Fremdenorten öffentlich betriebene sog. Rößlispiel (Maximaleinsatz 5 Fr.) zu verbieten sei, weil es gleichfalls gegen Art. 35 der Bundesverfassung (Verbot der Spielbanken) verstoßt.

Paris, 20. April. Die in jüngster Zeit recht reichhaltige Pariser Skandalchronik wird durch einen neuen Millionenschwindel noch mehr be­reichert. Der Bankier Lous Rivier, Direktor der Rente Bimensuelle", ist unter Hinterlassung einer Passiva von über 3 Millionen flüchtig geworden. Der dunkle Ehrenmann hatte erst vor drei Mo­naten dieRente Bimensuelle gegründet, die so­fort das Börsenpublikum mitverlockendenProspekten überschwemmte und unter anderem den Kunden 1 Proz. täglicher Zinsen für alle deponierten Fonds verhieß; es wurden Beträge von 25- bis 100 000 Franken entgegengenommen. Binnen kurzer Frist strömte dem findigen Unternehmer ein beträchtliches Kapital an Werttiteln zu, zumal er zum Anfang die versprochenen Verpflichtungen erfüllte Die von blindem Vertrauen erfüllte Kundschaft verdoppelte und verdreifachte sogar die Einlagen. Die Polizei wurde dadurch aufmerksam und lud Rivier vor den Chef der Geheimpolizei, Hamard, der ihn mit väterlichen Ermahnungen entließ. Schon waren auch einige Klagen gegen Rivier eingelaufen, da­her schien ihm jetzt der Augenblick gekommen, sich aus dem Staube zu machen. Er schnürte sein Bündel, als etwa 2 Millionen in der Kasse waren und der tägliche Umlauf 18000 bis 80 000 Frc. betrug. Hinter dem Flüchtling wurde ein Steck­brief erlassen. Die Geschädigten sind meist kleine Sparer, die nun um ihre ganze Habe gebracht worden sind.

Peking, 34. April. In einem Edikt der chinesischen Regierung wird bekannt gemacht, daß die Pest erloschen sei. Die Gesamtzahl der Opfer wird auf 60 000 angegeben.

Unterhaltendes

Der Fall Welshofen.

Kriminalroman von M. Kossak.

(Forts.) (Nachdruck verboten)

Das klang ja gerade ja, großer Gott, das klang, als ob er irgend eine Schuld auf der Seele hätte!

Frida fuhr auf, als hätte sie eine Schlange gestochen. Wie konnte sie nur solchen Erwägun­gen Raum geben? Hatte sie nicht heute noch ihrem Geliebten beteuert, daß sie ihm stets vertrauen, daß nichts sie in dem Glauben an ihn wankend machen würde? Sie haßte sich um ihrer häßlichen Gedanken willen, aber seltsam, sie ließen sich nicht zum Schweigen bringen. Frida weinte ihre Kissen naß, ehe sie endlich Schlaf fand.

Am anderen Vormittag, als sie eben mit ihrer Freundin Louison zur Probe gehen wollte, klingelte es und ein Kolporteur, der sich damit beschäftigte, in den Häusern Volksromane und schlechte Zeit­schriften zu verbreiten, trat ein, um die junge Damen zu veranlassen, auf eines seiner Blätter zu abon­nieren. Sie sagten ihm, daß sie nach seiner Lek­türe kein Verlangen trügen, aber der Mann war nicht los zu werden.

Sehr spannende Geschichten stehen in den Journalen, lauter Kriminalgeschichten," erzählte er ihnen.Hier zum Beispiel" damit wies er auf ein Blattist eine Begebenheit erzählt, die dem Fall Welshofen ausnehmend gleicht. Sie kennen doch die Geschichte von der Ermordung des Grafen, Fräulein?" wandte er sich an Frida.

Natürlich, habe ich davon gehört", entgegnete das Mädchen.

Schrecklich!" sagte der Kolporteur.Schreck­lich! Wenn man so denkt, daß der Graf in sei­nem Bett überfallen und umgebracht ist! Und nie­mand ist ihm zu Hilfe gekommen! Sein Diener ist ganz in der Nähe gewesen, aber er hat ihn nicht schreien hören. Sehr merkwürdig!"

Ja, ich meine, er ist doch vergiftet worden?" sagte Frida ziemlich uninteressiert.Wie sollte er da in seinem Bett überfallen sein und wie hätte er schreien sollen?"

Ach, Sie wissen Näheres über den Fall, Fräulein?" fragte der Mann lebhaft.

Aber nicht doch, ich weiß nichts, was nicht ganz Wien weiß."

Aber vielleicht weiß Ihr Bräutigam, der Herr OlferS mehr darüber?" forschte jener, Frida scharf fixierend.

Mein Bräutigam? wiederholte sie Überascht. Was wissen Sie von meinem Bräutigam Herr"

Hattasch Hatasch ist mein Name", fiel der Kolporteur ein.Bin ein ehrlicher Böhme von Geburt, wenn auch schon lange hier in Wien. Und was ich von dem Herrn Bräutigam weiß, fragt das Fräulein? Aber gar nichts bloß in denKaiserHallen" Hab' ich den Herrn Olfers ge­sehen, wo er den Leuten immer so spaßige Sachen erzählt, daß unsereiner sich totlachen könnte. Nu

und da ist 's doch natürlich, daß man fragt, wer ist der hübsche junge Herr, der aussieht wie ein Italiener, trotz seines deutschen Namens? Da ist mir denn erzählt worden, daß er mit dem Fräulein Frida Sasse, die so schön auf der Geige spielt und dazu singt, verlobt ist. Einige Leute sagten ja freilich: Aber nein doch, der ist mit der Italienerin, der Anita Brusio verlobt, aber andere meinten, das wäre vorbei, früher hätte er was mit der Anita Brusio gehabt, aber jetzt wäre das Fräulein Sassa seine Braut."

Frida fühlte, wie ihr das Blut zu Gesicht stieg. Warum erzählen Sie mir das alles?" fragte sie aufgeregt.Das ist doch"

Aber Fräulein, warum soll ich 's nicht er­zählen?" unterbrach sie der Mann.Darüber können Sie sich doch gar nicht ärgern, daß Ihr Herr Bräutigam vor Ihnen schon eine andere Braut gehabt hat. WelHe junge Dame ist denn die erste Liebe von ihrem Schatz? Keine keine. Und nun gar so'n hübscher Mensch, wie der Herr Olfers, der hat doch gewiß schon viele Lieben vor Ihnen ge­habt. Wenn Sie nur seine letzte Liebe sind das ist die Hauptsache. Hab' ich nicht recht?" Und Hattasch lachte unbändig, wie über einen guten Witz.

Wir haben nicht länger Zeit, wir müssen zur Probe", sagte Frida, sich gewaltsam zusammenneh­mend.Halten Sie uns nicht auf, Herr Hattasch."

Na, na, mit der Probe wird 's nicht so eilig sein", entgegnete der Mann.Bleiben Sie noch 'n bischen, Fräulein, und erzählen Sie mir was von Ihrem Herr Bräutigam. Ich meine, er muß allerhand über die Mordgeschichte wissen da er doch früher mit der Anita Brusio so gut Freund war der Anita Brusio, die den Grafen Wels­hofen heiraten sollte. Leider ist nun aus der Heirat nichts geworden, da der Graf tot ist, aber wenn er nicht ermordet wäre, so würde er die Anita Brusio geheiratet haben. Da muß doch Ihr Herr Bräutigam ein großes Interesse an des Grafen Tod haben nicht?"

Ich weiß nicht ich ich weiß nicht, was Sie wollen", stieß Frida entsetzt heraus.Lassen Sie uns gehen hören Sie?"

Aber nicht so hitzig, Fräulein, nicht so auf­geregt! Schwatzen wir doch 'n bißchen noch über die Geschichte.Meinen Sie nicht, daß Ihr Herr Bräuttgam ein Interesse an des Grafen Tod ge­habt hat? Ich mein' ja und vielleicht auch, daß er mehr davon weiß, als andere Leute. Immer Hab' ich gesagt, der Untersuchungsrichter sollt' sich an den Herrn Olfers wenden, dann würde er bald Näheres über den Fall erfahren, denn der Herr Olfers"

Meine Freundin hat Ihnen bereits zweimal gesagt, daß Sie gehen sollen," fiel Louison, die bisher als stumme Beobachterin dem Gespräch zu­gehört hatte, nachdrücklich ein.Ich fordere Sie daher zum dritten Mal auf, unsere Wohnung zu verlassen wissen Sie, was das heißt?" j

Der Kolporteur lachte hell auf.Sollt' ich das nicht wissen? Die Fräulein machen von ihrem Hausrecht Gebrauch. Wenn man einen Menschen dreimal auffordert, die Wohnung zu verlassen und er tut es nicht, so ist das Hausfriedensbruch. Weiß ich alles weiß ich. Aber ich gehe gleich. Nur fragen möchte ich das Fräulein dabei zeigte er auf Fridanoch, ob sie diese Schrift hier kennt? Was?" Er hielt ihr die Photographie eines Briefes vor die Augen.

Frida taumelte zurück, denn sie erkannte Felix Olfers' Handschrift.

Wir kennen diese Handschrift nicht", sagte Louison brüsk.

Sie vielleicht nicht, Fräulein, aber Ihre Freun­din wird sie schon kennen. Die Braut kennt doch die Handschrift von ihrem Verlobten. Denn das ist sie doch wie?"

iJa aber" hauchte Frida, bevor noch Louison ihr zuzuflüstern vermochte, daß sie nicht antworten sollte.

Sehen Sie, das habe ich doch gleich gewußt," meinte Hattasch.Und nun empfehle ich mich ge- horsamst den Damen. Einen schönen guten Mor­gen!" Er zog mit ironischer Höflichkeit seinen Hut und entfernte sich.

Louison sah sie mitleidig an.Ist dir das

Was war das?" fragte Frida angsvoll, als der Mann hinaus war.

wirklich nicht klar, Frida ? Der Mann war doch ein Detektiv!"

Ein Detektiv? Aber was"

Die Freundin trat zu ihr und streichelte ihr liebkosend die Wange.Armes Ding!" sagte sie. Armes Ding!"

Das blonde Kind verstand immer noch nicht. Sie begriff nur, daß etwas Entsetzliches sich er­eignet hatte, aber etwas, dessen Tragweite sie nicht zu übersehen vermochte. Ein Bild hilfloser Angst stand sie da und strich sich mit mechanischen Be­

wegungen über die Schläfen. Louison überlegte, ob sie ihr die Vorgänge erklären sollte. Aber besser, sie bereitet sie auf das vor, was kommen mußte, als daß sie es anderen überließ, ihr das Furchtbare mitzuteilen.

Komm'" sprach sie, ihr den Hut abneh- mend und sie ins Zimmer zurückführend, wo sie sie auf einen Stuhl drückteich will nur rasch zum Kaufmann gegenüber gehen und telephonieren, daß wir verhindert sind, zu der Probe zu kommen in wenigen Minuten bin ich wieder da und erkläre dir alles."

Darauf eilte sie hinaus, die Freundin in einem Zustand der Betäubung, unfähig zu denken zu­rücklassend.

Armes Hascherl," sagte sie, einen Wiener Ausdruck gebrauchend, als sie zurückkehrte,armes Hascherl. Der Brief, den der Mensch dir vorhielt, war doch selbstverständlich jdie Photographie des­jenigen, den man in der Nachttischschublade Wels­hofens gefunden hat. Ich sah ja auch ganz deut­lich, daß er in italienischer Sprache geschrieben war."

Und was stand darin?" stammelte Frida.

Ja, Kind, ich verstehe kein Italienisch, ich weiß nur aus den Zeitungen, daß in dem Brief gesagt ist, der Graf möchte sich hüten, das auszu­führen, was er vor habe, da der Briefschreiber sonst Rache an ihm nehmen würde. Und was hatte der Graf vor? Anita Brusio zu heiraten. Dein Verlobter aber stand früher in Beziehungen zu der Anita, und du bist immer eifersüchtig auf sie gewesen, weil du glaubtest, daß er sie noch liebt«. Wenn du recht haben solltest und Felix Olfers nun einen Drohbrief an Welshofen geschrieben hat, den man in des letzteren Nachttischschublade fand, so geht doch daraus hervor"

Daß man auf Felix Verdacht werfen könnte, den Grafen ermordet zu haben?" schrie Frida auf.Aber das ist ja unmöglich, das hat Felix nicht getan, das kann er nicht getan haben, denn"

Kind, ob er's getan oder nicht getan hat, da­rum handelt sich's im Augenblick nicht, sondern nur darum, ob die Polizei Verdacht aus ihn ge­worfen hat. Und du hast dem Detektiv ja bestä­tigt, daß Olfers den Brief geschrieben hat."

So habe ich ihn verraten!" schluchzte Frida, die Hände ringend.

Ich glaube, es kommt nicht viel darauf an," tröstete sie Louison.Anfangs dachte ich auch, du dürftest nicht sagen, daß du die Handschrift erkannt hast, aber dann erwog ich, daß die Polizei ja auch andere Wege finden würde, den Schreiber jenes Briefes zu ermitteln. Ach, mach dir deshalb keine Sorgen dein Verrat wiegt nicht schwer."

Louison redete der Freundin noch lange gut zu, aber vergebens, Frida hörte kaum, was jene zu ihr sprach. Felix' seltsame Reden, in denen er sie fragte, ob sie immer an ihn glauben möchte, gleichviel, was die Menschen über ihn sprechen würden, kreuzten ihren Sinn und ließen ihr Blut erstarren. Und dann fiel ihr noch eines ein warum hatte Felix sie an jenem Abend, dem letz­ten, an dem Welshofen noch unter den Lebenden weilte, nicht nach Hause gebracht? Die Augenblicke, in denen sie mit ihm draußen stand, auf den Fiaker wartend und Welshofen und Anita beobachtend, vergegenwärtigten sich ihr und ein Schauder überlief ihren zarten Körper. Wieder hörte sie ihres Verlobten:Ekelhafter Kerl!" in bezug auf den Grafen und wieder sah sie den haß­erfüllten Ausdruck, mit dem seine Augen auf dem alten Lebemann ruhten.

Fortsetzung folgt.

velmisclmr

Ein lustiger Vorfall, der zeigt, daß Theorie und Praxis oder daß die Bestimmungen des Straf­gesetzbuches und die Anforderungen des täglichen Lebens sich nicht immer decken, ereignete sich vor kurzem in Hamburg. Ein bekannter Landrichter, so erzählt dieNationalzeitung", hatte etwas lange in Morpheus' Armen gelegen und wollte nun eiligst nach seinem Amtszimmer im Strafjustizgebäude, da er eine wichtige Sitzung wahrzunehmen hatte. Er stürzt auf die Straße, winkt einen vorbeifahren­den Kraftwagen heran und ruft dem Lenker zu, ihn nach dem Strafjustizgebäude zu fahren, und zwar so rasch wie möglich. Das Auto setzt sich in Bewegung, jedoch mit einerGeschwindigkeit", daß,die elektrischen Straßenbahnen, die Pferde­droschken und selbst die Fußgänger den Wagen überholen. Mit Vorsicht werden die Straßen­kreuzungen befahren, in weitem Bogen wird allen Schutzleuten ausgewichen, und vorschriftsmäßig hält der Chauffeur hinter einem Straßenbahnwagen, dessen Passagiere im Aussteigen begriffen sind. Der Herr Landrichter stampft nervös mit den Füßen und wütet in sich hinein. Endlich mit großer Verspätung angekommen und den Fahrpreis be­zahlend, fragte er den Chauffeur, warum er denn