wisse Schuld trägt, hierher, der, wie es scheint, ganz gründliche Arbeit machen will. Nach den Themen, über die er sprechen will, handelt es sich nicht nur um die Abschaffung des Eigentums und der Religion, sondern um die Abschaffung des Staates.

Cannstatt, 23. Okt. (Glück im Unglück.) Ein Geschäftsmann glitt auf dem Trottoir über eine weggeworfene Weintraube aus, stürzte und zog sich Abschürfungen zu. Schimpfend über die Rücksichtslosigkeit der Menschen, die trotz aller Warnungen immer noch dergleichen auf das Trottoir werfen, ging er weiter, als, wie die Cannstatter Zeitung berichtet, wenige Meter vor ihm ein hoch oben an einem Haus angebrachtes Gerüst polternd niederpraffelte. Es hätte ihn sicherlich getroffen und vielleicht tödlich verletzt, wenn er nicht durch den kleinen Unfall zuvor aufgehalten worden wäre.

Altensteig, 23. Okt. Die Taglöhnerin W. vom nahen Dorf wurde wegen Milchpantscherei (20 Prozent Wasserzusatz) vom K. Schöffengericht in Nagold zu 20 Mark Geldstrafe und Tragung der nicht unerheblichen Kosten verurteilt.

Tuttlingen, 21. Okt. Gestern abend kam das Bierfuhrwerk der Schwarzadlerbrauerei ohne Führer nach Hause. Der Fuhrmann, der 40jährige ledige Knecht Joh. Manger, von Oeffingen gebürtig, wurde auf der Landstraße zwischen hier und Wurmlingen in der Nähe der Brielmühle, eine Kerze in der Hand haltend, tot aufgefunden. Es scheint, daß er die Wagenlaterne anzünden wollte, hiebei unter das Fuhrwerk geriet und so den Tod fand. Der Verunglückte stand erst wenige Wochen im Dienste der Brauerei.

Reutlingen, 20. Okt Auf dem Wege in die Baumschule bei der Schranderhöhe ist ein junger Gärtner von einem epileptischen Anfall überrascht worden, in den Straßengraben gestürzt und erstickt, ehe Hilfe kam.

Reutlingen, 21. Okt. Durch eigenes Verschulden fand heute früh kurz nach 7 Uhr der 52 Jahre alte ledige Maurer Wilh. Widmaier von Kuppingen den Tod. Er wollte am Panorama­weg noch den Bahnübergang der Aublerstraße mit einem Handkarren passieren, trotzdem der Zug bereits kurz vor dem Uebergang angekommen war. Der Unglückliche wurde wenige Minuten darauf von der Lokomotive erfaßt und überfahren. Aus dem Transport nach dem Bezirkskrankenhaus ist er gestorben.

Crailsheim, 23. Okt. Ueber die Persönlich­keit der am Dienstag in der Jagst aufgefundenen Leiche haben die Nachforschungen ergeben, daß es sich um ein aus München stammendes Mädchen handelt, das den Tod freiwillig in der Jagst ge­sucht hat.

Schopfloch, 20. Okt. (Wirkung desNeuen".) Wurden da vorgestern um Mitternacht die Be­wohner des Lattenberger Hofes plötzlich aus ihrem tiefen Schlaf aufgeweckt. Ein Fuhrwerk aus Grün­tal, dessen Besitzer, wie es schien, demNeuen" allzuviel zugesprochen hatte, stellte sich ein. Nach der Herkunft gefragt, antwortete der Bauer:Von Amerika!" Allem Anschein nach wußte der Schlaf­trunkeneaus Amerika" nicht, daß die Wirtschaft auf der Jungviehweide seit letzten Sonntag ge­schloffen ist.

Spaichingen, 23. Okt. Gestern nach­mittag wurde bei einer Treibjagd auf dem Zundel­berg ein grausiger Fund gemacht. Man stieß auf ein Skelett, bei dem nur noch ein Paar Schuhe und einige Kleiderfetzen lagen. Man vermutet, daß es sich um den vor 7 Jahren plötzlich ver­schwundenen Waldjchützen Karl Schuhmacher von Spaichingen handelt. Ob ein Verbrechen oder ein Unfall vorliegt, ist natürlich nicht zu ermitteln.

Neukirch, OA. Tettnang, 21. Okt. In

Gunzenweiler hiesiger Gemeinde wurde gestern abend eine Trauerversammlung in argen Schrecken versetzt. In einem Hause war der Mann gestorben und in der sogen. Stubenkammer aufgebahrt. Nachdem die Angehörigen, Nachbarn und Freunde abends noch für die Seelenruhe des Verstorbenen gebetet, versammelten sie sich um den Sarg, als plötzlich der Fußboden durchbrach und der Sarg mit der Leiche und die ganze Trauerversammlung in die Tiefe versank. Glücklicherweise kamen die meisten mit dem Schrecken davon, einige erlitten noch kleine Hautschürfungen.

Berlin, 23. Okt. Befremdlich ist die Mel­dung belgischer Blätter, daß der Kaiser gelegentlich der Einweihung des Kaiser Friedrich-Denkmals in Aachen dem belgischen General Heimburger ver­traulich eine Mitteilung über die deutsche Welt­politik gemacht haben soll, die also nur durch Ver­trauensbruch bekannt geworden sein könnte und überhaupt durchaus unwahrscheinlich klingt. Der Kaiser soll nämlich gesagt haben:Wir benutzten die jüngsten Ereignisse, um zu verlangen, was wir in gewöhnlichen Zeiten nur mit großen Schwierig­keiten hätten erlangen können."

Im Reichstag soll in dieser Woche, wenn der Seniorenkonvent zustimmt, eine mehr als acht­tägige Pause eintreten zu lassen beschlossen werden. Man will der Kommission zur Vorbereitung deS Angestellten-Versicherungsgesetzes Zeit zur Beratung lassen. Der Reichstag setzte die Debatte über das Privatbeamtengesetz fort und verwies die Vorlage an eine Kommission.

Der berüchtigte HochstaplerGraf de Passy" sandte einem Berliner Blatte einen Brief, in dem er anzeigt, daß er von Amerika zurückge­kehrt sei und wieder in Berlin weile.Grüßen Sie bitte die Herren Detektivs von mir", so schloß das Schreiben. Der Schwindler wird bekanntlich, nachdem er bereits zweimal aus dem Heilbronner Gefängnis ausgebrochen ist, von der Polizei gesucht.

Hamburg, 21. Okt. Gestern nachmittag machte ein bei dem 21 Jahre alten Bankier E. Müller angestellter Chauffeur der Kriminalpolizei die Anzeige, daß sein Herr ihn überreden wollte, bei der Ermordung seiner ihm erst im August an­getrauten Gattin behilflich zu sein. Der Kaufmann wolle durch die Ermordung seiner Frau die bei 3 Versicherungsgesellschaften fälligen Summen von insgesamt 300 000 Mk. an sich bringen. Er habe dem Chauffeur einen Anteil von 10 000 Mk. ver­sprochen. Der Chauffeur sollte Müller und seine Frau nach Blankensee fahren. Dort wollten die beiden Eheleute eine Barkasse besteigen und bis zur Dunkelheit auf der Elbe fahren. Müller wollte dann die Frau ins Wasser werfen und sie solange unter Wasser halten, bis sie ertrunken sei. Der Chauffeur sollte dann aussagen, daß er Zeuge des Unglücksfalls gewesen sei. Durch die Anzeige des Chauffeurs gelang es, den Mordplan zu vereiteln. Die Polizei riet dem Chauffeur, anscheinend den Anweisungen Müllers zu folgen. Als dieser mit seiner jungen Frau in Blankensee dem Automobil entstieg, waren zwei Hamburger Kriminalbeamte zur Stelle und versicherten sich sofort der Person des jungen Bankiers und führten ihn nach dem Stadthaus. Müller bestreitet, die Absicht gehabt zu haben, seine Frau zu töten. Als er in Blanken­see verhaftet wurde, hatte er einen scharfgeschliffenen Dolch, sowie einen mit 6 Patronen geladenen Revolver bei sich. Er wird zunächst in eine Irren­anstalt zur Untersuchung seines Geisteszustandes überführt werden.

Kiel, 23. Okt. In der hiesigen Quarantäne- Anstalt ist zum zweitenmale die Maul- u. Klauen­seuche ausgebrochen, jedoch unter inländischem Vieh. 450 Rinder werden abgeschlachtet.

Wilhelmshaven, 20. Okt. Durch vor­

zeitige Entzündung einer 5 Zentimeter-Kartusche während einer Schießübung auf dem Linienschiff Thüringen" wurde der Geschützführer leicht und 2 Matrosen schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.

Ludwigshafen, 20. Okt. Dank der Umsicht des hiesigen Postamtsvorstandes Nothak wurde heute vormittag ein längst gesuchter Post­anweisungsschwindler verhaftet und überführt, der die bayrische und die Reichspost um hohe Beträge beschwindelt hat und vorgibt, aus Wiesbaden zu stammen und ein Kaufmann zu sein.

Wien. 23. Okt. Der Kaiser empfing den Herzog Albrecht von Württemberg und dessen ältesten Sohn Philipp Albrecht in Privataudienz.

Wien, 2>. Okt. In Suczawa in der Buko­wina sind die Schüler aller acht Klaffen in den Streik getreten. Der angegebene Grund ist Arbeits- überbürdung.

London, 23. Okt. Zwischen 50 und 60 Dachten und kleinere Boote haben in dem gestrigen Sturm bei Southand Schiffbruch gelitten. Die Landungs­brücken in Dower sind schwer beschädigt worden.

Saloniki. 23. Okt. Der griechische Bischof Emilianos von Serfidsche, der in Begleitung eines Vikars die Gemeinde seines Kirchensprengels be­suchte, wurde unterwegs von Räubern überfallen und entführt. Der entführte Bischof ist samt seinem Vikar, einem Gehilfen, einem Kawasfen und einem Diener eine Stunde von Grevana entfernt ermordet aufgefunden worden.

Konstantinopel, 22. Okt. In Ztambul wütete ein großer Brand. Mehr als 400 Häuser wurden ein Raub der Flammen.

Tokio, 22. Okt. Gestern ist hier die staat­liche Pulverfabrik explodiert. 12 Männer wurden getötet, 9 verwundet, 4000 Kilo Pulver sind ver­nichtet und zwei Gebäude zerstört worden.

Die Revolntion in China.

Berlin, 23. Okt. Der Chef des Kreuzer­geschwaders hat auf Anfrage über den Verlauf des Straßenkampfes der deutschen Matrosen in Hankau funkentelegraphisch über Tsingtau geant­wortet: In der Nacht vom 12.13. Oktober ver­suchte der chinesische Pöbel in die deutsche Nieder­lassung einzudringen und zu plündern. Das Landungskorps derVaterland" in Gemeinschaft mit der Freiwilligenkompagnie drängte den Pöbel mit Kolben und Bajonett aus der Niederlassung hinaus. Von der Schußwaffe brauchte kein Gebrauch gemacht zu werden. Es ist niemand verwundet worden. In den Fremdenniederlasfungen herrscht seitdem Ruhe.

London, 23. Okt. Die hier vorliegenden Meldungen besagen, daß der Sieg der Republikaner bei den Kämpfen um Hankau vollständig war und die kaiserlichen Truppen sich in nördlicher Richtung zurückziehen. Sie versuchen, sich an einem Platz einige Meilen nördlich von Hankau wieder zu sammeln. Den Zentral-News wird aus Schanghai bestätigt, daß die Rebellen Jtschang erobert haben. Es wird ferner gemeldet, daß sie eine Sammlung im Norden Kantons eingeleitet hätten. Das Ge­rücht erhält sich hartnäckig, daß Admiral Sah vor Hankau mit seiner Flotte zu den Rebellen überge­gangen ist.

Mr SiaM unO Umgebung.

Wildbad, 24. Okt. Der Militärverein hielt am letzten Sonntag bei Herrn Wetzel zur Rennbachbrauerei Generalversammlung ab, welche gut besucht war. Nach Erledigung der Vereins­angelegenheiten blieben die Mitglieder noch einige Zeit bei fröhlichem Liederklang kameradschaftlich beisammen, wobei es sich zeigte, daß der Verein

vor der Tür zu Tarletons Haus einen Herrn, der! ihn mit großer Höflichkeit grüßte. Es war Herr Wield. Beide stiegen die Treppe zu dem Arbeits­zimmer des Hausherrn empor. Sie sprachen einige gleichgültige Worte miteinander, doch nicht von der Mission Wields.

Tarleton empfing den Agenten mit einem freund­lichen Kopfnicken.

Ich muß um Verzeihung bitten, Sir, daß ich zwei Stunden zu spät komme. Wir hatten eine schlechte Ueberfahrt, der Wind war uns entgegen."

Schon gut, lieber Wield. Haben Sie etwas erfahren?"

Ja. Ich ermittelte in Karlsbad einen Auf­wärter, der damals schon im Tuskulum angestellt war. Er erkannte den Mann sofort wieder es war ein ehemaliger Geiger im Theater-Orchester mit Namen Straka."

Der Marquis blickte auf und nickte.

Straka ganz recht. Demnach also"

Er blickte zu Edelhagen hinüber. Der saß in einem halbdunklen Winkel des Zimmers und stützte den Kopf aus die Hand. Es war nicht zu erkennen, ob er dem Bericht Wields Aufmerksamkeit schenkte,

Bitte, fahren Sie fort, Mister Wield."

Der Aufwärter errinnerte sich Strakas noch sehr genau, weil jener ihm beim Weggang von Karlsbad einige Glas Bier schuldig geblieben war. Da ich nicht wußte, Sir, welcher Art Ihr In­teresse für Straka ist, habe ich dieses Schuldkonto beglichen."

Der Marquis lächelte.

Das war recht von Ihnen."

Ich erhielt auf Grund meiner Freigebigkeit von dem Kellner wichtige Winke. Er wußte sich noch des Kapellmeisters zu erinnern, unter dem damals Straka im TuSkulum gespielt hatte. Es ist ein gewisser Antonelli, der jetzt in Wien als Musiklehrer lebt. Da ich in Karlsbad nichts weiter von Belang erfahren konnte, reiste ich nach Wien und suchte Antonelli auf. Ich hatte meine Last mit dem Mann. Er hielt mich für einen Polizeispion. Nach und nach aber brachte ich ihn zum Reden. Da erfuhr ich denn, daß Straka mit dem neu auftauchenden Geigerkönig Strakeau iden­tisch ist. Ferner erzählte er mir, auf welche Weise er Strakeau zu seiner Frau verholfen hatte"

In diesem Augenblick erhob sich Edelhagen und trat an die Seite Wields. In seinen Augen stand große, gespannte Erwartung. Auch die Züge Tar­letons waren plötzlich sehr gespannt geworden.

Nun, Mister Wield, erzählen Sie weiter."

Antonelli hatte zwei Jahre lang nicht das Ge­ringste von Straka gehört. Der arme Musikant hatte sich in einen Künstler verwandelt, der sich einer guten Anstellung erfreute. Straka bat An­tonelli um Auskunft über eine junge Sängerin namens Melitta Kroning, die zugleich mit Straka im Tuskulum beschäftigt war. Straka hatte sich leidenschaftlich in das junge Mädchen verliebt, je­doch angesichts seiner erbärmlichen Position nicht den Mut gehabt, sich ihr zu nähern. Nun er aber am Beginn einer glänzenden Künstlerlaufbahn stand, suchte er nach der jungen Dame, um sich ihr zu nähern und sie eventuellen Falls zu heiraten. Antonelli sagte seinem ehemaligen Primgeiger seine Vermittlung zu und ein halbes Jahr später wurden Strakeau und Melitta Kroning in Gegenwart Antonellis und dessen Gattin in München getraut."

Diese in kühlem, geschäftsmäßigem Tone vor­getragenen Tatsachen machten auf die beiden