außerdem der Obmann des Stadtverordnetenkollegiums anwesend. Der Obmann, der gerne seinen Sarkasmus spielen läßt, äußerte im Laufe der Veranstaltung: „Ich gäbe 100 Mk. dafür, wenn ich einmal die Stadträte um die Wette schwimmen sehen könnte.." Er hatte fiich aber in der Unternehmungslust der rüstigen Stadtväter getäuscht, denn sie nahmen ihn sofort beim Wort, stürzten sich in die Fluten und schwammen unter stürmischem Beifall eine Einlagenummer, deren Preis nun einem guten Zweck zufließen wird.
Straßburg, 23. Jan. Der Kaiserliche Statthalter Graf von Wedel hat zur Linderung des Notstandes eines großen Teils der Weinbau treibenden Bevölkerung Elsaß-Lothringens laut Erlasses vom heutigen Tag aus seinem Dispositionsfonds eine Summe von 25000 Mk. gestiftet.
Speyer, 23. Jan. Der Pionier Klotz von der 2. Kompagnie des 2. Pionierbataillons, aus Pforzheim gebürtig, verließ gestern früh gegen 7 Uhr die Kaserne unter Mitnahme seines Dienstgewehrs und einer größeren Anzahl scharfer Patronen, die er sich durch Erbrechen des Patronenkastens verschafft hatte. Er ging nach Dudenhofen. Ein Leutnant und mehrere Unteroffiziere, mit Gewehren und Patronen ausgerüstet, wurden zu seiner Festnahme ausgesandt. Gütliches Zureden fruchtete nichts. Klotz zog sich unter Drohungen mit der Waffe in den Dudenhofener Gemeindewald zurück und feuerte gegen 10 Schuß auf den Offizier und die Unteroffiziere ab, wobei er den Unteroffizier Eckrich von der 2. Kompagnie schwer und den von der Gendarmeriestation gesandten Gendarmen Lutz leichter verletzte. Hierauf erschoß sich Klotz in der Schutzhütte mit dem Dienstgewehr. Nach einem Vorgefundenen Brief scheint Klotz seine wahnsinnige Tat in großer Erregung über eine Liebesangelegen- heit und unter der Einwirknng übermäßigen Alkoholgenusses ausgeführt zu haben. Außerdem hat sich ergeben, daß Klotz die Kantine um 25 Mk. geschädigt hat.
Berlin, 23. Jan. Im Moabiter Krawallprozeß wurde heute abend das Urteil verkündet, und zwar erhielt Trau 9 Monate Gefängnis wegen schweren Aufruhrs, Bruhn 9 Monate Gefängnis wegen schweren Landfriedensbruchs, Bonnet 4 Wochen Haft wegen groben Unfugs, Pfitzner 8 Monate Gefängnis wegen einfachen Aufruhrs, Zofka 3 Monate Gefängnis wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Orlowski 3 Monate Gefängnis wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Luksch 6 Wochen Haft wegen groben Unfugs, Cieslick 3 Wochen Haft wegen Werfens mit Steinen, Kasimir und Jakob Adamski 1 Jahr Gefängnis wegen schweren Aufruhrs, Rode 4 Monate Gefängnis wegen Sachbeschädigung, Albrecht 6 Wochen Haft wegen groben Unfugs, Scharfenberg 6 Wochen Hast wegen Anstiftung zum groben Unfug, Minor 6 Wochen Haft wegen groben Unfugs. Die Angeklagten Janke, Borowiak, Schadowsky und Marquardt wurden freigesprochen. Den Angeklagten wurde die Untersuchungshaft angerechnet. — In der Urteilsbegründung heißt es: „Die Angeklagten sind in Ausständige und solche, die nicht dazu gehören, zu scheiden. Jenen ist der Lohnkampf und ihr geringer Bildungsgrad mildernd anzurechnen. Anderseits müssen aber die schweren Folgen ihrer Handlungsweise berücksichtigt werden. Für die zweite Gruppe der Angeklagten fallen mildernde Gründe weg. Im übrigen hat die Verhandlung ergeben, daß die Polizei zunächst mit Besonnenheit vorging, später, als infolge des Verhaltens der Tumultanten der Waffengebrauch freigegeben werden mußte, sind Ausschreitungen einzelner Beamten vorgekommen, für die aber die Verwaltung als solche nicht verantwortlich zu machen ist."
Slam unü Umgebung
Wildbad, 24. Jan. Dem Pforzheimer Anzeiger wird geschrieben: „Die schwäbischen Eisenbahnen scheinen nicht den Ehrgeiz zu besitzen, unter die Zahl derjenigen Bahnverwaltungen gerechnet zu werden, welche den Bedürfnissen des -Wintersport- verkehrs Rechnung tragen. Es liegt uns fern, von der württembergischen Bahnverwaltung das Entgegenkommen zu verlangen, welches beispielsweise die badische Verwaltung durch Einlegung besonderer Sonntrgs-Eilzüge für Skifahrer beweist; für solche modernistische Ideen ist man in Stuttgart nicht empfänglich. Dagegen sollte den Wintersportfreunden die Benützung der vorhandenen Züge nicht in der Weise verleidet werden, wie es letzten Sonntag, den 15. ds., geschah.
Zu dem fahrplanmäßig 8.10 Uhr von Wildbad abgehenden letzten Zug nach Pforzheim hatten sich kurz vor 8 Uhr (wie vorauszusehen war) Hunderte von Sportfreunden eingefunden. Wenn dieselben jedoch hofften, daß sich ihnen wie gewöhnlich um 8 Uhr die Pforten der Sperre öffneten und sie in dem bereitstehenden Zuge Platz nehmen könnten, so sahen sie sich bitter enttäuscht. Infolge irgend eines
Grunde-, welchen der misera plebs mitzuteilen man nicht fürnötig fand, ging der Zug erst 8.3>> ab, und bis 8 30 mußten wir frierend und zusammengepreßt auf dem Bahnsteig stehen, von Minute zu Minute hoffend eingeladen zu werden. Daß wir dabei unserem Unmut deutlichen Ausdruck verliehen, darf niemanden wundern. Sonst ist es im weilen deutschen Reiche üblich, daß eine solche Zugverspätung, wenn sie schon nicht zu vermeiden ist, den Reisenden bekannt gegeben wird, damit dieselben sich darnach einrichten können. In der Bäderstadt und dem aufstrebenden Wintersportplatz Wildbad wird dieses selbstverständliche Verfahren nicht beliebt. Als wir nun glücklich im Zuge saßen, erwartete uns eine zweite Enttäuschung: Die Wagen waren eiskalt, und nicht das geringste Anzeichen, daß dieselben, wie jedenfalls auch in Württemberg vorgeschrieben, vorgeheizt worden wären. Wir konnten auch bis nach Pforzheim keine Spur von Heizung entdecken. Wir hatten den Eindruck, daß man in Wildbad die Pforzheimer Sportfreunde als „lästige Ausländer" betrachtet und sie dementsprechend behandelt." - Wir können unseren Pforzheimer Wintergästen gegenüber das unbegreifliche Vorkommnis nur lebhaft bedauern. Die Wildbader Einwohnerschaft, denen die Pforzheimer stets liebe und geschätzte Gäste sind, trifft an dem Verhalten der Eisenbahnverwaltung keine Schuld. In Stuttgart scheint man noch nicht zu wissen, daß es auch in Wildbad so etwas wie einen Wintersport gibt und daß diese vielleicht manchem Herrn unbequeme Tatsache dem „Bähnle" Pforzheim—Wildbad schon Hundertes ja Tausende von Mark eingetragen hat. Es wären; sonst Vorgänge, wie der oben gerügte, nicht möglich, ^ es wäre sonst auch nicht möglich, daß der Warte- j saal II. Klasse an Tagen mit starkem Verkehr nicht geheizt und beleuchtet ist und gar geschlossen gehalten! wird, daß der Bahnhof in den Abendstunden während der kurzen Pausen zwischen den Zügen in tiefer Finsternis liegt sodaß die Leute verunglücken können und daß vor Weihnachten einfach mehrere Züge rücksichtslos eingestellt werden. Es wäre an der Zeit, daß sich die Aufmerksamkeit der maßgebenden Stellen in Stuttgart endlich einmal mehr auf unser „Bähnle" richten würde. Denn darüber herrscht kein Zweifel mehr, daß es so nicht mehr weiter gehen kann. Wildbad muß im Sommer und künftig auch im Winter bessere Zugsverbindungen bekommen. Wie sorgen in dieser Hinsicht andere Staaten für ihre Bäder durch Expreßzüge von der nächsten Hauptlinie, direkte Wagen von großen Städten usw. z. B. Baden für sein Baden-Baden, Bayern für sein Kissingen, Hessen für sein Nauheim, Preußen für Wiesbaden, Kreuznach, Oeynhausen und Ems, Oesterreich für seine böhmischen Bäder usw. Was diese fremden Eisenbahnverwaltungen fertig bringen, sollte unsere Württ. Eisenbahnverwaltung für unser Wildbad auch leisten können, zumal der Württ. -Ltant als Alleinbesitzer der hiesigen Thermen an Wildbad ein erhöhtes Interesse hat und ihm doch auch an einer würdigen Repräsentation seiner Verkehrseinrichtungen den etwa 20 000 Wildbader Kurgästen aus aller Herren Länder gegenüber etwas gelegen sein muß. Bei den jetzigen Zuständen sind die Fremden geradezu verblüfft, wenn sie die stiefmütterliche Behandlung unseres Bades bezw der Linie Pforzheim-Wildbad am eigenen Leibe erfahren müssen. Der Unterschied zwischen den Pforzheim passierenden Schnellzügen aus Paris, Berlin, Frankfurt a. M. Karlsruhe, Wien, München, Stuttgart usw. und dsm Pforzheim-Wildbader Bummelzug ist eben ein zu großer und löst die kräftigsten Kritiken an den „schwäbischen Eisenbahnen" aus, namentlich wenn! noch stundenlange Zwangsaufenthalte auf dem Pforz- ^ heimer und Mühlacker Bahnhof dazu kommen. Hiezu kommt noch der recht bedenkliche Umstand, daß die eingleisige Strecke Pforzheim-Wildbad dem Verkehr schon lange nicht mehr gewachsen ist. Es ist zu befürchten, daß ein durch die jetzt notwendigen unzähligen Kreuzungen herbeigeführtes Eisenbahnunglück unserer Eisenbahnverwaltung einmal ein schreckliches Erwachen bereiten wird. Die Verantwortung für ein Unglück auf dieser Strecke, das bei den oft überfüllten Zügen unabsehbare Folgen haben müßte, wäre eine recht schwere, nachdem die Unzulänglichkeit des einen Gleises schon seit Jahren eine allgemein bekannte Tatsache ist.
:: Wildbad, 26. Jan. Welch große Mühe Herr Krimmel z. Linde sich gibt, um den Besuchern seines Lichtbild-Theaters noch nie gesehenes vor Augen zu führen, beweist daß derselbe auf nächsten Sonntag, 29. Jan. einen wunderbaren Film, betitelt „Die Jungfrau von Babylon" kommen ließ, dessen Vorführung geraume Zeit in Anspruch nimmt. Derselbe soll als Extra-Einlage dienen und wird infolgedessen, da das gewöhnliche Programm nebenbei noch ungekürzt zur Vorführung gelangt, die ganze Vorstellung ca. 1?/- Stunden dauern. Gewiß ein sehr billiges Vergnügen. Möge Herr Krimmel durch einen recht zahlreichen Be
such für sein Mühe und pekuniären Opfer belohnt werden.
Wildbad, 26. Jan. (Einges.) Wir machen hiemit heute schon die Mitglieder, Freunde und Gönner unseres Natur-Heil-Vereins darauf aufmerksam, daß am nächsten Sonntag, den 29. ds. Mts. nachm. 4—6 Uhr ein öffentlicher Vortrag mit freiem Zutritt im Hotel Maisch stattfinden wird. Derselbe wird das neue Kurpfuscher-Gesetz, insbesondere aber auch das schon oft und vielfach bekämpfte Jmpfgesetz und zuletzt noch den Heil- Magnetismus behandeln. — Die Naturheilbeweguug breitet sich unaufhaltbar stetig aus, sie wirkt überall aufklärend und belehrend auf allen Gebieten der Gesundheitspflege, sie veranlaßt zum Nachdenken, zur Einsicht in die Grundbedingungen der Gesundheit, in die ewigen Gesetze, nach denen sich die Funktionen unseres Körpers vollziehen; sie lehrt, daß Krankheit die notwendige Folge, gleichsam die Strafe dafür ist, wenn wir uns gegen die Natur-Gesetze vergehen, sie kämpft gegen Gedankenlosigkeit, Schlendrian und Modetorheiten. Sie weist vor allem auf die ewigen göttlichen Heilkräfte hin, die die allgütige Mutter Natur uns an die Hand gegeben, nämlich: Wasser, Luft, Licht und Sonnenschein. Da aber die Gesundheit der einzelnen Familienglieder meist in die Hände der fürsorgenden Mütter, der Sanitätsrätinnen des Hauses, gegeben ist, so ergeht die Einladung zu obig angekündigtem Vortrag hauptsächlich an die Frauen und Mütter, denen solch kostbares Gut anvertraut ist und die infolgedessen so große Verantwortung tragen. Und nun geehrte Frauen und Mütter, ihr Sanitätsrätinnen der Familie, zeiget, daß ihr aus dem Posten steht. Wir rufen Euch heute schon ein herzliches „Willkommen" zu.
Neuenbürg, 23. Jun. Die Kraftwagengesellschaft Neuenbürg-Herrenalb, die in der Absicht, eine bessere Verbindung zwischen Enz- und Albtal herzustellen, im Mai v I. den Kraftwagenbetrieb zwischen Neuenbürg und Herrenalb eingerichtet und diesen Betrieb auch den Winter über aufrecht erhalten hat, hielt gestern ihre erste ordentliche Generalversammlung im Gosthof zum Bären, um Rechenschaft abzulegen über das abgelaufene Vetriebsjahr und wichtige Entschließungen zu fassen über die Erweiterung des Betriebs. Die aufgestellte Abrechnung ergab ein ganz erfreuliches Bild der Betriebsergebnisse. Neben einer Abschreibung von 20 Proz. auf das Inventar und der Ausschüttung einer 4prozigen Dividende auf das Stammkapital konnte noch ein ganz ansehnlicher Ueberichuß auf Rechnung übernommen werden. In Bezug auf die Erweiterung des Betriebs wurde beschlossen, die Kursfahrten auf die Strecke Herrenalb- Wildbad auszudehnen, Rundfahrten Neuen- bürg-Marx ell-He rrenalb-Dobel-Wild- ch ad auszuführen und dabei einen direkten Wagen Wild bad-Herrenalb-Baden abzuzweigen. Zu diesem Zweck wurde das Stammkapital erhöht und die Aufnahme einer Anzahl neuer Mitglieder von Wildbad, Calmbach und Höfen gutgeheißen. Beschlossen wurde ferner die Anschaffung eines dritten Aussichtswagens und die Erbauung eines Wagenschuppens in Neuenbürg. — Bei der Wahl in den Aufsichtsrat wurden die 3 Mitglieder, welche durchs Los auszuscheiden hatten, nämlich die Herren Oberamtspfleger Kübler, Stadtpfleger Bech tle - Herrenalb u. Schultheiß Seufer-Schwann einstimmig wiedergewählt; als neues 7. Mitglied wurde Herr Fabrikdirektor Schnitzer Wildbad gewählt
Gemeinnütziges.
— Ein einfaches Mittel gegen den Schnupfen teilt Doktor Schmidt in der „Therapeut. Rundsch." mit. Man hat nichts zu tun, als essigsaure Tonerde in einer fls bis ^"/»igen Verdünnung zu Nasensvülungen zu verwenden. Man setzt einfach das Glas mit der verdünnten essigsauren Tonerde ebenso an die Nase, wie man es für gewöhnlich zum Trinken an den Mund ansetzt, zieht bei zurückgelehntem Kopf über einer Schüssel mehrmals die Flüssigkeit hinein, bis sie womöglich im Nasenrachenraum erscheint, uud läßt jedesmal die überflüssige Menge in die Schüssel zurückfallen. Die weitere Reinigung der Nase geschieht dann durch mehr oder weniger kräftiges Ausschnauben ihres Inhaltes. Jetzt tritt sofort eine Erleichterung ein, das schmerzhafte Gefühl wird beseitigt, die Schwellung jwird wesentlich vermindert, der Durchgang zur Atmung wird frei. Diese Anwendungsweise wird nach Bedürfnis etwa 4—5mal am Tage wiederholt. Auf diese Weise kann man selbst den schlimmsten Schnupfen geradezu abkürzen und in 2 bis 3 Tagen zur Abheilung bringen. Bei kleineren Kindern benutzt man einen Watletriller, befeuchtet ihn mit der verdünnten '/«"/" igen Lösung und führt damit ein- oder zweimal in jedes Nasenloch, am besten bei zurückgelehntem Kopfe des Kindes, oder -überhaupt in der Rückenlage.