erstehens des Deutschen Reiches mit der Bestimmung, daß zur Hebung des patriotischen Gefühls der Heidelberger Jugend die Erträgnisse dieser Summe alljährlich zu einem Ausflug von Schulen (Mädchen und Knaben) der höheren Klassen der Volksschulen nach dem Nationaldenkmal auf dem Niederwald verwendet werden sollen.
Heidelberg, 18. Jan. (Das große Los um ein Frühstück verscherzt.) Ein seltenes Pech hatte ein Maurer, der mit Kollegen zusammen in Groß- Umstadt arbeitete. Sie kauften zusammen ein Los der hessischen Staatslotterie, in der Hoffnung, einen recht festen Gewinn davonzutragen. Einige Tage vor der Ziehung reute aber einen der Losteilnehmer das dafür ausgegebene Geld und er bot sein Zehntellos den Arbeitskollegen zum Kaufe an. Niemand wollte aber so recht anbeißen, bis sich schließlich ein Kamerad fand, der den Anteil für ein Frühstück, bestehend in leckeren Schweinsrippchen erstand. Ein paar Stunden später kam eilends ein Bote des Lotteriekollekteurs, bei dem die Maurer spielten, und teilte ihnen freudestrahlend mit, daß das Los mit dem großen Gewinn von 200000 Mk. und der Prämie von 300 000 Mk. gezogen worden sei. Auf jeden der Maurer entfielen also 50000 Mk. Man kann sich die Verzweiflung des ärmen Teufels denken, der die 50 000 Mk. um ein paar Schweinsrippchen dahingegeben hatte. Es war nur ein gelinder Trost, für ihn, als der glückliche Gewinner der beiden Zehntellose, der also 100 000 Mk. heimträgt, ihm erklärte, er wolle ihm 2000 Mk. von seinem Gewinn abgcben.
Villach, 18. Jan. Beim Skifahren ist der Leutnant Aschmann vom Feldjägerbataillon Nr. 8 dadurch verunglückt, daß er sich den eigenen Skistock in den Leib gestoßen hat. Skifahrende Soldaten fanden den Leutnant schwer verwundet und beinahe vollständig verblutet. Trotz seiner schweren Verwundungen hofft man ihn am Leben erhalten zu können.
Frankfurt a. M. 19. Jan. Das Schwurgericht verhandelte heute gegen den 25jährigen Leopold Nienß und seine Frau Mina, geb. Stein-! metz, welch letztere sich auf Betreiben ihres Mannes in Hamburg, Leipzig, Naumburg, Pegau, Kassel und Frankfurt v. M. als Dienstmädchen vermietet hatte und dann regelmäßig nach wenigen Tagen mit der Barschaft und den Schmucksachen, der Herrschaft verschwand. Beim Verkauf einer in Frankfurt gestohlenen wertvollen Brrllantbrosche wurde das Paar in Köln verhaftet. Nach fast neunstündiger Verhandlung verurteilte das Schwurgericht wegen Urkundenfälschung und Diebstahls bezw. Hehlerei den Ehemann zu 4, die Frau zu 3ffs Jahren Zuchthaus.
— Wie seltsam das Schicksal zuweilen spielt, erhellt aus dem Lebenslauf zweier Brüder, von denen der eine zu Glanz und Reichtum kam, während der andere in Armut bis in sein hohes Alter hinein verblieb. Vor kurzem hat sich in New-Dork der Brauereibesitzer Schwach, ein vielfacher Millionär, aus Gram über den Tod seines Sohnes erschossen. Schwach ist ein geborener Frankfurter aus der Bornheimer Lanstraße, der das Brauereihandwerk erlernt hat und vor 50 Jahren als armer Geselle nach den Vereinigten Staaten auswanderte. Dort machte er sein Glück, gründete in New-Aork eine Brauerei und brachte das Unternehmen bald glänzend in Schwung. Ein Bruder des verstorbenen Millionärs lebt in Frankfurt in dürftigen Verhältnissen; er ist auf einem Auge ganz erblindet und auf dem anderen ist nur noch ein Zehntel Sehkraft vorhanden. Der alte Mann, ein gelernter Schmied, hat nun vielleicht Anwartschaft auf einen Teil der Millionenerbschaft.
Köln, 18. Jan. Im Kölner Schwurgerichtssaal wurde heute nachmittag der lange gesuchte Verbrecher Schröder verhaftet, der als Mitglied einer Falschmünzerbande in den größeren Städten West- und Norddeutschlands falsche Tanseud- und falsche Hundertmarkscheine absetzte und von den Behörden der verschiedensten Städte gesucht wurde. Als er hier als Zeuge auftrat, wurde er festgenommen. In seinem Besitz fand man eine große Menge falscher Hundert- und Tausendmarkscheine.
Berlin, 20. Jan. Der nationaüiberale Parteiführer Bassermann wird, wie nunmehr entschieden ist, im Reichstagswahlkreis Trier 5 (Saarbrücken) aufgestellt werden, nachdem der bisherige Vertreter, der Senior der nationalliberalen Fraktion, Ab- geordneterBoltz,eineWiederaufstellung abgelehnt hat.
Berlin, 19. Jan. Im Grunewald wurde gestern auf einen sich besuchsweise in Berlin aufhaltenden jungen Mann, namens Schwenke, ein Mordanschlag verübt. Zwei in knieender Stellung befindliche junge Leute gaben auf ihn, als er ffch ihnen näherte, Schüsse ab, durch die er an der Stirn und unterhalb des Herzens getroffen wurde. Er blieb eine Zeitlang bewußtlos liegen. Als er wieder zu sich kam, entdeckte er, daß er völlig ausgeplünl ert war.
— Ein Evangelischer Preßverband für Deutschland ist vor kurzem ins Leben getreten. Er setzt sich zum Ziele, in der Presse, „dem gewaltigen Kanzelredner, dem großen Prediger unserer Zeit," wie sie Rosegger nennt, evangelisch-christliche Weltanschauung in weitgehender und nachdrücklicher Weise zu vertreten und möglichst alle schon bestehenden Bestrebungen gleicher Art zu gemeinsamer Arbeit zusammenzuschließen. Die in Berlin unter dem Vorsitz Sr. Exz. des Admirals a In suira des Seeoffizierkorps Büchsel geschaffene Zentrale, der zurzeit 42 Provinzialverbände und Vereine ange- hören, will in voller Unabhängigkeit der deutschen Presse zu dienen suchen durch schnelle, umfassende und zuverlässige Berichterstattung über die Lebensäußerungen der evangelischen Kirche, sowie durch Darbietung sachkundiger Erörterungen im Sinne evangelischer Weltanschauung über aktuelle Fragen, wie sozial-ethische Probleme, Frauenfrage, literarische Erscheinungen, Kunst, Theater, Sittlichkeit, Alkohol, Wohnungsfrage rc. Unberechtigte Angriffe, welche gegen das Evangelium im öffentlichen Leben erhoben werden, sollen gebührend zurückgewiesen werden, dagegen soll jede Behandlung parteipolitischer und theologischer Streitfragen ausgeschlossen bleiben. Der Evangel. Preßverband wendet sich soeben in einem Aufruf, der von 86 hervorragenden Männern aus den verschiedensten Kreisen der Kirche und der Wissenschaft, der Parlamente und der Gesellschaft, der Industrie und des Handels unterzeichnet ist, an alle gleichgesinnten und wohlhabenden Kreise und Persönlichkeiten Deutschlands mit der Bitte, die gute Sache durch Darbietung der dringend dazu nötigen Geldmittel, sei es eine einmalige größere Gabe, seien es dauernde Zuwendungen, zu unterstützen. Geschäftsführer des Preßverbands ist Direktor Wilhelm Spiecker, Berlin-Steglitz, Hohenzollernstraße 7. Etwaige Beiträge für dieses echt nationale Werk großen Stils werden erbeten an die deutsche Bank ,in Berlin, für deren Depositenkasse 6 tl in Steglitz mit der Bezeichnung. „Für den Evangelischen Preßverband für Deutschland".
- Einen tragischen Abschluß hat jetzt ein Vorfall gefunden, der die österreichische Aerztewelt schon seit längerer Zeit beschäftigt und fast in allen Punkten mit dem Problem identisch ist, das Ibsen in seinem Volksfeind behandelt. In der Gemeinde Rieda in der Bezirkshauptmannschaft Schärding war zwischen den Bauern und dem Gemeindearzt Dr. Franz ein tiefgehender Konflikt enfianden. Der Arzt hatte einen Typhusfall konstatiert und zur Anzeige gebracht. Dadurch fühlten sich mehrere Bauern in ihren Interessen geschädigt, zumal für die Gemeinde eine Einquartierung in Aussicht gestellt war, durch die die Bauern auf gute Ein nahmen rechneten. Die Erbitterung gegen den Arzt, der nur seiner Pflichl gemäß gehandelt hatte, steigerte sich derartig, daß gegen ihn ein ivahres Kesseltreiben veranstaltet wurde. Einige Lebens Mittelhändler verweigerten dem Gemeindearzt den Verkauf von Lebensmitteln, um ihn auszuhungern und ihn dadurch zum Verlassen des Ortes zu zwingen. Es war auf seinen wirtschaftlichen Ruin abgesehen, und man begann, ihm systematisch die Patienten abspenstig zu machen. Mun forderte sie auf, sich in Krankheitsfällen an einen Arzt der Umgebung zu wenden. Es wurden sogar Steine gegen das Haus des Arztes geworfen. Einige einflußreiche Bauern drängten schließlich den Gemeindevorstand, dem Gemeindearzt zu kündigen Die wirtschaftliche Organisation der Aerzte Oberösterreichs hat infolgedessen über die Stelle des Gemeindearztes in Riedau die Sperre verhängt Auch die Stelle des Gemeindearztes im benachbarten Zell wurde gesperrt. Die Reichsorganisation hat sich dem Schritt der oberösterreichischen Standesorganisation der Aerzte angeschlossen. Der unglücklicke Arzt Dr. Franz ist aber infolge der Aufregung der letzten Zeit vor einigen Tagen von einem Herzschlag betroffen worden und gestorben.
Aus der Schweiz, 18. Jan. Ein im August letzten Jahres in einem ersten Hotel in St. Moritz ausgeführter Juwelendiebstahl war dieser Tage Gegenstand einer Verhandlung vor dem Kantonsgericht in Chur. Angeklagt war der italienische Kellner Cesare Cattaneo und seine Frau. Letztere 'war zur kritischen Zeit Kammerzofe bei der Bestohlenen, einer Amerikanerin namens Bacon. Dem Cattaneo, der mit seiner Frau zusammenarbeitete, fielen für 108000 Frs. Juwelen, eine goldene Kettentasche mit verschiedenen Pretiosen sowie 2000 Franken in Banknoten in die Hände. Der Diebstahl blieb unentdeckt, bis sich kurze Zeit oarauf Cattaneo in Vichy, wohin er sich begeben hatte, im Rausche verriet. Er wurde verhaftet und nach der Schweiz ausgeliefert. Die Juwelen wurden wieder beigebracht. Cattaneo wurde zu 2V- Jahren Zuchthaus, seine Frau wegen Gehilfenschaft zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt und beide aus der Eidgenossenschaft ausgewiesen.
Paris, 19. Jan. Eine hier lebende Marquise übergab dem Polizeipräfekten 100 000 Franken zu einer Stiftung für Polizisten.
Washington, 20. Jan. Carnegie hat dem Carnegie-Institut weitere 10 000 000 Dollars gestiftet. Damit beläuft sich die Gesamtsumme seiner Stiftungen für das Institut auf 25 Mill. Dollars.
— Der große amerikanische Stahltrust, der bisher seinem Präsidenten ein Gehalt von 400 000 Mark bezahlte, hat beschlossen, diese Summe auf die Hälfte zu ermäßigen; der Leiter des Trusts vird sich fortan mit einem festen Einkommen von 200 000 Mk. begnügen müssen.
Hlntsrhattenöes
Jur Köhe.
Erzählung von Elsbeth Borchart.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
Da saß sie, die Lebenslustige, in dem kleinen
Nest in der Einsamkeit nun schon fünf lange Jahre, und an eine Versetzung ihres Gatten war noch immer nicht zu denken.
Sie waren so hoffnungsvoll gewesen und hatten den Ort, der ihnen die Möglichkeit der Heirat gab, nur als Üebergangsstation angesehen; nun aßen sie vorläufig fest.
Jsa war im vorigen Jahre zum Besuch bei Thea gewesen und hatte die ganze Misere des Kleinstadtlebens kennen gelernt, wenn auch nur ür einige Wochen. Der Eindruck war für sie onst durchaus kein unerquicklicher gewesen. Das jerzliche Entgegenkommen des Ehepaares, der beiden munteren hübschen Kindern, der schöne Garten und die Ruhe hatten ihren Großstadtnerven 'ogar sehr wohl getan. Aber jahraus jahrein nichts anderes zu hören, als den Kleinstadtklatsch, das hätte sie nimmermehr ertragen können. Sie bewunderte Thea die trotz allem stets guter Laune war und nie die Hoffnung auf eine Besserung der Verhältnisse aufgab. Wer es Thea jemals zuge- traut hätte, daß sie in dieser kleinen Welt aufgehen würde! Sie hatte wohl ihren Gatten und zwei reizende Kinder und damit gewiß einen reichen Schatz, aber zu beneiden war sie doch nicht. Ja, jetzt, wo Jsa im Begriff stand, hinauszufliegen in die weite Welt, da überkam sie ein Gefühl des Bedauerns für die Freundin. Gehemmt — eingekerkert, zum mindesten gebundeü und unfreil Kaum eine Reise zu ihren Eltern, die von Berlin nach Wiesbaden gezogen waren, konnte sie sich jährlich leisten. Arme Thea!
Wie glücklich dagegen sie, die frei wie ein Vogel -war, und nichts band, nichts fesselte!
Es war nicht immer leicht gewesen, sich diese Freiheit zu bewahren in den langen sechs Jahren, die seit ihres Vaters Tode verflossen waren. Manche Versuchung war in dieser Zeit an sie herange- treten, mancher Mann hatte sich dem hübschen Mädchen nähern wollen und unter Nichtachtung ihrer Vermögensverhältnisse und ihrer einstigen Verlobung mit Bruchhausen, um ihre Hand werben mögen. Doch Jsa wußte sie zurückzuhalten. Vielleicht ließ sie ihre erste Enttäuschung eine zweite fürchten, vielleicht auch war ihr Herz kühl geblieben.
In ihrer Unschuld damals hatte sie wohl nicht die ganze Tragweite dieser Enttäusckung empfunden, erst mit den Jahren, in denen ihr so manches aus dem Leben zuqetragen wurde, hatte sie erkannt, welcher Dämon sich in der Welt breit machte. Es hatte ihrer Seele wehgetan, sie hatte gelitten und gerungen, um den Glauben an das Gute wiederzuerlangen. Und in diesem Kampf war ihre Seele erstarkt, sie war allmählich geivorden, was sie heute mit 24 Jahren war: Eine abgeklärte, starke, harmonisch in sich abgestimmte Frauennatur, noch begeisterungsfähig u. unverbittert.
Frisch, gesund, voll Jugendlust und Jugendschöne hätte sie es mit jeder Achtzehnjährigen aufnehmen können. Nur ein gewisser, durchgeistigter Zug, hervorgerufen durch ein Gefühl innerer Befriedigung und Selbstbewußtsein, das weit entfernt von Ueberhebung und Eigendünkel dem Menschen jenen schönen erhabenen Stolz, der über alle Widerwärtigkeiten des Lebens hinwegträgt, verleiht, unterschied sie von den jüngeren Mädchen und auch von den vielen ihres Atters. Das Bewußtsein, ein hohes Ziel erreicht zn haben und immer höher hinaufstreben zu können auf der selbstgewählten Bahn, das war es, was sie froh und wohlgemut machte.
Die Prüfungs- und Gährungsjahre schienen vorüber zu sein, sie war für den hohen Beruf, den die Natur ihr als Geschenk mitgegeben, reif — sie war Schriftstellerin geworden.
Es war ein langer Werdegang, gewissermaßen ein seelischer Prozeß gewesen, der vorangegangen war und daraus sie, einem inneren Drange folgend, zur Feder gegriffen hatte.