Der zweite Wahlgang der Nürtinger Landtagsersatzwahl findet am Freitag den 8. Mai statt.

Hülben O.A. Urach, 27. April. Seit 186 Jahren befindet sich die hiesige Lehrerstelle bei ein und derselben Familie. Der Ahne des jetzigen Lehrers Kullen, Jörg Kullen, war schon 1722 Schulmeister in Hülben. Seither hat sich das Amt stets vom Vater auf den Sohn vererbt.

Weinsberg, 28. April. Der engere Aus» schuß des JustinuS-Kerner-VereinS hat be­schlossen, die Eröffnung des KernerhauseS zu einem großen allgemeinen Fest zu gestalten. Es ist ein Sängerfest in Aussicht genommen, bei dem Vereine aus dem ganzen Lande Mit­wirken werden. Ueber 800 Sänger sind bereits dazu gemeldet und namhafte Komponisten haben die Vertonung Kernerscher Lieder als Massen­chöre in Aussicht gestellt, des weiteren bringt das Fest einen großen Umzug und eine Illu­mination der Stadt. Es findet am 21. Juni statt.

Das neueModell Nr. 4" deS Grafen Zeppelin unterscheidet sich, wie dem Berl.Tagbl. geschrieben wird, von dem Luftschiff Nr. 3 hauptsächlich durch seine größeren Abmessungen und durch die Verwendung erheblich stärkerer Motoren. Während das letzte Modell eine Länge von 128 w, einen Durchmesser von 11,7 m und 3 Motoren von 140 Pferdestär­ken hat, wird das neue Luftschiff eine Länge von 130 w, einen Durchmesser von über IS w und 3 Daimlermotoren von je 140 Pferde­stärken erhalten. Bezüglich der Motoren ist sodann insofern ein ganz besonderer Fortschritt zu verzeichnen, weil sie bet verhältnismäßig ge­ringerem Gewicht bedeutend leistungsfähiger sind (2 Kilogramm pro Pferdestärke, gegen 4 Kilo­gramm beim letzten Luftschiff.) Was die Ge­schwindigkeit des neuen Ballons anbelangt, so hofft Graf Zeppelin, sie aus 75 km in der Stunde zu bringen, während bei den letzten Versuchsfahrten im vorigen Herbst eine Ge« schwindigkeit von 50 km, mit dem Wind eine solche von 80 km erzielt wurde. Der Aktions­radius deS neuen Luftschiffs wild auf etwa 2300 km geschätzt, was einer Flugmöglichkeil vom Bodensee bis nach Königsberg und zu­rück gleichkäme. Der neue Ballon wird bei Nachtfahrten eine Scheinwerferausrüstung er­halten. Es wird das Schiff eine vollständige Einrichtung für drahtlose Telegraphie aufwei- sen, also auch eine Scndeanlage, während das Schiff Nro. 3 nur eine Empfangsstation hatte. Die Kosten des neuen BallonS werden sich auf etwa 400 000 Mk. belaufen.

Brackenheim 23. April. Auf Anregung des BezirkSobstbauoereinS und durch Vermitt­lung des landwirtschaftlichen BezirkSoereins hat sich Baumwart Hegner hier eine mit Luftdruck arbeitende Baumspritze gekauft und ist zur Zeit eifrig damit beschäftigt, die Obstbäume hier und in der Umgegend mit Obstbaum-Carbolineum zu bespritzen. Auch in anderen Gemeinden des Bezirks wurden solche Baumspritzen angeschafft und es ist recht erfreulich, daß die Bekämpfung der Feinde des Obstbaus energisch betrieben wird. Bildet doch der Obstbau einen bedeuten­den Teil des landwirtschaftlichen Betriebs des Zabergäus. Und gerade dieses Jahr ist der Reichtum an Blüten bei den Obstbäumen ziem­lich bedeutend, so daß wir Aussicht auf ein gutes Obstjahr hätten, wenn die Witterung günstig sein wird und die Bekämpfung der tierischen nnd pflanzlichen Feinde gelingt. Jeden­falls aber ist eS von Nutzen, wenn die Obst­bäume mehr als bisher beobachtet und gepflegt werden, wie sie es auch nötig haben.

Vom Schwarzwald, 26. April. Vier der bedeutendsten Verbände der Schwarzwälder Uhrenindustrie richten an ihre Mitglieder Rund­schreiben, worin sie Vorschlägen, die Herstellung angesichts der schlechten Geschäftslage durch die Verkürzung der Arbeitszeit einzuschränken. Wie verlautet, soll es auch in Triberg zu Ar­beitseinschränkungen kommen, indem in einigen hiesigen größeren Betrieben vom 11. Mai ab jeweils am Montag der Hauptbetrieb ruhen wird.

Mannheim, 27. April. Ein Straßen- rawall, wie ihn Mannheim wohl noch nie er-

,lebt hat, spielte sich am Samstag abend in der Mittelstraße der Neckarvorstadt ab. Ein Aufseher des Syndikats freier Kohlenvereinig, ung, bei dem die Arbeiter streiken, wurde auf der Trambahn von Streikposten erkannt und verfolgt. Zwei Mann sprangen auf die Stra­ßenbahn, worauf der Aufseher einen Revolver zog. Der Straßenbahnschaffner ließ darauf halten und verwies den Aufseher, wie die bei­den Streikposten, aus dem Wagen. Der Auf­seher flüchtete, um der Wut der sich rasch an- sammelnden Menge zu entgehen, in eine nahe Wirtschaft. Dort schützte ihn die bald eintres- fende Polizei vor Tätlichkeiten, bis er durch eine Hintertür entweichen konnte. Inzwischen hatte sich vor dem Hause eine nach tausenden zählende Menschenmenge angesammelt, die stür­misch die Herausgabe des Aufsehers verlangte. Die Schutzleute wurden beschimpft und mit Pflastersteinen und anderen Wurfgeschossen be­worfen. Erst nach Eintreffen von Verstärkun­gen trat Ruhe ein. 28 Verhaftungen wurden vorgenvmmen. Der Tumult dauerte von halb S Uhr bis 11 Uhr abends.

München, 27. April. Fürst Eulenburg hat gegen die Zeugen Riedl und Ernst im Münchener Hardenprozeß Strafanzeige wegeu Meineids erstattet.

Am Montag vollendete in der Einsam­keit des alten Edelsitzes Fürstenried König Otto von Bayern sein 60. Lebensjahr. Die Oeffentlichkeit erfährt fast gar nichts von dem unglücklichen Manne, der ein König ist und nichts davon weiß. Das Schloß, in dem der König sein Leben verbringt, ist von hohen Mauern umschlossen, und die zahlreichen Mili­tärpatrouillen machen das Eindringen jedem Unbefugten unmöglich. Die Hälfte seines Le­bens hat der unglückliche Monarch in dieser Einsamkeit verlebt; denn Heuer jährt es sich zum dreißigstenmal, daß er als unheilbar Er­krankter nach Fürstenried verbracht wurde. Wie immer seit 1887 wurde auch diesmal das Geburtssest des Königs still begangen. Die öffentlichen Gebäude und Bureaus waren ge- schloffen; der Hof wohnte einem Gottesdienst für den Landesherrn bei. Wenn auch der Geist dem unglücklichen König abwesend ist, sein Körper trotzt dem Alter.

! Die Firma Leonhard Tietz, A.-G.,

Köln a. Rh., das zweite deutsche Warenhaus­unternehmen, welches mit einem Aktienkapital von 12 500000 Mk. arbeitet, hat, wie die Deutsche Konfektion" mitteilt, im vergangenen Jahre einen Bruttoverdienst von 7 732 128 Mk. erzielt. Nach Abzug der Unkosten, reichlicher Abschreibungen und von 200000 Mk. Aktien­stempel beträgt der Netto-Ueberichuß 1008608 Mark.

Petersburg, 28. April. Bezüglich der Ueberschwemmung in Rußland wird gemeldet: In Orel stehen 900 Häuser unter Wasser. In einem Fabrikrayon verkehren Dampfer auf der Straße. In Smolensk sind 350 Häuser überschwemmt und große Mengen Korn und Vieh vernichtet worden. In Kiew stehen die niedriggelegenen Stadtteile unter Wasser. In Moskau ist di« Hochflut überall zurückgetreten. Ein Fünftel Moskaus war überschwemmt. 50000 Einwohner sind von der Katastrophe betroffen. Zur Linderung der Not haben sich in allen Teilen des Moskauer Gouvernements Hilfskomitees gebildet.

Newyork, 27. April. Noch immer lassen sich nur ungefähre Schätzungen der Zahl der Toten u. Verwundeten angeben, die im Orkan und dem Tornado in den Südstaaten der Union zum Opfer gefallen sind. Die niedrigsten Schätz­ungen nehmen an, daß dem Unwetter am Frei­tag mindestens 500 Personen erlegen sind und daß 3000 Personen verletzt worden find. Andere Depeschen berichten von 1000 Toien und 6000 Verletzten. Da die Leichen und Leichenteile aufeinander getürmt find, werden die Nach- forschungen nach der Zahl und den Namen der Toten Tage in Anspruch nehmen. Der Sturm dauerte volle 24 Stunden. Dem Orkan folgten Tornados. Mit Rücksicht darauf, daß die Leichen von herumstreichendem Gesindel beraubt wurden, hat die Regierung über die vom Unglück betroffenen Distrikte das Kriegs- recht verhängt.

Ais Mt und Umgebung.

Der Hufschmied Karl Kappelmann von Wildbad hat die im April dS. IS. abgehaltene Prüfung im Hufbeschlag mit Erfolg bestanden und dadurch den im Art. 1 des Ge­setze» vom 28. April 1885, betreffend das Huf­beschlaggewerbe, vorgeschriebenen Nachweis der Befähigung zum Betrieb des Hufbeschlaggewer­bes erbracht.

Calmbach, 27. April. Der vor Jahres­frist hier ins Leben gerufene S chw a rzmal d- verein hielt gestern nachmittag im Kronensaal unter dem Vorsitz von Hrn. Schultheiß Hörnte seine erste Generalversammlung ab. Der Ver­ein, der bei der Gründung 28 Mitglieder zählte, isr mit den gestrigen Neuanmeldungen auf 105 Mitglieder angewachsen. Dem UcbersichtSbe- richt des Vorstandes über das abgelaufene 1. Bereinsjahr entnehmen wir folgendes: Die Aussichtshütte vom Hengstberg wurde mit einem Kostenaufwand vvi: 43 Mk. repariert. Unser sogen.Wegwart" Hr. A. Haydt, Zigarrenfabrikant, hat 3 Rundgänge mit Weg- tafeln versehen lassen und genau bezeichnet. 4 weitere Wegmarkierungen sind fürs kommende Jahr bereits vorgesehen und entworfen. Zur besseren Orientierung für Touristen läßt der Verein 2 große Entfernungstafeln, eine am Rathaus und dre andere am Bahnhof, an­bringen. Verschiedene Ruhebänke und Tische sind mit Erlaubnis der K. Forstverwaltung auf Kosten der Bereinskaffe da und dort an Waldwegen erstellt worden. Vor Demolierung und Beschmutzung dieser Ruheplätzchen, wie es leider durch mutwillige Buben immer wie­der vorkommt, muß auch an dieser Stelle ernstlich gewarnt werden. Um die Frequenz der Sommergäste zu steigern, hat die Vereins­leitung einen Fremdenführer (Prospekt) von Calmbach ausgearbeitet, der bald drucksertig sein wird. Nach dem Kassenbericht von Hrn. Kaufmann Herrn. Lutz betrugen die Einnah. men 611 Mk. und die Ausgaben 358 Mk. Nach Abzug der Beiträge, welche dem Haupt­verein in Stuttgart zufließen, bleibt der Kaffe ein Barvorrat von 100 Mk. Die seit­herigen Vorstandsmitglieder mit dem Ausschuß wurden per Akklamation wieder gewählt. Als weitere Ausschußmitglieder wurden neu gewählt: Hr. Rich. Barth, Holzhändler und Hr. Ver­walter Schuster der Heilstätte Charlottenhöhe. Auch dem Vergnügen hat der Verein im ab­gelaufenen Jahr gehuldigt. Erwähnen möchten wir neben den Verein-Wanderungen besonders die Floßparti» auf der Kleinen;, welche auch im kommenden Sommer zur Ausführung kom­men soll, und den interessanten Lichtbildervor­trag von Hrn. Hofphotogiaph Blumenthal von Wildbad. Möge der hiesige Schwarzwald- verein immer mehr zunehmen an opferwilligen Mitgliedern. (Enzt.)

Unterhaltendes.

Jünf Apfelstnenkerne.

Von Conan Doyle.

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Die Organisation der Verbindung war so perfekt, ihre Methode so systematisch, daß sich kaum von einem Fall berichten läßt, wo es einem Menschen gelungen wäre, sich ihr ungestraft zu widersetzten oder die Urheber zu ermitteln. Viele Jahre hindurch nahm der Bund einen immer größeren Aufschwung trotz aller Anstrengungen der Regierung wie der angesehensten Bürger im Süden. Im Jahr 1869 geriet er aber ganz plötzlich in Verfall und nur vereinzelt kamen von jener Zeit an noch durch ihn verübte Gewalttätig­keiten vor."

»Beachte wohl," sagte Holmes, das Buch beiseite legend,daß das plötzliche Aufhören dieses Geheimbundes mit der Zeit zusammen­fällt, wo Openshaw mir jenen Papieren Ame­rika verließ. Wer weiß, ob nicht Ursache und Wirkung hier nahe beieinander liegen. Da