der Bürgerausschußwahl wurde auf 21. Dezember d. I. von 11 Uhr vorm, bis 8 Uhr abends festgesetzt und als Beisitzer hiezu Gemeinderat Büchtle und Bürgerausschußmitglied Jakob Kiefer gewählt. In der hieran anschließenden Sitzung des Gemeinderats hatte sich derselbe zu einem Erlaß der K. Kreisregierung Reutlingen betr. die Neuerrichtung einer Zweig-Apotheke für Calmbach, Höfen und Schömberg mit Sitz in Calmbach zu äußern. Die Aeußerung geht dahin, daß eine Apotheke im hies. Ort schon lange erwünscht ist und dieselbe namentlich auch von Höfen, Oberreickenbach und Würzbach frequentiert werden würde, da zwischen diesen Orten ohnehin schon ein lebhafter Verkehr be­steht. Hierauf wurde der vom K. Forstamt hier mitgeteilte Nutzungsplan für 1909 in Kenntnis genommen und die Zustimmung erteilt. Nach demselben beträgt die Hauptnutzung an Schlagholz 1539 Fm., Scheidholz 156 Fm., die Zwischennutzung 440 Fm. Zugleich wurde über die nach einer Mitteilung des K. Forstamts hier notwendige Anlage eines etwa 180 m langen Verbindungsweges zwischen dem Jörgels- riß und neuen Tannweg beraten. Die Weganlage ist imJnteresse einer geordnetenBewirts ch astung d er sie berührenden Waldabteilungen nötig und wird genehmigt. Der vom Gemeindepfleger auf Grund früheren Beschlusses der bürgerlichen Kollegien abgeschlossene Tauschvertrag zwischen der Gemeinde, Joh. Fr. Bott, Schreiner und Gottlieb Fr. Bott, Flößer wird heute geneh­migt. Nach Kenntnißnahme einer Mittei­lung der K. Straßenbauinspektion Calw, daß der Wohnsitz des Straßenmeisters Claß nach nach Neuenbürg verlegt nnrd, und Erledigung einiger die interne Verwaltung berührender Ange­legenheiten wurde die Sitzung geschlossen. (Enzt.)

Pforzheim, 28. Nov. Auf der benach­barten Station Wilferdingen ereignete sich gestern abend b/«ii Uhr ein schwerer Eisenbahnunfall. Der Güterzug wurde beim Ausfahren infolge falscher Weichenstellung auf ein totes Geleise geführt und fuhr über den Prellbock hinaus in die Wiese hinunter. Dabei wurde der zweite Wagen nach der Lokomotive zertrümmert. Der Zugführer, Oberschaffner Klein,fand dabeiseinen Tod. Der Lokomotivführer wurde leicht verletzt; er sowohl wie der Heizer konnten noch recht­zeitig abspringen. Der Materialschaden ist ziem­lich beträchtlich. Eine Betriebsstörung trat nicht ein, weil das Unglück auf dem toten Gleis stattfand.

Pforzheim, 29. Nov. Als gestern vor­mittag die Ausläuferin einer hiesigen Bijouterie­fabrik vom Bankhaus Schmitt, das Kleingeld zu Löhnen im Betrage von 600 Mk. holen sollte, paßte sie ein Unbekannter ab, entriß ihr das Geld und sprang davon. Man setzte dem frechen Räuber alsbald nach und es gelang ihn festzunehmen. Wegen der Kindsmord- affaire sind schon gegen 30 Verhaftungen vor­genommen worden. Keiner war der richtige. Jetzt sitzen noch drei, die ihr Alibi nachzuwei­sen haben.

Lorch, 26. Nov. Von einem tragischen Geschick ist der im besten Alter stehende Bahn­hofverwalter Romberg hier betroffen worden. Er ließ sich vor etwa 14 Tagen einen eiternden Zahn ziehen; die Eiterung griff aber dessen ungeachtet weiter und trat in das Gehirn, wodurch der Tod des bis dahin kerngesunden und kräftigen Mannes herbeigeführt wurde.

Frankfurt a. M., 27. Nov. Der Schwindler, der, wie seinerzeit berichtet, unter dem Vorwand, Steuerbeamter zu sein, einer Dame in Freiburg i. B. 28 000 Mk. entwendete, wurde heute am hiesigen Bahnhof verhaftet. Man fand noch 10 000 Mk. bei ihm, 15 000 Mk. will er von Stuttgart aus zurückgesandt haben. Der Dieb ist, wie dieFrkf. Ztg." meldet, der 22jährige Richard Vogel aus Mergentheim.

Durch raffinierte Fälschungen eines Fi­lialleiters, des Kaufmanns Fritz Kluge, ist die Feldbahnfirma Arthur Koppel, A.-G Berlin, um 400000 Mark geschädigt worden.

Bochum, 24. Nov. Fürchterliche Stunden haben zwei Bergleute durchgemacht, die am Freitag voriger Woche auf Schacht I und II der Kruppschen ZecheHannover" im benach­barten^, Hordel verschüttet worden waren und

nach mehr als 90stündiger Gefangenschaft heute vormittag wohlbehalten befreit worden sind. Die beiden Knappen Martin Holstein und Johann Nowak arbeiteten in einem Aushau von der 490 Meter-Sohle bis zur 384 Meter- Sohle. Sie hatten in einem Schießbau, der von dem Aufhau 3 Meter tiefer liegt, Bohr­ungen angesetzt und erwarteten den Schießmeister, der die Schüsse abgeben sollte. Nowak ging um */-12 Uhr mittags mit seinem Kameraden zurück zum Schießort. In dem Augen­blick, als er den Aufbau betreten wollte, hörte er über sich ein furchtbares Krachen und Poltern. Er sprang schnell in den Schießbau zurück und rettete so sein Leben, denn fast in demselben Augenblick stürzten gewaltige Gesteinsmassen aus der Höhe herab. Große Massen der Ge­steinstrümmer legten sich vor den Schießbau, in dem sich die beiden Knappen befanden. Das war für die beiden eine Entdeckung, die ihnen das Blut in den Adern erstarren machte. Das Gepolter bei dem Niederbruch des Gebirgs hatte ihnen Kunde davon gegeben, daß ganz bedeutende Gesteinsmassen herabgefallen und den Weg zur Flucht verlegt haben mußten. Wenn es den in dem Schacht Arbeitenden nicht gelang, durch die Trümmer einen Zugang zu dem unfreiwilligen Gefängnis zu bahnen, dann drohte den Eingefchloffenen, die bei dem Ge­steinsfall unverletzt geblieben waren und bald feststellen konnten, daß ihnen genügend frische Lust zur Verfügung stand, um eine Zeitlang in dem verschütteten Schießort auszuharren, der Tod durch Hunger und Durst. Zum Glück war der Einsturz bald bemerkt worden, und unter gewohnter Opferwilligkeit drängten sich die Kameraden heran und begannen mit dem Rettungswerk. Dasselbe nahm längere Zeit in Anspruch, als man ursprünglich geglaubt hatte. Bei den Verschütteten meldeten sich mittlerweile bald der Hunger und Durst. Trinkbare Flüssig­keit war nirgends zu erlangen. Die Qualen wurden immer unerträglicher. Nach 93 Stunden in Hangen und Bangen nahten endlich die Erlöser. Gegen 8 Uhr heute früh wurde der Zugang zu den Verschütteten frei und die ein­geschloffenen Knappen konnten befreit werden. Beide verlangten zuerst nach einem kühlen Trunk, der ihnen sofort gereicht wurde. Die beiden Verschütteten wurden in das Aickeler Kranken­haus verbracht, wo sie sich bei sorgsamer Pflege in einigen Tagen wieder erholen könnten.

Paris, 27. Nov. DieLibre Parole" spielt in einemVom Elysee zum Gefängnis St. Lazare" betitelten Artikel auf die Gerüchte an, wonach Frau Steinheil in Beziehungen zu dem früheren Präsidenten Felix Faure gestanden habe und schreibt: Wenn es wahr ist, daß Frau Steinheil, bevor sie ihre Mutter und ihren Gatten verschwinden ließ, den Präsidenten Felix Faure vergiftet hat, dann könnte sie bei diesem politischen Verbrechen nur ein Werkzeug gewesen sein. Wessen Werkzeug? Man wird es erfahren müssen. Die Affäre Steinheil ist nicht beendigt. Sie hat erst begonnen.

London, 23. Nov. Lord Roberts brachte heute eine Resolution ein, in der er die Re­gierung auffordert, ein Heer zu schaffen, das so stark sei, daß die stärkste fremde Macht zögern würde, eine Landung an den Küsten Englands zu versuchen. Der Redner sagte, der Punkt, auf den er die Aufmerksamkeit der Re­gierung zu lenken wünsche, sei, ob eine Invasion möglich sei oder nicht. Balfour habe am 11. Mai 1905 gesagt, datz eine ernstliche Invasion nicht möglich sei. Diese Schlußfolgerung habe auf Taten beruht, die von der Admiralität im Hinblick auf Frankreich, dem nächstgelegenen Land, geliefert worden seien, da von dort aus ein Einfall am leichtesten auszuführen sei. Eine in jüngerer Zeit angeftellte Untersuchung habe aber gezeigt, daß Balfours Feststellungen, wenn sie auch bezüglich Frankreichs im Jahre 1905 zutreffend gewesen seien, bezüglich Deutsch­lands im Jahre 1908 nicht zutreffen. Die Bedingungen, die Balfour bestimmten in feinem Urteil, hätten sich vollkommen geändert und England könne sich nicht länger vor der Mög­lichkeit einer Invasion sicher fühlen. Lord Roberts fuhr fort: Ich habe die Frage unter dem Gesichtspunkt geprüft, daß die einfallende Macht von Deutschland Herkommen wird. Balfour hat Frankreich als Beispiel angeführt.

ohne daß er dabei an eine Feindschaft gegenüber Frankreich oder an eine vor diesem Lande.-zu hegende Befürchtung dachte. Für meine analoge Beziehung auf Deutschland nehme ich dement­sprechend in Anspruch, daß sie weder Feind­seligkeit gegen Deutschland noch Furcht davor einschließt. Er und Lord Sovat Hätten er­mittelt, daß in Deutschland jederzeit Schiffe ver­fügbar seien, die zur Unterbringung von 20000 Mann ausreichten. Die Einschiffung und Aus­schiffung würde weit weniger Zeit in Anspruch nehmen, als dafür angenommen worden sei. Lord Roberts besprach eingehend diesen Punkt und verbreitete sich über die verschiedenen ver­waltungstechnischen und strategischen Vorteile, durch die es Deutschland möglich fei, Englands Flotte zu entgehen und eine Invasion auszu­führen.

Aus London berichtet der Beil. Lok.Anz.: In einem Variöto wollte die " Kunstschützin Dolcini auf 50 Schritt Entfernung einen gläsernen Apfel vom Kopfe des 25jährigen Schauspielers Lee schießen. Das Publikum erwartete den Tellschuß atemlos und war ent­setzt, als Lee, nach dem Schuß getroffen, am Kopf blutend, zu Boden stürzte. Ein im Publikum anwesender Arzt leistete die erste Hilfe. Lee blieb bis zu feinen: Tod bewußt­los. Nachdem man ihn fortgeschafft hatte, wurde die Vorstellung fortgesetzt. Die Künst­lerin, eine 33jährige Italienerin, stellte sich dem Polizeigericht; sie erklärte, daß sie das Kunst­stück seit 18 Jahren und stets mit Erfolg aus­geführt habe. Sie wurde wegen Tötung unter Anklage gestellt, gegen eine Bürgschaft von 2000 Mk. aber auf freiem Fuß belassen.

Aus Malta wird über den Brand der Sardinia noch berichtet: Der Brand brach um 2 Uhr mittags aus. Im Nu stand der ganze Dampfer in Flammen. Als bald darauf die Petroleumbehälter explodierten, verloren die Araber alle Haltung und stürzten mit gezückten Messern nach den Booten. Es entspann sich eine wilde Messerstecherei um den Besitz der Rettungsboote. Die Offiziere versuchten mit dem Revolver die Ordnung wieder herzustellen, doch war dies unmöglich. Ein Teil der Araber sprang mit brennenden Kleidern ins Meer.

Mnter haltendes.

Ein dunkles Geheimnis.

von Ewald August König.

(Fons.) (Nachdr. verboten.)

Ruhig abwarten," flüsterte der Rich­ter, während er seine Hand auf den Arm des jungen Mädchens legte,eine Sekunde zu früh und die Komtesse ist verloren."

Der Wagen kam näher und näher.

Halt!" donnerten jetzt die Gendarmen. Die Pferde wichen zurück, bäumten sich und standen.

Zurück!" rief der Feiherr.Geht aus dem Wege und laßt die Zügel los oder ich jage euch eine Kugel in das Gehirn."

Oho!" erwiderte der Richter ruhig.Der Gendarmerie werden Sie das wohl nicht bieten?"

In der nächsten Sekunde fielen zwei Schüsse; man hörte deutlich, daß eine Kugel einen Ast zersplitterte. Aber die Schüsse wa­ren noch nicht verhalt, als auch schon der Freiherr sich auf ebener Erde befand.

Sobald die Pferde standen, hatten die Gendarmen dem Richter die Zügel übergeben und sich dem Wagen genähert. Sie rissen den Freiherrn vom Bock herunter, während der Verwalter die Wagentür öffnete, um sich des Spießgesellen zu bemächtigen.

Der Kammerdiener aber hatte vorgezogen, diesen Augenblick nicht abzuwarten; sobald er vernahm, daß die hohe Obrigkeit vor dem Wagen stand, hielt er es für ratsam, sein Pi­stol auss Geradewohl abzufeuern und darauf die Flucht zu ergreifen.

Der Freiherr wehrte sich mit dem Mute der Verzweiflung, aber die beiden Gendarmen hatten ihn rasch überwältigt, sie legten ihm auf Befehl des Richters Handschellen an und führten ihn in den Pavillon.