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Wildb ad, 24. April. Am vergangenen Sonntag fand im HotelGraf Eberhard" die diesjährige Generalversammlung des Kurvereins statt, zu der sich erfreulicherweise eine stattliche Anzahl von Mitgliedern eingefunden hatte. Der Vorstand, Herr Stadtschultheiß Bätzner, begrüßte zunächst die Erschienenen und erstattete dann ausführlichen Bericht über die Tätigkeit des Vereins im ver­flossenen Jahre. Dieselbe erstreckte sich wieder auf dieUnterhaltung eines Fremdenverkehrs- Büros, auf die Herstellung und unent­geltliche Verbreitung des Fremden­führers, auf die Reklame in den Zeitungen und auf die Wohnungsvermittlung. Das Verkehrsbüro habe sich wieder eines bedeutenden Zuspruchs zu erfreuen gehabt, indem es von 4974 Personen (gegen 4221 im Jahr 1909) benützt worden sei, ein Umstand, der absolut für die Notwendigkeit des Fortbestehens dieser Einrichtung spreche. Der Fremdenführer habe sich jgleichfalls bewährt; er sei im vorigen Jahr in 18000 Exem­plaren hergestellt worden, von denen 9000 ver­wendet worden seien, während die zweite Hälfte für die heurige'Saison bestimmt sei. Was die Reklametätigkeit für unsere Badestadt anbelange, so seien 311 Inserate in alle möglichen Tages­zeitungen, außerdem 43 weitere in illustrierte Zeitschriften hinausgegeben worden. Die bürgerlichen Kollegien haben in dankenswerter Weise die hiefür erforderliche Summe zur Verfügung gestellt. Es seien dies allerdings beträchtliche Posten, aber das Inserieren sei eben heutzutage dringend nötig. Die unliebsamste Tätigkeit des Kurvereins aber sei die Wohnungsvermittlung. Man könne es da niemand recht machen, Mißtrauen und Unzufrieden­heit werden immer herrschen, und kein Sekretär wird es fertig bringen, jeden einzelnen zu be­friedigen. Anerkennung verdiene die Tätigkeit des seitherigen Sekretärs, Herrn Briegleb, der gewissen­haft und gerecht seines Amtes gewaltet und ein lebhaftes Interesse für das Bad bekundet habe. So seien von ihm allein über 1800 Zeitungsberichte während der letzten Saison in die verschiedensten Blätter lanciert worden, die alle nach Form und Inhalt das Richtige getroffen haben. Die erfreu­liche Zunahme des Fremdenverkehrs sei zu einem guten Teil der Tätigkeit des Kurvereins zu ver­danken. Redner machte hiezu verschiedene statistische Mitteilungen; so haben z. B. die Zahl der auf dem Bahnhof Angekommenen und abgegangenen Personen 321056 (1909:313 000), die Einnahmen an der Bahnkasse 387 920 Mk. (1909: 358 000 Mark), die aus den Bädern 196 356 Mk. (1909: 161081 Mk.), die aus der Kurtaxe 110 521 (1909: 87 644 Mk.) betragen; bei letzterem Punkt sei na­türlich die Erhöhung der Kurtaxe in Betracht zu ziehen. Diese Ziffern bekommen um so mehr Wert, wenn man bedenkt, daß inmanchen anderen Bädern ein Rückgang zu konstatieren gewesen sei. So er­freulich nun diese Resultate seien, so bedauerlich leien die finanziellen Verhältnisse des Vereins. Wie aus dem Kassenbericht des Herrn Ulmer zu ersehen war, ergab sich ein Defizit von 635 Mk. (Einnahmen 2366 Mk., Ausgaben 3001). Herr Kommerzienrat Heermann habe allerdings im Notfall einen höheren Beitrag von seiten des Hotels Klumpp in Aussicht gestellt. Es werde aber nichts anderes übrig bleiben, als die Aus­gaben (namentlich für Porto und Inserate) etwas zu beschneiden. Hierauf wurde dem Vorstand und dem Kassier Entlassung erteilt. Da der seitheri­ge Sekretär Brigleb dieses Jahr seinen Posten nicht mehr übernommen hatte, so wurde auf Vor­schlag des Vorstandes Herr Stadtschultheißenamts­assistent Merkle als Sekretär mit einem Gehalt von 1000 Mk. angestellt. Das Büro werde nun das ganze Jahr geöffnet sein und Herr Merkle werde Gelegenheit nehmen, auch für Wildbad als Wintersportplatz Reklame zu machen.

In der sich nun anschließenden Debatte über die Reklame-Inserate wurde auf Antrag des H. Sanitätsrat Haußmann beschlossen künftig statt in 2 französischen Zeitungen nur noch im Figaro u. da­für in einer holländischen zu Inserieren. Herr Dr. Grunow vermißte speziell norddeutsche Zeitungen und schlug namentlich Stettin als große Handelsstadt vor. Demgegenüber führte der Vorsitzende aus, die Kgl. Badverwaltung inseriere in verschiedenen norddeut­schen Blättern, die Reklametätigkeit des Kurvereins solle nur eine Ergänzung zu derjenigen der Badver­waltung darstellen, sowohl hinsichtlich des Ortes als derZeit der Reklame, doch wolle er für Aufnahme einer Stettiner Zeitung Sorge tragen. Als zweiter Punkt stand auf der Tagesordnung: Neuwahlen. Diese gin­gen glatt von statten, indem auf Antrag des Hrn. Fritz Kuch sen. Vorstand u. Ausschußmitglieder durch Akkla­mation wiedergewählt wurden und als weitere Mit­glieder Herr Fr. Bopp und Herr C. Bätzner zum Som­merberghotel Aufnahme in den Ausschuß fanden.

Bei dem jPunktVerschiedenes" kam es zu längeren Auseinandersetzungen über die Frage: Soll das VerkehrS-Büro auch fernerhin Auskünfte über die Wohnungsverhältnisse geben oder nicht?" Das Für und Wider wurde lebhaft erörtert und schließlich auf Vorschlag des Vorstandes der Modus als der Beste befunden, daß der Sekretär spezielle Auskünfte nicht mehr erteilen und bestimmte Wohnungen nicht empfehlen dürfe, sondern die Kurgäste auf das jeweils an den Fenstern des Büros ausgehängte, sowie in den Pforzheimer Zügen ausgelegte, alle paar Tage erscheinende Wohnunqs- verzeichnis Hinweisen solle. Aus der Mitte der Versammlung kamen dann noch verschiedene Miß­stände zur Besprechung, so namentlich das nicht einwandfreie Verhalten einzelner Personen den an- ^ kommenden Kurgästen gegenüber. Der Vorsitzende konstatierte dies als leidige Tatsache, stellte aber als Stadtvorstand für den Fall, daß begründete Anzeigen einlaufen, energische Abhilfe in Aussicht. Zum Schluß erörterte er die Frage, was zur Weiter­entwicklung unseres Badeplatzes geschehen könne, bezw. geschehen müsse. In möglichster Bälde sei an die Errichtung eines Kurmittel-Hauses mit Fango-, Moor und Kohlensäurebädern und Jn- hallationsgelegenheiten zu denken, evtl. für den Fall, daß die Badverwaltung die Sache nicht in die Hand nehme durch eine Aktiengesellschaft. Da die Zahl unserer Bäder und Badkabinette be-! grenzt sei, so sei es, um die durch die stetige Aus­dehnung der Stadt bedingte Steigerung der Fre­quenz zu erzielen, notwendig, für die Erweiterung! der Kureinrichtungen zu sorgen. Hiebei könne auch ' die Einrichtung eines sog.Emanatoriums" in Be«! tracht kommen, durch welches die Radioaktivität, der Thermen noch mehr als bisher durch bloße Bäder ausgenutzt würde. Autoritäten wie Geh. Rat Dr. Krehl und Prof. Endriß haben, sich äußerst günstig über letzteren Punkt ausge- § sprachen. Auch an die Erichtnng bezw. Einführung einer speziellen Wildbader Trinkkur, ev. unter Zuhilfenahme eines anderen Mineralwassers, könne gedacht werden. Die anwesenden Aerzte, Herr Sanitätsrat Hausmann und Herr Dr. med. Grunow, äußerten sich hiezu in überaus interessanter und sachverständiger Weise. Auf eine Anfrage von' seiten des Hauptlehrers Monn über das neuerdings wieder in den Vordergrund gerückte Enztalprojekt für die Stuttgarter Wasserversorgung erwiderte der Vorsitzende, es sei von hoher und höchster Seite die bestimmte Versicherung gegeben worden, daß der Ausführung dieses Projekts nur dann die Zu­stimmung erteilt werde, wenn der seitherige Bestand und die Intaktheit der Wildbader Thermen voll und ganz garantiert werde; man könne also in die­sem Punkt dem weiteren Verhalten der Kgl. Re­gierung mit vollstem Vertrauen entgegensetzen.

Herr H. Großmann fragte zum Schluß noch an, ob es Tatsache sei, daß das Schwimmbad Heuer erst am 1. Juni eröffnet werden solle. Der Vorstand bemerkte hiezu, er habe davon bis jetzt noch nichts erfahren er werde jedoch über diesen Punkt an maßgebender Stelle Erkundigungen ein­ziehen bezw. vorstellig werden

Mittlerweile aber war es llffi Uhr geworden, und Herr Sanitätsrat Haußmann beeilte sich, dem Vorstand des Vereins, Herrn Stadtschultheiß Bätzner, den wärmsten Dank der Versammlung für seine rastlose, aufopferungsvolle Tätigkeit speziell im Kurverein und 'auf dem Gebiet der Förderung unserer Badestadt im allgemeinen auszusprechen.

Bei dem am letzten Sonntag von der Schützengilde Stuttgart aus Anlaß der silbernen Hochzeitsfeier des Königspaars veranstalteten Frei­schießen, zu welchem auch die Schützenvereiue des Landes eingeladen waren, errang Herr Karl Krauß, Schlosser in Cannstatt (Bruder von Frau Kuch z. Adler hier) 6 Preise, worunter den ersten (Königspokal).

Die Einstellung der Rekruten findet beim württ. Armeekorps Heuer am 6. Oktober bei der . Kavallerie und beim Train, am 12. Oktober bei der Infanterie, Feldartillerie und beim Pionier­bataillon und am 3. Oktober bei den Oekonomie- handwerkern und bei den Militärkrankenwärtern statt.

Neuenbürg, 20. April. Der Gemeinderat Ludwigsburg hat heute unter 56 Bewerbern den Bauwerkmeister bei der K. Bauverwaltung Köln, Emil Gaffer von Neuenbürg, zum Stadtbautech­niker gewählt.

Neuenbürg, 20. April. Der Besuch, den unsere Königin mit der Fürstin Wied dem Schöm- berger Sanatorium für Lungenkranke abstattete, erinnert an die Entstehung des Luftkurorts Schöm­berg. Ende der 80er Jahre brannte ein großer Teil des Orts ab, die Zeitungen brachten über die ! Zerstörung der in stiller Weltabgeschiedenheit ver- ' borgen gelegenen Schwarzwaldhäuser Mitteilungen,

! die einen Maler veranlaßten, den Ort aufzusuchen, !in dem er sich in der Folge wohl und behaglich ! fühlte, denn die reine, milde Höhenluft in dem auf dem jHochplateau zwischen Enz- und Nagoldtal,

zwischen Wäldern und saftigen Wiesen in einer leichten Talmulde eingebetteten Schömberg bekam auch seiner angegriffenen Gesundheit gut. Seine Wahrnehmung teilte er bekannten Aerzten mit und bald war unter Dr. Baudachs Leitung ein kleines Haus voll mit Heilung suchenden Gästen. Aus diesem kleinen Haus heraus ist das heutige Dr. Koch'sche Sanatorium entstanden, mit Dr. Koch als ärztlichem Leiter und dem Gründer: Direktor Römpler als kaufmännischem Leiter an, der Spitze. Zwei weitere größere Anstalten kamen dazu, die neue Heilanstalt von Dr. Schröder und die Süd­deutsche Heilanstalt, je unter besonderer Leitung. Die großen Anstalten mit ihren-Anlagen, die Wohn­gebäude der Aerzte, Direktoren und angesiedelter, früherer Kranken liegen anmutig zerstreut und alles in allem ist Schömberg ein württembergischer Kur­ort ersten Ranges geworden, welcher tausenden von Kranken aus allen Weltteilen Heilung brachte.

MnterHal-tendes

Der Fall Welshofen.

Kriminalroman von M. Kossak.

(Forts.) (Nachdruck verboten)

Die Mittel, ihren Unterricht fortzusetzen, besaß sie nicht nnd so mußte sie zufrieden sein, als ihr Vormund, ein Kollege ihres verstorbenen Vaters, der unter der Last einer zahlreichen Familie seufze, ihr eine Stelle als Verkäuferin in einem Waren­hause besorgte. Das Gehalt, welches man ihr gab, war gerade groß genug, um nicht zu verhungern, aber oft mußte das arme Ding dessenungeachtet mit leerem Magen abends schlafen gehen. Dazu die angestrengte Arbeit, das ewige Stehen und Her­umlaufen genug, ihr junger Körper litt unter den Mühen ihres Berufes und ihre frühere sorg­lose Heiterkeit schwand dahin. Da, eines Tages, sah sie zufällig ihre frühere Schulfreundin Luise Müller, die im Warenhause, in dem Frida ange­stellt war, etwas kaufte. Wie die Luise ausschauteI Wahrhaftig, wie eine Prinzessin war sie in die elegantesten Sachen gekleidet und benahm sich mit der Sicherheit einer großen Dame. Anfangs dachte sie, die Luise wäre auf schlechte Wege geraten, aber sie bat ihr ihr Mißtrauen bald ab, denn die Freun­din erzählte ihr, daß ihr Geld ehrlich verdient sei und daß sie ein anständiges Mädchen geblieben war, wie sie es immer gewesen. Sie war schon bei Leb­zeiten ihrer verstorbenen Mutter beim Variete en­gagiert gewesen, wo sie dank ihrer eisenstarken großen Zähne ein Heidengeld verdiente.

Warum gehst du nicht auch zum Variete?" fragte Louison, wie sie sich jetzt als Künstlerin nannte.Ich würde mich an deiner Stelle gerade als Verkäuferin plagen! Du bist doch ganz hübsch und wenn du schöne Kleider anhast, wirst du noch viel besser aussehen. Kannst du nicht irgend etwas, womit du dich auf der Bühne sehen lassen könntest?"

Meine Zähne sind nur klein und auch in den Händen habe ich wenig Kraft," meinte Frida, die noch nie in einem Variete gewesen war und eine sehr unbestimmte Vorstellung von einem solchen Kunsttempel hatte, betrübt, indem ihre großen Kin­deraugen bewundernd auf Luisons Ebergebiß ruhten.

Na", äußerte diese wohlwollend,man kann auch mit anderm verdienen, als bloß mit den Zähnen. Komm' mal mit zu einem Varieteagenten der wird schon was für dich'ausfindig machen".

Als Frida ihren nächsten freien Nachmittag hatte, wanderte sie unter Louisons Schutz, die ihr für den Besuch eine ihrer eleganten Toiletten ge­liehen, zu einem Agenten und dieser erfuhr nach einigen Hin- und Herfragen, daß das Mädchen eine geschulte Sopranstimme und erhebliche Fertig­keit im Geigenspielen besaß. Er ließ sich von ihr etwas Vorspielen und singen, war ganz entzückt von ihren Leistungen und vermittelte ihr sofort ein En­gagement bei einem mittleren Berliner Variete. Er wählte ihr selbst die Piecen aus, die sie vor­tragen sollte und lieh ihr Geld, um sich für den Anfang zwei Toiletten zu ^besorgen, die sie nach seiner Anweisung wählen mußte. Da sie dem Pub­likum gefiel, stieg ihr Gehalt rasch und alle Not hatte ein Ende.

Zum Schluß des Winters machte sie die Be­kanntschaft von Felix Olfers, der als Improvisa­tor und Humorist auf der nämlichen Bühne auf­trat. Er arbeitet nie einen Vortrag aus, sondern erzählte dem Publikum, was ihm gerade einfiel, dazwischen parodierte er irgend jemand, brachte geschickt ein paar Witze vor oder sprach auch ge­legentlich in gebundener Rede, wie es eben kam. Da er viel Geist hatte und eine auffallend hübsche Persönlichkeit war, gefiel er außerordentlich, nament­lich den Damen, die er förmlich faszinerte. Seine Einnahmen überstiegen die Fridas um mehr als das Doppelte. Felix war der Sohn 'eines deut­schen Vaters und einer italienischen Mutter, die aber seit langen Jahren getrennt lebten. Sein