Bahnwariseheleuten vermutete, zu setzen. Der Angeklagte arbeitete von seinem 16. Lebensjahr an in allerlei Dienststellungen. Uebereinstimmend wird bekundet, daß in letzter Zeit sein Fleiß zu wünschen übrig ließ. Umso lebhafter trug er sich aber mit dem Gedanken der Auswanderung. Um ihn in die Tat zu setzen, trat er auch in Korrespondenz mit einem Bureau. Ein Bruder des Angeklagten lebt in Amerika. Den Eltern wird allgemein das beste Zeugnis ausgestellt. Nach der Tat befragt, gibt der Angeklagte deren Hergang im wesentlichen zu, wie sie seinerzeit in der Presse geschildert worden und wie sie auch nach den Akten als erwiesen anzusehen ist. Er lauerte dem Bahnwart Löffler auf, bis dieser nach dem Passieren des Zuges in sein Haus zurückging und schlug ihn, auf der Treppe stehend, mit einem mit Nägeln besetzten Prügel derart nieder, daß er an den Verletzungen später starb. Dann begab er sich in das Haus und versuchte, die im Bett liegend«, aber wachende Frau des Erschlagenen zu erwürgen. Der Frau gelang es jedoch, sich seiner zu erwehren und zu entfliehen. Am Tatort zurückgelassene Gegenstände, besonders ein Hut, führten zur Ermittlung des Täters, der am Tage nach der Tat festgenommen wurde. Nicht zugeben will Weiß das der Tat unterstellte, auf Raub gehende Motiv. Er behauptet zunächst, die Tat ohne Ueberlegung, d. h. in hochgradiger Betrunkenheit begangen zu haben, denn er habe anläßlich einer am Tage zuvor abgehaltenen Musterung mit anderen Burschen zusammen am Tage der Tat selbst etwa 20 Schoppen Bier^ getrunken. Auch sei ihm eine räuberische Absicht völlig ferngelegen. Dem Bahnwart habe er nur eins versetzen wollen aus Rache dafür, daß ihn früher einmal ein anderer Bahnwart wegen einer Uebertretung zur Anzeige gebracht'habe. Die Fra»! des Erschlagenen wollte er nur in seiner Betrunken-! heit sich zu Willen machen. Die weiteren Verhandlungen erstreckten sich auf die Vernehmung von Zeugen über den Leumund des Beklagten, seine Führung in der Schule, in seinen Dienststellen und so weiter. Die Verhandlung wird heute fortgesetzt werden. Sie dürfte noch den ganzen Tag in Anspruch nehmen.
Tübingen. 24. April. Die Verhandlungen über den Fall Weiß sind heute auf 6 Wochen vertagt worden. Weiß soll auf seinen Geisteszustand untersucht werden.
Herrenberg, 23. April. In Entringen machte ein junger Bauernsohn Turnübungen am Garbenseil. Plötzlich löste sich die Befestigung am Dachsparren und der junge Mensch stürzte aus ziemlicher Höhe in die Tenne herunter. Er liegt jetzt im Sterben.
Vaihingen a. E., 24. April. Gestern nachmittag gegen 5 Uhr ist in der Leimfabrik von G. Konradt und Sohn der 15 Jahre alte Arbeitsbursche Glück dadurch schwer verunglückt, daß er infolge von Unvorsichtigkeit und trotz vorheriger Warnung in einen großen Trog Leim stürzte, dessen Inhalt auf 63 Grad erhitzt und zur Abkühlung bestimmt war. Der arme Junge wurde am ganzen Körper schwer verbrüht und ist im Krankenhaus gestorben.
Böblingen, 25. April. Gestern früh hat Frau Baronin v. Gemmingen aus Stuttgart, die als Jagdgast im Revier der Sindelsinger Jagd- pächter Herren Kaula und Ostertag-Siegle weilte, einen kapitalen Auerhahn erlegt.
Entringen, 24. April. Gestern vormittag ist der junge Gottfried Bauer in der Scheuer seines Vaters durch das Garbenloch in die Tenne heruntergestürzt und hat das Rückgrat gebrochen.
Mellingen, 25. April. Ein Italiener kam zu der deutschen Frau eines hier verheirateten ita
lienischen Aufsehers und stellte sich als ihr Schwager vor. Er bat sie um ein größeres Darlehen, was die Frau einem Schwager nicht abschlagen zu dürfen glaubte. Als der Mann abends nach Hause kam, entpuppte sich alles als Schwindel.
Ulm, 24. April. Aus dem AmtsgerichtS- gefängnis ist, wie gemeldet wird, in den Kleidern eines anderen Strafgefangenen der 25 Jahre alte Schuhmacher Theodor Karl Zillinger von Stuttgart entwichen. Der Ausgebrochene ist groß und kräftig, hat große Nase und als besonderes Kennzeichen auffallend kleine Augen und an der linken Wange eine Narbe Bei eventueller Festnahme ist größte Vorsicht vonnöten, da Zillinger äußerst verwegen und kräftig ist.
Zwiefaltendorf, 84. April. Daß es in Frankreich noch bessere Menschen gibt, die nicht von störrischem Chauvinismus erfüllt sind, wie er sich erst kürzlich in Nancy aufgebläht hat, beweist nach dem „Münsinger Alb-Boten" nachstehender Fall: Eine reiche Französin hat einem hiesigen Fräulein, ihrer einstigen geschätzten Pflegerin in Burghölzli bei Zürich, als Anerkennung die Summe von 20 000 Mark übersandt. Gewiß ein schöner praktischer Dank für die gerade mit irdischen Glücksgütern nicht gesegnete ehemalige Pflegerin.
Aus dem Reiche
Berlin, 25. April. Der Verzicht des Kaisers auf die Imperator-Fahrt soll, wie in politischen Kreisen verlautet, mit der Schwierigkeit der politischen Lage Zusammenhängen, die sich aus dem Fall von Skutari ergeben hat. — Wie die „Köln. Ztg." meldet, befürchtet man in Petersburg, daß der Fall von Skutari sehr ernste politische Verwicklungen zur Folge haben wird.
Berlin, 25. April. Infolge der gestrigen langen Debatte im Reichstag kann morgen noch nichr mit der dritten Lesung des Etats begonnen werden. Deshalb rechnen die Abgeordneten mit der Wahrscheinlichkeit, daß in der nächsten Woche, mindestens noch am Montag, eine Sitzung gehalten werden muß.
Berlin, 25. April. Die Budgetkommission des Reichstags hat gestern die Beratung der Wehrvorlagen begonnen. Die Sitzung war vertraulich. — Die Firma Krupp hat gegenüber den „Enthüllungen" Liebknechts eine Erklärung abgegeben, die vorerst nicht befriedigen kann.
Berlin. 85. April. Die Budgetkommission des Reichstags beendete heute vormittag die streng vertrauliche Besprechung über die Wehrvorlage. Morgen soll die Plenarsitzung um 10 Uhr beginnen, daher findet, die nächste Sitzung der Budgetkommission am Montag vormittag statt. — Die Beratung wird alsdann mit dem Z 1 beginnen. Es findet also keine Generaldebatte statt.
Berlin, 25. April. Generalfeldmarschall Graf Häseler kann morgen sein 60jähriges Militärdienstjubiläum begehen. Seine Bestrebungen, eine Elitetruppe an der Grenze auszubilden, haben ihn zu größtem Ansehen im Armeekorps, in der Armee und in der Bevölkerung gebracht, und unsere westlichen Nachbarn, gegen die er Grenzwache hielt, haben Graf HLselers charaktervolle Persönlichkeit häufig mit allem Respekt gewürdigt und den „älublo llo Net/" als einen Feind bezeichnet, mit dem im Ernstfall sehr gerechnet werden müßte. Bekannt ist es, daß Gras Häseler sich auch als Erzieher unserer Kavallerie große Verdienste erworben hat. Möge dem greisen Generalfeldmarschall, der im 78. Lebensjahre steht, auch fernerhin ein gesegneter Lebensabend beschieden sein.
Johannistal, 24. April. Der Flieger Dunetz stieg heute früh 7 Uhr mit einem Luftverkehrseindecker auf und stürzte aus beträchtlicher Höhe steil auf die Erde. Er wurde sofort getötet.
Junge, mein Junge!" und es klang ganz verzweifelt und wir erschracken sehr."
„Wir dürfen es nicht leiden, daß er sich so aufregt!" rief Claas. „Lauf zum Doktor, Wilm! Onkel, du kannst den Tod haben von solchen Geschichten!" Mehr hörte ich nicht, ich war schon draußen. Aber nachher ist mir's eingefallen — er hat gewiß bereut, sein letztes Testament gemacht zu haben. Er war ja öfter stundenlang nicht ganz klar im Kopfe und in solchen Momenten muß er es getan haben. Denn lieb hat er mich gehabt — mehr als Claas, viel mehr, das weiß ich."
Der alte Herr erwiderte nichts, aber sein bisher vergnügliches Gesicht wurde hart und finster.
„Wie ich Probus gekannt habe, war er nicht der Mann, welcher leichthin seine Entschlüsse änderte. Andererseits habe ich zwei Schwächen an ihm wachsen sehen: Er ließ sich gern von Hinz und Kunz allerlei Quatsch erzählen und sich noch lieber, auch in der gröbsten Weise, schmeicheln."
„Ja, Herr Kammerrat, da haben Sie recht. Ich mußte mich oft zusammennehmen, daß ich nicht dazwischensuhr, wenn die Klatschbasen männlichen und weiblichen Geschlechts um ihn herumsaßen
und schließlich der eine sich dies, der andere das zum Lohn erbettelte."
„Hatten Eie unter diesen Leuten Feinde, Herr Gerdena?"
„Das weiß ich nicht, ich hätte mir auch nichts daraus gemacht!"
„Aber, mein Junge, es handelte sich um das schöne schuldenfreie Besitztum! Irgend jemand hat es Ihnen aus den Händen genommen — in hinterlistiger Weise —"
„Davon hätte doch nur Claas Nutzen gehabt und diesen kannten die Nachbarn kaum. Warum sollten sie ihm zu Liebe und mir zu Leide sein? Und jetzt ist ja alles zu spät. Claas hat Elfstein und dagegen läßt sich nichts tun. Könnte ich es aber auch, ich würde es doch nicht tun, denn was der Onkel festgesetzt hat, dar bleibl so."
Der Kaffee wurde gereicht. Der Kammerrat nahm seine Zigarrentasche und bot sie Wilm. Dieser dankte aber.
„Rauchen Sie doch, bitte, Herr Gerdena. Der Herr Vormund tut es ja auch, und in unserer Pension haben wir selbst oft genug heimlich geraucht", sagte Alice.
Berlin, 25. April. Die gestrige Börse stand noch ganz unter dem Eindruck der Falle- von Skutari und zeigte eine schwache Haltung.
Johannistal, 24. April. Der Flieger Abramovics stieg heute früh 6 Uhr auf einem Wrightdoppeldecker mit der Fürstin SchakowSkoy als Mitfahrerin zu einem Probeflug auf. Aus unbekannter Ursache stürzte die Maschine aus 6—8 Meter Höhe seitlich zur Erde und wurde gänzlich zertrümmert. Abramovics erlitt mehrere Arm- und Beinbrüche und anscheinend auch innere Verletzungen. Dis Fürstin wurde leichter verletzt.
Berlin, 85. April. Der gestern in Johannistal abgestürzte Flieger Abramovics ist gestern abend seinen Verletzungen erlegen.
Hamburg, 24. April. Heute nachmittag sind bei Arbeiten an Bord des „Imperator" durch die Explosion eines Benzinbehälters mehrere Monteure der Vulkanwerft und ein Mann der Besatzung verletzt worden. Die Ursache des Unfalls ist unbekannt und man vermutet Unvorsichtigkeit der Arbeiter.
Hamburg, 23. April. In Hamburg ist wieder ein Chauffeurstreik ausgebrochen. Sämtliche 260 Chauffeure sind wegen der Entlassung eines Kollegen in den Ausstand getreten.
In Altona wurde der 17jährige Kellner Rudolf Ernst Brodwolf auS Obereßlingen a. N. unter dem Verdacht verhaftet, den Raubmord in der Jägerstraße in St. Pauli an der Ehefrau Heinrich verübt zu haben. Nach anfänglichem Leugnen gestand der Verhaftete die Tat ein. Er hatte, wie er angibt, ein Verhältnis mit der Freundin der Ermordeten. Am Montag morgen kam er in die Wohnung der Heinrich, die im Bett lag, kam in Streit mit ihr und durchschnitt ihr mit einem Rasiermesser die Kehle. Dann nahm er das auf 42 Mk. lautende Sparkassenbuch an sich und verschwand.
Glog au, 24. April. Dem Berliner Lokalanzeiger zufolge wurde gestern nachmittag auf dem Truppenübungsplatz Neuhammer, wo das niederschlesische Pionierbataillon Nr. 5 zur Zeit Hebungen hält, bei ein^p Sprengversuch der Leutnant Katterwe getötet. Oberleutnant der Reserve Müller- Kranichfeldt aus Stettin und Landwehrleutnant Regierungsassessor Dahmen aus Danzig wurden schwer verwundet. Auch ein Vizefeldwebel und ein Pionier haben Verletzungen erlitten.
Triberg, 24. April. Ein in der hiesigen Jahresuhrenfabrik beschäftigter Uhrmacher namens I. Heimburger will ein Uhrenlaufwerk erfunden haben, das ohne Antrieb immer laufen soll. Die Erfindung ist beim Patentamt angemeldet; man hätte es also dabei mit nicht weniger zu tun als mit dem Perpetuummobile. Man wird gut tun, die Sache mal abzuwarten.
Nauheim, 85. April. Die Frau eines Badedieners wurde plötzlich irrsinnig und legte in ihrer Wohnung Feuer an. Dann ergriff sie ein Messer und begab sich einen Stock tiefer in die Wohnung des Ehepaars Neuling. Sie brachte dem Mechaniker Neuling so schwere Verletzungen bei, daß er bald darauf starb. Die Frau des Neuling erhielt gleichfalls mehrere Stiche. Dann nahm die Geistesgestörte eine Droschke und fuhr nach einer Villa in der Frankfurter Straße, wo ein Bautechniker namens WieSner wohnt. Sie drang in die Wohnung ein, stürzte sich aus die Köchin und brachte ihr Messerstiche im Gesicht und an den Armen bei. Die durch daß Hilfegeschrei hergelockte Frau Wiesner wurde gleichfalls verletzt. Der Kutscher, der vor dem Hause hielt, hörte das furchtbare Geschrei und warf sich der Rasenden entgegen. Sie wurde entwaffnet und verhaftet.
München, 24. April. Auf dem Flugplatz Schleisheim verunglückten die beiden Fliegeroffiziere
Allerdings, wenn gnädiges Fräulein unS Gesellschaft leisten —"
„O, bitte, nein! Mir wurde immer so schlecht darnach, aber wenn ich nicht mittat, nannten sie mich „Spitzel". Da mußte man alle Künden mit begehen."
Die Herren lachten und ließen sich von dem jungen Mädchen verschiedene Pensionserlebnisse erzählen. Zuweilen waren dieselben sehr drolliger Art, und als sie gerade so im lustigsten Lachen waren, wurde Herr Claas Gerdena von Elfstein gemeldet.
„Wir lassen bitten!" sagte der Kammerrat, der immer noch das Regiment hier führte, waS Fräulein Alice für durchaus richtig zu finden schien.
- (Fortsetzung folgt.)
(Eine praktische Aerztin.) „Ihre Gattin ist Aerztin? Ja, warum lassen Sie sich denn nicht wegen des kleinen Katarrhs von ihr behandeln?" — »Das würde mir zu teuer kommen. Einmal Hab' ich es schon getan. Da hat sie mir sechs Wochen Riviera verordnet, ist aber gleich selbex mitgefahren."