sundheitsrücksichten. Doch hat der König noch keine Entscheidung getroffen. Vorläufig enthält sich Asquith infolge eines Magenkatarrhs aller politischen Tätigkeit und es besieht großer Zweifel, ob er sie je wieder aufnehmen wird.
Die pessimistische Stimmung der politischen Kreise Englands kommt unzweideutig auch in den anderen Äußerungen der englischen Presse zum Ausdruck. Die „Times" schreibt:
„Wir hoffen, daß die Regierung gezwungen wird, baldmöglichst eine klare Übersicht über die wahre Stellung der verbündeten Heere, sowie Garantie dafür zu geben, daß die Volksforderungen auf eine nationale Leitung der Geschicke des Landes voll befriedigt werden. Das englische Volk ist bereit, alle Opfer zu bringen, um den Sieg zu erringen. Es ist aber beunruhigt worden durch falsche Meldungen über Niederlagen und eine kritische Lage des Vierverbandes. Das Minsteri- um enthält uns absichtlich die Wahrheit vor. Das Volk wünscht keine derartige Verheimlichung der tatsächlichen Verhältnisse."
Die Untersuchung des englische» Bubenstücks
Rewyork, 20. Okt. Der deutsche Botschafter- Hat dem Staatsdepartement die von New-Orleans eingetroffenen eidlichen Aussagen über den Fall der „Nicosian" und den Mißbrauch der amerikanischen Flagge durch ein englisches Schiff beim Angriff auf ein deutsches Unterseeboot überreicht.
Die Aussagen ergeben, daß di; amerikanische Flagge und- die über die Bordwand gehängten amerikanischen Abzeichen erst entfenit wurden, nachdem die ersten Schüsse von dem Schiff, das sich „Baralong" nannte, auf das Unterseeboot abgegeben worden waren.
In Ergänzung der frühere» Meldungen wird noch berichtet, daß die Mannschaft des sogenannten „Baralong" Zivilkleider trug und daß den amerikanischen Zeugen von den englischen Mannschaften auf ihre Frage milgeteilt wurde, daß das L-chiff keinen Namen habe und daß sie auch über den Herkunftsort und den Bestimmungsort nichts sagen könnten. Der sogenannte „Baralong" hatte bei der Annäherung an die „Nicosian" ein internationales Signal aufgezogen, daß er Hilfe bringe. Der Kapitän/der sich Mac Bride nannte, ersuchte nach dem Vorkommnis den Kapitän Nanning von der „Nicosian" brieflich, seine Mannschaften, insbesondere aber die Amerikaner, dringend zu ermahnen, daß sie über den Vorfall weder in Liverpool noch in Amerika etwas mitteilen.
Diese Aussagen stammen von den amerikanijchen Bürgern James Curren, Charles Higthower, Bud Palen, Edward Clark und R. Crosby. Sie machten ihre Aussagen völlig freiwillig und werden von dem deutschen Konsulat in New-Orleans als durchaus glaubwürdig bezeichnet.
Die Lage im Westen.
Berlin, 22. Okt. Aus Amsterdam wird der „Berliner Morgeupost" gemeldet: „Chicago Daili) News" enthält eine Unterredung ihres Berliner Vertreters mit dem Generalobersten von Kluck:
Der General glaubt nicht, daß die Verbündeten die deutschen Linien durchbrechen können. Er vergleicht die Lage im Westen mit dein deutschen Durchbruch durch die russische Front und sagt: „Die russische Armee war wohl gut verschanzt, aber wenn eine so enorme Zahl von Gefangenen gemacht wird, dann ist es unmöglich, die Lücken mit Truppen guter Qualität auszufüllen. Auch war unsere Artillerie der russischen überlegen.
Wir sind im Westen mit genügend Laufgräben gut vorbereitet, womit ich nicht sagen will, daß dieses bei den Russen nicht der Fall gewesen sei, aber das Problem ist verschieden. Ze länger eine Armee mit Verlusten im Felde steht, desto mehr degeneriert sie. In unserem Fall bringen die Rekruten, mit denen wir die durch eine zweimonatige Offensive entstandene Lücke füllen, die Armee aus ihre alte Kampftüchtigkeit zurück. Die Russen aber hatten durch die von uns gemachten Gefangenen so viele Lücken, daß sie nicht stand halten konnten. Wir trafen sie zur Zeit ihrer größten Schwäche."
Generaloberst v. Kluck meint weiter, die Deutschen hätten nicht ein Sechstel der gewaltigen Verluste der Verbündeten zu verzeichnen. Er hält es für möglich, daß die Verbündeten bei der Offensive im Westen 250000 Mann verloren haben.
Auf die Frage, wo die Entscheidung fallen werde, antwortete er, das könne man nicht voraussehen. Es könne aus dem Balkan sein, aber das sei eher eine politische als eine militärische Frage.
Mit besonderer Begeisterung sprach er von den türkischen Leistungen auf Gallipoli, die für die Verbündeten eine Ohrfeige waren.
Von seiner eigenen Armee sagte er: „Meine Armee ist immer noch die, die Paris am nächsten steht."
Keine italienische Expedition nach Mazedonien.
Lyon, 22- Okt. „Nouvelliste" meldet aus Rom, daß der Ministerrat die Entsendung eines Expeditionskorps nach Mazedonien nicht bewilligt hat.
Die erfolglose Offensive Cadornas.
Berlin, 22. Okt. Die „B. Z." meldet aus Wien: Die Italiener erleiden am Jsonzogebiet enorme Verluste.
In Tirol haben sie sich eine Schlappe nach der anderen geholt, ohne unsere Truppen durchbrechen zu können. Es ist charakteristisch, daß wir z. B. in Judicanen erst jetzt, fünf Monate nach dem eingesetzten ersten Angriff, unsere vorgeschobenen Abteilungen in die Hauptstellung Zurücknahmen. Die Lage ist für die österreichisch-ungarischen Armeen überall die günstigste.
Die Verteidigung Serbiens.
Berlin, 21 Okt. Von der russischen Grenze meldet die „Nationalzeitung": Wie der Kriegsberichterstatter des „Rußkoje Slowo" aus Nisch meldet, haben die Serben Belgrad unter Aufgebot eines Heroismus ohne gleichen verteidigt, doch der feindlichen Artillerie konnte niemand unter den Verteidigern widerstehen. Die Verluste sind ganz gewaltig. Bisher sind in Nisch über tOOOO Mann Verluste amtlich gemeldet. Die Polizeibehörden in sämtlichen Dörfern und Städten Serbiens haben ein Verbot erlassen, Trauerfahnen auf den Häusern anzubringen. In Serbien besteht nämlich die Sitte, daß, wenn jemand gestorben ist, die nächsten Angehörigen Trauerfahnen auf ihren Gebäuden hissen.
Das Knegsministermm hat sämtliche männlichen Personen im Alter von 15 bis 65 Jahren unter die Waffen gerufen. Dos ganze Land ist heute eine einzige große Festung. Üoerall, wohin inan blickt, befinde» sich Verteidigungsstellungen, Schützengräben, Artillerieunterstäude, Drahthinderrusse usw. Der KriegsberichlerstaUer meint, daß dieser furchtbare Krieg wohl zu einer fast völligen Ausrottung des serbischen Volkes führen werde, wenn nicht umgehend starke Hilfskräfte auf dem Kriegsschauplatz erschienen.
Wie cs in Belgrad aussieht.
Berlin, 21. Okt. Aus Belgrad meldet die „Nationalzeitung": Das eroberte Belgrad macht den Eindruck einer toten, völlig verlassenen Stadt. Was von der entflohenen Bevölkerung, die sonst über 110000 Menschen beträgt, zurückgeblieben ist, hält sich aus Furcht noch in den Kellern versteckt, in die sie, von der Panik des grauenhaften Bombardements gepackt, getrieben wurden. Es sollen gegenwärtig etwa 20 000 Menschen zurückgeblieben sein, wie dem Korrespondenten einzelne mutigere Leute erzählten, die sich aus ihren Verstecken hervorgewagt haben. Für diese bedauernswerten Leute hat der Direktor der serbischen Nationalbank, der jetzt als Bürgermeister zurückgeblieben ist, eine Notstandsaklion organisiert. Das alte Belgrad ist gänzlich durch das Feuer eingeschlagener Monilor- granaten niedergebrannt. Im königlichen Konak herrscht ein wüstes Durcheinander. Die ziemlich wertlosen Gegenstände der Einrichtung, Möbel und Bücher, sowie das billige Küchengeschirr, das dce Serben zurückgelassen hatten, füllt die Zimmer. Die Läden der Stadt sind geschloffen. Die Wasserleitung ist außer Betrieb.
Die verlassene serbische Armee.
Nisch, 22. Okt. Die „Agence Havas" meldet amtlich: Die Lage wird immer ernster. Die Bulgaren haben die Städte Vranja und Volassa genommen und so die Eisenbahnlinien abgeschnitten. Der serbische Widerstand sei erbittert und heldenmütig, aber der starke Druck der verbündeten Armeen und der Bulgaren bedrohe ernstlich die von Saloniki abgeschnittene serbische Armee. Die Ankunft der alliierten Truppe» werde mit Beklemmung erwartet.
Die Umklammerung Serbiens.
Berlin, 22. Okt. Die Umklammerung Serbiens durch die Bulgaren und unsere Heere vollzieht sich, wie Major Moraht im „Berliner Tagblatt" sagt, planmäßig und verhältnismäßig schnell. Der Offensivdurchbruch durch die Donau- und Drina- stellungen der Serben war eine kühne Tat. Zweifellos habe Mackensen den serbischen Aufmarsch durch seinen vorzeitigen Einbruch überrascht und der Erfolg habe ihm recht gegeben. Ebenso wie die spätere Zeit den deutsch-österreichisch-ungarischen Einfall in Serbien würdigen wird, kann sie nicht umhin, die bulgarischen Heere wegen ihres Durchbruches durch das östliche Greuzgebirge zu bewundern. Mit jener Schnelligkeit und Unverdrossenheit, wie sie ein junges, durch die Strapazen eines Krieges noch nicht mitgenommenes Heer unter ener
gischer Führung charakterisiert, wurden die Schwierigkeiten der Zerlegung großer operativer Massen in kleinere Kolonnen und die Wiedervereinigung vor dem Ziel überwunden.
Ein Achtel von Serbien durch unsere verbündeten Heere besetzt.
Berlin, 22. Okt. Übereinstimmenden Nachrichten aus Sofia zufolge haben die Verbündeten bisher ein Achtel von Serbien besetzt.
Die Sicgesbegeisterung der Bulgaren
Berlin, 22. Oktober. Aus Sofia wird der „Berliner Morgeupost" berichtet: Das unerwartet rasche Vordringen der bulgarischen Truppen in Mazedonien löst allgemeine Helle Begeisterung aus. Man erinnert sich an die ersten großen Erfolge der Bulgaren im Balkankrieg bei Kirkilisse, die mit gleichen Ehren errungen wurden.
König Ferdinand besuchte die Truppen in der Gefechtslinie und wohnte einem Kampfe bei. Er wurde von der Bevölkerung und den Truppen stürmisch begrüßt und sein persönlicher Mut allgemein bewundert.
Infolge der Eroberung der Owtschepole stehe» die Bulgaren mitten im Herzen Mazedoniens. Die Einnahme von Kumanowo und selbst, von Uesküb ist nur eine Frage weniger Tage.
Dedeagatsch von der engl. Flotte beschösse»
Sofia, 22. Okt. Die bulgarische Telegrapheu- Agentnr meldet: Die englische Flotte hat heute Dedeagatsch beschossen, ohne wesentlichen Schade» anzurichten.
weitere Truppenlandungen in Saloniki
Berti», 22. Okt. Wie verschiedenen Morgenblättern aus Lugano gemeldet wird, dauern die Truppenlandungen in Saloniki an. Nach einem Wiener Bericht der „Kreuzzeituug" waren bis zum 19. d. Mts. 50 000 Mann englisch - französischer Truppe» gelandet. Die ohnedies schleppende Beförderung nach Norden sei durch die bulgarische Besetzung von Brunja noch erschwert worden.
Bearbeitung von Griechenland und
Rnruänie« durch den Bierverband.
Küttt, 2t. Oktober. Der „Kölnischen Zeitung" zufolge erklärt der „Secoto", der Vierverband unterhandle gegenwärtig in Griechenland und Rumänien auf der Grundlage einer Truppenentsendung von 200000 Engländern, 100000 Franzosen, einer italienischen Truppenmacht und der Möglichkeit einer Entsendung von einer halben Million Russen. England suche Griechenland begreiflich zu machen, daß englische, französische und italienische Truppen genügen würden, um den deutsch-österreich-unga- rischen Vormarsch zu hemmen, und daß Griechenland gleichzeitig Bulgarien angreifen müsse. Der Vierverband hätte zur dauernden bewaffneten Neutralität Griechenlands kein Verirauen. Der Fall, daß Griechenland sich gegen den Vierverband richten könne, scheine freilich angesichts der Seestreitmacht der Verbündeten ausgeschlossen.
Wie in Athen wird auch in Bukarest gearbeitet. Bis jetzt habe Bralianu ablehnend geantwortet, doch sei seine Antwort kaum endgültig.
England bietet Griechenland Cypern an
Köln, 21. Okt. Laul der „Kölnischen Zeitung" will „Daily Telegraph" aus guter Quelle erfahren haben, daß Großbritannien sich erboten habe, Cypern unverzüglich an Griechenland abzutreten, wenn sie sich dem Vierverband anschließen wollen.
Berlin, 22. Okt. Aus Rotterdam wird dem „Berliner Tagblatt" gemeldet: Über die neuen Bedingungen, zu denen England das Angebot der Abtretung Cyperns an Griechenland wiederholte, meidet der „Daily Telegdaph" noch folgendes: Cypern wird ohne weiteres abgetreten werden, sobald Griechenland zugestimmt hat, mit den Alliierten gegen Bulgarien und die Türkei Krieg zu führen und einen Teil dieses Übereinkommens durchgeführt hat.
„Daily Chronicle" bestätigt dies und gibt m einem Leitartikel Griechenland den Rat, diese Chance nicht vorübergehen zu lassen.
Lokales-
Wlldbad, 23. Oktober. (Zur Nahrungsmil t e l v e r s o r g u n g.) In Ausführung der Bundesratsverocdnung über die Errichtung von Preisprüsungsstellen und die Versorgungsregelung vom 25. September wird laut einer Bekanntmachung des Ministeriums des Innern im Staatsanzeiger eine Landespreisstelle geschaffen. Aus den Aus- führungsbestimmungeu sind folgende Punkte hervor' zuheben: Für das Königreich Württemberg nnro eine dem Ministerium des Innern unmittelbar unterstellte Landespreisstelle errichtet. Sie hat ihre" Sitz in Stuttgart, Büchsenstraße Nr. 52, 2. Sie hat auch die Aufgabe, die Preise im Königreich >">