stehen der lettischen Regierung in Kurland keine nennens­werten Truppenmengen zur Verfügung. Es sind örtliche Auf­stände von Bolschewisten in den von den deutschen Truppen geräumten Gebieten ausgebrochcn. Russische, lettische und bal­tische Zeitungen beurteilen die Lage sehr ernst. Die Stimmen, die eine deutsche Unterstützung fordern, mehren sich stünd­lich. (Bis vor kurzem aber wünjchte man auf englischen Druck hin die Deutschen so schnell wie möglich zum Lande hinaus.)

Die Strömungen in den gegenreoolutionriren Parteien Rußlands.

Helsiugfors, 3l. Aug. Bei der Rückkehr des Generals Fudenüsch nach Narma wurde ihn, von russischen Offizieren eine Kundgebung bereitet und mitgeteilt, daß die Offiziere niemand anderen als ihn als Oberbefehlshaber anerkennen, ferner daß die Armee sich ausschließlich auf Großbritanniens Hilfe stützt und daß die in der Armee verbrei­teten Gerüchte von einer angeblich bestehenden deutschen Orientierung, die besonders mit Genernl Assenjeff i» Verbindung gebracht wurden, jeder Begründung entbehren. General Fudenüsch ließ den Stab des Generals Bulak Balachowitsch verhaften, dessen Anhänger durchaus unzuverlässig waren und ein zersetzendes Element in der Armee bilde­ten. Bulak Balachowitsch selbst ist entflohen. Man hofft, daß durch Maßregel Einheitlichkeit und straffere Ordnung in die russische Armee kommen wird.

Revolutionäre Funken in Frankreich.

* Berlin, 2. Sept. Nach derD. Allg. Ztg." wurde in

Ludrvtgshafen in der vergangenen Nacht ein Flugblatt von französischen Soldaten aus Automobilen geworfen, in dem gegen die Unterdrückung der Deutschen Republik und gegen die weitere Intervention in Rußland protestiert wird. Die Kameraden werden aufgefordert, die Revolution dorthin zu tragen, wo sie noch nicht sei. Das Flugblatt enthält An­griffe gegen Poincare und Clemenceau, die als Kriegstreiber bezeichnet werden. Das gleiche Blatt gibt eine Meldung des WienerAbend" wieder, wonach sich in 6 Pariser Bezirken, darunter in dem von Montmartre, Sovjets gebildet haben. Sie beständen seit dem 2t. August und verfolgten politische und wirtschaftliche Ziele. .

Die Mehrheit des amerikanischen Senats gegen die Ratifikation des Friedensvertrags.

* Berlin, 2. Sept. Nach Meldungen mehrerer Morgen- blätter sind 44 amerikanische Senatoren gegen und 40 für die Ratifikation des Friedensvertrages durch Amerika.

Amerika und das armenischeMandat".

(WTB.) Amsterdam, 1. Sept. DieTimes" meldet aus Washington: Wie verlautet, würde die Annahme des Mandats für Armenien Amerika zur Entsendung von 559 999 Mann nach Armenien zwingen. Die öffentliche Meinung ist jedoch dagegen, daß für europäische Abenteuer noch mehr Geld und noch mehr Menschenleben geopfert werden.

Amerika und der englisch-persische Vertrag.

Amsterdam, 1. Aug. Laut Allgemeen Handelsblad meldet Daily Chronicle aus Newyork, es verlaute, daß das Departement des Aeu- ßern in Washington der britischen Regierung mitgeteilt habe, daß es den englisch-persischen Vertrag, von dem es Mitteilung erhalten habe, keineswegs wohlwollend beurteile.Das ist natürlich eine ausgespro­chene Komödie.

Ein amerikanischerVerteidigungs"-Fonds.

Amsterdam, 1. Aug. Das Pressebureau Radio meldet aus Wa­shington, daß der Geldbewilligungsausschuß die Ausgaben Wilsons für die amerikanische Friedensdelegation einer Prüfung unterziehen und Einzelheiten verlangen werde, bevor er die nachträglich verlangten 825 OM Dollar bewilligt. Desgleichen behält er sich vor, eine Unter­suchung über den vom Präsidenten Wilson geforderten IVO Millionen betragenden Verteidtgungsfonds anzustellen und Lansing zu ersuchen, Erklärungen darüber abzugeben.

Das englischeOpfer" für die Juden.

(WTB.) Amsterdam, 1. Sept. LautTelegraaf" erklärte der Vertreter des britischen Auswärtigen Amts auf einem am '25. August von der zionistischen Organisation in London ge­gierten Essen, daß er zu der Mitteilung ermächtigt sei, daß England Maßnahmen zur Gründung eines jüdischen Staa­tes in Palästina ergreifen werde, sobald es das Mandat über Palästina erhalten habe. Der Vertreter des britischen Kriegs­ministeriums erklärte, er hoffe, die Zionisten würden, niemals das Opfer vergessen, das England für Palästina gebracht habe. (Man muß sagen, der englische Schwindel ist genial. Auf diese Weise behält England Palästina und verpflichtet die Zuden zum Dank.) .

Vermischt«.

Die französischeFreiheit" im Elsaß.

* Berlin, 2. Sept. DerD. Mg. Ztg." zufolge melden .französische Blätter aus Mülhausen, daß infolge der Ar­beiterbewegung in der oberelsiissischen Kaliindustrie der Be­lagerungszustand über die Bezirke Mülhausen, Thann und Eebwciler verhängt und Kriegsgerichte eingesetzt wurden. Die Eonfedcration Generale du Travail protestiert gegen diese Maßnahme und hat die elsässischen Gewerkschaften um Aus­kunft über die Lage ersucht. Auch dieHumanste" protestiert entschieden gegen das Vorgehen der Militärbehörden im Elsaß, Las von reaktionären und klerikalen Einflüssen bestimmt sei.

Der französischeEdelmut".

* Bc.'ui, 1 . Sept. Wie dieB. Z. am Mittag" aus Genf meldet, hat der französische Kommissar für Elsaß-Lothringen angeordnet, daß die deutschen Arbeiter, die bis zum 15. September keine Stellung gefunden haben, mit ihren Familien ausgewiesen werden.

Amtliche Vekanrrlmachirngeir.

Bekanntmachung.

Betreff: ZuschlägeLewilligung auf Brotgetreide- und Gerftc- aülieferung aus Ernte 1919.

Laut Mitteilung der Reichsgetreidestelle v. LS. August 1919 werden mit sofortiger Wirkung auf die festgesetzten Getreide- Höchstpreise der Ernte 1919 nachstehende Lieserungszuschläge be­willigt, und zwar:

Für Lieferung von wahlfähigem Brotgetreide und Gerste bis 30.. September 1919 pro Tonne 15V. M und für Lieferung vom 1. bis 15. Oktober 1919 pro Tonne 75. M.

Die Herren Ortsvorsteher werden ersucht, Vorstehendes orts­üblich Lekanntgeben zu lassen. Oberamt:

Calw, den 1. Sept. 1919. Amtmann Reich, A.-V.

Bekanntmachung der Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Anerkennung von Schafstammzuchte». Unter Bezugnahme auf die in Nr. 80 des Staatsanzei­gers und in Nr. 15 des W. Wochenblatts für Landwirtschaft veröffentlichte Bekanntmachung der Zentralstelle für die Landwirtschaft vom 4. April 1919 wird mitgeteilt, daß von der Zentralstelle als Stammzuchten des württ. veredelten Landschafs anerkannt wurden: a) die Herde der Eutswirtschaft der landw. Anstalt in Hohenheim bei Stuttgart,

d) die Herde des Oekonomierats Fr. Adlung in Sind­lingen, OA. Herrenberg.

Beide Herden sind anerkannt für die Zuchtrichtung II (Schafe mit besonderer Berücksichtigung von Fleisch und einer durchschnittlichen Wollfeinheit 8L).

Die Anerkennung weiterer Herden als Stammzuchten wird voraussichtlich im kommenden Frühjahr erfolgen. Stuttgart, den 16. August 1919.

Zentralstelle für die Landwirtschaft:

I. V.: Baier.

Bekanntmachung der Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend warmblütige Zuchtftuten.

Ungeachtet der wiederholten Bekanntgabe, daß von der Zentralstelle die Erlaubnis zum Verkauf oder zum Tausch der durch ihre Vermittlung abgegebenen warmblütigen Zuchtstuten nicht erteilt wird, laufen immer noch Gesuche um Erlaubnis zur Veräußerung solcher Stuten ein. Da der­artige Gesuche keine Aussicht auf Genehmigung haben, ist deren Einreichung zwecklos. Von der Zentralstelle wird indessen nicht verlangt, daß ein Käufer eine ihm als un­brauchbar erscheinende Stute behält. In solchen Fällen ist der Zentralstelle Mitteilung zu machen, sie wird dann eine Verfügung treffen, was mit der Stute zu geschehen hat. In der Regel wird es sich um die Zurücknahme der Stute handeln.

Bei Vertragsverletzungen wird die Vertragsstrafe ein­gezogen werden.

Stuttgart, den 18. August 1919.

Zentralstelle für die Landwirtschaft:

I. V.: B a i e r.

Die Ortsvorsteher werden an die rechtzeitige Erledigung des oberamtlichen Erlasses vom 17. Juni 1919 betr, Fremdenverkehr Anzeige l und II für Monat August erinnert.

Calw, den 28. August 1919.

Oberamt: Amtm. Reich, AV.

Abschub des deutschen Bischofs aus Metz.

* Berlin, 2. Sept. LautB. Tbl." berichtet derTemps" aus Metz, daß Bischof Benzler vorgestern die Stadt ver­lassen hat. Er wurde unter militärischer Bedeckung an die preußische Grenze gebracht.

Auswanderung der belgischen Arbeiter nach Frankreich.

Haag, 30. August. (Pnv.-Tel.)Telegraaf" meldet aus Brüs­sel: Der Strom der belgischen Arbeiter, die nach Frankreich gehen, droht zu einer Katastrophe zu werden. Die Arbeiter erhalten in Frankreich höhere Löhne. Daraufhin wandern Tausende von Mau- , rern, Elektrizitäts- und Textilarbeitern nicht nur nach den zerstörten Gebieten, sondern auch nach Ataris und dem Süden. Die Zahl der letzthin Abgewanderten wird mit 18 000 angegeben.

Limann von Sanders

über den türkischen Zusammenbruch.

* Berlin, 1. Sept. In einer Unterredung, die der hier ein­getroffene Marschall Liman v. Sanders Pascha mit einem Ver­treter derB. Z." hatte, erklärt der Marschall, daß alle Be­hauptungen von seiner Mitschuld an den armenischen Mas- sakres erlogen und böswillig-'erfunden worden seien. Bezüg­lich des Zusammenbruchs der Palästinafront erklärte der Marschall, diese sei auf das gänzliche Versagen der rechten Flügclgruppe der türkischen 8. Armee zurückzuführen. Deutsche Truppen hätten dort nicht gestanden. Der Marschall betonte zum Schluß, daß Deutschland zuerst die Orientgesan- genen znrückfordern soll, da ihre Lage am traurigsten sei.

Wiederflottmachung der versenkten deutschen Kriegsschiffe in Skapa Flow.

* Berlin, 2. Sept. DieD. Allg. Ztg." gibt eine Meldung derDaily Mail" wieder, wonach die von der englischen Ad­miralität bei Scapa-Flow unternommenen Arbeiten be­reits die Wiederflottmachung von 44 Schissen ermöglicht haben. Der Wert der wiedergehobenen Schiffe wird auf über ! Milliarde Franken geschätzt.

Vernichtung auszuliefernber deutscher Luftschiffe.

Berlin, 2. Sept. Nach einer Meldung desBerliner Tage­blatts" wird aus London berichtet, daßWeekly Dispatch" erfährt, daß nach einer Mitteilung des Berliner Korrespondenten desNew American" 12 von den 16 Luftschiffen, die laut Friedensvertrag von

Deutschland an die Entente ausgclicsert werben sollten, vernichtet worden sind.

Freigebigkeit des Königs von Italien.

* Berlin, 2. Sept. LautB. TM." hat der König g § ^ Italien dem Staat seine sämtlichen Besitzungen, Villen und Schlösser mit Ausnahme der Paläste in Rom und Turin ne- schenkt. Die Schlösser werden in Invaliden- und Waisenhäustr verwandelt, während die kgl. Domänen den Bauern über­lassen werden. Schließlich verlangt der König die Besteuerung seiner Zivilliste. (Uns scheint, daß der König sich nicht mehr so recht sicher ans dem Thron fühlt, und daß er deshalb sich ^ freigebig veranlagt zeigt.)

Polnische Kriegsindustrie.

(WTB.) Bern, 1 . Septbr. Wie das Poln. Pressebüro meldet, wurde mit dem Sitze in Warschau eine Akt,'«, gesellschaft für Munitionsfabrikation unter dem Namen jectile" gegründet. Die neue Gesellschaft wird über ein KaM von 49 Millionen Kronen verfügen und ca. 2000 AM, tcr beschäftigen. Statutengemäß darf das fremde Kapital »ist 25 Prozent des Aktienkapitals übersteigen. Das Polmiir« Pressebureau bezeichnet die Gründung dieser Fabriken als em wirtschaftliches, militärisches und politisches Ereignis.

Goldfunde in Canada.

Berlin, 2. Sept. LautVossischer Zeitung" wurden bei Coojiu Lake in Canada reiche Goldadern entdeckt. Die Kommission, die dir Mlkster untersuchte, erklärte, daß es sich um das reichste Goldfeld handelt, das je entdeckt wurde.

Der Prozeß gegen die Mörder

der Münchener Geiseln.

(WTB.) München, 1. Sept. Vor dem Volksgericht Mün­chen begann heute der Prozeß gegen die Personen, die an der Ermordung der Geiseln am 30. April im Lnitpoldgyinna- stum beteiligt waren. Angeklagt sind 16 Personen. Den bei­den Hauptangeklagten, Fritz Seidel, Kaufmann aus Chem­nitz, und Schickhofer aus München, werden je 19 Verbre­chen des Mordes, 9 weiteren Angeklagten je 8 Verbrechen des Mordes, 2 Angeklagten je 2 Verbrechen des Mordes, 3 An­geklagten je 8 Verbrechen der Beihilfe zum Mord zur Last ge­legt. Seidel wird von den Rechtsanwälten Dr. Löwenfeld und Liebknecht verteidigt. Aus der Feststellung der Personalien geht hervor, daß die meisten Angeklagten erheblich vorbestraft sind, u. a. wegen Diebstahl, Zuhälterei, Erpressung. Schick Hofer wird als Alkoholiker bezeichnet. Nach der Vereidigung der Zeugen, deren ungefähr 150 geladen sind, wurde zuerst der Hauptschuldige Seidel, der frühere Kommandant dcr Luitpoldgymnasiums, vernommen. Zn einer kleinen erregt«, Auseinandersetzung kam es im Laufs der Vernehmung zwischen dem Vorsitzenden und dem Verteidiger Dr. Liebknecht, der wiederholt in das Verhör eingreifen wollte, so daß ihm zu­letzt vom Vorsitzenden eine Ordnungsstrafe angedroht wurde.

Neuer Konfliktsstoff in München.

Berlin, 2. Sept. Nach derVossischen Zeitung" haben die Be­triebsräte der Eisenbahnbedie, -steten und -Arbeiter in München all -den bayerischen Verkehrsminister Fraundorfer die Forderung gerich­tet, die Regicrungstruppen aus dem Münchener Hauptbahnhof ;,t entfernen. Die Vertrauensleute der bürgerlichen Parteien wM dem Gesamtmimstermm ihr Vertrauen versagen, wenn dieses V« langen nicht bedingungslos abgelehnt werde,

Ruhe in Mittweida.

Mittweida, 31. August. Die Reichswehrtruppen, die am V. August hier einrückten, werden im Laufe des 1. September aus da Stadt zurückgezogen, nachdem die Haupträdelsführer bei der Ent­waffnung der Quartiermacher vom 9. August der Strafe zugefühlt wurden und die Waffenabgabe ein befriedigendes Resultat ergeben hat. Während der Besetzung ist es zu keinerlei Zwischenfällen ge­kommen.

Don der Leipziger Messe.

Leipzig,' 1. Sept. Die Herbstmesse setzte gestern in den ersten Morgenstunden bei prachtvollem Wetter mit einem außerordentlichen Verkehr in den Straßen u. den Messekaufhäusern ein. Die Zahl-Vcr Besucher dürste annähernd diejenige der beiden- vorausgegangcnen Messen mit ihren 95 000-100 000 Einkäufern und Ausstellern er­reichen. Bis jetzt beträgt die Besucherzahl nach d u Anmeldungen rund 75 000. Immerhin dürfte der Entzug der früher gewährten Fahrpreisermäßigung den Besuch ein wenig beeinträchtigen. Tcß die Bahn den Verkehr, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten rB teilweise ziemlich erheblichen Verspätungen bewältigt hat, darf Leistung gebucht werden. Die Leistungsfähigkeit der Industrie Ä im übrigen durch den immer noch herrschenden Rohstoffmangel mb durch den Kohlenmangel, weniger durch Arbeiter- und Lohnschwü- rigketten, beeinträchtigt. Den daraus erlvachsenden Nachteilen wir­ken die zahlreichen arbeitsparenden Maschinen, Werkzeuge und Eick Achtungen entgegen, von denen die technische Messe lehrreiche Bei­spiele gibt. Der Kohlenmangel behindert dagegen schwer die M unsere Ausfuhr so wichtigen Industrien der Keramik und des Glases- Es wird offen zugegeben, daß diese Industrien die Messe nur be­schickt haben, um die Fühlung mit ihrer in- und ausländischen Kund­schaft nicht zu verlieren, daß sie dagegen nur in beschränktein Maßs imstande sind, neue Aufträge anzunehmen. Ueber die Entwickelung der Preise läßt sich mn ersten Tag noch keine ausreichende Ffftt stellung machen. Die Entwertung der Mark an den ausländisches Plätzen macht sich jedenfalls schon jetzt in drin starken Auftreten aus­ländischer Käufer, auch solcher aus den Ententeländern, geltend, sck daß auf eine günstige Wirkung der Herbstmesse und damit bis zu einem gewissen Grade auch aus den Export und die deutsche Währung geschlossen werden dark.