Amtsblatt

für die Stadt Witdvad.

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Hirzu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisttz.

Nr. 126

Donnerstag den 29- Oktober 1908-

44- Jahrgang

HlunöscHau.

Stuttgart, 26. Okt. Bei dem zum Schluß der Bau-Ausstellung veranstalteten Abendessen berichtete Präsident v. Mvsthas, daß die Bau- ausstelluug ein ausgezeichnetes Ergebnis gehabt und die Erwartungen übertroffen habe. Es seien 400 000 Billette verkauft und außerdem 12 000 Abonnements und Freikarten ausgegeben worden. Die Zahl der Besucher sei mit einer Million nicht zu hoch eingeschätzt; infolgedessen seien auch gute Geschäfte gemach: und ein nam­hafter Ueberschuß erzielt worden, der es gestat­tet, den Ausstellern 5 Mk. pro Quadratmeter an dem angesetzten Platzgeld nachzulassen und auf den Einzug der Brandversicherungsprümie, die sie vertragsmäßig zu bezahlen haben, zu verzichten. Eine namhafte Summe werde au­ßerdem nachbehalten, die mit Hilfe der staatli­chen Finanzverwaltung hinreichen werde, um in dem dem Landesgewerbemuseum gegenüberlie­genden Garten, den der Staat erworben habe, eine Ausstellungshalle zu errichten, die vermöge ihrer beweglichen Konstruktion zur Aufnahme intimerer Ausstellungen aller Art besonders geeignet sei und den Interessenten ohne Platz­geld zur Verfügung gestellt werden soll.

Stuttgart, 23. Okt. Neben Aepfeln usw. gibt es auch dieses Jahr ziemlich viel Nüsse. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß Nüsse als Genußmittel sehr zu empfehlen sind, denn sie sind nicht bloß wohlschmeckend, sondern auch sehr bekömmlich und nahrhaft. Ihr Nähr­wert beruht auf dem Gehalt an Oel und Eiweiß, ein anderer Bestandteil, die Cellulose, ist zwar nicht verdaulich, bildet aber eine dem ganzen Organismus wohlbekommende Anregnng für Magen nnd Darm. In Bezug auf Fett­gehalt und Wohlgeschmack übertreffen die über­seeischen Nüsse zwar unsere einheimischen, letztere sind aber verdaulicher und aromatischer.

Calw, 26. Okt. Nach einem Referat des Handwerkskammersekretärs Frerstag aus Reut­lingen und des Vorsitzenden des Landesver­bands für das Tapezier- und Möbelgewerbe, Th. Fischer aus Stuttgart, haben sich die Sattler- und Tapeziermeister der Bezirke Calw Nagold und Herrenberg zu einer freien Orga­nisation zusammengeschloffen.

Die Oktobernummer derSchwarz- w aldvereiusblätter enthält verschiedene anmutigen Schilderungen von Ausflügen in das herrliche Schwarzwaldgebiet. Hieher gehört die Reisebeschreibung von A. S. über eine acht­tägige Tour im Gebiet des roten Rhombus und die Beichte von E. Schl.Wie ich in den Schwarzwaldverein kam." Die Schönheiten einzelner Plätze heben hervor die ArtikelKron- eckturm bei Triberg",Simmersseld ein neuer Luftkurort" undAussichtspunkte auf den: Hengstberg bei Calmbach." Interessante Vor­gänge erfahren wir wieder aus dem Aufsatz Was sich die Waldstadt erzählt" und der Nerbandstag der deutschen Touristenvereine" zeigt die außerordentliche ersprießliche Wirksam­keit der unter diesem Nanum vereinigten Ver­eine aus den verschiedensten Gegenden Deutsch­lands. Aus derBücherschau" ist zu entnehmen, daß der Bezirksvereiu Weilderstadt zu Nutz und Frommen freinder Besucher einen Weg­

weiser zur Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der ehemaligen schwäbischen Reichsstadt Weil herausgegeben hat, das eine Reihe von hübschen Bildern aus der Gegenwart bringt und daneben auch auf die Vergangenheit des einst vielge­nannten Städtchens Bezug nimmt.

Die außerordentliche Kälte, die vor etwa 10 Tagen aufgetreten ist, hat hierzulande noch viele Tausende von Zentnern Most- und Tafelobst auf den Bäumen getroffen. Dieses Obst ist, soweit es nicht noch rechtzeitig gebor­gen werden konnte, meist erfroren, alsa weder haltbar, noch hat es für die Mostbereitung den Wert guten Mostobstes. Man erkennt erfro­renes Obst an den Einschrumpfungen, die von der Wiederauftauung herrühren.

Friedrichshafen, 27. Okt. Prinz Hein­rich und Graf Zeppelin sind nach 6stündiger glänzend verlaufener Fahrt, die sich um den ganzen Bodensee und über die angrenzenden Landesteile zwischen Schaffhausen und Lindau erstreckte, um 4.30 Uhr in Manzell glatt gelandet.

Friedrichshafen, 27. Okt. Zu der Fahrt wird aus Konstanz noch gemeldet: Die Fahrt ging von Heiligenberg nach Ueberlingen, von hier über Ludwigshafen a. S., Singen, Gotmadingen nach Schaffhausen, wo der Rhein­sall berührt wurde, über dem Graf Zeppelin einen kurzen Bogen beschrieb. Dann trat der Graf den Rückweg an über Stein a. Rh., Diessenhofen nach Konstanz, wo das Luftschiff um 2.05 Uhr wieder gesichtet wurde. Den Weg von Schaffhausen bis Konstanz, der in der Luftlinie 50 Kilometer beträgt, hat das Luftschiff bei Seitenwind in etwa einer Stunde zurückgelegt. Ueberall und namentlich in der Schweiz wurde der Ballon von der Bevölkerung begeistert begrüßt.

Friedrichshafen, 27. Okt. Prinz Hein­rich wurde, als er kurz nach 5 Uhr an: Schloß­hafen ans Land stieg, von dem zahlreich versammelten Publikum mit stürmischen Hoch­rufen empfangen. Die begeisterten Scenen wiederholten sich, als bald darauf Graf Zep­pelin selbst beimDeutschen Haus" landete. Mit beglücktem Lächeln nahm der Gras die Huldigungen entgegen.

Friedrichshafen. In der Umgebung des Grafen Zeppelin gibt man sich keiner Täuschung darüber hin, daß die jetzigen Aufstiege unter viel günstigeren Umständen erfolgten als die Versuchsfahrten im vergangenen Sommer. Die jetzige kalte Witterung kommt den sogenannten Werkstättenfahrten sehr zu statteu, da an die Motore nicht die gleichen Anforderungen ge­stellt weeden müssen, wie bei den Aufstiegen die bei warmem Wetter unternommen werden. Durch starke Sonnenbestrahlung gewinnt das Luftschiff an Austrieb, während die bei Nacht einsetzende Abkühlung die Motore zwingt, den entstandenen Gasverlust dnrch stärkere Arbeits­leistung auszugleichen. Nach wie vor hängt die Sicherheit des Luftschiffes in erster Linie von der Leistungsfähigkeit der Motore ab. Die jetzt ausgeführten Werkstättenfahrten dienen in erster Linie der Erprobung der Steuervor­richtungen.

Friedrichshafen, 26. Oft. Das württ. Landeskomitee zur Veranstaltung von Regatten auf dem Bodensee hat den Gedanken der Er­

richtung eines erstklassigen Hotels in Friedrichs­hafen und zwar unmittelbar am See angeregt und eine Reihe von Finanzkräften hiefür ge­wonnen. Durch dieses Unternehmen würde einem dringenden Bedürfnis abgeholfen. Zur Ausführung dieses Plans hat sich die vorläufig gebildete Vereinigung mit der Stadt ins Be­nehmen gesetzt und diese um unentgeltliche Ueberlassung des Kurgartens gebeten, da sich ein besserer Platz ,für das Hotel nicht wohl finden werde. Zugleich wurde mitgeteilt, daß einschließlich eines aufzunehmenden hypotheka­rischen Darlehens von etwa 250 000 Mk. im ganzen 6 bis 700000 Mark für den Neubau zusammengebracht seien. Leider haben nun die Verhandlungen dadurch einen Stillstand erlitten, daß der von der Stadt für den Kur­garten geforderte Preis der Stuttgarter Ver­einigung zu hoch erschien. Nachdem diese For­derung neuerdings sehr erheblich ermäßigt wor­den ist, dürften die Verhandlungen aufs neue wieder ausgenommen werden und die baldigste Erstellung des geplanten Hotels gesichert sein.

Friedrichshafen, 28. Okt. Der Reichs­kommissar Mischke, der in der oberen Gondel neben den: Grafen Zeppelin und den: Prinzen Heinrich die Fahrt mitmachte, hatte die Freund­lichkeit, mir von dem Verlauf der Fahrt eine Schilderung zu geben: Die Fahrt war im An­fang durch starken Nebel erschwert und beein­trächtigt, ber aber andererseits die Navagierung sehr interessant gestaltete. Immerhin hielt man es infolge des Nebels für angezeigt, nicht mehr zu weit ins Land zu steuern, sondern bei Markdorf zu drehen und zum See zurückzu­kehren, den man über Meersburg wieder er­reichte. Man verfolgte nun die Küstenlinie uud nahm dann als Ziel den Hohentwiel, an dem man bei wundervoller Beleuchtung dicht vor­überfuhr. Bei Schaffhausen umkreisten die Luftschiffer zweimal den Rheinfall, um dann längs des Rheintals nach Konstanz zu fahren. Bei Konstanz manöverierten die Lustschiffer eine zeitlang, indem sie Dampfern nachjagten und sie überholten. Dann ging es über Kreuzlingen, Romanshorn, Rorschach, nach Bregenz und hier ein Stück ins Land hinein. Ueber Lindau er­folgte dann, wie schon gemeldet, die Heimfahrt. Man bewegte sich durchschnittlich in einer Höhe von 550 Meter. Die höchste Höhe die man erreichte, war 670 Meter. Prinz Heinrich war im höchsten Grade begeistert. Er äußerte sich mehreremals:Das ist kein Ballon, jdas ist ein recht gut laufendes Schiff." Der Prinz handhabte wiederholt persönlich mehreremals die Steuervorrichtung und sprach sich besonders lobend über das ausgezeichnete jFunktionieren der Höhensteuer aus. Großen Eindruck machte ihm auch der ungemein ruhige Lauf des Fahrzeugs. Wo die Lustschiffer auf ihrer Fahrt bemerkt wurden, so in Konstanz, in Schaffhausen und in Lindau, wurden sie mit jubelnder Begeister­ung begrüßt. Beide Motoren waren ständig in Tätigkeit und bewährten sich vortrefflich. Ein besonders interessantes fHöhensteuerungs- manöver machte man bei Meersburg, wo man aus einer Höhe von 650 Meter rasch sauf 50 Meter Herabstieg. Die Landung erfolgte mit großer Präzision und zwar vollkommen dyna­misch. Beim Anblick der Landung hatte jeder-