Kriegsnachrichten.
Scharfe Meinungsverschiedenheiten bei dem letzten Kriegsrat in Calais.
Haag, 9. Dez. (TU.) Wie gemeldet wird, traten bei dem letzten Pariser Kriegsrat scharfe Meinungsverschiedenheiten wegen der Balkanfrage zu Tage. Schließlich wurde beschlossen, die Aktionen auf Behauptung Salonikis sowie der näheren Umgebung zu beschränken und vorläufig jede Offensive einzustellen. Die Haltung Griechenlands flößt der Entente nach wie vor die ernstesten Befürchtungen ein.
Kriegsgewinnfteuer in Rußland.
Bon der Schweizer Grenze, 10 .Dez. (GKG.) Wider „Temps" laut „Köln. Zgt." aus Petersburg meldet, hat der russische Finanzminister einen Gesetzentwurf ausgebareitete, der die Unternehmungen besteuert, die für die nationale Verteidigung arbeiten, vor allem die Fabriken und Werkstätten, die infolge des Krieges einen besonderen Gewinn zu verzeichnen haben.
Die Flucht der russischen Gesandtschaft aus Persien.
Stockholm, 9. Dez. (TU.) Einer Depesche des „Rjetsch" aus Skutari zufolge war die Flucht der russischen Gesandtschaft nach Montenegro mit vielen Abenteuern verbunden. Nachdem sie zu Pferde von Ort zu Ort getrieben worden war, verlor sie schließliche jede Fühlung mit dem serbischen Hofe und der serbischen Regierung. Schließlich floh sie nach Montenegro und mußte durch unwirtliche Gebirgsgegenden in Höhen bis 1800 Meter bei starkem Frost tagelang umherirren, ehe sie Podgoritza erreichte.
Meinungsverschiedenheiten zwischen England und Frankreich.
Amsterdam, 9. Dez. (TU.) Die zwischen England und Frankreich bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die griechische Frage und die Balkanexpedition wurde noch nicht beseitigt. Man geht daher nicht fehl, in der Annahme, daß weitere energische Schritte oder Zwangsmaßnahmen der Entente gegenüber Griechenland nicht unternommen werden. Während die Franzosen ganz entschiedene Gegner weiterer Operationen auf Gallipoli sind, weichen die englischen Minister von ihrem Standpunkt, die Halbinsel für spätere Ereignisse besetzt zu halten nicht ab. Die Ministerkonserenz beschloß, diese Frage durch den Kriegsrat zur endgültigen Entscheidung zu bringen. Aus die französische Anfrage, ob Frankreich an den Ereignissen der persischen Angelegenheit teilnehmen könne, erwiderte Sir Edward Grey, daß dies eine rein englisch-russische Angelegenheit sei und diesen beiden Mächten Vorbehalten bleiben muß, dagegen sei England selbstverständlich bereit, die Interessen Frankreichs in Persien zu schützen, was bereits geschehen sei.
London, 9. Dez. (TU.) Das Kriegsamt hat, wie die „Köln. Ztg." meldet, angeordnet, daß die Zensur künftighin alle Arten von Ansichtskarten zurückhalten Eine neue französische Offensive?
Von der Schweizer Grenze, 9. Dez. (GKG.) Der militärische Mitarbeiter der „Basler Nachrichten" glaubt, wie die „Frkf. Ztg." berichtet, an die Möglichkeit einer neuen französischen Offensive. Er begründet seine Auffassung wie folgt: Die allgemeine Ruhe, die mit wenigen Ausnahmen auf der Westfront in der letzten Zeit herrschte, legt die Dinge als „Stille vor dem Sturm" dar, und es ist daher in militärischen Betrachtungen viel davon die Rede, die Verbündeten im Westen neuerdings eine Offensive großen Stils vorbereiten. Die militärischen und politischen Voraussetzungen einer derartigen Aktion sind nicht zu verkennen. Daß weder von Gallipoli noch bei Saloniki Siegeslorbeeren für die Ententetruppen zu erwarten sind, befriedigt die Sehnsucht nach greifbaren Erfolgen des mit einem kräftigen Siegeswillen ausgestatteten französischen Volkes begreiflicherweise nicht, und man begann in der französischen Presse vielfach militärisch Politische Betrach-. Zungen, die in der Erwägung gipfeln, daß die Entscheidung eben doch auf den blutgetränkten Schlachtfeldern von Nordfrankreich gesucht werden müsse und daß mit den überseeischen Expeditionen den in Feindesland befindlichen Provinzen herzlich wenig geholfen sei.
Von der belgischen Regierung in Havre.
Brüssel, 4. Dez. (GKG.) Die belgische Regierung in Havre kommt anscheinend endlich zur Einsicht, daß sie im Grunde genommen nichts mehr zu verwalten hat. Angesichts dieser Tatsache hat England, welches die Regierung des König Albert aus eigenen Mitteln zu ereilten hat, offenbar gefunden, daß ihm der Spaß sehr teuer zu stehen kommt denn außer der Verpfle-
„Laß mi aus — wann's wahr is, daß der Teufel auf der Welt hinter die Leut her is, nacher bist Du sei Adjutant!"
(Fortsetzung folgt.)
gong Und Besoldung der Uebcrreste des belgischen Heeres, muß es den Regierungsleuten in Havre noch mglich 3 Millionen Franken in die Hand drük- len. Es Hai daher zur Sparsamkeit ausgesordert, und so hat sich König Aibert gezwungen gesehen, den Troß von M>n-stern und sonstigen Beamten erheblich zu > errmgeui. Statt der gegenwärtigen 11 Minister soll ein „nationales Kabinett", bestehend aus 8 Katholitcn, 1 Liberalen und 1 Sozialdemokraten, unter dem Vorsitz des jetzigen Ministerpräsident Baron de Broqevillc, gebildet werden, und seine erste Tat soll darin bestehen, alle Belgier bis zum 35. Jahr unter die Waffen zu rufen. Das letztere wird natürlich nur ein Schlag ins Wasser sein, denn die deutschen Behörden werden schon dafür sorgen, daß dieser Aufruf ebenso wirkungslos ble bt, wie seine zahlreichen Vorgänger. Man meldet auch den Rücktritt des belgischen Gesandten in Paris, Baron Guilleaume, der bekanntlich im Januar 1914 an seine Negierung einen Bericht sandte, worin er die Poincare, Delcasse und Millerand und Genossen als gewerbsmäßige Kriegshetzer brandmarkte. Dieser Bericht ist von der deutschen Regierung veröffentlicht worden und seither war natürlich ine Stellung dieses Diplomaten in Paris erschüttert. Sein Nachfolger ist der bisherige Justizminister Carson de Wiart.
Die Schweden in Frankreich.
Stockholm, 9. Dez. (GKG.) „Aftonblndet" veröffentlicht laut „Frkf. Ztg." eine Unterredung mit dem gestern von der Studienreise nach Frankreich über die Schweiz und Deutschland nach Helsingborg zu-
rückgetehrten Redakteur Christiernson und dem Dozenten Böök. Beide benötigen, daß man ln Frankreich von Anfang an versucht habe, der Mission ein amtliches Gepräge zu geben. Einen pe.nlichen Eindruck habe die gehässige Stimmung gegen Deutschland gemacht, die in geschmacklosen Ausdrücken von deutschen Grausamkcckeu gipfelte; ebenso habe die französische Behandlung der Kriegsgesungenen im Vergleich zu den geordneten Zuständen in den deutschen Gefangenenlagern ein Lellemrnsudes Gesa hl erregt. Man habe in Paris alles mögliche getan, um den Schweden zu schmeicheln, ihnen geradezu fürstliche Aufmerksamkeit erwiesen, so daß selbst die dem Vierverband zune'Anden Mitglieder der Stu- diengesellschast dagegen gewehrt haben. Bevorstehender Beg.nn der Schwurgerich Verhandlungen gegen den M örder JuureS.
Von der Schweizer G.engc, 0. Dez. Wie dein Verteidiger Racul Villaius, des Mörders von Jau- rcs, mitgete'lt wurde, ist der Beginn der Schwurgerichtsverhandlungen entgültig auf den 20. ds. Mt.S festgesetzt worden-
Umgruppt ruugen.
Wien, 0. Dez. ((MG.) Das „Deutsche Volksblall" meldet: Hinter der italienischen Front haben große Umgruppierungen begonnen.
Deutschland übernimmt die Verwaltung Monastirs.
Lugano, 9. Dez. (TU.) Aus Athen wird gemeldet: daß die Deutschen die Verwaltung von Mona- stir übernommen haben.
Die Franzosen in Saloniki.
Rotterdam, 9. Dez. (TU.) Nach vorliegenden Meldungen aus Athen setzen die Frnnzosenb und Engländer den Rückzug ans die griech'sche Grenze fort. Der Sonderkorrespondent Reuters drahtet aus Saloniki unterm 4. Dez., daß er dort bei seinem Besuche der französischen Front einen tiefen Eindruck erhalten habe, nicht nur über die Schwierigkeiten der Berichterstattung sondern auch über die schrcckl'chcn Strapazen, denen das Heer ausgesetzt ist.
Aus Montenegro.
Berlin, 0. Dez. (GKG.) Die „Magdeb. Ztg." meldet aus Lugano: Die Filmten der französischeil und italienischen Banken in Montenegro sind geschlossen. Die Beamten der Bankfilialen sind nach Italien geflüchtet.
Eewgheli geräumt?
Berl.n, 9. Dez. (GKG.) lieber Sofia wird gemeldet, daß die Franzosen Gewgheli räumen. Das Expeditionsheer der Entente stehe noch knapp 35 bis 40 Klm. von der griechischen Grenze entfernt.
Die Albanesen.
Pest, 9. Dez. (TU.) Der Berliner Vertreter des „Az Est" hatte eine Unterredung mit dein in Berlin weilenden albanischen Justizminister Suria Mehmed Bey. Mit Essad Paschas Plänen ist niemand einverstanden. Er,ist ein hochstrcbender Mensch, der in italienischen Diensten steht. Mit Montenegro befindet sich Albanien formell im Kriegszustand, weil es entgegen den Bestimmungen des Londoner Vertrages Skutari angriff und bsettzee. Italien hat widerrechtlich Valona und die Insel Caseno besetzt. Albanien wird diesen Zustand auf die Dauer nicht dulden. Die eingeborenen Stämme der besetzten Gebiete lehnten sich bereits aus und täglich fanden blutige Kämpfe mit den Besatzungstruppen statt. Die Albaner er
warten mit Sehnsucht die Armeen der Zentralmächtc damit durch ihr Eingreifen endlich einmal geordnete Zustände im Lande geschaffen werden.
Bern, 9. Dez. (GKG.) Der Genfer Sonderberichterstatter des „Temps" meldet, der „Frkf. Ztg." zuf olge: Nach einem Telegramm aus Skutari hat sich eine Anzahl albanesischer Führer, die Gegner Essad Paschas waren, nach Novibazar begeben, um mit dem Fürsten Wied zu verhandeln und eine Bewegung gegen Essad Pascha einzuleiten.
Die Falle von Saloniki.
Der französischen Presse hat sich eine Sumpfe, ohnmächtige Wut bemächtigt, weil ihr die Hände gebunden sind und ohnmächtig, weil die allmächtige Zensur mit äußerster Strenge waltet. Was ihr nicht in den Kram paßt, wird rücksichtslos gestrichen und Pariser Tageszeitungen, bei denen oft bis zu einem Viertel des Textes fehlt, sind keine Seltenheit. Weizen Stellen in den Zeitungen, als solchen, aus denen i-er fertige Satz herausgenommen werden muß, zu begegnen, ist man in Paris allerdings gewöhnt. Die Blätter wollen ihrem Leserpublikum gern mit interessantem Stoff dienen, aber was interessant ist, ist in Frankreich jetzt gerade staatsgefährlich und darf nicht gedruckt werden. DA Blätter sind es müde, täglich Lobhudeleien auf die Minister zu singen, jede Maßnahme der Regierung zu verherrlichen und fingierte Siege zu veröffentlichen. Dem Leser gar wächst solche geistige Abfütterung, um einen vulgären Ausdruck zu gebrauchen, zum Halse heraus. Sc> sitzen die französischen Schriftleiter ständig zwischen zwei Stühlen. Was dem einen Paßt, ist des andern Tod, und was diesem gefällt, haßt der andere. In Frankreich wird das Leben gegenwärtig zu Hölle gemacht. Manche Zeitungen haben sich eine Sonderheit zurechtgelegt wie der „Matin" seine Deutschenfresserei. Andere Blätter wieder, wie der „Temps" usw. waren waschechte Engländersreunde, aber sie haben sich in den letzten Monaten gemausert. Dann wieder hat fast jeder Minister sein Leibblatt, das er nach besten Kräf- tn unterstützt, und das dementsprechend für ihn durchs Feuer geht. Delcasse konnte sich trotzdem nicht 'alten. — Die Regierung treibt es wirklich zu bunt, sie macht Dummheiten über Dummheiten, das Volk schimpft weidlich darüber, und nur der Presse steckt man einen Knebel in den Mund, wo sie doch die Stimme des Volkes sein soll. DA Orientabenteuer der Negierung ist der Presse wie dem Volk ein Dorn im Auge. Das Volk darf seinem Aerger Luft machen, die Presse nicht. Nun haben es in den letzten Tagen einige Zeitungen trotzdem unternommen, der Regierung gegenüber kein Blatt mehr von Len Mund zu nehmen. In Calais fand wie berichtet, eine Beratung der französischen mit der englischen Regierung statt. Alle Blätter begnügten sich, diese nackte Tatsache ohne Kommentare wiederzugeben, wie es ihnn d'e „Agence Havas", das Sprachrohr der französischen Regierung in den Mund legte. Nur der „Matin gestattete sich, einige zahme Schlüsses auf diese Beratungen zu ziehen. Folge: der ganze Artikel wurde gestrichen. Einen kleinen Schritt weiter als die anderen Blätter g>ng aber auch der „Petit Partien", der cs versuchte, den Schleier, der über dem Balkanfeldzuge schwebt, etwas zu lüften. Er schreibt, daß in der Konferenz beschlossen wurde, in Athen Aufklärung über das Verhalten der griechischen Re- meldet vom P'räus, daß die griechisch. Reeder ihre raten zn können, daß sich alle französischen und englischen Truppen auf dem Balkan nach Saloniki zu- rückzichcn und sich dort zu konzentrieren hätten. Dies leuchtet uns auch ein, ohne daß wir die Weisheit des „Petit Par'sien" in Anspruch zu nehmen brauchen. Denn laten das die Truppen unserer Feinde nicht, dann erginge es ihm schlecht. SA würden vom Groß der Armee abgeschniten und zermalt werden.
In der Tat sind die Franzosen zur Stunde in wilder Flucht von der Wardarlinie südwärts nach Saloniki begriffen. Nur an der Küste, im Bereich der Schiffsgeschütze können sie sich jetzt noch einigermaßen sicher fühlen. Allerdings wie lange noch, diese Frage zu beantworten, dürfte niemand schwer fallen.
Entgegenkommen der griechischen Reeder gegen d.e Regierung.
Von der Schwizer Grenze, 0. Dez. (TU.) Dem „Temps" zufolge wird aus Athen gemeldet: Man Schiffe sammeln, um sie für die Regierung z. Transporte von Getreide, Kohlen und Kupfersulphate ans Amerika zur Verfügung zu stellen.
Aus Ägypten.
Konstantinopel, 9. Dez. (TU.) Die Haltung der Bevölkerung Aegyptens im Falle eines türkischen Vorstoßes auf den Snczkanal wird, wie der Deutschen Tageszeitung zufolge, „Jkdam" meldet, Anlaß W großer Besorgnis. Die Behörden haben genaue Kenntnis darüber, daß bei dem ersten türkischen Erfolg ein Aufstand gegen die englische Herrschaft Ansitzen würde, dessn Ausbruch bishr nur dur den Mangel an Eingeborenen verhindert wurde. In-