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Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr-

143

Samstag, den 2. Dezember üü l

47. Jahrgang.

kunckcbau.

Stuttgart, 1. Dezbr. Das Königspaar ist heute nachmittag wieder hier eingetroffen.

Stuttgart, 30. Nov. Nachdem am Eingang zum Rosenstein die beiden bisher der Wache und dem Schloßgartenportier dienenden Häuschen geleert sind, wird mit ihrem Abbruch begonnen An ihrer Stelle ist ein aus Fachwelten hergestelltes Provi­sorium errichtet worden. Nun sind aber auch die Bäume des Hügels vor dem Rosensteinschloß bis zur Cannstatterstraße fast sämtlich der Axt zum Opfer gefallen. 64 herrliche Platanen folgen demnächst nach und mehreren 100 Bäumen steht das gleiche Schicksal bevor. Für den Naturfreund ein Bild des Jammers. Von den unteren Anlagen wird schließlich nicht mehr viel anderes übrig bleiben, als eine Allee, nicht viel breiter als die Eisenbahnstrecke, die daneben herläuft.

Stuttgart, 1. Dez. In der Sitzung des Gesamtpräsidiums des Württ. Kriegerbundes wurde Bureauvorsteher Fortunat zum Bundesschatzmeister gewählt. Der König hat die Wahl bestätigt.

Stuttgart, 1. Dez. Die Handwerkskammern Stuttgart, Ulm, Heilbronn und Reutlingen haben die Dauer der Lehrzeit für das Buchdruckergewerbe auf 4 Jahre festgesetzt.

Stuttgart, 30. Nov. Gestern vormittag wurde in Cannstatt die Leiche eines 26 Jahre alten Weingärtners aus dem Neckar geländet. Es liegt zweifellos Selbstmord vor.

Stuttgart, 1. Dez. Von den anläßlich der Teuerung seitens der Stadt angekauften 48 Waggon Kartoffeln sind 4? Waggon eingetroffen. Die noch übrigen 800 Zentner sollen am nächsten Montag für 3.60 Mk. der Zentner verkauft werden, jedoch werden nicht mehr als drei Zentner an eine Person verabfolgt.

Stuttgart, 1. Dez. Für das städtische Elektrizitätswerk hat das Erdbeben vom 16. Nov. eine gewisse Schädigung im Gefolge gehabt. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß bei verschiedenen Stromabnehmern die Zähler infolge des Bebens stehen geblieben sind, so daß das Werk darauf verzichten muß, die sonst übliche Erhöhung des Strompreises zwischen 5 und 7 Uhr in Anrechnung zu bringen. Auch im Prüsraum des Elektrizitäts­werks sind bei dem Beben mehrere Kontrolluhren zum Stillstand gekommen.

Bebenhausen, 30. Nov. Am 27. wurde im Forst Bebenhausen, am 28. im Forst Weil und am 29. im Forst Herrenberg gejagt. Am 29. abends bezw. am 30. reisten S. Kgl. Hoheit Herzog Albrecht mit seinem persönlichen Adjutanten, Ihre Durchlauchten Herzog Wilhelm von Urach, der Fürst zu Bentheim nnd Steinfurt und der Fürst zu Erbach-Schönberg, sowie die übrigen Jagdgäste wieder von hier ab.

F r e u d e n st a d t, 28. Nov. Der hiesige Schneeschuh-VereinveranstaltetimLaufedes Winters wieder drei Schneeschuhkurse. Als Zeit dafür sind, günstiger Weiter vorausgesetzt, die Tage vom 3.-7. Januar, 17.-21. Januar und 7.11. Febr. vorgesehen.

Pfaffenhofen, 1. Dez. Der vor 14 Tagen durch einen Schuß in den Arm schwerverletzte Stein- Hauer Hackenmüller ist nach gräßlichen Schmerzen gestorben. Zu einem Einzug wollte man schießen, Wackenmüller langte in dem Moment über den Gewehrlauf, als der Schuß losging.

Emmingen. Die Wachenden oder die Er­wachten ängstigten sich heute nacht 1.37 Uhr an einem abermaligen Erzittern der Erde. Ein sekun­denlanges Vibrieren der Lagerstätte war ein deut­licher Beweis hiefür.

In Loffenau hat bei einer Streiterei der Holzhauer Karl Steeb das Messer gezogen und

dem Taglöhner Adam in den Rücken gestochen. Adam soll in Lebensgefahr sein.

Tübingen, 1. Dez. Im 6. Reichstags­wahlkreis beabsichtigen die Konservativen, als Kan­didaten den Sekretär der christlichen Gewerkschaften, Paul Krug-Stuttgart, aufzustellen.

Tübingen, 30. Nov. Die Erdstöße hören nicht auf. So wurde gestern nacht gegen 3 Uhr und früh gegen dreiviertel 7 Uhr wieder ein Stoß verspürt, hier sowohl wie in der Umgegend.

Urach, 1. Dez. Der Bauernbund hat für die Landtagsnachwahl am nächsten Dienstag Stimm­enthaltung beschlossen.

Pfullingen, 30. Nov. Aehnlich wie vor­gestern abend ch«7 Uhr kamen auch heute nacht einige Erdstöße vor und zwar gegen Morgen un­gefähr um 3 Uhr und gegen 4 Uhr.

Frankenbach, 2g. Nov. Gestern abend gegen 6 Uhr wurde der verheiratete, 28jührige Gottlob Kircher, Hafner von hier, in nächster Nähe des Orts tot aufgefunden. Die Ursache des Todes wird heute durch eine gerichtliche Untersuchung erst festgestellt werden. Eine Verletzung wurde bis jetzt nicht gefunden. Am Montag kehrte er von seiner Arbeit in Heilbronn nicht zurück. Seiner Frau wurde gestern früh von Pforzheim telegraphiert, sie solle ihm Geld schicken, daß er wieder heim- sahren könne. Wie er nach Pforzheim kam, ist unbekannt. Er hat sich schon öfter infolge eines Anfalls entfernt. Seine Frau sandte telegraphisch Geld nach Pforzheim; er ist von dort abgereist. Seine Frau hat um 3 Uhr noch telefonisch mit ihm gesprochen, um 6 Uhr wurde er schon tot aufgefunden.

Jag st ha usen, 1. Dez. In der Sandgrube des Landwirts Kühner wurde ein Mammutzahn von außergewöhnlicher Größe gefunden.

Niederstotzingen, 1. Dez. Graf Karl von Maldeghem, erblicher Reichsrat der Krone Bayern, und seine Gemahlin, geb. Gräfin Andrassy, feier­ten hier das Fest der goldenen Hochzeit.

Ellwang en, 1. Dez. Auf der Straße von Ellwangen nach Crailsheim in der Nähe des Spital­hofs ist Kaufmann Rilling von Crailsheim mit seinem Automobil tödlich verunglückt.

Crailsheim, 29. Nov. Bei der heutigen Landtagsersatzwahl im Bezirk Crailsheim fielen auf den Kandidaten des Bauernbundes, Oekonom Lang 1377 Stimmen; auf den Kandidaten der Volkspartei, Stadtrat Schäffer, 1176 St.; auf den Kandidaten der Nationalliberalen Partei, Regier­ungsrat Reusch, 825 St.; auf den sozialdemokra­tischen Kandidaten Beinkämpen 663 St.; der Kandidat des Zentrums, Gröber, erhielt 228 St. Zersplittert 14 St. Eine zweite Wahl ist somit erforderlich.

Langenburg, OA. Gerabronn, 30. Nov. Von 198Wahlberechtigten haben bei derStadtschultheißen- wahl 178, das find 90 Prozent, abgestimmt. Ge­wählt wurde Buchhalter Broß in Stuttgart mit 118 Stimmen.

Ulm, 29. Nov. Das Wahlabkommen zwischen der nationalliberalen und der fortschrittlichen Volks­partei ist gestern von beiden Parteien unterzeichnet und damit endgültig perfekt geworden. Diese Einigung besteht bekanntlich darin, daß die beiden Parteien in der Reichstagswahl für den Kandidaten Hähnle der fortschrittlichen Volkspartei und in der Landtagswahl in Ulm-Stadt und Geislingen für den Kandidaten der national liberalen Partei ein- treten.

Buchau, 30. Nov. Heute vormittag 10 Uhr brachen an dem Hartmann'schen Bau beim Elektri­zitätswerk mehrere Balken, wordurch sechs darauf arbeitende Zimmerleute herabstürzten und zum Teil erhebliche Verletzungen davontrugen.

Auf dem Bahnhof Er sin gen bei Pforzheim ereignete sich ein schweres Unglück. Die 43jährige Frau des Goldarbeiters Anselmeut lief über das

Gleis und wurde in diesem Augenblick von dem Schnellzng erfaßt. Die Frau wurde zur Seite geschleudert und blieb tot liegen. Es ist nicht er­klärlich, wie die Frau, obgleich die Schranke ge­schlossen war, das Gleis betreten konnte.

Baden-Baden, 1. Dez. Der bisherige Führer des LuftschiffesSchwaben", Dr. Eckener, der den Luftkreuzer oft siegreich durch alle Fährlichkeiten lenkte, ist von der Leitung der Luftschiffstation Baden-Oos zurückgetreten; an seine Stelle tritt Dipl.-Jngenieur Dürr, seit langer Zeit schon ein geschätzter Mitarbeiter des Grafen Zeppelin.

Mannheim. 29. Nov. Ein Ehedrama spielte sich heute mittag in der Neckarvorstadt ab. Die Ehefrau des 52 Jahre alten Händlers Kirschner hatte sich von diesem getrennt. Kirschner forderte seine Frau zur Rückkehr in seine Behausung auf. Als sie dies abschlug, zog Kirschner einen Revolver und feuerte vier scharfe Schüsse auf sie ab, von denen der eine in den linken Arm traf, die drei anderen der Entfliehenden in den Rücken gingen. Kirschner ergriff darauf schleunigst die Flucht, verfolgt von einem Schutzmann und von Vorüber­gehenden. Bei seiner Festnahme versuchte er sich zu erschießen. Als dies nicht gelang, wollte er sich den Hals abschneiden, brachte sich aber nur eine 12 am tiefe Stichwunde in den Hals bei. Die Frau liegt schwer verletzt im Kranke.Haus. Die Verletzungen des Mannes sind nur leichter Natur.

Heidelberg, 29. Nov. Vor einiger Zeit fanden die Kinder des Taglöhners Georg Reinhard aus Altneudorf in der Steinbach 3 Perlen, die in Muscheln eingehüllt waren. Eine hiesige Gold­firma kaufte die Perlen um den Preis von 37 Mk. und verkaufte sie dann wieder nach Frankfurt um 700 Mk. (Skrupellose Geldmacherril)

Berlin, 29. Nov. Der Kaiser beglückwünschte den Reichskanzler zu seinem heutigen Geburtstag in gnädigen Worten und machte chm eine Vase mit dem kaiserlichen Namenszug zum Geschenk.

Berlin, 1. Dez. Der Reichstag hat am Mittwoch und Donnerstag über den Entwurf betr. die Aufhebung des Hilfskasfengesetzes beraten. Die Sozialdemokraten beantragten zu § 1, im Fall der Ablehnung dieses Paragraphen den Reichskanzler um Vorlegung eines Gesetzesentwurfs zu bitten, der die zur Beseitigung der Mißstände bei den Hilfskassen notwendigen Aenderungen des Hilfs­kassengesetzes betrifft. Ministerialrat Caspar er- erklärte, der Boden der Selbstverwaltung werde durch dieses Gesetz nicht verlassen. Es sei sogar in mancher Beziehung den Kaffen eine freiere Be­wegung eröffnet als nach den Bestimmungen des bisherigen Gesetzes. Die Kommissionsfestsetzungen wurden in der Hauptsache angenommen. Am Freitag wurde zunächst die zweite Lesung des Ent­wurfs über die Ausgabe kleiner Aktien in den Konsulargerichtsbezirken und in dem Schutzgebiet Kiautschau vorgenommen. Die Kommissionsfasfung sieht Einschränkung auf die Konsulargerichtsbezirke in China vor, was auch angenommen wurde. Es folgte sodann die dritte Lesung des Schiffahrts­abgabengesetzes. Das Gesetz wurde nach den Be­schlüssen der zweiten Lesung unverändert ange­nommen.

Berlin, 30. Nov. Heute vormittag lagerte ungewöhnlich dichter Nebel über Bcrlin, der um die Mittagstunde die größte Dichtigkeit erreichte, sodaß völlige Dunkelheit herrschte.

Berlin, 1. Dez. Die vereinigten Buchdruckerei­besitzer erklärten, zum Ausgleich der erhöhten Löhne, sowie der fortdauernd gestiegenen Materialkosten die Druckpreise vom 1. Januar an um 10 Proz. erhöhen zu wollen.

Infolge des gestrigen ablehnenden Be­schlusses der Former wurden heute in der Ber­liner Metallindustrie 6070000 Arbeiter ausgesperrt.