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Der türkisch-itkljmWe Krieg.
Die vorstehende Rubrik wird, wenn nicht alles trügt, nun bald verschwinden dürfen. Die Bemühungen der Diplomatie, insbesondere der deutschen, für einen demnächstigen Friedensschluß sind offenbar sowohl bei der Pforte als bei der italienischen Regierung von Erfolg begleitet. Wozu denn auch ein längeres blutiges Kriegsspiel? Italien bekommt, was es wollte, und der kranke Mann am Goldenen Horn kann sich der allerdings bitteren Einsicht nicht verschließen, daß er in Tripolis sehr viel versäumt hat, in strategischer und in wirtschaftlicher Beziehung. Die Italiener waren einfach baff, so wenig Widerstand in Tripolis zu finden. Die Aufklärung kam bald: die Tripolitaner litten buchstäblich Hunger und waren vollständig niedergeschlagen- Im Stillen sehen sie vielleicht sogar m den Italienern die Retter aus ständiger Not. Durch die erfolgte Verteilung von Getreide unter die Tripolitaner haben die Italiener ohne Zweifel mehr erreicht als mit ihren Schiffsgeschützen. Es wird vielleicht noch einige Scharmützel im Innern von Tripolis geben, aber der Friedensschluß ist nicht mehr weit.
Der Besitz von Tripolis wird Italien in absehbarer Zeit so wenig Freude bringen, wie ihm dieser unrühmliche Beutezug Freunde gebracht hat. Es ist jetzt ein offenes Geheimnis, daß Tripolis seit langer Zeit seine Einwohner nicht ernährt hat und erheblicher Zuschüsse von Konstantinopel aus bedurfte. Dies ist erst kürzlich vom Feldmarschall Freiherrn von der Goltz, dem Reorganisator der türkischen Armee und ausgezeichneten Kenner türkischer Länder und Verhältnisse, wiederum bestätigt worden. Die Italiener werden also ausreichend Gelegenheit haben, ihre Talente im Kolonisieren und zugleich ihren guten Willen zu zeigen.
Der patriotische Begeisterungsdusel der Italiener für den Zug nach Tripolis hat denn auch bereits einer bedeutend kühleren Auffassung der Sachlage Platz gemacht. Man verhehlt sich angesichts der unfreundlichen Haltung fast aller Großmächte nicht mehr, daß man einen übereilten Schritt getan und in ein Wespennest gestochen hat: die Balkanfrage.
Wie leicht könnte es kommen, daß bei der alten Rivalität Italiens und Oesterreichs an der Adria eine anderweitige Verwickelung von unberechenbarer Tragweite hervoraerufen und Deutschland zur Parteinahme für Oesterreich gezwungen würde. Schon hat der italienische Kanonendonner vor den albanesischen Hafenstädten Prevesa und Valona in Oesterreich-Ungarn die schwersten Besorgnisse geweckt, denn Oesterreich und Italien begehren beide Albanien und beobachten einander
Donnerstag, den 12- Oktober nril
^dort voll Eifersucht. Schon vor einem Jahrzehnt ließ die italienische Regierung in Wien erklären, daß Italien die Besetzung dieser Häfen durch eine fremde Macht nicht dulden könne. Seinerseits kann und wird aber Oesterreich nicht dulden, daß künftig eine italienische Flottenstation in Valona, also an der Meerenge von Otranto, ihm die Adria sperre. Hier liegt also gerade jetzt ein sehr gefährlicher Interessengegensatz vor. Gegen Ueberraschungen sich vorzusehen, hat Oesterreich heute umsomehr Anlaß, als es in den letzten Monaten nicht an verdächtigen Umtrieben von italienischer Seite fehlte.
Verhängnisvolle Zeit fordert auch von Deutschland mannhaften Entschluß, ob der Kurs seiner Politik künftig mit oder gegen Italien gehen soll. Das deutsche Volk muß sich darüber klar werden, daß der jetzt 40jährige Frieden einmal zu Ende gehen könnte und daß der Krieg, den Italien im Einverständnis mit Frankreich und England zur Ueberraschung unserer Diplomatie und unter Verletzung deutscher Interessen vom Zaune gebrochen hat, zugleich wahrscheinlich das Vorspiel der deutschenglischen Auseinandersetzung ist.
Es liegen heute wenig neue Nachrichten von den kämpfenden Parteien vor. Nachstehenden Berichten zufolge scheinen sich die Türken nochmals etwas aufgerafft zu haben, um jedoch gleich wieder zu erlahmen.
Rom, II. Okt. Ueber einen Angriff der türkischen Truppen auf Tripolis in der Nacht vom 9. auf den 10. ds. bringt die Agenzia Stesani folgende ausführliche Mitteilungen: Gegen ^2 Uhr morgens wurde der italienische Posten beim Bumelianafluß von Türken angegriffen. Nach etwa balbstündigem Kamps zogen sich die Angreifer unter Verlusten zurück und ließen auf dem Kampfplatz Tote, Verwundete und mehrere Gewehre. Ein verwundeter Türke, der gefangen genommen wurde, erklärte, daß die angreisende Streitmacht aus zwei! Abteilungen Infanterie und einer Abteilung Kavallerie, im ganzen aus 300 Mann bestanden habe. An dem Kampfe nahmen auch die Schiffsgeschütze der Sardegna und des Charlo Alberto teil, die nach vorher verabredeten Signalen feuerten. Die italienischen Matrosen legten Proben von großem Mut und von Kaltblütigkeit ab. Die Kommandanten Cagni und Borella waren auf dem Kampfplatz anwesend. Eine beim Morgengrauen ausgeführte Rekognoszierung ergab, daß vor der ganzen italienischen Front vom Feind nichts zu sehen war.
Rom, 10. Okt. In der letzten Nacht lief hier das Gerücht um, daß ein Kampf zwischen italienischen Schiffen und türkischen Torpedobooten, die auf der Fahrt nach dem Roten Meer begriffen > gewesen seien, stattgefunden habe. Dieses Gerücht
47. Jahrgang.
^ wird von der Vita und dem Messager unter Vorbehalt wiedergegeben. Keine amtliche Nachricht bringt 'bisher eine Bestätigung dieses Gerüchtes.
Rom, S. Okt. Am letzten Sonntag den 8. ds., morgens 4 Uhr 10 Minuten liefen die Schiffe des 1. Geschwaders in den Hafen Marsa Tobruk (Cyrenaika) ein, wo sie ein türkisches Schiff vorfanden. Auf die Aufforderung, sich zu ergeben verweigerte die türkische Garnison die Einziehung der türkischen Flagge. Darauf eröffnete der Panzer „Vittorio Emanuele" das Feuer. Mit den ersten Schüssen legte er die türkische Fahne nieder und schoß eine breite Bresche in die Umwallung. Dann ließ der Admiral Aubry einige Kompagnien Matrosen landen, die nach Ueberwindung des von der kleinen türkischen Garnison geleisteten Widerstandes das Fort besetzten, die italienische Flagge hißten und einige türkische Soldaten, die den Kampfplatz nicht verlassen wollten, gefangen nahmen.
Die Italiener beschlagnahmten in Tripolis 30 neue Geschütze sowie 8000 Gewehre. — Die Beschießung seitens der italienischen Kriegsschiffe dauert fort. Die Schüsse sind besonders gegen den Küstenrand gerichtet, um zu verhindern, daß türkische Kavallerie einen Angriff gegen die italienische Besatzung in Tripolis aussührt.
Rom, 10. OLtbr. Insgesamt sind bis jetzt 8000 Mann Landungstruppen nach Tripolis abgegangen nebst 3 Lazarett- und sonstigen Begleitschiffen.
Rom, 11. Okt. Gestern hat in Tripolis die feierliche Einsetzung der neuen Regierung stattgefunden. Der neue Gouverneur, Kontreadmiral Ricci, ging an Land, während 1200 Matrosen paradierten und sämtliche Schiffe im Hafen Salut feuerten. Ricci begab sich ins Gouvernementgebüude, wo das Konsularkorps, die Notabeln und 100 Araber- , Häuptlinge unter Führung des Bürgermeisters Hassun ' Pascha versammelt waren. Der neue Gouverneur hielt eine kurze Ansprache, worauf der Bürgermeister im Namen der Bevölkerung antwortete, indem er sagte, die Araber im ganzen Lande begrüßten die neue Regierung mit Freuden und erwarteten von ihr den Schutz ihrer Frauen und ihres Glaubens, was der Gouverneur versprach.
„Jeni Gazetta" erfährt, daß der im Hinterlande von Tripolitanien ansässige Scheik Nussi den Italienern den heiligen Krieg erklärte. Der Sultan ließ den Blättern zufolge Imam Jahia für das Angebot, 100 000 Mann für den heiligen Krieg gegen Italien stellen zu wollen, seine Befriedigung aussprechen. Auch der Großwesir antwortete dankend und fügte hinzu, die angebotene Hilfe sei vorläufig unnötig.
Schuldbeladen.
Roman von Heinrich Ti adern.
(Nachdruck verboten;
Er trat zum Schrank, mischte Sodawasser mit Kognak und trank in großen Zügen. Dann versuchte er zu rauchen. Und während er rauchte, suchte er mit der ganzen Gewalt seines Geistes seine Gedanken zu sammeln.
Da ertönte der scharfe, metallische Schlag einer Kirchenuhr. Sie schlug langsam zwölfmal und übergab damit diesen Tag der Vergangenheit.
Strakeau richtete sich langsam auf und warf den Rest seiner Zigarre in den Kamin. Sein Gesicht wurde plötzlich sehr rot und gleich darauf sehr bleich. Irgendwo in dem großen stillen Hause entstand ein Geräusch. Dian hätte nicht zu sagen vermocht, ob es auf dem Speicher, auf der Treppe oder in den Gängen seinen Ursprung hatte. Doch es war da und es kam näher.
Strakeau riß mit zitternder Hand an der seidenen Schnur, daß die Lampe in die Höhe sprang und weißes Licht durch das Zimmer stoß.
Und das Geräusch kam näher — es waren schnelle, harte Schritte, die einen wiederhallenden ^ Gang entlang stampften, in dem das Echo eines ^ jeden Schrittes das des vorhergehenden ver- i schlang. I
Dann wurde mit einer heftigen Bewegung die! Tür ausgestoßen — die Magd taumelte über die' Schwelle —
„O Herr — Herr —"
„Was ist?" schrie Strakeau.
„Die Herrin — ist — ist —"
Strakeau sprang vorwärts und ergriff die Bebende bei beiden Schultern.
„Was giebt's? Was ist mit meiner Frau?" „Sie schlief so — so fest — und ich — hatte noch zu tun — im Keller — und als ich wieder — nach oben kam — da — da stand die Haustür weit auf. Ich rannte ins Schlafzimmer — und — das Bett war leer — und verschwunden die Kleidung — und — —"
Doch Strakeau wartete den Nest der stammelnden Rede nicht ab. Er sprang die Treppe hinab und rannte barhäuptig in die finstere Nacht hinein.
XVIII.
Es war eine halbe Stunde nach Mitternacht, als der Edle Sir Ashton Langley in Gesellschaft des deutschen Schriftstellers Doktor Goldschmidt das Klublokal am Dorset-Square verließ. Langley hatte wieder ziemlich viel getrunken und schwatzte ohne Sinn und Verstand alles Mögliche und Unmögliche durcheinander. Goldschmidt war entweder nicht bei Stimmung oder das Geschwätz Langleys ödete ihn so sehr an, daß sich seine Mienen in bei ihm ganz ungewöhnlich finstere Falten gezogen hatten. Tatsache war, daß er von den Reden Langleys so wenig Notiz nahm, daß er sich nicht die Mühe nahm, etwas darauf zu erwidern.
Während sie also, Langley schwatzend und Goldschmidt nachdenkend und sich ärgernd, die Milton-Street hinabschlenderten, schob der elftere plötzlich seinen Arm unter den Goldschmidts.
„Ah — da — sehen Sie da I"
„Was wollen Sie denn?"
„Ist denn der Teufel in meine Augen gefahren? Pshaw — nein — sie ist es! Sehen Sie doch das Weib dort — wissen Sie, wer das ist?"