800000Mk. wovon 180 000 Mk. Familiengelder sind. Etwa 500000 Mk. entfallen auf kleinere Leute aus der Eifel. Die Aktiven betragen 200000 Mark.

Aus Berlin wird derNeuen Freien Presse" gemeldet: Kaiser Wilhelm, der sonst im Winter im königlichen Schlosse in Berlin zn residieren pflegt, behält diesmal seine Residenz in Potsdam bei. Diese Tat­sache wird in politischen Kreisen Berlins viel besprochen und man gibt sich über ihre Gründe mannigfachen Vermutungen hin. Die Vermu­tungen gingen so weit, daß man anch in gut unterrichteten Kreisen erzählte, die Erregungen die beim Kaiser durch die bekannten Ereignisse hervorgerufen wurden, hätten sein Allgemein­befinden geschädigt und insbesondere seine Nervosität bedeutend erhöht. Daß jene Vor­gänge nicht ohne Rückwirkung auf die Stimm­ung des Kaisers bleiben konnten, ist klar, und alle Berichte aus Hofkreisen sind darin einig, daß der Kaiser ihren Ernst nicht verkannt sondern in seiner ganzen Schwere empfunden hat, doch werden von gut informierte« Per­sönlichkeiten alle Meldungen über eine schwere psychische Depression des Monarchen ak- über­trieben erklärt. Aus diesen Kreisen verlautet mit großer Bestimmtheit, der Grund, daß Kaiser Wilhelm nicht nach Berlin komme, liege zunächst darin, daß er vor wenigen Wochen eine heftige Erkältung durchgemacht habe, die ihn sogar für einige Tage ans Bett fesselte, und daß er sich jetzt in frischer Luft bewegen muß, was in Potsdam leichter möglich sei als in Berlin. Der Kaiser hat sich von seinem Unwohlsein allerdings schon ziemlich erholt. Er unternimmt, wie dies der Hofbericht täglich meldet und wie jedermann sehen kann, Spazier­gänge und Spazierritte in Potsdam und dessen Umgebung, er erteilt alle Tage Audienzen und empfängt persönlich die Berichte der Staats­und Hofwürdenträger. Der Kaiser hat auch, so wird erzählt, mit der Wiederkehr seiner vollen Gesundheit die volle frische Laune wie­dergefunden, die er vor seiner Erkältung und vor den Ereignissen des November gehabt hat. Ganz besonders ist dies kürzlich festgestellt worden, als er eines Abends das Souper im Offizierskasino in Potsdam einnahm. Auch Personen, die in den letzten Tagen in Pots­dam empfangen worden sind, bestätigen, daß weder das Aussehen noch die Stimmung des Monarchen eine ungünstige Veränderung gegen früher aufweisen, aber an allen maßgebenden Stellen wird auch zugegeben, daß für den festgesetzten Aufenthalt in Potsdam politische Gründe insoferne von Einfluß sind, als der Kaiser selbst den festen Willen ausgesprochen hat, künftighin in seiner öffentlichen Betätigung mehr Zurückhaltung zu üben. Das könne er in Potsdam eher als in Berlin, wo er doch genötigt sei, mehr hervorzutreten und mehr Personen zu empfangen, als in dem abgeschlos­seneren Neuen Palais in Potsdam. Daher wird sich Kaiser Wilhelm im Lause des Win­ters auch nur bei besonderen Anlässen nach Berlin begeben, sonst aber Potsdam nicht ver­lassen. Infolgedessen bestehen, soviel bisher bekannt geworden ist, noch keine Reisepläne für das nächste Jahr.

Weimar, 25. Dez. In einem Coupee des von Weimar 9 Uhr 19 Min. abends abgehenden Personenzuges der Linie EisenachHalle wurde gestern angeblich zwischen den Stationen Oß­mannstedt und Apolda der Einjährige Krüger aus Wiesbaden von einem Unbekannten mit einem Revolver bedroht. Der Einjährige wehrte den Angreifer mit dem Seitengewehr ab und verletzte ihn schwer, so daß der Angreifer schließlich aus dem Coupee sprang und bewußt­los liegen blieb. Der Einjährige wurde durch Messerstiche am Kopfe verletzt, konnte aber seine Reise fortsetzen. Der Attentäter wurde in das Krankenhaus nach Apolda transportiert. Man fand bei ihm zwei Revolver.

Madrid, 27. Dez. Auf der spanischen Hochebene herrscht eine furchtbare Kälte. In Avila fielen riesige Schneemassen. In der Provinz Sierra de Gredo tauchte eine Schar von Wölfen auf, die die Gegend unsicher machen.

London, 29. Dez. Die strenge Kälte hält in ganz Großbritanien an. In London

fällt seit dem frühen Morgen ununterbrochen Schnee. Aus allen Teilen des Landes laufen Nachrichten ein, daß Eisenbahnzüge im Schnee stecken geblieben sind. Eine Reihe von Städten in Schottland sind ebenso vom Verkehr abge­schnitten. Eine ganze Anzahl von Personen sind erfroren.

In der gegenwärtigen Zeit, in der alle Welt sich beschenkt, wird einer mitunter leicht vergessen, nämlich der Briefträger, der diese Geschenke vielfach überbringt. Manche freudige Nachricht hat er im Laufe des Jahres einem jeden gebracht und bei Wind und Wetter, bei Hitze und Kälte unverdrossen seinen Dienst getan. Eine kleine Anerkennung besonders auch im Hinblick auf die nächsten schweren Tage verdienen die Briefträger gewiß von jedermann.

Wdrbc» in Mitalik».

Rom, 29. Dez. Hier traf die Nachricht ein, daß infolge Erd- und Seebeben halb Messina zerstört sei. Durch Hunderte von ein­gestürzten Häusern seien Tausende von Men­schenleben vernichtet worden. Die Nachricht wurde durch ein Torpedoboot, welches dem Un­heil entkam, nach Nikotera gebracht. Die Kabel­leitung nach Messina ist zerstört. Der Kapitän meldet, daß das Unglück, alle Befürchtungen übertreffe. Stefanoconi wurde diesmal völlig zerstört, kein Haus ist mehr bewohnbar, alles ist von Grund aus vernichtet, und zwar gerade diejenigen Häuser, die 1905 auf Kosten der Regierung wieder aufgebaut wurden. Die Zahl der Verwundeten beträgt 76. Ueber 2000 Personen sind obdachlos, dabei regnet es in Strömen. Palmo wurde fast ganz zerstört. Die Bewohner irren halbnackt auf den Straßen umher. Cannitello ist völlig dem Erdboden gleichgemacht. Man sieht über Messina ge­waltige Rauchwolken. Zwischen Banjara und Cilla haben schwere Erdrutsche stattgefunden. Der Tunnel zwischen Banjara und Favetzina ist verschüttet, so daß die Eisenbahnlinie nach Reggio unterbrochen ist. Der Bürgermeister von Banjara meldete die Zerstörung des größ­ten Teils seiner Stadt mit vielen Opfern, To­ten und Verwundeten. Das Unglück über­trifft die furchtbare Katastrophe von 1905 bei weitem.

Berlin, 29. Dez. Nachrichten aus Palermo besagen, daß zwei Drittel Messinas zerstört sind und daß Hunderte von Toten und Ver­wundeten unter den Trümmern begraben wurden. Abends langten die ersten Verwundeten in Catania an. Da auch mehrere Kasernen ein- gestürzt sind, befinden fick unter den Opfern auch viele Soldaten.

Heute früh trafen in Monteleone zwei Männer ein, die sich aus dem Untergang Messinas gerettet hatten. Sie erzählten: Die Stärke der Erdstöße war so gewaltig, daß die Stadt in einem Augenblick dem Erdboden gleich gemacht war. Kein Gebäude hat dieser Gewalt Widerstand leisten können. Dre Zahl der Toten beträgt viele Tausende, die der Verwundeten könne man gar nicht zählen. Viele sterben unter den Trümmern, weil niemand ihnen Hilfe bringt. Die wenigen am Leben gebliebenen Menschen laufen wie Wahnsinnige durch die Straßen. Die Gefängnisse stürzen ein oder stehen in Brand. Die Gefangenen machen mit dem Gesindel gemeinsame Sache und plündern. Das Militär hat Befehl, jeden niederzuschießen, der beim Plündern betroffen wird.

Rom, 29. Dez. Wie dieTribuna" meldet, sind in Messina durch das Erdbeben 75 000 Personen getötet und verwundet worden. In Calabrien allein zählte man heute über 30 000 Tote. In Catania wurden über 500 Mann getötet. Biele Schiffe sind untergegangen, der Verkehr ist völlig unterbrochen, ganze Städte und Dörfer sind vom Erdboden verschwunden. Von hundert Beamten und Beamtinnen des Telegraphen- und Telephonamtes in Messina sind nur 4 gerettet. In Reggio ist kein Stein auf dem andern geblieben. Ein Telegramm des Deputierten Defelice, der von Catania im Automobil nach Messina fuhr, besagt, er habe die Stadt nicht mehr vorgefunden. Sie sei dem Erdboden gleich.

Augenzeugen des Unterganges vonReggio berichten: Die Stadt lag in ruhigem Schlummer,

als plötzlich ein fürchterliches Donnern, wie von unsichtbaren Kanonen einsetzte und das Meer in wilder Brandung in die Stadt drang, alles überschwemmend. Ganze Straßenzüge stürzten unter dumpfem Geräusch und bei dem Geheul der Menge. Alles war das Werk weniger Minuten.

Jede neue Nachricht aus Süditalien zeigt, daß die Größe des über Sizilien und Calabrien hereingebrochenen Unglücks alle Be­fürchtungen übersteigt. Die schöne große Stadt Messina scheint tatsächlich völlig zerstört zu sein, und das gegenüber auf dem Festland liegende Reggio di Calabria scheint dieses Schicksal zu teilen. Aus Palermo berichtet der Mailänder Secolo nach der Angabe von Flüchtlingen, die aus Palermo in Mailand eingetroffen sind, daß Messina dem Erdboden gleich gemacht sei; vonden 160 000 Einwohnern hätten sich höchstens 12 000 gerettet.

Die Erdstöße in ganz Calabrien dauern noch an, strömender Regen vermehrt das un­geheure Elend. Professor Palazzo, der Direktor des römischen meteorologischen Observatoriums, vergleicht das Beben mit einem gewaltigen Schüttelfrost der Erde. Das Observatorium hat während des Bebens 500 Erdstöße ver­zeichnet.

Ein neuer Erdstoß von großer Heftigkeit hat gestern das Zerstörungswerk in Messina vollendet und auch die noch stehen gebliebenen Mauern umgeworfen.

Von der Zentralleitung des Wohltätig­keitsvereins in Württemberg wird eine einheit­liche Sammlung für die Opfer der Erdbeben­katastrophe in Süditalien u. Sizilien organisiert werden.

KkntenHalt.enües.

Der schwarze Koffer.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von Emmy Becher.

(Nachdruck verboten.) (Forts.)

Mir schwindelte ordentlich ich wußte selbst nicht weshalb als ich den Koffer niedersetzte.

Der Koffer kam von Southend," sagte ich, io gelassen als möglich.

Ja," erwiderte Löon,das stimmt zu dem was die Jungfer uns sagte."

Fast mechanisch drehte ich ihn noch ein­mal nach allen Seiten, und während ich mich in allgemeinen Redensarten über das Verbre­chen erging, suchte ich mit Anspannung all meiner Kräfte meinem Gedächtnis das Bild dieser zwei Buchstaben einzuprägen. Ich konnte mir selbst nicht Rechenschaft darüber geben, weshalb sie eine solch magische An­ziehungskraft für mich hatten, aber ich fühlte dunkel, daß ich hier das richtige Ende des verwirrten Knäuels in Händen hielt.

Meine Ahnung war richtig. Von Anfang bis zu Ende waren diese beiden Buchstaben die Angeln, an denen alles hing.

Nun lag mir daran, rasch nach Hause zu kommen, um die Buchstaben nachzubilden, ehe der Eindruck sich abgeschwächt hatte, und ich verabschiedete mich daher mit einiger Hast von den Franzosen.

Und wenn Sie einen Rat von mir an­nehmen wollen," sagte ich im Hinausgehen, so lassen Sie diese Adresse von niemand antasten. Sie ist der Ausgangspunkt."

Die Franzosen machten verblüffte Gesichter, und von jetzt ab arbeiteten wir in getrennten Lagern. Die Pariser Behörden taten ihr Möglichstes, allein sie hatten große Schwierig­keiten zu überwinden, und ihre Erfolge bei Auffindung des Mörders waren im Fall vom Schwarzen Koffer" nicht groß.

Sechstes Kapitel.

Der geheimnisvolle Namenszug.

Sobald ich in meinem Hotelzimmer in Sicherheit war, setzte ich mich hin und malte die beiden Buchstaben, die ich in der Ecke jenes Kofferzettels entdeckt hatte, sorgfältig aus dem Gedächtnis nach, wie ich sie hier dem Leser vorführe: L. ll.

Dann ging ich noch einmal alles durch, was mir von den Einzelheiten des Verbrechens