets scho a sakrischer Bart sein, aner, der was seine fufzig Gulden wert is."
„Aber i wisset an. Droben am Schober, der schwarze Gamsbock, waaßt, derselbige, dem was die Jager bereits zwaa Jahr umosunst nachrenna, der hat an solcherneu! Gestern Han i 'u gsehn, i sag Dir, dem wachelt der Bart übers Blatt oba grad wie a Garberl Haber und wann er flüchti wird, schauts aus, wie wann der Teixel zwaa schwarze Flügerln hält mit weiße Spitzen. Da reichen fufzig Gulden nit."
Jetzt fuhr Peter auf. „Was geht denn mi der Bock an! Bin i epper a Raubschütz?"
„Marand Anna!" rief die Alte, förmlich beleidigt tuend, „a Raubschütz, wann si's um a Gschenk für die heilige Jungfrau dreht? — Aber Peter, 's Wildbrat därfst nit bhatten, fixt, dös war nacher die Sünd. Dös bringst zu mir nnd hinter meiner Keuschen graben wirs in der Nacht ein, nacher darf ka Mensch nit sagen, daß Du a Ranbschütz bist."