paraden werden voraussichtlich bei Cannstatt bezw. bei Karlsruhe abgehalten werden. Die derzeitigen kommandierenden Generale der beiden Armeekorps, die beide erst kurze Zeit an der Spitze ihres Korps stehen, sind der Herzog Albrecht von Württemberg und der General Frhr. von Hoiningen gen. Huene. Zum letzten male hatten das 13. und 14. Korps im Jahre 1899 Kaisermanöver. Damals kämpfte, verstärkt durch eine Division des 14. Korps, das 15. Korps unter General Frhr. v. Meerscheidt- Hüllessem gegen eine vom General der Kavallerie v. Bülow befehligte Armeeabteilung, bestehend aus dem 13. und den übrigen Teilen des 14. Armeekorps.
Petersburg, 1. Okt. Die Ansiedlungskommission für Sibirien hat die Absicht, im nächsten Jahre 100000 Familien mit zusammen 500000 Personen in Sibirien anzusiedeln, wofür 350000 Landabteile vorgesehen sind.
Lugarho, 2. Okt. Der Hotelierverein von Lugano beschloß in seiner letzten Sitzung, den Beitrag zu der von seinem Präsidenten letzten Winter ins Leben gerufenen Kollektiv-Reklame von 1 Fr. 50 auf 3 Fr. zu erhöhen, so daß unter Hinzuziehung der übrigen, am Fremdenverkehr interessierten Geschäfte und Institute eine jährliche Ausgabe von 20 000 Fr. während 3 Jahren für diesen Zweck gemacht werden kann. — Die Kursaalfrage ist nun ebenfalls gelöst, und ein erstklassiger Vereinigungsplatz mit den nötigen Unterhaltungen, Festen und Konzerten ist im Werden begriffen.
London, 1. Okt. Von einer furchtbaren Ueberschwemmungskatastrophe, die jäh über die blühenden volkreichen Distrikte von Haiderabad hereingebrochen ist, Städte und Dörfer zerstört, die Fluren verwüstet und ein arbeitsames Volk in bittre Verzweiflung gestürzt hat, werden aus Kalkutta Einzelheiten gemeldet, die erkennen lassen, daß es eine der'grausigsten Heimsuchungen ist, von der das schon so oft von der Pest und der Hungersnot heimgesuchte Indien betroffen wurde. Im Nizan-Distrikt, einem Gebiet von 480 000 englischen Geviertmeilen mit einer Bevölkerung von mehr als elf Millionen Menschen dehnen sich eine Reihe großer Seen und gewaltiger Wasserbecken aus, von denen manche zwei Meilen und länger sind. Eines der größten von ihnen steht mit dem Musi-Flusse in Verbindung, der seine Fluten, nordwestlich der Stadt Haiderabad vorüberströmend, dem Golf von Bengaleu zuführt. Ein mit außergewöhnlicher Heftigkeit einbrechender Monsum brachte so gewaltige Regenmassen, daß der See überflutete und plötzlich seine Wassermengen in den Fluß ergoß. In kurzer Zeit hatten die Wogen die Ufer überflutet, die Dämme gesprengt, und eine gewaltige weite, mehr als zwanzig Fuß hohe Flutwoge brach rauschend und donnernd über die unglückliche Stadt Haiderabad herein. Die Verwüstung war furchtbar. Ganze Häuser hoben sich und stürzten krachend zusammen, Dächer wurden fortgeschwemmt, dicke Steinmauern umgedrückt, und in wenigen Minuten war die Stelle, wo kurz vorher noch 100 000 Einwohner friedlich lebten, ein wüster, wirrer Trümmerhaufen. Unter den Schutt- u. Schlammmassen lagen Hunderte und Tausende von Ju- diern begraben, während unabsehbare Scharen Flüchtlinge in wildem Entsetzen verzweifelt vor den Wassern sich zu retten suchten.
Konstantinopel, 6. Okt. Gestern Montag abend fand ein außerordentlicher Ministerrat statt, der bis nach Mitternacht dauerte. Nach Mitteilungen, die nach Schluß des Ministerrates den Journalisten gemacht wurden, habe Fürst Ferdinand an den Sultan eine Depesche gerichtet, in der er erklärte, daß er stets von den Gefühlen der Treue gegenüber dem Sultan beseelt gewesen, aber die Volksbewegung in Bulgarien so groß gewesen sei, daß er der Proklamation zum Königreich zustimmen mußte. Der Ministerrat habe beschlossen, an den Fürsten ein Telegramm abzusenden, in dem es heißt: Da dieser Akt eine Verletzung des Berliner Vertrages darstelle, werde die Pforte bei den Signatarmächten protestieren und gemäß deren Entscheidung sehr ernste Maßnahmen ergreifen. Der Ministerrat empfahl den türkischen Journalisten eine ruhige Sprache, um das Volk nicht zu erregen.
Konstantinopel, 6. Okt. Die ruhigen und besonnenen Elemente unter den Türken sind einstimmig der Ansicht, daß die Türkei angesichts der Gesamtlage des Landes, der geschwächten Hilfsquellen, sowie des moralischen und materiellen Zustandes der Armee, ferner im Interesse des neuen jungtürkischen Regimes wegen der bulgarischen Unabhängigkeitserklärung jedweden bewaffneten Konflikt vermeiden und sich auf die Entscheidung der Mächte verlassen müsse. Es ist Aussicht vorhanden, daß diese besonnene Ansicht die Oberhand behält.
— Die letzte Depesche des deutschen Botschafters in Konstantinopel an das Auswärtige Amt lautet: „Lage ruhig. Friede darf als gesichert gelten. Die bulgarischen Kriegsrüstungen sind eingestellt. Die türkische Regierung bereitet eine Protestnote gegen die Okkupation Rumeliens vor."
— Ein vor einiger Zeit in Indien verstorbener Mann hinterließ ein Vermögen von 105 Millionen Mark, das in London hinterlegt ist und auch dort verwaltet ftvird. Ein Aufruf betr. Ansprucherhebung auf das Erbe hat zur Folge, daß sich mehrere Interessenten meldeten, so Leute in Franken und in Baden; auch in München hat eine Taglöhnersfrau Erbrechte geltend gemacht. Nach den bisherigen Feststellungen aus den Urkunden gehört diese Frau zu den voraussichtlichen Erbberechtigten. Um nun festzustellen, wer von den Personen wirklich als Verwandte in Betracht kommen, findet am 11. Oktober in Mannheim eine Konferenz statt. Die Feststellung des Stammbaums ist mit großen Schwierigkeiten verbunden, da sich ein Teil der Urkunden in Indien, ein anderer Teil in London befindet, und diese auf eine frühere Zeit zurückgreifen. Von der Mannheimer Konferenz hängt es nach der „Münch. Post" ab, ob die Erbteilung des Riesenvermögens in absehbarer Zeit durchgeführt werden kann.
— Aus San Franzisko melden amerikanische Blätter: Ein Taucher, der in den Jn- nenraum eines untergegangenen Schiffes gestiegen war, stieß auf einen großen Tintenfisch, der einen seiner fünf Zoll dicken Fühler um das Bein des Tauchers unterhalb des Knies schlang. Ein zweiter Arm wickelte sich um die Hüfte. DerTaucher hackte entsetzt mit seinem Messer aufdie Fühler und signalisierte heftig zum Aufzug. Zwei weitere Arme streckten sich aus der Dunkelheit hervor, von denen einer den Taucher um den Hals griff. Da die Leute an der Oberfläche den Taucher hochzogen, drohte der Fühler den Helm abzureißen, und der Taucher mußte zum Einhalten signalisieren. Er hackte mit der linken Hand verzweifelt auf die Fühler ein bis das Untier halb tot war. Mit einer letzten Krastanstrengung wollte es den Taucher fassen, da stieß dieser ihm das Messer in den Kopf und der Polyp verendete. Halb ohnmächtig gelangte der Mann an die Oberfläche. Der Tintenfisch wurde emporgehoben und öffent-
Lokales.
Wildbad, 6. Okt. Wie uns der Gewerbeverein hier mitteilt, hat die Handwerkskammer Reutlingen den Anmeldetermin für die heurigen Meisterprüfungen bis zum 12. Oktober verlängert. Anmeldeformulare werden vom Gewerbeverein gerne vermittelt.
MnierHaltenöes.
Ein dunkles Geheimnis.
von Ewald August König.
Forts. (Nachdr verboten.)
Der junge Mann verbeugte sich und folgte schweigend dem Edelmanne, der sich in seinem Zimmer mit vornehmer Nonchalance in einen Sessel warf und durch eine herablassende Handbewegung seinen Begleiter aufforderte, ebenfalls Platz zu nehmen.
„Ihr werter Name?"
„Ich heiße Otto Stern."
„Sie haben Oekonomie studiert?"
„Nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, wie dies meine Zeugnisse bestätigen."
Der Freiherr entfaltete die Zeugnisse, welche der Oekonom ihm überreichte und sah sie flüchtig durch.
„Sie waren in Schlesien?"
„Ja, und es wird Ihnen gewiß nicht unbekannt sein, daß die schlesischen Gutsbesitzer —"
„Sehr gute Oekonomen sind. Ich weiß es. Sie werden finden, daß die Komtesse von Strahlen sich bedeutende Kenntnisse in der Oekonomie angeeignet hat."
„Das wird mir lieb sein," entgegnete der junge Mann ruhig.
Das Gehalt betrügt bei freier Wohnung dreitausend Mark, wenn Sie aber vorziehen, in der herrschaftlichen Küche zu speisen, so —"
„Ich verzichte auf diesen Vorteil und erkläre mich mit dem Gehalte zufrieden."
„Sie werden halbjährlich Rechnung ablegen, die ich vorprüfe; auch erwarte ich, daß Sie sich in allen auf die Verwaltung der Güter bezüglichen Angelegenheiten zuerst an mich wenden."
Ueber die Lippen des jungen Mannes glit ein Lächeln des Hohns.
„Ich unterwerfe mich diesen Bedingungen", erwiderte er, „obschon dieser Vermittelung zwischen der Gutsherrschaft und dem Verwalter —"
Diese Vermittelung findet darin, daß die Gutsherrschaft eine junge Dame ist, ihre Berechtigung," unterbrach der Freiherr ihn gemessen; ich ersuche Sie, sich jeder Bemerkung darüber zu enthalten. Sie können nun die Bedingungen und ich erwarte von Ihnen die einfache Erklärung, ob Sie dieselben annehmen wollen. In diesem Falle stelle ich Sie morgen der Komtesse vor."
„Ich nehme das Engagement unter den gestellten Bedingungen an," sagte der Oekonom nach einer kurzen Pause.
„Gut, so finden Sie sich morgen früh zwischen zehn und elf Uhr in der Wohnung der Gräfin ein. Sie werden mich dort treffen."
Nach diesen Worten erhob sich der Freiherr, zum Zeichen, daß er die Unterredung als beendet betrachte und der Verwalter schien mit dein Resultate ganz zufrieden zu sein.
Er verwendete den Rest des Tages zu einem Spaziergange und kehrte erst am Abend in den Gasthof zurück. Er fand im Speisesaal eine kleine Gesellschaft, die aus den Notabeln des Städtchens bestand und er nahm keinen Anstand, der Aufforderung des Bürgermeisters, der ihn einlud, sich an ihrer Unterhaltung zu beteiligen, Folge zu leisten.
Das Thema dieser , Unterhaltung betraf wiederum die Ereignisse jener Septembernacht, die zuweilen noch immer das Stadtgespräch bildeten.
Die Meinungen und Ansichten waren geteilt, der Bürgermeister und der Kreisrichter hielten noch immer an dem Verdachte fest, daß der Baron ermordet worden sei, während der Kreisphysikus, der Doktor Sand und der Gastwirt bei der Behauptung beharrten, daß der Selbstmord nicht bezweifelt werden könne. Der Oekonom wurde aufgefordert, ebenfalls seine Ansichr zu äußern und der Kreisphysikus übernahm es, dem jungen Manne jenes Ereignis mitzuteilen.
Während dieser Mitteilung war der Freiherr eingetreten, er stand dem Oekonomen gegenüber und sein Blick ruhte lauernd mit dem Ausdrucke gespannter Erwartung auf den Zügen des Verwalters.
„Ich begreife in der Tat nicht, daß man hier noch Zweifel hegen kann," erwiderte Stern, als der Arzt schwieg. „Nach meiner Ansicht ist der Fall so klar wie die Sonne. Auf welchem Wege sollte der Mörder das Zimmer verlassen haben, wenn man Fenster und Türeu verschlossen fand? Mögen die Beweggründe gewesen sein, welche sie wollen, so viel steht fest, daß hier von einem Kriminalverbrechen keine Rede sein kann."
Der Freiherr gab durch ein Kopfnicken zu erkennen, daß er dieser Ansicht beipflichte. „Es ist eine bekannte Tatsache, daß man in einem kleinen Landstädtchen jedes außergewöhnliche Ereignis von verschiedenen Seiten so lange zu beleuchten pflegt, bis man hinter demselben irgend ein dunkles Geheimnis entdeckt hat, welches dann für eine lange Zeit zu Vermutungen und interessanten Wortgefechten reichen Stofs bietet," sagte er.