mann das Gefühl: fo kann Graf Zeppelin jederzeit auch auf festem Boden landen. Bei der Landung manöverierte man in der Weise, daß man nur mit den Hinteren Propellern ar­beitete. Professor Hergesell rühmt an der Fahrt besonders die genaue Einhaltung der Fahrzeit.

Lindau, 27. Okt. Graf Zeppelin fuhr, von Bregenz kommend, um 3.40 Uhr über unsere Jnfelstadt, vom Jubel der Bevölkerung begrüßt. Von hier nahm der Ballon die Richtung gegen Friedrichshafen.

Vom Bodensee, 23. Okt. Ein frecher Raubanfall wurde in sBodolz bei Lindau an einer Kellnerin verübt. Ein etwa 20jähriger Bursche schlich an das nichtsahnende Mädchen das vor dem Hause stand, heran, schnitt ihr mit einem Dolchmesser die Geldtasche ab, gab ihr noch einen so derben Stoß, daß sie zu Boden stürzte und sprang in großen Sätzen davon. Die Tasche soll gegen 400 Mark ent­halten haben.

Sulz, 25. Okt. Die heute hier abgehaltene Herbstversammlung der Nationalliberalen Deutschen Partei hatte sich trotz des ungün­stigen Wetters eines zahlreichen Besuchs ans dem Bezirk und verschiedenen Landesstellen zu erfreuen. Die in der Turnhalle abgehaltene Versammlung leitete Salinenverwalter Buob und der Landtagsabg. Böhm sprach über die Arbeiten des Landtags. Er gab einen referie­renden Ueberblick über die gesetzgeberischen Ar­beiten, die der Landtag in den letzten zwei Jahren erledigt hat und kennzeichnete in kurzen Zügen die Stellungnahme der deutsch­parteilichen Fraktion zu verschiedenen Vorlagen, die den Landtag in seiner bevorstehenden Tag­ung beschäftigen werden Hinsichtlich der No­velle zum Volksschulgesetz wandte sich der Redner gegen die Bestrebungen auf allgemeine Einfüh­rung der Simultanschulen. Der Redner schloß mit der Versicherung, daß seine Fraktion ihre Haltung den gesetzgeberischen Vorlagen gegen­über stets so einnehmen werde, wie sie es vor den Wählern, dem Volke und der Geschichte verantworten könne. Es folgte dann das mit großer Spannung erwartete Referat des Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Hieber über die Arbeiten des Reichstags. Er führte u. a. aus: Der Block und was er geleistet, könne sich neben seinen Vorgängern in früheren Reichstagsperioden immerhin sehen lassen. Mit Recht habe Payer in Tübingen gesagt, daß vor 10 Jahren sich noch kein Mensch der Hoff­nung auf Einbringung eines auch nur annähernd so liberalen Reichsvereinsgesetzes,s wie es das jetzige sei, hinzugeben gewagt hätte. In Würt­temberg werden die Fortschritte, die dieses Gesetz gebracht, kaum empfunden; aber für das Reich im ganzen und für große Teile desselben bedeute es eine einheitliche und freiheitliche Errungenschaft und wenn die Anwendung des Gesetzes in einzelnen Teilen des Reiches noch zu wünschen übrig lasse, so werde man ja viel­leicht schon bei den nächsten Reichstagsverhand­lungen Gelegenheit haben, den betreffenden Regierungen zu sagen, daß das Gesetz ein frei­heitliches sei und sein soll. Schikanierungen verärgern bloß, ohne gutes zu stiften. Die Debatteu über das Reichsvereinsgesetz haben die erfreuliche Erscheinung gezeigt, daß auch bei den linksstehenden Parteien ein tieferes geschicht­liches und politisches Verständnis für die Polen­frage und die Polengefahr Platz gegriffen hat. Wenn der Blockreichstag nun zum dritten Male Zusammentritt, so erhebe ich natürlich vor allem die Frage, ob trotz aller vorübergehenden Un­stimmigkeiten und Disharmonien, die sich früher gezeigt, auch ein ferneres Zusammenarbeiten möglich sein werde. Von einer solchen gemein­samen Arbeit sei viel mehr zu erwarten, als von dem ewigen Gerede über die Taktik der einzelnen Parteien im Rahmen der Blockpolitik. Von unserer Seite wird jedenfalls nichts un­versucht gelassen werden, um ein fruchtbares Zusammenarbeiten auch ferner zu ermöglichen und zu förderu. Uebergehend zur Reichsfinanz­reform führte Hieber, aus, daß die Behaup­tung, als ob der Block oder in früherer Zeit die Konservativen und die Nationalliberalen und bis zu einem gewissen Grade auch der Freisinn ausschließlich für die Steigerung der Reichsschuldenlast verantwortlich gemacht wer­

den müssen, eines jener jesuitischen Kunststück­chen sei, die zu bewundern die Kenner von Zeit zu Zeit Gelegenheit haben. Mit der allgemein erhobenen Forderung, daß Ersparnisse gemacht werden müssen, sei auch die national­liberale Partei durchaus einverstanden. Auch die Forderung daß auf dem Gebiet des Heer­wesens gespart werden müsse, könne man unterschreiben, selbstverständtich unter der Vor­aussetzung, daß die Wehrkraft des deutschen Volkes darunter nicht leide. Wie die anderen Parteien, müsse es auch die nationalliberale Partei ablehnen, jetzt schon zu verschiedenen Steuerprojekten Stellung zu nehmen. Uin eine Erhöhung der Matrikularbeiträge unter Abschaffung der Franckensteinischen Klausel und um eine Erhöhnug der Tabaksteuer werde man wohl uicht herumkommen. Die schwer­sten Bedenken müssen dagegen geltend gemacht werden gegen eine Steuer auf Gas und Elektrizität, die in unsere ganze wirtschaft­liche Entwicklung gar nicht hereinpaffen würde. Im übrigen erklärte der Redner, daß die nationalliberale Partei eine Finanzreform, die dem sozialen Empfinden der Gegenwart nicht Rechnung tragen und nur die breiten Massen und den Mittelstand belasten, den großen Be­sitz aber schonen würde, nicht mitmachen werde; an einer großzügigen Reform, die diesen Forder­ungen Rechnung trage, werde sie aber Mitar­beiten, denn es handle sich hier um eine nationale Frage und um eine Ehrenpflicht der deutschen Nation und ihrer Vertretung im vollsten Sinne des Wortes.

Pforzheim, 26. Okt. Hier geht das Ge­rücht, daß ein hiesiger Bijouteriefabrikant von seinem im Unfrieden ausscheidenden Teilhaber wegen Steuerhinterziehung angezeigt worden sei. Wie es heißt, hat er der Behörde 120000 Mark hinterlegen müssen. Ein teurer Streift

München, 26. Okt. Ueber die neuen Reichssteuern erfahren dieMünchen. Neuesten Nachr.": Die neue Viersteuer enthält Staffel­sätze von 12 bis 20 Mark für den Doppel­zentner Malz je nach Betriebsgröße. Die Jn- seratensteuer verlangt 2 bis 10 Prozent vom Preis der Anzeige je nach der Auflage der Zeitung. Auch die Straßenreklame wird be­steuert. Die kleinen Annoncen sind steuerfrei' Die Flaschenweine werden mit 5 Pfg. bis 3 Mark pro Flasche je nach dem Wert des Weines besteuert.

Wiesbaden. In Wiesbaden werden im Frühjahr 1909 voraussichtlich die ersten Pferde- Rennen stattfinden. Die durch die Spitzen der Behörden erfolgte Besichtigung der Rennbahn ergab, daß das 6 km von Wiesbaden entfernte leicht mit der Eisenbahn und mit der elektrischen Bahn zu erreichende Gelände sich ausgezeichnet eignet. Es umfaßt 188 Morgen, hat eine Flachbahn von 2050 m, eine Hindernisbahn von 1900 w. Der ganze Rennplatz ist bereits eingefriedigt. Die Rennbahn ist mit einem Sportplatz nutzbringend verbunden weiden; es siud außer erstklassigen Flach- und Hindernis­rennen, einer Trainingbahn für Renn- und sonstige Pferde, feine Sportspiele jeder Art geplant. Hiefür stehen 70000 gm zur Ver­fügung

Lokates.

Wildbad, 24. Oft. Zur Erstellung der Rodelbahn wird demSchwäb. Merk." von hier geschrieben: Nachdem die Bergbahngesell­schaft der Stadtgemeinde vor kurzem einen Beitrag von 2500 Mk. zur Herstellung einer Rodelbahn bewilligt hat, haben die bürgerl. Kollegien in ihrer gestrigen Sitzung auf An­trag des Stadtschultheißen Bätzner einstimmig beschlossen, die Erbauung einer Rodelbahn von der oberen Bergbahnstation bis zum Blöcher­weg und von diesem in die Stadt mit einem Kostenvoranschlag von 9000 Mk. sofort in An­griff zu nehmen. Der Stadtvorstand begründete seinen Antrag damit, daß infolge der durch die Bergbahn erfolgten Erschließung des linksseiti­gen Höhengebiets des Enztals, das Winters stets reichlich und lange Zeit Schnee aufweise, die Möglichkeit gegeben sei, hier eine Gelegen­heit für Rodel- und Skisport zu schaffen, die bei den guten Zugsverbindungen Wildbads mit den größeren südd. Städten wie Stuttgart, Karlsruhe, Pforzheim, Mannheim usw. einen

größeren Zuzug von Fremden für die Winter­monate hier erwarten lasse. Unsere Badestadt wird also schon kommenden Winter mit ande­ren Fremdenorten im Schwarzwald und in der Schweiz als Wintersportplatz in , Wettbewerb treten. Die von der Stadt ausgeführte Korrektion der Rennbachstraße geht demnächst ihrer Vollendung entgegen und erschließt für die Bautätigkeit ein neues Baugelände.

Ein dunkles Geheimnis.

von Ewald August König.

(Forts.) Nachdr. verboten.)

Habt Ihr eine Ahnung davon, was die Komtesse mit der Aufbewahrung der Leiche an diesem Orte bezweckt?"

Nicht die geringste."

Seid so gut und öffnet die Tür; verratet niemanden, auch nicht dem gnädigen Fräulein, daß ich das Geheimnis kenne."

Es liegt in meinem eigenen Interesse, dies zu verschweigen. Die Gräfin würde mich viel­leicht sofort entlassen, wenn sie es erführe."

Seid deshalb unbesorgt, mein Wort gilt hoffentlich auch noch etwas. Richtet Euer Au­genmerk auf den Kammerdiener; sobald Ihr ihn auf einem schlechten Streich ertappt, sagt es mir; der Spion muß aus dem Hause. Dem Stubenmädchen und der Köchin traue ich eben­falls nicht; also seid wachsam, der Freiherr hat das Schloß verlassen, um nicht wiederzukehren, aber er wird in der Nähe bleiben und deshalb müssen wir die Augen offen halten. Gute Nacht."

Der Kutscher schloß sorgfältig die Tür, spähte nach allen Richtungen in die Dunkelheit hinaus und kehrte darauf zum Schloß zurück.

Der Doktor Sand stand im Begriff, auszu­gehen, um seine Patienten zu besuchen, als die Magd den Verwalter der Komtesse von Strahlen anmeldete.

Dem Arzt schien dieser Besuch unangenehm zu sein, aber er fand keine Zeit, ihn zurückzu­weisen, denn der junge Mann folgte der Magd auf dem Fuße.

Sie werden verzeihen, Herr Doktor, wenn ich störe," sagte er,aber die Angelegenheit, die mich hieher führt, ist von zu großer Wich­tigkeit, als daß ich sie hinausschieben dürfte."

So reden Sie," erwiderte der Doktor, wäh­rend er Hut und Stock ablegte und durch eine Handbewegung den Verwalter aufforderte, Platz zu nehmen.Lieb aber wäre es mir, wenn Sie sich möglichst kurz fassen wollten, ich habe keine Zeit. Betrifft diese Angelegenheit viel­leicht das gnädige Fräulein?"

Ä »Ja und nein; in erster Linie betrifft sie den Baron von Reden, dessen Leiche Sie ein­balsamierten."

Betroffen blickte der Arzt den jungen Mann an.Wer hat Ihnen gesagt"

Still, nur jetzt keine Fragen darüber, hier ist meine Karte."

Der Doktor sah bald die Karte, bald den Verwalter an.

Ah, ich begreife," sagte er nach einer ge­raumen Weile in bedeutend freundlicherem Tone. Die Auskunft, welche Sie wünschen, soll Ihnen werden, aber nicht jetzt; ich muß Sie bitten, sich zu gedulden, bis ich meine Patienten besucht habe. Sie werden begreifen, daß diese Ange­legenheit nicht binnen zehn Minuten erschöpfend besprochen sein kann und daß meine Pflicht ge­bietet"

Gewiß; würden Sie mir erlauben, daß ich ^ Sie hier erwarte?"

Herzlich gern, ich werde mich beeilen, da­mit Ihnen die Zeit nicht lang wird."

Noch eins: dürfte ich Sie bitten, auf dem Rückwege den Herrn Kreisrichter von unserer Unterredung in Kenntnis zu setzen? Vielleicht ist dieser Herr so freundlich. Sie hierher zu begleiten und das Protokoll nebst dem Dolche, den man bei dem Ermordeten gefunden hat, mitzubringen."

Ich würde Ihnen raten, ihn während mei­ner Abwesenheit zu besuchen."

Das geht nicht gut an," sagte der Ver­walter;der Freiherr von Braß hat sich gestern mit der Komtesse entzweit; nach allem, was ich gehört habe, glaube ich annehmen zu dürfen, daß der Bruch unheilbar ist. Nun aber liegt