den Pretiösen Eleonorens eine namhafte Summe in Wertpapieren enthielt schwang er sich auf den Bock. „Hier ist meine Adresse," rief er der Köchin zu, die neben dem Wagen stand; Sie wird übermorgen mir nach Hamburg schreiben, wie es hier steht."
Die Pferde zogen an; nach wenigen Sekunden war der Wagen im Park den Blicken der Köchin entschwunden.
Als die Gendarmen, welche der Bürgermeister sofort nach den Mitteilungen des Stubenmädchens abgeschickt hatte, bei der Einsiedelei anlangten, war die Tür des Pavillons offen.
Sie traten, der erhaltenen Weisung folgend, ohne Zögern ein und wurden hier von dem Richter empfangen, der ihnen mit wenigen Worten den Zweck ihres Kommens mitteilte.
„Sie stellen sich hinter diesen. Sie hinter jenen Baum," schloß der Richter seine Mitteilungen, „verhalten sich so ruhig als möglich und warten, bis der Wagen dicht vor Ihnen ist, dann springen Sie vor und fallen auf beiden Seiten den Pferden in die Zügel; um das weitere kümmern Sie sich nicht, ich werde im entscheidenden Augenblicke die nötigen Befehle erteilen."
„Glauben Sie, daß es diesen beiden gelingen wird, die Pferde im schärfsten Trabe zum Stehen zu bringen?" fragte der Arzt.
„Sorgen Sie nicht, erwiderte einer der Gendarmen, wir sind darin geübt; sollten aber die Pferde zu wild sein, so hauen wir mit dem Säbel die Stränge durch und lassen die Rosse laufen, wohin sie wollen."
„Bleibt noch zu berücksichtigen, daß der Freiherr und sein Spießgeselle Schußwaffen führen und keinen Anstand nehmen werden, von denselben Gebrauch zu machen," sagte der Verwalter.
„Sie vergessen, daß das Pistol des Freiherrn blind geladen ist," entgegnete der Richter. „Uebrigens glaube ich nicht, daß die beiden so tollkühn sein werden, der hohen Obrigkeit eine Kugel auf den Pelz zu brennen, zumal sie einsehen müssen, daß sie gegen die Uebermacht nichts ausrichten können. Auch kann es uns nicht darauf ankommen, einen dieser Halunken niederzuschießen, wenn sie sich ernstlich zur Wehr setzen. — Wer da? — Ah, unsere kleine Freundin. Na, Sie hat Ihre Sache gut gemacht, werde nicht ermangeln. Sie bei dem gnädigen Fräulein in Schutz zu nehmen."
„Wir haben jetzt halb zwölf," nahm der Arzt das Wort," benützen wir die Minuten, die uns noch bleiben. Wohnte der Förster näher, so könnten wir ihn —"
„Na, ich denke doch, wir sind unser genug," unterbrach der Richter ihn, „fünf gegen zwei, zudem wird der Förster unaufgefordert herbeieilen, so bald ein Schuß.hier fällt."
Die Gendarmen traten auf ihre Posten. Der Richter lehnte die Tür des Pavillons an und setzte eine der mitgebrachten Fackeln in Brand.
„Wo ist die Falltür?" fragte er, „wir wollen sie ftir alle Fälle öffnen."
Der Verwalter kam dem Wunsche nach, die drei Herren stiegen in das Gewölbe hinunter.
„Ah, es ist ein bleierner Sarg,"' sagte der Richter enttäuscht, „das erschwert die Ausführung meines Planes ganz bedeutend."
„Weshalb?" fragte der Arzt. Wünschen Sie, daß der Sarg hinaufgeschafft wird."
„Nein, aber ich rechnete darauf, daß mau 'den Deckel abnehmen könne."
„Wenn wir herzhaft anfaffen, wird uns das nicht schwer fallen, so sehr massiv ist der Sarg nicht."
Es ging besser, als man vermutet hatte; der Richter steckte in jede Ecke des Sarges eine Fackel und befahl dem Mädchen, ohne die Angst und das Entsetzen desselben zu beachten sie anzuzünden, sobald der Angriff auf den Wagen erfolge.
„Ich halte die ganze Komödie für überflüssig," sagte der Verwalter, der jetzt den Plan des Richters erriet, „wir haben ja Beweise gegen ihn."
„Lieber Herr Baron, Sie kennen die Schlauheit und Verstocktheit, den Eigensinn und die Frechheit der Verbrecher nicht," fiel der Richter ihm ruhig ins Wort; „in den Händen eines geschickten Verteidigers sind Ihre- Beweise nur ein schwacher Strohhalm, der beim ersten Stoß geknickt wird."
„Und was wollen Sie durch diese Komödie, denn auch ich möchte es eine Komödie nennen, erzielen?" fragte der Arzt.
Der Richter zuckte die Achseln. „Die nächste Stunde wird es Ihnen beweisen; ich bin entschlossen, sofort in Ihrem Beisein ein Protokoll aufzunehmen und hoffe ein interessantes Aktenstück zu erhalten. Gehen wir jetzt wieder hinauf, meine Uhr zeigt zwölf."
Wohl nie vorher waren den Wartenden die Minuten so langsam verstrichen, wie jetzt als sie schweigend in fieberhafter Ungedeld der Ankunft des Wagens harrten und schon hatte der Verwaltrr die Besürcktung geäußert, entweder habe das Mädchen sie hinters Licht geführt, oder der Freiherr eine andere Richtung gewählt, als plötzlich in der Feme sich das Geräusch rollender Räder vernehmen ließ.
(Fortsetzung folgt)
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