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Amtsblatt

für die Staö l Wwdbaü.

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Hirzu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisttz.

Nr. 10 I

kumkevau.

Gestorben: 21. Jan. zu Stuttgart Kgl. Garteninspektor Nicolaus Gaucher, Besitzer und Direktor der Obst- und Gartenbauschule, 65 I. a.

Stuttgart, 21 .Jan. Gestern vollendete General­major v. Ringler, der einzige noch lebende württem- bergische Offizier, der als Regimentskommandeur den französischen Krieg mitmachte, sein 94. Lebens­jahr. Der damalige Oberst v. Ringler führte das 2. Infanterieregiment, welches bei Wörth sich besonders auszeichnete und viele Verluste hatte. Herr v. Ringler erfreut sich noch heute einer verhältnismäßig überraschenden körperlichen und geistigen Rüstigkeit.

Stuttgart, 20. Jan. Wie verlautet, beab­sichtigt die Volkspartei, als Nachfolger des zurück­tretenden Oberbürgermeisters v. Gauß den Wählern die Kandtdaturdes Reichs-und Landtagsabgeordneten Rechtsanwalt Storz zu empfehlen. Storz hat vor einiger Zeit seine Stelle als Handelskammersekretär in Heidenheim aufgegeben, seinen Wohnsitz nach Stuttgart verlegt und bestimmt erklärt, daß er im 14. württ. Wahlkreise Ulm nicht wieder zum Reichs­tag kandidieren werde.

Stuttgart, 20. Jan. Der letzte, 881 gm große Bauplatz von der ehemaligen Legionskaserne, Ecke Tübinger- und Kleine Königstraße, wurde kürzlich an eine Aktiengesellschaft um 485 000 Mk. verkauft und soll sofort überbaut werden. Die von der bisherigen Eigentümerin, der Rheinischen Kredit­bank, unter Mitwirkung des hiesigen Bankhauses F. G. Schulz senior neu gegründete Aktiengesellschaft hat die Bauleitung der Architektenfirma H und Ä. Storz übertragen. In dem umfangreichen Neubau soll ein hinsichtlich Ausstattung und Sicherheit den neuesten Anforderungen genügendes Lichtspieltheater, ein Automatenrestaurant und ein Cafe eingerichtet werden, während die übrigen Stockwerke als Kontor und Lagerräume Geschäftszwecken dienen sollen.

Der Gesetzentwurf über die Versicherung der Privatbeamten ist nunmehr veröffentlicht worden. Versicherungspflichtig ist jeder Angestellte, dessen Gehalt 5000 Mk. nicht übersteigt, und der das 60. Jahr noch nicht vollendet hat. Die zu zahlen­den Beiträge schwanken zwischen 1,60 und 26,60 Mark monatlich, von denen die Hälfte der Ange­stellte, die Hälfte der Arbeitgeber zu tragen hat-

Der nächste Kreisturntag der Schwäbischen Turnerschaft findet am 12. Februar im Stadtgarten­saale in Stuttgart statt. Neben einer größeren Anzahl von Anträgen seitens der verschiedenen Gaue nnd Vereine und den üblichen Berichten des Kreisvertreters und des Kreisturnwarts steht auf der Tagesordnung auch die Neuwahl des Kreis­vertreters. Ferner ist vorzuehmen die Wahl von von 25 Abgeordneten zu dem am 27. und 28. Juli stattfindenden 15. Deutschen Turntag in Dresden und die des Festorts für das 1912 statt­findende Landesturnfest, um das sich mit Zustimmung der betreffenden Gemeindeverwaltungen die Städre Eßlingen und Göppingen beworben haben. In Eßlingen hat das letzte Landesturnfest im Jahre 1876, in Göppingen ein solches im Jahre 1882 stattgefunden. Auf den Vorabend des Kreisturn­tages sind jdie 28 Gauvertreter der Schwäbischen Turnerschaft einberufen zur Beratung der Frage, wie die Turner und Turnvereine Schwabens für die Bestrebungen des Landesausschusses für die Leibesübungen der schulentlassenen Jugend gewonnen werden können.

Stuttgart, 21. Jan. Zum Rücktritt des Oberbürgermeisters v. Gauß. In den Artikeln der hiesigen Presse über den Rücktritt des Ober­bürgermeisters v. Gauß wird seinem Wirken während seiner Amtstätigkeit im Dienst der Stadt auf fast

Dienstag, den 24. Januar 1911

allen Seiten eine günstige Note zuteil, selbst seine Gegner, an welchen es ihm dank der ihm inne­wohnenden Kampfnatur ja nicht gefehlt hat, stimmen in der Anerkennung seines Arbeitseifers und seiner strengen Pflichterfüllung überein. Die großen Arbeitsleistungen und die Reibereien mit seinen Gegnern sind an seiner Gesundheit denn auch nicht spurlos vorübergegangen und die nervösen Herz­störungen, an welchen er schon seit langem laborierte, sind in den letzten Monaten wieder in so bedenk­lichem Maße aufgetreten, daß er auf den dringenden Rat der Aerzte Schluß machen mußte. In diesem Sinne äußert sich auch das seinem Abschiedsgesuch beigegebene ärztliche Zeugnis. Bei der Erledigung eines so wichtigen, vielbegehrten und einflußreichen Amtes pflegt man mit der Ausstellung der neuen Bewerber sehr hurtig bei der Hand zu sein und so auch diesmal. Was man bis jetzt von Namen hören konnte, ist natürlich lediglich Kombination, denn so rasch haben die Parteien ihre Kandidaten denn doch nicht in petto. Wie die Dinge liegen, darf- man aber wohl darauf gefaßt sein, daß die Sozialdemokratie Dr. Lindemann aufstellt. Dann spricht manches dafür, daß Dr. Mülberger, welcher schon damals gegen v. Gauß auftrat, seine Kandi- oatur aber zurückzog, wieder unter den Bewerbern sein könnte. Er bringt schon die nötigen Qualitäten für den Posten mit, denn er hat in Eßlingen, das ja auch nach der letzten Volkszählung die verhältnis­mäßig größte Entwicklung unter den württ. Städten aufweist, klug und weitblickend, man darf sagen großzügig gehandelt und. durch seine amerikanische Studienreise würden seine Ansprüche auch wohl eine gewisse Unterstützung erfahren. Weiter scheint uns, daß der Oberbürgermeister Dr. Göbel-Heilbronn als ernsthafter Kandidat in Betracht kommen könnte, der durch die gediegene Art der Geschäftsführung, die ihm hier in seiner Eigenschaft als Stadtschult­heißenamtssekretär viele Sympathien erworben hat, noch in bester Erinnerung ist.

Calw, 20. Jan. Vor 25 und mehr Jahren war das benachbarte Hirsau ein sehr gut besuchter Luftkurort und es schien, als ob Hirsau unter den Kurorten im Nagoldtal eine dominierende Stelle behalten werde. Die Zeiten haben sich geändert; die Höhenluftkurorte haben den im Tal liegenden mit Ausnahme der eigentlichen Badeorte den Rang abgelaufen und immer mehr den Zuzug von Gästen an sich gerissen. Auch andere Ursachen mögen dazu mitgewirkt haben, daß der eine und der andere Luftkurort in den Hintergrund gedrängt worden ist. Die Gemeinde Hirsau sucht nun Industrie in den Ort zu ziehen In der öffentlichen Ein­ladung des Ortsvorstandes ist zu lesen, daß in Hirsau sich günstige Gelegenheit für Industrie irgend welcher Branche biete. Arbeitskräfte seien in der Gemeinde und Umgebung genügend Vorhände, Bauplätze und geeignete Gebäude seien ebenfalls zu bekommen; auch werde seitens der Gemeindever­waltung weitgehendstes Entgegenkommen in Aussicht gestellt.

Neuenbürg, 23. Jan. Für die Einrichtung der elektrischen Streckenblockung auf der Bahn PforzheimWildbad werden in dem soeben er­schienenen württembergischen Eisenbahnetat 50 000 Mark gefordert.

Biber ach, 20. Jan. Wohl einer der letzten im Lande Württemberg, welche 184849 die Freischarenzüge unter Hecker und Struve in Baden mitmachten, I. Gerster, Schneidermeister, ist dieser Tage hier im Alter von 81 Jahren gestorben. Bei Waghäusl fiel er am 21. Juni 1849 in die Gefangenschaft der Preußen, doch gelang es ihm, nachts die Flucht zu ergreifen und das Elsaß zu erreichen. Nach jahrelanger Abwesenheit gründete er hier ein eigenes Geschäft und gelangte zu Wohlstand.

47. Jahrgang.

Heilbronn, 20. Jan. Der Verkehrsverein Heilbronn hat die Beteiligung der Stadt Heilbronn und der Umgebung auf der Internationalen Ver­kehrsausstellung in Berlin 1911 in einer besonderen Koje beschlossen. Die Kosten werden auf 2300 Mark geschätzt. Zu ihrer Deckung sollen die Städte der Umgebung und die Industrie, soweit sie auf der Ausstellung mit zur Darstellung gelangen können, herangezogen werden. Zur Ausstellung sollen haupt­sächlich künstlerische Bilder, Photographien und Modelle kommen.

Die Villa Mittnacht in Friedrichshafen ist um den Preis von 70 000 Mk. von Zimmer­meister Hutter daselbst gekauft worden.

Pforzheim, 18. Jan. Die Stadt Pforzheim gab heute abend den Kriegsveteranen von 1864, 1866 und 1870/71 ein Festmahl, zu dem sich rund 230 ehemalige Kämpfer eingefunden hatten, während im ganzen ca. 280 und etwa 80 Witwen solcher hier ermittelt wurden. Den bedürftigen Veteranen wurde eine Ehrengabe von 20 Mk., den bedürftigen Witwen eine solche von 15,Mk. aus städtischen Mitteln überreicht.

Pforzheim, 23. Jan. Trotz 7 Grad Kälte auf den Höhen unseres Schwarzwaldes übte der Sport seine Anziehungskraft am gestrigen Sonntage nicht in dem Maße aus, wie an den vergangenen Sonntagen. Zwar lachte um Mittag die Sonne, und ein blauer Himmel erfreute die Winterfreunde, doch hatten die vorangegangenen warmen Tage zu viel Unheil angerichtet, indem sie den Schnee zum Schmelzen brachten und sich eine Eiskruste auf den Wegen bildete. Hunderte von Schneeschuh­fahrern versuchten trotzdem die Höhen zu erklimmen, was mit mehr oder weniger Anstrengung geschah, namentlich die Anfänger hatten unendliche Mühe. War man aber auf der Höhe, so war alle An­strengung vergessen, nnd mit fröhlichem Skiheil gings durch die Wälder, Männlein und Weiblein, Ellern und Kinder. Die Grünhütte erfreute sich wieder eines starken Besuchs, auch der Dobel und die Höhen um Herrenalb, wobei wieder Extrazüge liefen. In Wildbad zeigte sich in den Abendstunden wieder das gewohnte Leben. Ein Wald von Schnee­schuhen bewegte sich den gastlichen Wirtschaften zu, wo ein Imbiß eingenommen wurde. Die meisten Teilnehmer benützten drn Weg über den Sommer­berg, die Bergbahn herab, nur die Geübtesten fuhren über Rollwasser ab, eine schwierige, eisige und anstrengende Fahrt. Die Rodelbahn wurde von den Pforzheimern gleichfalls benützt. Der 6-Uhr- Zug war xneder dicht besetzt, mollig saßen die ermüde­ten Fahrer in den warmen Wagen und sangen ihre Schneeschuhlieder. Nun muß aber wieder Schnee kommen, sonst ist es mit der Herrlichkeit des Winter­sports bald vorbei. (Pf. Anz.)

Pforzheim, 21. Jan. Währenddes letzten Streiks belästigten der Goldarbeiter Friedrich Reich- stetter und der Goldarbeiter Engisch von Engels­brand auf der Landstraße einen Arbeitswilligen, beschimpften ihn und stießen ihn in den Straßen­graben. Reichstetter erhielt 3 jTage und Engisch 4 Tage Gefängnis.

Heidelberg, 19- Jan. Der Stadt Heidel- sind dieser Tage drei große Stiftungen zuteil ge­worden. Von ungenannt sein wollender Seite wurden der Stadt >00 000 Mark zur Verfügung gestellt, welche zwanzig Jahre lang samt Zinsen angehäuft werden sollen, bis die Summe von 240 000 Mark erreicht, welche alsdann zur Errichtung eines Bürgerheims Verwendung finden soll. Weiter hat der bekannte Tabakgroßindustrielle Kommerzien­rat Fritz Landfried der Luisenheilanstalt 25 000 Mark überwiesen als Baufonds für eine Beob- achtungs- und Keuchhustenstation an der Kinder­klinik. Endlich spendete Universitätsprofessor Dr. Oskar Vulpius 10 000 Mk. aus Anlaß des Wieder-