Höhe zu treiben, bezw. zu halten suche. Als das erste franz. Vieh nach Mannheim kam, blieben die Händler mit deutschem Vieh aus und die Preise sanken nicht. Aehnlich war es in München. Der Beob. zitiert meistens Marktberichte, die jedenfalls keiner politischen Tendenz verdächtig sind. Auch der soz.dem. Schriftsteller Calwer warnt davor, daß man in der Presse den Teuerungsrummel übertreibe, weil man dadurch nur Wasser auf die Mühlen der Interessenten liefere, die sich ins Fäustchen lachen können, wenn eine weitere Preisrreiberei beizeiten vorbereitet wird. Aehnlich sei es in Württemberg, wo der Beob. die Tatsache festgestellt habe, daß z. B. auf dem Heuberg seit 5-6 Wochen kein Händler mehr zu sehen gewesen sei. Ebenso das soz.dem. Bayer. Wochenblatt über dortige Verhältnisse. Das sind Dinge, die doch nicht ganz übersehen werden sollten.
Baden-Baden, 10. April. Im Rathaus in Sinzheim bei Baden hat sich von Samstag auf Sonntag Nacht ein äußerst raffinierter Diebstahl abgespielt. Ein Kassenschrank von 5 Zentner Schwere wurde von Dieben zum Fenster hinausgehoben, auf einen Karren geladen und dem Walde bei Vormberg zugeführt, wo sie im Dunkel der Nacht einen falschen Weg, der im Felde ausging, einschlugen und die Last nicht mehr weiter brachten. Nun suchten sie ihr Opfer mit Stemmeisen zu bearbeiten, brachten es aber nicht zum Oeffnen und suchten bald das Weite im nahen Walde, als sie an ihrer Arbeit gestört wurden. Von den Tätern fehlt jede Spur. Auch im Pfarrhaus in Steinbach ist letzte Woche eine Diebesbande — wahrscheinlich die gleiche — eingebrochen. Sie suchten zunächst die Schwester des Ortspfarrers zu knebeln, worauf dieselbe um Hilfe schrie, auf die der Pfarrer! erwachte. Die Diebe flüchteten alsdann.
Baden-Baden, 7. April. Die hiesige' „Büttenquelle" gilt als die populärste der hiesigen j Thermalquellen, denn vom Publikum wird ihr eine! besondere Heilkraft zugeschrieben. Sie ist aber' nicht nur am stärksten radioaktiv unter den hiesigen,' sondern unter den Quellen Deutschlands überhaupt. In Anbetracht der Wichtigkeit des Radiums für Heilzwecke hat der Stadtrat in Aussicht genommen, - den Anteil von zwei Drittel an der Büttenquelle, welcher der Stadt gehört, in das städtische Palaisgebäude überzuleiten und dort ein Radium-Ema-' natorium zu errichten. Ein in der letzten Stadtverordnetensitzung vom Stadtrat gestellter diesbezüglicher Antrag wurde einstimmig angenommen, und so wird Baden-Baden in kurzer Zeit ein neues Kur- und Heilmittel aufweisen können, welches die bisher schon bestehenden vervollständigt und für viele Leidende eine willkommene Einrichtung sein wird.
Darmstadt, 10. April. Der Großherzog und die Großherzogin, sowie Prinz Heinrich von Preußen ließen sich heute auf dem Flugplätze eine nach Angabe des Großherzogs erbaute Flugmaschine vorführen, die den Namen des Großherzogs erhielt. Die neue Maschine entwickelte bei drei Flügen über je 10 Kilometer eine außerordentliche Geschwindigkeit, Prinz Heinrich machte mit dem Flieger August Euler einen Passagierflug in etwa 80 Meter Höhe. Euler wurde von dem Großherzog mit der Verdienstmedaille für Kunst und Wrssenschaft ausgezeichnet. Während der Abwesenheit der Fürstlichkeiten kehrte der Eulerflieger Reichardt, der das Luftschiff „Deutschland" nach Frankfurt a. M. begleitet hatte, nach dem Platz zurück, wo die Landung glatt erfolgte.
Düsseldorf, 11.April. Das Luftschiff „Deutschland" ist soeben 2 Uhr 15 Min. auf der Gold- heimer Heide bei Düsseldorf nach glücklicher Fahrt glatt gelandet.
— Ueber die gestrige Fahrt, die wieder abgebrochen wurde und mit der Rückkehr nach Frankfurt endete, wird in der Frkf. Ztg. berichtet: Als die Weiterfahrt nach Düsseldorf angetreten werden sollle, kamen von dort schlechte Wetternachrichten. Die Aachener Station widerriet eine Fahrt durchs Rheintal. Mit Rückstchl auf das nicht nachgefüllte Luftschiff, dem infolge der starken Besetzung mit Kabinen-Passagieren nicht viel Ballast verblieb, beschloß Dr. Eckener, schon vor der Abfahrt, für den Fall, daß am Rhein «schlechtes Wetter angetroffen werden sollte, nur eine kurze Fahrt „Rund um Frankfurt" zu machen. An dis Haltemannschaften und die Polizei wurden Instruktionen erteilt. Kurz vor Wiesbaden sah man, daß westwärts schweres Gewölk mit Regenwetter drohte. So schwenkte das Luftschiff nach Norden an den Taunusrändern entlang bis Homburg und kehrte dann über Frirdberg, Vilbel und Offenbach nach Frankfurt zurück, wo eine recht unsanfte Landung erfolgte. Die ungeschulten Mannschaften hängten sich an die Taue und zogen das Luftschiff so schnell hera^, daß es sich zur Seite legte. Eine Anzahl Soldaten geriet unter die Gondel und wurde etwas gedrückt, aber niemand wurde verletzt.
Glücklicherweise halten auch die Aluminiumrippen einen tüchtigen Stoß aus, so daß das Luftschiff heil blieb.
München, 11. April. In dem bekannten Münchner Hotel „Bayrischer Hof", in dem die beste internationale Reisegesellschaft und zahlreiche Fürstlichkeiten abzusteigen pflegen, brach gestern nachmittag ein Großfeuer aus, das sehr rasch 'einen gefahrdrohenden Umfang annahm und den größten Teil des oberen Gebäudes einäscherte. Wegen Einsturzgefahr mußten die Hotelräumlichkeiten verlassen werden. Nach zweistündiger angestrengter Tätigkeit gelang es den Brand zu löschen. Die Gäste konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Der Schaden ist sehr erbeblich, jedoch durch Versicherung gedeckt.
Mailand, 7. April. An der östereichischen- italienischen Grenze, am Fugazza-Passe, einem Grenzpfad zwischen Südtirol und der Provinz Vicenza, wurden 13 italienische^Schmuggler, die aus Oesterreich Tabak und Zucker hinüberbriugen wollten, beim Eintritt ins Tal Cassa di Morto (deutsch: Sarg des Todes) von einer Lawine überrascht. Zehn von ihnen wurden 300 Meter weit weggeschleift und fiele» dann in einen 200 Meter tiefen Abgrund, wo sie mit zerschmetterten Gliedern liegen blieben.
Petersburg, 11. April. Wie die Petersburger Telezraphenagentur aus Tokio meldet, sind dem gestrigen Brand 6676 Häuser. 9 Tempel, 2 Fabrikeu und eine Feuerwehrdepol znm Opfer gefallen. Nach den bisherigen Feststellungen sind 4 Personen umgekommen und 134 mehr oder weniger schwer verletzt. Milttär und Polizei betätigen sich in hervorragender Weise an dem Rettungswerk. Behörden, Zeitungen und Private bemühen sich, die Not der 40000 Obdachlosen zu lindern.
Lokairs
Wildbad, 11. April. Herr Schmid z. „Eintracht" verkaufte sein Anwesen samt Inventar an Hrn. Wurz, bish. Hausdiener im Sommer- berg-Hotel hier um die Summe von 65000 Mk.
— Auf das am Karfreitag abend 8 Uhr in der evang. Kirche stattfindende Conzert, welches der blinde Orgelvirtuose Heinrich Hartung unter Mitwirkuns seiner Tochter der Kirchensängerin Frau Anna Pluschkell-Hartung aus Eschwege veranstaltet, sei an dieser Stelle noch besonders hingewiesen. Ein recht zahlreicher Besuch ist des guten Zweckes wegen wünschenswert.
Atntevhcll'tenöes
Der Jall Welshofen.
Kriminalroman von M. Kossak.
(Nachdruck verboten)
1. Kapitel.
Es war an einem kalten, mondlosen Abend des sich seinem Ende zuneigenden Oktober. In den „Kaiserhallen," einem großen eleganten Variete am Wiener „Graben", drängte sich Kopf an Kopf, wie es regelmäßig geschah, seitdem die schöne Anita Brusio dort auftrat. Die Künstler in den Kaiserhallen leisteten durchweg Vorzügliches, aber die Habitues des Lokals, welche das Progamm bereit» zur Genüge kannten, erschienen doch erst, wenn die Nummer der reizenden Italienerin an die Reihe kam. Dann saßen sie schier andächtig, verwandten kein Auge von der lazertenhaft geschmeidigen Gestalt und wagten kaum zu atmen, um die weihevolle Stimmung, die sich ihrer und ihrer Umgebung bemächtigt hatte, nicht zu stören.
Jetzt war der große Augenblick da. Mademoiselle Celina Dupont und Monsieur Anatole Leclair, das Pariser Sängerpaar, hatte soeben seine prickelnden, graziösen Montmartre-Chansons beendigt, der Vorhang war gefallen und in verblüffend kurzer Zeit wieder emporgegangen, um eine seltsam traumhafte Szenerie, eine in verschwommenen Umrissen uud Farben gemalte tropische Waldlandschaft in deren Hintergrund lautlos fließendes Wasser blinkte, zu zeigen, und das Orchester hatte eine fremdartige/etwas monotone Melodie zu spielen begonnen. Wer einen Blick darauf warf, der war überrascht, zu sehen, daß die Geiger, Flöten und Klarinettenbläser sich einer beschaulichen Ruhe Hingaben und daß plötzlich vier Harfenspielerinnen und zwei Männer mit großen wunderlich geformten Blasinstrumenten dort saßen. Die letzteren waren vorläufig aber noch' nicht in Tätigkeit gesetzt, und nur die Harfen ließen leise, süße Töne erklingen. Während die sich in die Ohren der Hörer schmeichelten, kam, von einem intensiven bläulichen Licht umflossen, eine zarte märchenhafte Gestalt hereingeschwebt. Schleierartige Gewänder, die uw- den Oberkörper einen Blumenkelch formten, umflossen die schlanken Glieder, die Arme waren
von gleißenden Schlangen umwunden, und das zierliche Haupt schmückte der karakteristische Kopfputz, wie ihn die Frauen aus der Pharaonenzeit trugen.
„Wie schön wie wunderschön!" flüsterte es in den Reihen der Zuschauer. Und wahrlich, die Künstlerin dort auf der Bühne verdiente die Bewunderung, die sie erregte. Sie mochte in der erstem Hälfte der zwanziger Jahre stehen, aber ihr schmales blaßbräunliches Gesicht, das an regelmäßigen Schnitt mit den herrlichsten Meisterwerken der Antike wetteiferte, besaß noch eine fast niedliche Weichheit der Formen die einen fesselnden Kontrast zu den blutroten vollen Lippen und den brennenden Kohlenaugen bildete; diese Augen aber waren unnatürlich groß, so daß man förmlich erschrak, wenn sie die von langen seidigen Wimpern befransten Lider hob und das Strahlenfeuer ihrer Blicke auf das Publikum richtete. Wunderbar wechselnd erschien auch der Ausdruck ihrer Züge, welche die ganze Skala menschlicher Empfindungen wiederzuspiegeln vermochten. In diesem Augenblick freilich lag nur etwas Müdes, Sanftes, Schwermutsvolles darin, mit denen sie über das Podium glitt. „Der Lotosblume Tanz" war ihre Nummer auf dem Programm genannt und tatsächlich erinnerte die ätherische Gestalt in dem blauen Licht, das sie beständig begleitete, mehr an eine Blume, als an ein lebendes Weib.
Und jetzt ein paar schrille posaunenartige Töne aus den Blasinstrumenten — das blaue Licht erlischt, ein kurzes Durcheinanderfunkeln der roten, grünen und gelben Flammenblitze, die der Scheinwerfer auf der mittleren Galerie erzeugt und die das Auge derart blenden, daß man nichts von dem erkennt, was auf der Bühne vorgeht, darauf ein Drehen wie von einem roten Feuerrad, das plötzlich stillsteht und die Märchenlaudschafl in grellrotem Licht zeigt. Nocb immer glänzt das lautlos fließende Wasser im Hintergründe, aber die Palmen zu seinen beiden Setten haben sich in egyp- tischen Säulenhallen verwandelt, vor denen je rechts und links eine Sphinx Wache hält. Auf der Mitte der Bühne steht die Lotosblume von vorhin, nunmehr eine egyptische Prinzessin oder auch — wer will es sagen — eine Sklavin im ganzen Reiz berauschender exotischer Schönheit. Sie trägt noch dieselben Gewänder, aber durch die Art, wie sie sie um sich drapiert, gewinnen sie das Ansehen morgenländischer Pracht. Wie sie schreitet, tanzt, sich beugt — jeder Zoll eine Salome oder sonst eines jener Weiber, denen ein Menschenleben nichts gilt, wenn es sich um die Befriedigung ihrer grausamen Launen hantelt! Wie die kleinen spitzen Zähne raubtierartig zwischen den halbgeöffneten Lippen blitzen, wie die Augen funkeln! Mitten in einer ihrer tigerhaften Bewegungen greift sie sich an den Kopfputz reißt ihn herunter und während die schwarzen Haare fessellos herabfallen, blieb sie mit erhobenen Armen, wie erstarrt stehen. Das rote Licht weicht dem anfänglich blauen, Palmen breiten, zu beiden Seiten sich vorschiebend ihre Wedel über die Säulenhallen, die Posaunemöne schweigen und wieder spielen die Harfen ihre süßen leisen Weisen. Die Tänzerin aber schwebt, sich langsam aus ihrer Erstarrung lösend, immer mit erhobenen Armen, auf das blinkende Wasser zu, gleitet hinein und versinkt darin. Nur der Kopf, um den die Schleiergewänder sich wie ein Blütenkelch blähen, schwimmt über den Fluten. Die Lotosblume auf dem mondbeschienenen Wasserspiegel!
Ein Beifall, der das ganze Haus durchtost, folgt dem Fallen des Vorhanges. Ein halbes Dutzendmal muß Anita Brusio den Vorrufen Folge leisten. Sie erscheint mit tiefernstem Gesicht, verbeugt sich mit der Würde einer jungen Fürstin und entfernt sich gemessen. Nicht einmal als ihr aus der Proszeniumsloge ein prachtvolles Bukett von Tuberosen und Orchideen zugeworfen wird, huscht der Schatten eines Lächelns um ihren Mund.
> „Die verstehts!" sagte eine junge Artistin hinter der Szene zu ihrer Kollegin. „Was meinst du, Frida, obs uns wohl auch einmal so glücken wird? Ich glaube nicht. Wir verstehen uns eben nicht so'n Air zu geben, denn mit ihrer Schönheit und ihrer Kunst hat sie sich doch nicht ihren Grafen eingefangen, sondern bloß mit ihrem vornehmen Getue.
Die „Frida" Genannte zukte gleichmütig die Achseln. „Ach du, hübsch ist sie wirklich, zehnmal hübscher als ich und — du mußt mirs nicht übel nehmen, Louison — auch hübscher als du."
„Das kann ich nicht finden," entgegnete die andere empfindlich. „Und wenn auch — ich möchte sie doch nicht zur Frau haben, denn sie hat einen schlechten Karakter. Wenn der Gras sie kennen möchte, wie sie wirklich ist, dann würde er sich hüten, sie zu heiraten."
„Wie du redest!" tadelte die blonde Kleine. „Es kann doch niemand der Anita etwas nachsagen. Sie ist ein anständiges Mädchen, das weiß jeder."