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Hiexu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisttz.

Nr. 117

Donnerstag den 8- Oktober 1908-

I 44- Jahrgang

WunöscHau.

Stuttgart, 2. Okt. Trotz wiederholter Veröffentlichung in der Presse treiben die bekannten spanischen Schatzschwindler noch immer ihr Unwesen und begreiflicherweise finden sich auch stets noch Leute, die diesen Schwindlern zum Opfer fallen. Die spanischen Polizeibe­hörden lassen deshalb neuerdings an der Grenze an den Eisenbahnhaltepunkten und in Gasthäusern unter den durchreisenden Fremden in mehreren Sprachen verfaßte Flugblätter verteilen, in denen die Reisenden vor dem verbrecherischen Treiben dieser Schwindler gewarnt und falls sie aus Grund der von diesen ausgegangenen Aufforderungen nach Spanien gekommen sein sollten, zur Ausgabe ihrer Reise veranlaßt werden. In den Flugblättern wird darauf hingewiesen, wie die Schwindler in ihren, namentlich an Kaufleute gerichtete Aufforderungen vorgeben, sich wegen Bankerotts im Gefängnisse zu befinden, jedoch rechtzeitig eine hohe Summe von Banknoten beiseite geschafft zu haben, zu deren Erlangung die Hilfe des Empfängers des Briefes benötigt werde. Diesem wird als Entgeld für seine Bemühungen ein Teil des zu rettenden Vermögens in Aussicht gestellt. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit werden den Briefen vielfach Abschriften von selbst­verständlich falschen Urkunden beigelegt. Es kann nur dringend empfohlen werden, daß diese Lockungen unbeachtet gelassen und außerdem den spanischen Polizeibehörden Mitteilungen, die zur Ermittlung und Festnahme der Ver­brecher führen können, gemacht werden, sodaß diesem verbrecherischen Treiben nachdrücklich begegnet werden kann.

Nagold, 3. Okt. Auf den Stationen Rohrdorf und Ebhausen werden ganze Wagen­ladungen Obst nach auswärts abgesetzt zu Mark 2.20 per Zentner. Für die Witwe des bei dem Brandunglück ums Leben gekommenen Johs. Lohrer, Metzger von Gündringen und seine sieben Waisen, die im Alter von 8 Tagen bis 16 Jahren stehen, wird an den Wohltätig­keitssinn der Allgemeinheit appeliert, da die Familie in ungünstigen Vermögensverhältnissen steht.

Voll, O.-A. Göppingen, 5. Okt. Eine furchtbare Bluttat ist gestern abend hier verübt worden. Bei einem Streite zwischen hiesigen jüngeren Leuten und italienischen Arbeitern wurden die beiden 17 und 23 Jahre alten Brüder Kicherer durch Dolchstiche getötet, ein 26jähriger Schlosser tödlich und ein Italiener schwer verletzt. Ein der Tat verdächtiger Italiener ist in Haft, ein zweiter ist geflohen.

Lützenhardt,OA. Horb,4. Okt. Forstwart Ahsal hat in Kirchbaumwasen einen Seeadler von 190 cm Spannweite erlegt.

Heilbronn, 5. Okt. In der Wirtschaft zum Sandhof, die an der Straße nach Großgartach auf Böckinger Markung liegt, ist, nach der Neck.Ztg.", in vergangener Nacht eine schwere Bluttat an einem jungen Mädchen verübt worden der dieses wahrscheinlich zum Opfer fallen wird. Ein 30 jähriger Maurer aus Bückingen war nachts in der Wirtschaft als Gast gewesen; als er das Wirtszimmer verlassen, schlich er sich in das im oberen Stockwerk gelegene Schlafzimmer

der Tochter des Wirts, der löjähr. Helene Gehrig, zweifellos in der Absicht, das Mädchen zu seinem Willen zu zwingen. Dies ist ihm nicht gelungen; man fand aber das Mädchen, als auf sein Geschrei in der vierten Morgen­stunde die Eltem in die Kammer eilten, blut­überströmt mit schweren Stichwunden am Unter­leib und insbesondere an den Händen bewußtlos auf. Die Unglückliche wurde heute früh nach dem Heilbronner Krankenhauses überführt, wo sie mit wenig Hoffnung auf Erhaltung des Lebens darniederliegt. Der Täter war beim Verlassen des Hauses beobachtet und in der Richtung auf Großgartach zu von Bahnange­stellten verfolgt worden. In Großgartach konnte auch heute früh seine Festnahme erfolgen; er wurde zur Untersuchung nach Heilbronn einge­liefert.

Riedlingen, 5. Okt. Der Prüfungstermin am 3. d. M. im Konkurse des Holzhändlers Fridolin Bailer von Dieterskirch zeigte einen Passivstand von 521000 Mk. Die unbevor­rechtigten Gläubiger haben für 423 300 Mark eine Dividende von 16°/». Von den rund 100000 Mark Wechsel ist etwa die Hälfte gefälscht.

Friedrichshafen, 5. Okt. Ueber das Projekt, hier ein erstklassiges Hotel zu gründen, erfährt dasSeebl.", daß die Gesellschaft beab- sicht, nach Verzinsung des Kapitals zu 4fts°/o den ganzen überschießenden Ertrag für die Hebung des Fremdenverkehrs hier zu verwenden, so daß dadurch der Stadtgemeinde Friedrichs­hafen voraussichtlich alljährlich nicht unbe­deutende Einnahmen zufließen dürsten, die zur Anlage von öffentlichen Plätzen und sonstigen Verbesserungen und Verschönerungen der Stadt verwandt werden können.

Aus Hohenzollern, 3. Okt. Der kürz­lich verstorbene Erzabt des Klosters Beuron, Plazidus Walter, hat es veranlaßt, daß das Kneipp'sche HauptwerkMeine Wasserkur" über­haupt geschrieben worden ist und das Licht der Welt erblickt hat. Kneipp war nämlich fest entschlossen, über seine Beobachtungen auf dem Gebiete des Wasserheilwesens keine Zeile und keine Silbe zu schreiben, sondern alle seine darauf bezüglichen Erfahrungen sollten mit seinem modem den Körper in die Grube fahren". Da war es der Erzabt Plazidus Walter, der es eine Sünde gegen die Nächstenliebe nannte, wenn Kneipp mit dieser Uuterlassung von der Weltbühne scheiden würde; hauptsächlich das Interesse armer, verlassener Kranker auf dem Lande möge ihn doch veranlassen, seine Heil­methode zu veröffentlichen. Aber Kneipp hatte große Abneigung gegen alles Schreiben; zu dem befand er sich bereits in einem Alter, in dem Körper und Geist sich nach Ruhe sehnen, er war damals 65 Jahre alt. Als Kneipp immer noch mit der Zusage zögerte, versprach ihm der Erzabt, er werde ihm jemand schicken, der die Niederschrift besorgen solle. Und der Erzabt schickte ihm einen tüchtigen Benediktiner­pater aus dem Kloster Seckau, der dann Kneipps Gedanken getreulich zu Papier gebracht hat. Heute liegt das Buch in 49 Auflagen vor und ist, in verschiedene fremde Sprachen übersetzt, in mehr als 450000 Exemplaren über die ganze Erde verbreitet.

Aus Simbach a. Inn meldet die Augsb. Abdztg.:" eine tragikomische Geschichte passierte kürzlich im nahen Raitenhaslach. Zwei Bauernburschen gingen spät nachts vom Wirts­haus heim, als sie an einem Krautacker vor­überkamen, auf welchem eine einsame Feldscheuche Wache hielt. Die beiden Burschen kamen in ihrer Bierlaune auf den Gedanken, einen Ulk zu treiben, nämlich die Feldscheuche auszuziehen, und auf einen andern Platz zu versetzen. Als die Burschen an denFeldhüter" herantraten, wurde er aber zum Entsetzen der beiden lebendig, indem er mit dem bisher straff seitwärts gehal­tenen Stock kräftig auf sie einschlug, so daß sie in panischem Schrecken flohen. Die Lösung der Gespenstergeschichte erfolgte am nächsten Tage: Ein Krautdieb war von den Burschen in seiner Arbeit" gestört worden und spielte deshalb kurz entschlossen die Feldscheuche.

Köln, 5. Okt. Znr Unabhängigkeitserklärung Bulgariens und der bevorstehenden Einverleibung Bosniens und der Herzegowina an Oesterreich berichtet ein Berliner offiziöses Telegramm der Köln. Ztg.": Welche besonderen Erwägungen Oesterreich-Ungarn veranlaßten, gerade in diesem Augenblick znr Einverleibung zu schreiten, ergibt sich, wie man zuversichtlich annehmen darf, aus dem Inhalt von Briefen, die Kaiser Franz Josef an die Staatsoberhäupter der auf dem Berliner Kongreß vertretenen Mächte gerichtet hat. Als die türkische Nationalbewegung in Makedonien ausbrach, wurde von einigen Seiten der Vorschlag gemacht, das neue Regime möge den Aufschwung benutzen und die mit dem Reiche nur noch lose verbundenen Länder des türkischen Reichs wieder fest angliedern. Da­mals wurden vom ottomanischen Komitee diese Forderungen mit der Begründung zurückgewiesen daß ein solcher Versuch als aussichtslos zurück­zuweisen sei. Man darf annehmen, daß an dieser Ansicht, was Bosnien und die Herzego­wina anbelangt, jetzt auch die bevorstehende Einverleibung nichts ändern wird. Schwerer wird die Türkei durch die Unabhängigkeitser­klärung Bulgariens getroffen, und unzweifel­haft wird dieser Schritt in der Türkei eine tiefgehende Erregung Hervorrufen und Einsprüche veranlassen, die sich namentlich auf Ostrumelien beziehen werden. An die Türkei tritt nunmehr die schicksalsschwere Frage heran, ob sie die neue gewaltsam herbeigeführte Aenderung auf der Balkanhalbinsel dnlden, oder ihr mit allen Mitteln der Gewalt entgeaentreten wolle. Das neue Regime befindet sich iu einer ungemein schweren Lage. Die Türkei wird aber ernstlich sich fragen müssen,ob sie von einem, wenn auch sicher geführten Kriege Vorteile erwarten könne, die zu den Gefahren und Opfern des Krieges im richtigen Verhältnis stehen.

Nach der BerlinerTgl. Rundschau" hat die Mehrzahl der Teilhaber der früheren Zeppelin-LustschiffahrtsgesellschaftzdenenZeppelin bekanntlich aus seiner Forderung an das Reich die Zurückerstattung ihrer Verluste zugedacht hatte, auf diese zugunsten der Nationalspende fteiwillig verzichtet.

- Wie schon gemeldet, finden die Kaiser­manöver im Jahre 1909 zwischen dem 13. (württemb.) und dem 14. (badischen) Armeekorps auf württembergischem Boden statt. Die Kaiser-