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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.
Nr. 49 I
Dienstag, den 25. April 1911
47. Jahrgang.
klinascvau.
Stuttgart, 21. April. Wegen Verletzung der Wehrpflicht wurden 40 junge Leute zu je 400 Mk. Geldstrafe ev. 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Von den Angeklagten war keiner zur Verhandlung erschienen; die meisten sind nach Amerika ausgewandert.
Stuttgart, 21. April. Einen wichtigen Schritt auf dem Wege der Selbsthilfe hat die Schreinergenossenschaft Stuttgart dadurch unternommen, daß sie ihre Mitglieder zum erstenmal zu einem erfolgreichen, wöchentlichen Uebungs- kurs in der Herstellung von Kostenvoranschlägen von Möbel- und Bauschreinerarbeiten eingeladen hat. Es besteht die Absicht, diese von Robert Bücheler mit Unterstützung einiger erfahrener Meister des Handwerks geleiteten Kurse zu wiederholen; auch soll der gesunde Gedanke, auf diese Weise allmählich den Auswüchsen des Submissionswesens entgegenzutreten, bereits in anderen Handwerkerkreisen Aufnahme gefunden haben.
— Ueber das Projekt der Wasserversorgung vom Donauried bei Langenau, bei dem außer Stuttgart noch die Oberämter Heidenheim, Aalen, Gmünd, Welzheim, Schorndorf, Waiblingen, Cannstatt, Eßlingen und Ludwigsburg in Betracht kommen, veröffentlicht in der letzten Nummer der „Bauzeitung", der Vorstand des Bauamts der Stuttgarter Wasserwerke, Bauinspektor Riegel, einen längeren Artikel, aus dem hervorgeht, daß das Langenauer Projekt nicht empfehlenswert sei.
— Hiezu schreibt der „Schw. M." u. a.: Wir halten es für ratsam, zur Zeit von einer weiteren Erörterung des Langenauer Wasserversorgungsprojektes abzusehen, obwohl verschiedene Angaben in dem genannten Artikel mit den Tatsachen in offenem Widerspruch zu stehen scheinen. Bekanntermaßen hat die Stadt Stuttgart 4 Sachverständige aufgestellt, die sie in dieser Sache beraten sollen und von denen die zwei auswärtigen — die Berliner Beyschlag und Leppla — mündlich ihr Gutachten am 27. März vor dem Gemeinderat und Bürgerausschuß erstattet haben. Diesem Gutachten sind die einheimischen Sachverständigen — Sauer und Fraas - insbesondere der letztere scharf entgegengetreten, sowohl in Beziehung auf die Art der Behandlung der Sache, als namentlich was die Beurteilung der unbestrittenen sehr günstigen bisherigen Untersuchungsergebnisse betraf. Wir möchten daher das schriftliche Gutachten dieser 4 Sachverständigen abwarten, das freilich nach den bisherigen Vorgängen kein einheitliches sein dürfte. Wenn das oder die Gutachten vorliegen, werden sich daher noch weitere Beratungen anschließen müssen. Hiezu hat in richtiger Erkenntnis der Sachlage der Gemeinderat schon den ersten Schritt unternommen, indem er beschloß, den Staatstechniker für das öffentliche Wasserversorgungswesen um einen Vortrag in der Sache zu ersuchen; weitere Vorträge werden wohl folgen.
— Der Oberamtsbezirk Spaichingen ist bis jetzt mit Ausnahme von Aldingen von der Maulund Klauenseuche verscbont geblieben. In Aldingen ist die Seuche erstmals am 13. März ausgebrochen. Veterinärarzt Lippus, der jetzt über seine Bekämpfungsart der Seuche berichtet, verabreichte den erkrankten, sowie den nichterkrankten Tieren im Wasser gelöstes chlorsaures Kali, worauf schon am nächsten Tage bei den erkrankten Tieren Besserung eintrat. Die anderen Tiere blieben alle gesund und von Nachkrankheiten verschont. Am 6. April wurden zwei weitere Gehöfte betroffen, am 7. April ein drittes. In allen diesen Gehöften, zu denen noch zwei weitere hinzukamen, war der Erfolg des Mittels vorzüglich. In einem großen Umkreis der ver
seuchten Gehöfte wurde chlorsaures Kali als Vorbeugungsmittel bis jetzt mit Erfolg angewandt.
Bad Teinach, 21. April. In einem unbewachten Augenblick ist das 3 Jahre alte Kind des Wagnermeisters Ursig in die Teinach gefallen und ertrunken
Konstanz, 19. April. Die neuen Steuern werden an den deutsch-schweizerischen Grenzorten den Armen immer mehr zum Fallstrick, besonders da das Publikum einerseits über die Strafen kaum unterrichtet ist, andererseits die Zollbehörde größte Aufmerksamkeit ausübt. Dann und wann wird ein aus der Schweiz kommender Fußgänger untersuch!; wehe, wenn er Zoll- oder Steuerpflichtiges mit sich führt. Für zwei Päckchen Schweizer-Stumpen (Zigarren, Wert zusammen 40 Pfg.) mußte kürzlich ein Fußgänger 12 Mk. Strafe zahlen. Um die teueren deutschen Streichhölzer zu umgehen, nimmt wohl dann und wann aus der Schweiz ein Armer etliche Schachteln mit, denn es ist zu verführerisch, dort für die Schachtel nur einen Pfennig bezahlen zu müssen. DaS kann ihn teuer zu stehen kommen. Mit einer Geldstrafe von 30 Mk. wurde hier ein Mann bestraft, weil er vier Schachteln Streichholz aus der Schweiz unversteuert über die Grenze gebracht hatte. Denn für Streichhölzer ist eine Steuer zu entrichten, welche für die Schachtel mit weniger als 30 Stück 1 Pfg-, mit 30—60 Stück kV? Pfg> für die Schachtel beträgt. Die Steuer hätte also für vier Schachteln 6 Pfg. betragen. Da aber der Mann dem Reiche die Zündholzsteuer vorenthalten hatte, machte er sich der Hinterziehung schuldig, worauf eine Strafe von 30 Mk. gesetzt ist. Im Wiederholungsfälle wird die Strafe verdoppelt und jeder weitere Rückfall zieht Gefängnis bis zu zwei Jahren nach sich. Die Strafe wurde vom Gericht in zwei Instanzen bestätigt.
Vom Bodensee, 21. April. (Ein Opfer des Saccharinschmuggels.) Ein neuer Fall, der in Bregenz spielte, hat ein tragisches Ende genommen; die Bregenzer Firma Gebr. Weiß, bezw. deren Prokurist, hatte ein 100 Kilogramm flüssiges Saccharin enthaltendes Faß als Alizarin zu verzollen gesucht, was die österreichische Zollbehörde aufdeckte, die den Deklaranten Daniel Glogger in eine Zollbuße von 16 000 Kronen verurteilte, außerdem wurde von der Firma dessen Entlassung verlangt. Diese Tatsache trieb den Bedauernswerten in den Tod; er fuhr mit dem Kahn in den See hinaus und ward nicht mehr gesehen, im Kahn fand man einige Sachen und eine Art Testament, das jedoch nichts über die Ursache der Tat enthielt.
Achern, 22. April. Den Inhabern der Firma Carl Peter, Weinbau und Weingroßhandlung in Achern, Herren Friedrich Peter und Carl Peter- Haaß, wurde unterm 8. ds. Mts. (Tag der silbernen Hochzeit .des württ. Königspaares) von Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Frau Herzogin Wera von WürttembergdasPrädikat„Hoflieferanten" verliehen.
— Wenn auch die Zahl der bis zu einer sehr hohen Altersgrenze gelangenden Leute in Deutschland ziemlich groß ist, so dürfte doch ein Alter von 105 Jahren bemerkenswert sein. Dieses hohe Alter erreicht am 24. Juni d. I. der sogenannte „Alte Boppel" aus Obermoschel in der Nordpfalz. Der alte Herr, welcher mit seinem richtigen Namen Jakob Boppel heißt, ist jetzt noch imstande, bei halbwegs guter Witterung seinen Spaziergang zu machen, und vermag noch zu lesen und zu schreiben. Im vorigen Jahre schrieb er noch längere Briefe. Das Gehör, sowie die Augen haben allerdings in den letzten Jahren etwas qelitten. Von Beruf war er ursprünglich Wagner, soll jedoch später längere Zeit Notariatskutscher gewesen sein. Zahlreiche Kinder des Greises leben in Amerika. Er selbst wohnt bei einem Sohn in Obermoschel. Der „alte Boppel" ist der älteste
Mann in der Pfalz. Er erinnert sich noch lebhaft der Zeit, als (1812/13) die Franzosen durch die Pfalz kamen. „Die Militärmusik ist keine schöne gewesen", sagt er, „sie bestand nur aus Querpfeifern." Tief in der Nacht verlangt der alte Herr noch mitunter seinen Wein zu trinken, und am Essen läßt er es dann auch nicht fehlen. Als ihm vor etlichen Jahren der Gesangverein Neustadt a. H. ein Ständchen brachte, bedankte er sich und meinte: „Lebt so wje ich, eßt so wie ich und trinkt so wie ich, — dann werdet ihr auch so alt wie ich!" Die Eltern des Boppel sind beide über 90 Jahre alt geworden.
Eine Anregung zum Sparen gibt der Verwaltungsrat der städt. Sparkasse zu M.-Glad- bach. Er hat beschlossen, vom 1. April ds. Js. ab für jedes in der Stadt neugeborene Kind, dessen Vater weniger als 3000 Mk. Einkommen hat, eine Mark Spareinlage zu stiften, in der Erwartung, daß die Eltern und Verwandten sofort etwas hinzufügen und später das Kind dadurch zum Sparen angeregt wird. Das Sparbuch wird dem Vater bei der Anmeldung seitens des Standesbeamten überreicht.
Berlin, 19. April. Unter dem Namen Admiralspalast ist ans dem Grundstück des alten Admiralsgartens in der Friedrichstraße gegenüber dem Bahnhof Friedrichstraße ein neuer Eispalast erstanden. Heute mittag öffneten sich die Tore des neuen Hauses einem geladenen Publikum, während die eigentliche Eröffnung morgen stattfindet. Der Bau hat einen Kostenaufwand von nicht weniger als 12V- Millionen Mark erfordert. Im Vordergrund der Bauanlage befindet sich in dem monumentalen Westbau ein romanisches Cafö, das zwei Geschosse durchzieht. Darüber befindet sich im Hauptobergeschoß ein Lichtbildertheater, das mit ungewöhnlichem Aufwand von Luxus ausgestattet ist. Die EiZarena kennzeichnet sich als eine dreischiffige Anlage. Die Bahn hat die Gestalt eines langgezogenen Ovals. Ueber ihr liegen die Thermen, ausgesprochene Luxusbäder.
— Daß in D eutsch-Südwest-Afrika außer Kupfererz auch Gold vorkommt, ist bekannt, und noch kürzlich ist auf dem Kaokofelde eine Goldspur entdeckt worden. Das Vorkommen ist aber bis jetzt überall so gering gewesen, daß eine Verwertung nicht in Frage kommt. Neuerdings ist nun im Orte Kuibis, der auf einem Gebiete liegt, in dem die Bergrechte der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwest-Afrika zustehen, Gold gefunden worden. Gegenwärtig herrscht daher — ähnlich wie vor zwei Jahren auf den Diamantfeldern — eine fieberhafte Tätigkeit im Abstecken von Schürffeldern. Auch der Regierungsgeologe Dr. Range hat für den Schutzgebiets-Fiskus Felder abgesteckt, und diese Tatsache ist für viele andere der Grund gewesen, sich ebenfalls Felder zu sichern. Die „Lüderitzbuchter Zeitung" bemerkt zu dem Goldfieber folgendes: „Es scheint mit ziemlicher Sicherheit festgestellt zu sein, daß ein Riff von großer Ausdehnung, goldführend ist, aber es läßt sich bisher noch gar nicht sagen, ob der Goldgehalt des Gesteins für einen rentablen Abbau ausreichend hoch und regelmäßig ist. In Süd- Afrika, einschließlich Südwest, sind mit Bezug auf Quarzriffe von geringem, nicht abbaufähigem Goldgehalt so viele Enttäuschungen zn verzeichnen, daß große Vorsicht in der Bewertung dieser neuen Funde geboten erscheint. So wünschenswert es wäre, daß in dem zweifellos an Edelmineralien reichen Süden des Schutzgebietes endlich einmal ein abbaufähiges Vorkommen entdeckt werde, so unheilvoll wäre es für die Entwicklung des Landes, wenn auf Grund geringfügiger Anzeichen ein „boom" inszeniert würde, dem die Ernüchterung dann bald folgen müßte".