Lokales.
Wildbad, 15. Jan. Am letzten Freitag fand die feierliche Beeidigung der neugewählten 8 Bürger- ausfchußmitglieder in öffentlicher Sitzung der Ge- meindekollegren statt. Der Stadtvorstand begrüßte die Neueintretenden mit einer Ansprache und dankte dem aus dem Kollegium ausscheidenden Mitglied Fr. Schulmeister, der 8 Jahre lang dem Bürgerausschuß angehört hat, ebenso den übrigen Mitgliedern der bürgerlichen Kollegien für ihre bisherige treue und ersprießliche Mitarbeit. Aus dem vom Stadtvorstand hieraus erstatteten Geschäftsbericht des verfl. Jahres ist zu erwähnen, daß im Jahr 1910 28 Sitzungen der Gemeindekollegien und 38 Sitzungen der Verwaltungsabteilung des Gemeinderats stattgefunden haben. In den elfteren 28 Sitzungen wurden 211 Beschlüsse gefaßt, bezw. Gegenstände behandelt, ferner wurden in den Sitzungen des Gemeinderats u. A. 52 Baugesuche und 38 Liegenschaftsschätzungen erledigt. Eine ganz beträchtliche Vermehrung der Geschäfte des Kollegiums und des Stadtvorstands brachte die Uebernahme der Bergbahn in städtische Verwaltung. Es ergingen in dieser Sache im Jahre 1910 44 Beschlüsse des Gemeinderats und Bürgerausschusses und die erwachsenen Akten hierüber weisen 143 Nummern auf. Als besonders wichtige Beschlüsse wurden neben den die Bergbahn betreffenden u A. angeführt: Neuherstellung einer Gasleitung im Straubenberg bis zur Villa Teck, Herstellung einer Starkstromleitung zum Kurhaus mit einem Aufwand von ca. 7600 Mk., Beschlüsse über den Realschulneubau und den Ausbau der hiesigen Realschule, Erlassung neuer ortspolizeilicher Vorschriften über die Straßenpolizei, Beschlüsse über Beibehaltung der Staatsbeförsterung der Stadtwaldungen, erfolgreiche Neuverpachtung der städt. Jagd, Aufstellung einer Gemeinderatsabteilung zu den Dekreturen der Einnahmen und Ausgaben der Stadtpflege und der Bergbahn, Beschlüsse zwecks Einführung unserer Badestadt als Wintersportplatz und Herstellung eines Sprunghügels und Uebungsfeldes für Schneeschuhläufer, Empfang Ihrer Majestäten anläßlich der Eröffnung des Kurhauses, Stellungnahme der Stadt gegen das Enztalwasserversorgungsprojekt der Stadt Stuttgart, ferner gegen Erhöhung der hiesigen Kurtaxe usw. Als Aufgaben des neuen Jahres wurden bezeichnet, Inangriffnahme des Schulhausneubaues, Vorarbeiten zum Krankenhausneubau und zu Straßenneubauten, Herstellung der Wasserleitung bis zum Windhof, Herstellung von weiteren Spazierwegen im Heslach und im Sommerberg, Verlängerung des Trottoirs in der Olgastraße und Kanalisation der Kernerstraße.
Wildbad, 16. Jan. Der Verkehr am letzten Sonntag war wieder ein ganz bedeutender. Die ankommenden Eisenbahnzüge brachten außer zahlreichen Sonntagsausflüglern viele Rodler und Hunderts von Schneescbuhläufern. Mit der Bergbahn wurden 1706 Personen befördert. Es zeigt sich mehr und mehr, daß unsere auch im Winter herrliche Reize bietende Umgebung sich zu einem vorzüglichen Gelände für den stetig an Beliebtheit zunehmenden Schneeschuhsport eignet. Die neugegründete, dem Schwäb. Schneeschuhbund ange» gliederte Schneeschuhabteilung des Wintersportvereins Wildbad erfreut sich eines andauernden Wachstums. Auf Pem beim Windhof gelegenen Uebungsfeld sieht man gegenwärtig zahlreiche große und kleine Schneeschuhläufer und -Läuferinnen unter der Leitung von Oberreallehrer Steurer ihre von manchen ergötzlichen Situationen begleiteten Fahr versuche ausführen. Dem Vernehmen nach wird der Schiklub Pforzheim am 29. Januar auf dem Kaltenbronnen ein großes Schneeschuhfest halten, das ein sportliches Ereignis ersten Ranges zu werden verspricht.
fahren jener Kategorie Fahrer schützen, dann müßte man direkt einen Deckel darauflegen. Also richtig fahren! Aber wie? Das läßt sich — grau ist bekanntlich alle Theorie — unendlich schwer sagen; auf dem Papier sieht alles so klar aus, so riesig einfach, wenn aber der stäubende Schnee, die sausende Fahrt dazu kommt, dann ist die Vorschrift zum Bremsen, Seite 14, Abschnitt 3, plötzlich aus dem Gedächtnis verschwunden, als ob sie gar nicht schön gedruckt in jenem Buche stände. Ueberdies sind ja schon unendlich viele Bücher geschrieben worden, wie man es machen soll; vielleicht hat man mehr Erfolg, wenn man einmal darstellt, wie man es nicht, aber auch gar nicht, niemals und unter keinen Umstünden machen soll.
Du sollst nicht:, erstens, eine Rodel in Berlin kaufen, wenn Du in der Schweiz rodeln willst, und Du sollst sie nicht in Hamburg kaufen, wenn Du im Riesengebirge fahren willst. . Selbst wenn Du die ganze einschlägige Literatur studiert hast, wissen die Händler an Ort und Stelle viel besser als Du, welcher Schlitten nach Länge und Schwere,
also lang genug für zwei Fahrer sind; zumal wenn die Bahn etwas glatt ist, schleudern kurze, sehr stark belastete Schlitten sehr heftig. Und dann denke der Fahrer vor allem daran, daß er, wenn er nicht auf Mitsteirern von Seiten seiner Partnerin zu rechnen hat, eine Kurve nicht so schnell anfahren darf, als wenn er allein fährt; die viel größere Zentrifugalkraft würde den Schlitten kippen oder aus der Kurve Herausschleudern.
Wenn man diese Grundregeln beachtet, werden so manche Unfälle ^ungeschehen bleiben. Aber es hat gewiß auch mancher Fahrer den Wunsch, sich, wenn auch nicht gerade zum Rennfahrer auszubilden, so doch ein wenig Stil anzueignen. Was kann man wohl bei einem Rodler Stil nennen? Nun, sicher hat doch ein Rodler Stil, der so. fährt, daß die von ihm gemachten Bewegungen das durch sie Beabsichtigte erreichen, ohne gegen Grundregeln zu verstoßen. Man kann ja dieselbe Wirkung durch eine sehr große Anzahl von Mitteln erreichen, von denen aber nur wenige in diesem Sinne Stil haben. Schöne Bewegung ist zunächst Hauptsache; ganz
Höhe und Breite, der Ortsbahn am besten entspricht,, von selbst zeigt es sich, daß die uns schön scheinende
und überdies erhältst Du nicht einen Schlitten, der für das.Schaufenster eines weihnachtlich dekorierten Geschäfts berechnet ist, sondern zum wirklichen Gebrauch — und das will viel heißen.
Zweitens: Du sollst nicht, wenn Du dort, wo Du die Rodel zu kaufen beabsichtigst, angelangt bist, einfach sagen: Ich möchte eine Rodel, geben Sie mir bitte die teuerste, die Sie auf Lager haben. Damit verdirbst Du die Geschäftsleute und erhältst doch kaum bessere Ware, als andere für weniger Geld. Laß Dir Schlitten des Typs, den Du auf Anraten Kundiger für die betreffende Bahn kaufen willst, vorlegen und dann suche aus nach folgenden Regeln: Stelle den Schlitten auf eine ebene Unterlage, etwa den Ladentisch, und versuche, indem Du gegen das Licht siehst, ob zwischen dem Beschlag der Kufen und der Unterlage an irgend einer Stelle ein Zwischenraum sich befindet. Wenn ja, so taugt der Schlitten nichts. Sieh ferner zu, ob die Schrauben, mit denen der Beschlag an die Kufen geschraubt ist, nirgends über die Lauffläche des Beschlags herausstehen; am besten ist, die L>chraubenköpfe sind eingelassen und die entstehenden Löcher mit Hartblei ausgefüllt. Versuche, ob Du die Kufen des Schlittens gegeneinander zu bewegen kannst; zwar müssen die Kufen (seitlich) ein wenig elastisch sein, sie dürfen aber sich nicht bewegen, wenn man sie mit der Hand zusammenpreßt. Die Hetzte und sehr wichtige Prüfung besteht darin, zu untersuchen, ob beide Laufflächen genau parallel stehen. Stelle zu diesem Zweck wieder den Schlitten auf eine gerade Unterlage und drücke nun abwechselnd rechts vorn und links hinten auf die Sitzleisten. Der Schlitten darf sich dann nicht bewegen, wie sich etwa eine Kommode bewegt, deren eines Bein etwas zu kurz ist. Sind alle diese Proben zur Zufriedenheit erledigt, dann kannst Du sicher sein, ein Fahrzeug zu haben, das allen billigen An- örderungen entspricht.
Nun das Fahren selbst. Da ist gleich als erstes der Sitz. Man muß auf der Rodel seinen Sitz ganz hinten einnehmen, fast über der letzten Sitzstrebe. Der Kopf neigt sich nach hinten, die
Richtig radeln!
Oh, sie rodeln natürlich alle richtig! Welcher Fahrwart hätte es wohl schon erlebt, daß die, die er eben auf frischer Tat ertappte und auf die gröbsten Fehler aufmerksam machte, seinem besseren Wissen nun auch zustimmten? Der Herr Fahrwart ist ein Ignorant, ein Alles-besser-Wisser, der die Leute schikaniert, der ihnen durchaus sportgerechtes Fahren beibringen will!
Bis es eines Tages zum Klappen kommt! Da läßt einer aus vereister Bahn sein Fahrzeug in so tolle Fahrt kommen, wie sie sich kaum ein Meisterfahrer erlaubt. Natürlich kann er nicht rechtzeitig abbremsen, fliegt über die sKurve und bringt ein halbes Dutzend sportfreundlich gesinnter Zuschauer zur Strecke, die selbstverständlich wild werden — wenn sie noch können. Und dann hat natürlich nicht der Herr Fahrer, der schon am ganz anderen, aber „ganz anderen" Rennbahnen gefahren hat, Schuld, sondern Gott weiß was alles am meisten die Schuld.
Nein, man kann nicht mehr tun, als eine Kurv richtig überhöhen. Wollte man sie gegen das Ueber
Beine werden ja nicht aufgesetzt, sondern man ^ merken. Rodel-Heil! nimmt den Schlitten sozusagen zwischen die Knie, j (Franks. Ztg.) indem man die Beine gestreckt, den aufgebogenen vorderen Teil des Schlittens seitlich fest anlegt.
Die Hände fassen hinter dem Körper die Sitzleisten.
Einen guten, festen Sitz erzielt man auch, wrnn man sich direkt vor den Sitz einen aus biegsamem Material hergestellten Griff an den Sitzleisten befestigt. Man kann dann den Schlitten sehr fest an sich ziehen, und hat in den Kurven den Vorteil, daß man sich gut auslcgen kann: fährt man nach rechts, so faßt die linke Hand diesen letzten Griff, die rechte die Sitzleiste und umgekehrt. Also vor allein, Füße nicht aufsetzen, Hände, oder wenigstens eine Hand, hinter dem Körper festhalten!
Jetzt kommt der Zweisitzer an die Reihe.
Dieser Schlitten erfreut sich bei Alt und Jung einer stetig wachsenden Beliebtheit, die vermutlich zu einem recht erheblichen Teil ihre Ursache darin hat, daß er uns ermöglicht, dem zarten Geschlecht unsere kolossalen Vorräte an Mut und Entschlossenheit außerordentlich deutlich klarzumachen. An sich ist es ja wirklich ein hübsches Bild, wenn so ein lebenslustiges Pärchen, Sekundaner und Backfisch, in sausender Fahrt ihre Rodel steuern. Aber die unendlich vielen, zum großen Teil sehr ernsten Unglücksfülle, die durch falsches Fahren, durch falschen Sitz vor allem, entstehen, lassen den Kundigen immer die Fahrt solchen Paares mit bangen Blicken verfolgen. Der leichtere und weniger kräftige Fahrer muß immer vorn sitzen; Damen werden also immer vorn fahren. Die Füße werden nie aufgesetzt, sondern die Beine beider Fahrer immer gestreckt gehalten. Man benutze ferner zum Zweisitzerfahren nur wirkliche Zweierrodeln, die
Bewegung auch die zweckvollste ist; unser Gehirn ahnt schon, bevor wir es verstandesmäßig erfaßt haben, in der anmutigen Bewegung das Zweckvolle.
Vor allem ducke man sich nie auf dem Schlitten zusammen, sondern lehne sich hnöglich weit nach hinten. Die Füße halten dabei immer den Schlitten vorn gefaßt und verhindern so, daß der Fahrer bei einem Ruck oder Sprung der Rodel sich unfreiwillig von dieser trennt. Man hält, wenn man so nach hinten liegt, den Schlitten dadurch in der Fahrrichtung, daß man die Arme seitlich aurstreckt, und leicht auf der 'Seite den Schnee mit der Handfläche berührt, nach der die Spitze des Schlittens sich wenden soll. Man muß hierzu natürlich sehr feste Handschuhe haben, die man sich am besten mit Leder besetzen läßt. Auch müssen sie am Handgelenk eine zusammenziehbare Schnalle besitzen, damit sie sich beim Steuern nicht über die Hand streifen.
Wenn man so eine Zeitlang gefahren hat, wird man bald eine viel größere Freude am Sport empfinden und auch bald zu schwierigeren Aufgaben übergehen. Man wird lernen, und zwar lernt man das allmählich ganz von selbst, den Schlitten nur durch das Gewicht des Körpers zu steuern, indem man sich nämlich auf die Seite legt, nach der man die Rodel lenken will. Man wird lernen, wie man eine Kurve durchfährt, indem man fast gar nicht abbremst, mit elegantem, wie abgezirkeltem Bogen, in tadelloser Haltung.
Man bremst, indem man beide Füße nach außen geneigt, die Knie leicht gebogen (nie durchgedrückt!), da, wo die Kufen den Schnee berühren, mit leichtem Druck, den man allmählich verstärkt, aufsetzt. Liegt Gefahr vor, so setzt man die Füße etwas mehr nach hinten und reißt mit beiden Händen den Schlitten ganz vorn hoch, so daß also durch das Körpergewicht die Hinterenden der Kufen in den Schnee gedrückt werden und so die Bremswirkung bedeutend verstärken.
Hoffentlich versucht einer oder der andere der ^ Leser diese Fahrweisen einmal; er wird die angenehmen Folgen, für sich und für andere, bald
8l3M8lLll8 Asntsztt/Kz?.
IlntsrHcEenöes^
Jur Köhe.
Erzählung von Elsbeth Borchart.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
Auch Jsa war mit ihrer Mutter, wie Fräulein Amalie ausgekundschaftet hatte, abgereist, doch nicht, wie sie wähnte, nach Breslau, sondern zu einer Schwester von Frau Renatus aufs Land.
So erfuhr die Welt nichts von dem Konflikt und der Auflösung des Verlöbnisses. Selbst der besten Freundin blieb es Geheimnis. Jsa hätte sich ihr gern mitgeteilt, doch Thea gehörte sich nicht mehr allein an und Könningen war der Freund ihres ehemaligen Verlobten
Der Geheimrat und Axel, die man öfter nach dem Befinden des Brautpaares, das sich ja zusammen in Breslau aufhalten sollte, befragte, verrieten mit keiner Silbe, welche dunklen Wolken an ihrem bis dahin ungetrübten Familienhorizont aufgezogen waren.
Plötzlich ereignete sich etwas, das wohl niemand am wenigsten die zunächst Beteiligten, vorausgesehen hatten.
Eines Tages brachte man den Geheimrat Renatus vom Schlage getroffen aus dem Ministerium heim und Gattin und Tochter, davon benachrichtigt, eilten an das Krankenlager des geliebten Gatten und Vaters heim.
Als sie eintrafen, hatte er die Sprache und